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trennt 4/2006 - Altstoff Recycling Austria

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DIE GESTALTUNG DER DINGE – UND<br />

DAS DRUMHERUM<br />

Der Begriff „Design“ hat in den Sechzigerjahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts seinen Weg aus dem Englischen ins<br />

Deutsche gefunden. Er bezeichnet die Gestaltung von<br />

Gegenständen aller Art nach den Kriterien von Funktionalität<br />

– bestes Beispiel ist die Ergonomie eines Bürosessels<br />

– und Ästhetik. Selbst wenn der britische (Staubsauger-)<br />

Erfinder und Designer James Dyson sagt: „Für mich geht es<br />

beim Design darum, wie etwas funktioniert – nicht darum,<br />

wie es aussieht.“ Womit er die Funktionalität klar über die<br />

Ästhetik stellt. Aber auch das Aussehen spielt eine Rolle,<br />

denn kaum jemand würde behaupten, Dysons Geräte, etwa<br />

sein Akkusauger „Dyson Root 6“, der irgendwie an einen<br />

Schlagbohrer erinnert, wären eine Beleidigung für das Auge.<br />

L’ART POUR L’ART. Dennoch spricht der Brite hier ein kaum<br />

bestrittenes Design-Dogma an: das viel zitierte „form follows<br />

function“. Dieser Gestaltungsleitsatz postuliert, dass sich die<br />

Form eines Gegenstands aus seiner Funktion, das heißt dem<br />

Nutzzweck ableiten soll. James Dyson stellt fest: „Wirkliche<br />

Schönheit kann man nur erreichen, wenn man stets die<br />

Funktion des Objekts in den Vordergrund stellt.“ Es soll<br />

letztendlich sichergestellt werden, dass bei noch so kunstvollem<br />

Design die Benutzbarkeit – oder Neu-Deutsch: die<br />

„Usability“ – nicht verloren geht. Denn was nützt der am<br />

aufwändigsten gestaltete Kaffee-Automat, wenn für den User<br />

nicht auf Anhieb klar ist, welchen Knopf er drücken muss,<br />

um zu seinem Capuccino zu gelangen.<br />

Und hier kommt man zwangsläufig zum wichtigsten Unterscheidungsmerkmal<br />

zwischen Kunst und Design, das wiederum<br />

im Bonmot „l’art pour l’art“ einen treffenden Ausdruck<br />

findet: „Die Kunst um der Kunst willen“. Damit ist gemeint,<br />

dass die Kunst sich selbst genügt und somit keines Zweckes<br />

bedarf – im Gegensatz zum Design. Dennoch: Auch hier<br />

sind die Grenzen fließend. Design ohne künstlerische<br />

Impulse erscheint oft wenig reizvoll.<br />

KUNST TRIFFT INDUSTRIE. Im heutigen Sinn ist Design fast<br />

immer Industriedesign, dessen Geschichte mit der Moderne<br />

beginnt. „Kunst und Technik – eine Einheit“ heißt es etwa<br />

1919, als Walter Gropius das Bauhaus in Weimar gründet.<br />

Design wird zum Programm. Nicht mehr die individuelle<br />

Topic<br />

Design ist überall. Schon der Begriff wird inflationär gebraucht und hat einen Fixplatz, nicht nur in der<br />

Sprache des Marketing. Auch sonst sind wir von Design geradezu umzingelt. Manchmal fällt es auf, weil<br />

der Anblick eines Gegenstandes ein gutes Gefühl auslöst oder weil etwas unglaublich hässlich ist. Oftmals<br />

wird es gar nicht mehr wahrgenommen. Aber es ist einfach da – Design. Was heißt eigentlich „Design“?<br />

Jenes Wörtchen, das so gerne als Attribut für mittlerweile alles Mögliche herangezogen wird – meist um<br />

das Beworbene etwas interessanter zu machen.<br />

Kunstfertigkeit einzelner Handwerker ist für das Aussehen<br />

eines Gegenstandes verantwortlich, sondern eine gestalterische<br />

Intelligenz, die neben Schönheit und Funktion auch<br />

den Prozess der massenhaften Reproduzierbarkeit im Auge<br />

behält. Mit industrieller Produktion und Standardisierung<br />

wird es möglich, sowohl den funktionalen als auch sozialen<br />

Ansprüchen vieler Menschen gerecht zu werden.<br />

James Dysons Landsmann Stephen Bayley, er hat als Design<br />

Consultant globale Marken wie Absolut Vodka und Marks &<br />

Spencer beraten, drückt es folgendermaßen aus: „Design ist<br />

das, was geschieht, wenn Kunst auf Industrie trifft.“ In<br />

Hinblick auf die Marktchancen eines Produkts zielt der<br />

Designer daher auf eine optimale Verquickung von Ästhetik<br />

und Funktionalität.<br />

STILLE VERKÄUFER. In keinem anderen Bereich im<br />

weiten Feld der Gestaltung ist der Designer kommerziellen<br />

Zwängen mehr unterworfen als beim Verpackungsdesign,<br />

das Andrew Doyle – Geschäftsführer der englischen Brand-<br />

Identity-Agentur HMI – in einem Interview mit dem Magazin<br />

Rondo „als höchste Kunstform in der Designwelt“ bezeichnete.<br />

In keinem Bereich der Alltagskultur manifestieren sich<br />

industrieller Erfindergeist und wirtschaftliche Dynamik<br />

konkreter als hier. Erst die verpackte Ware wird zum eigentlichen<br />

Medium zwischen Produzent und Konsument.<br />

Verpackungen sind deshalb so etwas wie ein Spiegel der<br />

Konsumgesellschaft.<br />

„Eine gute Verpackung erfüllt viele Funktionen“, erklärt<br />

Designerin Susanne Lippitsch, „sie schützt vor Manipulation,<br />

vor äußeren Einflüssen, sie erleichtert den Transport, die<br />

Lagerung. Und was besonders wichtig ist: Sie kommuniziert.“<br />

Das ist es, worauf es schließlich ankommt: „Eine<br />

Verpackung muss Emotionen auslösen und sollte im<br />

Gebrauch funktionieren.“ Ohne Erklärung und auf Anhieb.<br />

All die bunten Sackerln, Schachteln, Dosen und Packerln<br />

sind somit ein wichtiges Element des Produkts, das an den<br />

Kunden gebracht werden soll. Lippitsch, die an der FH<br />

Joanneum in Graz Package Design lehrt, drückt es so aus:<br />

„Das Ins-Auge-Stechen, das Für-sich-Sprechen ist sicher am<br />

wichtigsten, weil die Verpackung der stille Verkäufer ist.“<br />

Fortsetzung auf Seite 6<br />

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