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SCHWARZ AUF WEISS - Städtisches Gymnasium Moltkestraße ...

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Unsere 100-jährige Schulfahne<br />

Von Jürgen Woelke<br />

Der legendäre erste Direktor der<br />

Gummersbacher Oberrealschule,<br />

Dr. Johannes Ellenbeck, war ein<br />

schon fanatisch zu nennender<br />

Kaisertreuer, aber auch ein überaus<br />

erfolgreicher Schulleiter.<br />

Schon in seiner Antrittsrede 1905<br />

schlägt er den Ton an, der seine<br />

zweiundzwanzig Direktorenjahre<br />

charakterisiert: „So denke ich mir<br />

das Haus, dessen Leitung<br />

Sie mir übergeben haben,<br />

aufgebaut auf den unerschütterlichen<br />

Felsen altpreußischerPflichterfüllung;<br />

auf diesem traditionellen<br />

Fundament erheben<br />

sich die Säulen, die das<br />

Haus stützen: [...] Wahre<br />

Herzensfrömmigkeit [...]<br />

Glühende Vaterlandsliebe<br />

[...] Felsenfeste Treue zum<br />

angestammten Herrscherhaus<br />

[...] Wahrhaftigkeit,<br />

Gehorsam, selbstloser, sich<br />

frei betätigender Gemeinsinn.“<br />

1<br />

Binnen weniger Jahre<br />

schafft er es, seiner 1906<br />

zur Oberrealschule avancierten<br />

Anstalt ein unverwechselbares,<br />

weithin anerkanntes Profil<br />

einer stramm geführten, leistungsstarken<br />

Ausbildungs- stätte<br />

zu geben. Hatte die Vorgängerschule<br />

- die Höhere Bürger-schule<br />

- im Jahre 1888 lediglich 100<br />

Schüler und bei Ellenbecks Amtsantritt<br />

150, so steigen ab jetzt die<br />

Zahlen gewaltig an. 1912 besuchen<br />

424 Schüler die Oberrealschule;<br />

davon sind über die Hälfte<br />

Auswärtige, darunter sogar einige<br />

Türken, die zur Vorbereitung<br />

auf ein Studium an einer deutschen<br />

Universität von der osmanischen<br />

Regierung an die auch in<br />

Berlin bekannte und anerkannte<br />

Gummersbacher „Musterschule“ 2<br />

geschickt worden waren (siehe<br />

dazu den Artikel in Schwarz auf<br />

Weiß, Nr. 34 [2010], S. 8-11: „Osmanische<br />

Gastschüler in den Jahren<br />

1910-1921“).<br />

Auch wenn es Ellenbeck versteht,<br />

die führenden Kreise Gummersbachs<br />

anzusprechen, als der Ihre<br />

zu gelten und ihre gesellschaftliche,<br />

politische und finanzielle Unterstützung<br />

zu gewinnen, er hält<br />

auf Distanz, er schafft sich ein ei-<br />

genes (Schul-)Reich, in dem nur<br />

er regiert. Typisch dafür ist, dass<br />

er den nationalen Festtagen eine<br />

eigene Feier widmet, deren Ausgestaltung<br />

noch feierlicher, noch<br />

´vaterländischer´ gerät als die offizielle<br />

Feier der Stadt.<br />

So berichtet die Gummersbacher<br />

Zeitung am 29. Januar 1912: „Die<br />

Oberrealschule beging, wie bereits<br />

kurz mitgeteilt, am Freitag<br />

abend eine Vorfeier des Kaisersgeburtstages.<br />

Die geräumige<br />

Turnhalle war zum Festsaal umgewandelt.<br />

Aus dem Hintergrunde<br />

grüßten die Farben der deutschen<br />

und heimatlichen Fahnen, und<br />

aus dem dunklen Grün heraus<br />

leuchtete die Kaiserbüste.“ Die<br />

Feier beginnt mit der Aufführung<br />

des „vaterländischen Festspiels<br />

44<br />

´Friedrich der Große´“, es folgen<br />

„eindrucksvolle Chorgesänge“<br />

und zahlreiche Rezitationen wie<br />

„Genius Preußens“, „König Friedrich<br />

Wilhelms I. Tod“, „Ein Königswort“,<br />

„Die Schlacht bei<br />

Hohenfriedberg“, „An die preußische<br />

Armee“, „Die Schlacht bei<br />

Zorndorf“, „Der Sieger von Torgau“<br />

usw. usf.<br />

„Am Schluß des Festspiels<br />

betrat Herr Direktor<br />

Ellenbeck das Podium<br />

und hielt eine markige<br />

Ansprache.“ Er würdigt<br />

„den großen Preußenkönig“,<br />

um dann „begeisternde<br />

Worte an die<br />

Jugend“ zu richten: „Die<br />

Schule erzieht ihre Zöglinge<br />

zu eiserner Pflichttreue<br />

und legt Grund in<br />

die jugendlichen Seelen<br />

hinein zu echter deutscher<br />

Treue und Liebe für<br />

das angestammte Herrscherhaus.<br />

Die Schüler<br />

sollen erzogen werden<br />

zu echten deutschen<br />

Männern, die einst dem<br />

Rufe des Mannes, der an der<br />

Spitze unserer Nation steht, freudig<br />

Folge leisten werden. Mit<br />

Gott für König und Vaterland; mit<br />

Gott für Kaiser und Reich, mit<br />

diesem alten deutschen Wahlspruch<br />

schloß Direktor Ellenbeck<br />

seine eindrucksvolle Rede, die<br />

ausklang in einem brausenden<br />

Hoch auf den Landesherrn.“<br />

Doch schließt die „schöne und<br />

erhebende Feier“ nicht ohne eine<br />

„Ueberraschung: Der Oberrealschule<br />

war eine prachtvolle Fahne<br />

gestiftet [worden], und Herr Pfarrer<br />

Ruehle weihte sie mit einer<br />

warmen Ansprache.“<br />

Die etwa 1 m x 1,30 m große<br />

Fahne aus bemalter Seide ist in<br />

der Tat ein besonders schönes Exemplar<br />

seiner Gattung: farben-<br />

1 Zitiert nach: Festschrift Jungengymnasium Gummersbach 1959, S. 34<br />

2 Auszug aus den Lebenserinnerungen des Oberstudiendirektors Dr. Johannes Ellenbeck aus den Jahre 1905-1918 (Schularchiv),<br />

S. 27

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