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in Schülertagebuch-Notizen - Rudolf-Steiner-Schule Schwabing

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sechs Zigeuner aus dem Dorf mischten den Lehm und die Holzschnitzel und<br />

transportierten das Gemisch <strong>in</strong> Kübeln <strong>in</strong> den ersten Stock der Kant<strong>in</strong>e. Wir hatten<br />

die Aufgabe. mit dicken Holzstücken die Mischung fest <strong>in</strong> die Verschalung<br />

zu stampfen und mit den Händen <strong>in</strong> die Hohlräume zu stopfen, damit ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />

der Wand entstehen. Die mithelfenden Zigeuner, Schüler-Väter der Waldorfschule,<br />

bekommen e<strong>in</strong>en angemessenen Lohn und kostenlos Mittagessen <strong>in</strong> der<br />

<strong>Schule</strong>; sie schafften recht fleißig und motiviert. Abgesehen davon s<strong>in</strong>d sie froh,<br />

e<strong>in</strong>mal Arbeit zu haben, da dies bei e<strong>in</strong>em Großteil der Männer des Unterdorfes<br />

leider nicht der Fall ist. Am Samstag arbeiten sie unentgeltlich, wissend: Die<br />

Kant<strong>in</strong>e wird auch für ihre K<strong>in</strong>der gebaut.<br />

Auch wenn man sich nicht mit ihnen unterhalten kann, geht die Kommunikation<br />

während der Zusammenarbeit gut. Zuerst jedoch hatten die Mädchen Probleme,<br />

akzeptiert zu werden, da Frauen hier üblicherweise nicht am Bau arbeiten. So<br />

muss man erst beweisen: Auch Mädchen s<strong>in</strong>d fähig, Zement-Eimer oder Holzbretter<br />

zu tragen.<br />

Außerdem renovierten wir als weiteren Anreiz drei Häuser der mitarbeitenden<br />

Zigeuner. Die Wände wurden so ganz nach "waldorfpädagogischem S<strong>in</strong>ne"<br />

komplett aus Naturmaterial hergestellt. Holzbretter ergeben, von rechts und<br />

l<strong>in</strong>ks als Verschalung angeschraubt, die Form, <strong>in</strong> deren Mitte das Lehm-Holzschnitzel-Gemisch<br />

kommt. Nach circa zwei Tagen können die Bretter zum Teil<br />

abgenommen werden, die Wand braucht jedoch noch weitere Wochen um vollkommen<br />

zu trocknen. Dann werden Wände noch mit Lehm verputzt, und die<br />

Außenwände erhalten e<strong>in</strong>e Holzverschalung, damit der Regen den Lehm nicht<br />

herunterwäscht.<br />

Es war ke<strong>in</strong>e sehr angenehme Arbeit: Da die andere Gruppe <strong>in</strong> der Vorwoche so<br />

fleißig gearbeitet hat, blieb uns überall nur die Deckenoberkante. Wenn es nicht<br />

ganz gut geht, läuft die Soße über e<strong>in</strong>en drüber. So waren wir froh, als es um<br />

12.30 Uhr <strong>in</strong> die Mittagspause g<strong>in</strong>g. Nach e<strong>in</strong>em wie immer ziemlich leckeren<br />

Essen legten wir uns gemütlich <strong>in</strong> die Sonne. Trotzdem standen wir gegen drei<br />

Uhr wieder vor unserer so "sympathischen" Wand. Wir brachten den Arbeitstag<br />

noch gut h<strong>in</strong>ter uns und tauschten uns dann beim Abendessen untere<strong>in</strong>ander<br />

über die heutigen "Tagesereignisse" aus. Die Anderen hatten an e<strong>in</strong>em weiteren<br />

Zigeunerhaus angefangen, das Dach zu reparieren. Der Dachstuhl war durch<br />

fahrlässige Bauweise der Besitzer<strong>in</strong> zum Teil abgebrannt, da die Dachpappe<br />

ohne Isolierung am Ofenohr anlag und sich so entzündet hatte. Die Stelle um das<br />

Rohr wurde durch e<strong>in</strong>e feuerfeste Eternitplatte ersetzt. Außerdem verlängerten<br />

andere Schüler das Dach nach unten, da das Regenwasser an der Hauswand<br />

herunterlief.<br />

Nach dem Abendessen machten Nena und ich noch e<strong>in</strong>en Spaziergang durch das<br />

Dorf. Doch wir kamen nicht sehr weit. Vor e<strong>in</strong>em Haus standen mehrere Leute<br />

und viele K<strong>in</strong>der, die wir kannten. Sie grüßten uns mit e<strong>in</strong>em freundlichen<br />

"saut" und w<strong>in</strong>kten uns zu sich. E<strong>in</strong>e etwas kräftiger gebaute Frau führte uns <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>terhof, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> großer Holzbackofen steht. Sehr stolz holte sie mit<br />

e<strong>in</strong>em Holzschieber e<strong>in</strong> Brotleib nach dem anderen heraus. Sie waren jedoch to-<br />

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