Gemeindebrief - Chiesa Evangelica Luterana in Italia
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filmten nun eifrig. Leider sollten wir später feststellen, dass sie nie<br />
funktioniert hat.<br />
Am Nachmittag dann standen wir pünktlich am Zug gen Süden. Me<strong>in</strong>e<br />
Spannung nahm zu. Was würde mich erwarten? Wie würden G<strong>in</strong>o’s<br />
Eltern mich aufnehmen? Die Landschaft flitzte an uns vorbei und<br />
änderte sich kont<strong>in</strong>uierlich. Nach Mailand, Bologna, Florenz. An jeder<br />
großen Stadt hielt der Zug an. Dann Rom! Ich konnte es nicht fassen.<br />
Rom, davon hatte ich ja immer nur gehört. Aber wir mussten ja weiter.<br />
Unser Reiseproviant war <strong>in</strong>zwischen natürlich aufgebraucht. Reisen<br />
macht hungrig. Als wir <strong>in</strong> den Bahnhof Neapel e<strong>in</strong>fuhren, sahen wir<br />
Brötchenverkäufer mit kle<strong>in</strong>en Wägelchen am Zug vorbeilaufen. Sie<br />
boten laut rufend ihre Brötchen, Kaffee und Kekse an. G<strong>in</strong>o sprang<br />
aus dem Zug, um uns etwas zum Essen e<strong>in</strong>zukaufen. Ich stand am<br />
Fenster und sah zu, wie er <strong>in</strong> der Menge der wartenden Reisenden<br />
verschwand. Plötzlich pfiff der Schaffner, das war das Signal zum Türe<br />
schließen. Me<strong>in</strong> Herz schlug wild. G<strong>in</strong>o war noch nicht zurück!<br />
Wenn er es jetzt nicht schaffen würde, wieder den Zug zu besteigen?<br />
Was dann? Die Tränen der Angst schossen mir <strong>in</strong> die Augen. Doch da<br />
stand er plötzlich <strong>in</strong> der Abteiltür mit zwei Tüten <strong>in</strong> der Hand und<br />
strahlte.<br />
Nach etlichen Stunden hatten wir Villa S. Giovanni erreicht. Ich fragte<br />
G<strong>in</strong>o, wie der Zug jetzt da h<strong>in</strong>über nach Sizilien kommen würde, aber<br />
ich sollte es gleich erfahren. E<strong>in</strong>e riesige Fähre wartete schon auf uns.<br />
Langsam, sehr langsam, wurde der Zug, Waggon nach Waggon, <strong>in</strong><br />
den Leib der Fähre manövriert. Wir stiegen aus dem Waggon und<br />
begaben uns auf’s Deck des Schiffes. An der Bar kaufte G<strong>in</strong>o mir, wie<br />
er sagte, e<strong>in</strong>e Sizilianische Spezialität, e<strong>in</strong>e Aranc<strong>in</strong>a. E<strong>in</strong> Reisbällchen<br />
mit Ragu’ gefüllt und knusprig gebacken. Die schmeckte mir köstlich!<br />
Nie wieder hat mir später e<strong>in</strong>e Aranc<strong>in</strong>a so gut geschmeckt.<br />
Das Meer lag vor uns und auf der anderen Seite unser Ziel: Sizilien.<br />
Ich hatte ja <strong>in</strong> der Schule gelernt, dass Sizilien die größte<br />
Mittelmeer<strong>in</strong>sel ist. Aber trotzdem fragte ich G<strong>in</strong>o, als wir uns dem<br />
Eiland näherten, wo denn nun se<strong>in</strong> Haus stünde? Irgendwie hatte ich<br />
mir e<strong>in</strong> Inselchen mit e<strong>in</strong>em Baum <strong>in</strong> der Mitte und e<strong>in</strong> paar Häusern<br />
vorgestellt. Als er laut lachte, schämte ich mich doch etwas me<strong>in</strong>er<br />
Ignoranz.<br />
In Mess<strong>in</strong>a angekommen stand ich am geöffneten Fenster und<br />
schaute zu, wie der Zug wieder zusammengesetzt wurde. Den Rest<br />
der Reise blieb ich fast ausschließlich am Fenster stehen und genoss<br />
den Anblick der mir so fremden Landschaft. Die Luft war warm und<br />
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