in Schülertagebuch-Notizen - Rudolf-Steiner-Schule Schwabing

Hausbesitzerin weder die noch Pferde besaß, fragten wir beim Nachbarn nach
Hilfe, merkten aber schnell, dass hier so etwas wie Nachbarschaftshilfe, wie wir
sie von Zuhause kennen, nicht vorhanden war. Wir sollten dafür 200.000 Lei
(ca. 6 Euro) bezahlen, was natürlich für dortige Verhältnisse total überteuert
war. Da wir nun nicht mehr am Verputz arbeiten konnten, wurde dicht neben
dem Haus am Hang ein etwa 50 cm tiefer Graben geschaufelt, der später mit
Steinen oder Zement ausgefüllt wird. Eine solche Drainage soll verhindern, dass
bei Regen Wasser ins Haus-Innere gelangen kann.
Andere mauerten am Haus gegenüber ein Loch in der Wand zu und verputzten
es. Eine weitere Gruppe war an einem Haus im oberen Teil des Dorfes mit dem
Bau eines neuen Dachstuhls beschäftigt. Nach der Mittagspause gingen wir alle
an die obere Baustelle, um dort die Hauswände zu verputzen. Da blieben wir,
mit Unterbrechung durch heftigen Regenschauer, bis zum Feierabend.
Heute ist mir zweierlei aufgefallen. Zum Einen: Es gibt einen sehr großen Unterschied
zwischen dem unteren und dem oberen Teil Rosias. Das Dorf liegt auf
einem Hügel - oben wohnen die Rumänen in zum Teil sehr schönen Häusern,
viele sind noch von den ausgewanderten Deutschen. Je weiter man jedoch in den
unteren Teil des Dorfes kommt, desto mehr verändert sich das ganze Umfeld.
Man könnte denken, der Weg führe 100 Jahre zurück; denn plötzlich hört die
geteerte Straße auf, matschige Wege setzen sie fort zu den kleinen, heruntergekommenen
Zigeunerhäusern. Zum Anderen: Hausbewohner arbeiteten fleißig
mit. Das geschah auch vorher, jedoch haben wir mehrfach das Gegenteil erlebt.
Ich hatte heute erneut einen sehr schönen und interessanten Tag, an dem ich
wieder viele Erst-Erfahrungen gesammelt habe, und ich freue mich schon auf
morgen.
Annika Reiter
Mittwoch, 8. Juni
Heute durfte ich in den Unterrichten von Juliana, der Lehrerin der dritten, und
Christiana, der Lehrerin der ersten Klasse, hospitieren. Ich war tief berührt von
der warmen, liebevollen und Hülle gebenden Atmosphäre, die in den Unterrichten
zu spüren war. An der rhythmischen Arbeit, am Stampfen, Klatschen, an den
eurythmischen Bewegungen und dem Abzählen in Zweischritten vorwärts und
rückwärts hatten die Kinder die größte Freude. Ich bin mir sicher, dass die Wirkung
der Waldorf-Pädagogik ein tragendes Fundament für die Roma-Kinder im
späteren Leben sein wird. Dies und das Engagement unserer Schüler in den letzten
drei Wochen geben mir immer wieder Auftrieb für das Projekt.
Ich war beeindruckt, wie unsere Schüler ohne großes Murren um 23 Uhr in ihr
Zimmer gingen, um am nächsten Tag die anstrengende und schwere Arbeit leisten
zu können. Gut kann man beobachten, wie sich der Handwerksunterricht
aus der Mittelstufe auswirkt. Geschickt gehen die Schüler mit Hammer, Säge
und Kelle um. Sie nehmen aber auch die sozialen Situationen und Probleme
wahr und haben den Mut, unübliche Lösungen zu suchen. Als Marja zum Beispiel
erkannte, dass die Türe zu einem kleinen Balkon in der Kantine zu-“gelehmt“
wird und ihr kein rumänischer Lehrer oder der Bauleiter sagen konnte,
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