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Organisationsgrundlagen: Praxisfelder der Führung von ...

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Vergegenwärtigt man sich, wo überall, wie lange schon und in welcher schillernden<br />

Vielfältigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft Netzwerke zu finden sind, ist die Distanz <strong>der</strong><br />

Organisationslehre zum Themenkreis „Netzwerke“ sehr erstaunlich, aber beim überwiegend<br />

traditionellen Organisationsverständnis doch nicht so sehr verwun<strong>der</strong>lich, da die<br />

organisatorischen Gestaltungen für Netzwerke gänzlich an<strong>der</strong>e Formen erfor<strong>der</strong>n. Beratende<br />

Berufe arbeiten in Netzwerken zusammen, Bürgerbewegungen sind Netzwerke, <strong>der</strong> lockere<br />

Gedankenaustausch zwischen Wissenschaftlern stellt ein Netzwerk dar, ebenso<br />

Interessenbildungen auf verschiedensten Ebenen, aber auch Cliquen o<strong>der</strong> Familienbande, die<br />

in vielen Län<strong>der</strong>n seit urdenklichen Zeiten eine große Bedeutung haben. Zahlreiche soziale,<br />

kulturelle, ökologische und religiöse Aktivitäten erfolgen auf <strong>der</strong> Basis <strong>von</strong> Netzwerken. Solche<br />

und unzählige an<strong>der</strong>e Netzwerkgebilde funktionieren nach an<strong>der</strong>n Regeln wie sie <strong>der</strong><br />

Kanon <strong>der</strong> Organisationslehre für Betriebe und Organisationen vorsieht. Aber auch die<br />

Praxis <strong>der</strong> Organisation <strong>von</strong> Betrieben ist durch Muster geprägt, die ganz erheblich <strong>von</strong> jenen<br />

abweichen, wie sie mehr o<strong>der</strong> weniger für Netzwerkgestaltungen typisch und in einer ganz<br />

realen Vielfalt anzutreffen sind. Netzwerke waren bisher, wenn schon, eher für Anthropologen,<br />

Soziologen o<strong>der</strong> Psychologen interessant, doch kaum für Organisationsfachleute mit meist<br />

herkömmlich geprägten Forschungskonzepten.<br />

Die wenigen Hinweise auf Beispiele <strong>von</strong> Netzwerken verdeutlichen ferner, dass Netzwerke<br />

mit Sicherheit keine Folge <strong>der</strong> Informationstechnologie sein können, wenngleich gerade<br />

Netzwerke durch die Informationstechnologie beson<strong>der</strong>s profitieren, in ihrer Wirksamkeit stark<br />

geför<strong>der</strong>t werden und sicherlich gerade die Informationstechnologie wichtige Impulse für neue<br />

Netzwerkbildungen gab und gibt. Dennoch, Netzwerke sind sozusagen „Urgesteine“<br />

organisatorischer Gebilde.<br />

Mueller beschreibt Netzwerke wie folgt:<br />

„Beziehungsgefüge aus selbständigen Einheiten, die durch gemeinsame Werte verbunden<br />

sind. Netzwerke bestehen aus selbstbewußten Menschen und unabhängigen Unternehmen.<br />

Der Begriff Netzwerk ist das kommunikationstheoretische Analogon zum sozialen Konzept <strong>der</strong><br />

Gruppe; das ‚Netzwerk‘ unterscheidet sich jedoch <strong>von</strong> einer ‚Gruppe‘ dadurch, daß es sich auf<br />

eine Anzahl <strong>von</strong> Personen o<strong>der</strong> (an<strong>der</strong>e Einheiten) bezieht, die nach einem festgelegten<br />

Muster in beständiger Interaktion miteinan<strong>der</strong> stehen. Netzwerke können mit den Methoden<br />

<strong>der</strong> Soziometrie festgestellt werden, sind aber sonst äußerlich nicht erkennbar“ (Mueller,<br />

S.218).<br />

An an<strong>der</strong>er Stelle schreibt Mueller: „Vom Standpunkt des Einzelnen gibt es zwei Grundmuster<br />

für Netzwerkbeziehungen: Das eine basiert auf persönlichen Freundschaften,<br />

Bekanntschaften und Verbindungen, das an<strong>der</strong>e auf strukturbedingten bzw. beruflichen<br />

Positionen in einem o<strong>der</strong> mehreren Netzwerksystemen, wie etwa einem Posten in einem<br />

Unternehmen o<strong>der</strong> Amt, in einer Schule o<strong>der</strong> einem Krankenhaus o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Rolle in einem<br />

Club o<strong>der</strong> Verband. Das erste Grundmuster betrifft die ‚ego-zentrierten Netzwerke‘, das zweite<br />

die ‚Netzwerk-Position‘ ... Ego-zentrierte Netzwerke befassen sich stets mit den Beziehungen,<br />

bei denen eine Person im Mittelpunkt steht. Sie lassen unter Umständen die Bedeutung außer<br />

Acht, die <strong>der</strong> Mangel an Beziehungen zu an<strong>der</strong>en wichtigen Statusinhabern in dem System für<br />

die Person vielleicht hat ... wenn wir unsere Netzwerkaktivitäten auf Diejenigen beschränken,<br />

die wir persönlich aufgrund unserer Position kennen, dann übersehen wir ‚die an<strong>der</strong>e Welt‘ da<br />

draußen ... Das Denkmuster <strong>der</strong> Netzwerkposition beschreibt die Beziehungen einer Person<br />

zu allen an<strong>der</strong>en Personen in einem System, z.B. in einer Organisation. Es unterscheidet sich<br />

<strong>von</strong> einem ego-zentrierten Netzwerk hauptsächlich dadurch, daß die Beziehungen, die man zu<br />

an<strong>der</strong>en Personen im System nicht hat, ebenso wichtig sind wie die Beziehungen, die man hat<br />

... Zwei Hauptaufgaben enthält <strong>der</strong> Prozeß <strong>der</strong> Netzwerkbildung. Die erste steht im Auf- und<br />

Ausbauen unserer ego-zentrierten Positionsnetzwerke. Die zweite liegt darin, diese Netzwerke<br />

auf ‚die an<strong>der</strong>e Welt‘ jenseits unseres Gesichtskreises auszudehnen. Dort erst erhält die<br />

Netzwerktheorie ihren praktischen Nutzen. Erst wenn man fähig und willens ist,<br />

Netzwerktechniken in großen Organisationen anzuwenden und über die traditionellen<br />

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