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mitteilungen der residenzen - Residenzen-Kommission - GWDG

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Fehlen juristischer Privilegien des Adels seit <strong>der</strong> Frühen Neuzeit zu einer Offenheit<br />

für Aufsteiger führte, so daß <strong>der</strong> Adel eben diese Offenheit zu seinem Markenzeichen<br />

erklären konnte; und Deutschland, wo die Standesherren auf ihre politische Mediatisierung<br />

mit einer umso schärferen sozialen Abschließung antworteten.<br />

In seinem Vortrag „Adlige Justiznutzung im Reich des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts“ beleuchtete<br />

Christian WIELAND das Themenfeld adliger Justizverwendung. Er beschrieb am<br />

Beispiel <strong>der</strong> sogenannten „Grumbachschen Händel“ (1558-1567), die im Rahmen <strong>der</strong><br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen um ein fränkisches Herzogtum zwischen den Bischöfen von<br />

Würzburg und Bamberg auf <strong>der</strong> einen Seite und Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach<br />

auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en zu verorten sind, wie ein Nie<strong>der</strong>adliger mit <strong>der</strong> Eröffnung<br />

<strong>der</strong> Fehde auf das traditionelle Instrument <strong>der</strong> Selbstjustiz zurückgreift, aber<br />

nach seiner Gefangennahme als Landfriedensbrecher durch das Reichskammergericht<br />

zum Tode verurteilt wird. Grumbach wurde daher traditionell als Paradebeispiel dafür<br />

interpretiert, daß sich <strong>der</strong> Adel <strong>der</strong> Durchsetzung eines auf Jurisprudenz gegründeten<br />

Rechtssystems wi<strong>der</strong>setzte und gewaltsam zur Aufgabe <strong>der</strong> Selbstjustiz gezwungen<br />

wurde. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber, daß adlige Familien in zivilrechtlichen<br />

Angelegenheiten die Reichsgerichte intensiv nutzten, um ihre Ansprüche<br />

gegeneinan<strong>der</strong>, gegen ihre Untertanen und gegen ihre Fürsten durchzusetzen. Am<br />

Beispiel <strong>der</strong> Familien Haslang und Welden, die sich nicht scheuten, eine Erbstreitigkeit<br />

bis vors Reichskammergericht zu tragen, veranschaulichte er, daß <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>adel<br />

das Instrumentarium <strong>der</strong> Jurisprudenz zwar vor<strong>der</strong>gründig ablehnte, aber geschickt<br />

damit umzugehen wußte und durchaus als Mittel <strong>der</strong> Konfliktregelung nutzte. Darüber<br />

hinaus ist die überdurchschnittliche Justiznutzung des Adels im Vergleich mit an<strong>der</strong>en<br />

Schichten ein Indiz dafür, daß <strong>der</strong> Adel auf die zunehmende Juridifizierung nicht nur<br />

reagierte, son<strong>der</strong>n diese Entwicklung aktiv vorantrieb.<br />

Ein hoher Stellenwert in <strong>der</strong> adligen Lebenswelt kam dem Duell zu, drückte sich<br />

doch die Zugehörigkeit zum Adelsstand auch im Kriterium <strong>der</strong> Satisfaktionsfähigkeit<br />

aus. Fraglich ist daher, warum das Duell in Italien im Verlauf <strong>der</strong> Frühen Neuzeit verschwand.<br />

Wie Marco BELLABARBA in seinem Vortrag ausführte, sei dies umso erstaunlicher,<br />

als doch die „Scienza Cavalleresca“ eine italienische Erfindung sei. Bellabarba<br />

erklärte das Verschwinden aus <strong>der</strong> vehementen Gegnerschaft <strong>der</strong> Kurie gegen<br />

das Duell. Durch die Androhung harter Kirchenstrafen, wie <strong>der</strong> Exkommunikation<br />

von Landesfürsten, die das Duellieren innerhalb ihrer Herrschaftsbereiche zuließen,<br />

gelang es <strong>der</strong> römischen Kirche im Laufe des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts, das Idealbild des<br />

Adligen <strong>der</strong>art umzudefinieren, daß <strong>der</strong> Kampf gegen die Ungläubigen und Häretiker<br />

zur zentralen Aufgabe erklärt wurde. Bellabarba veranschaulichte dies an Antonio<br />

Possevinos einflußreichem Traktat „Il soldato cristiano“ von 1569. Gewalt sollte nicht<br />

innerhalb des christlichen Adels, son<strong>der</strong>n vielmehr nach außen gegen die Feinde <strong>der</strong><br />

Kirche ausgeübt werden. Dies habe dazu geführt, daß viele italienische Adelige, sei es<br />

als Malteserritter o<strong>der</strong> in habsburgischen Diensten, an den außerhalb Italiens stattfindenden<br />

Glaubenskriegen teilgenommen hätten.<br />

Wie öffentliche Gerichtsverfahren durch den Adel als Mittel zur Selbstdarstellung<br />

genutzt werden konnten, zeigte André Johannes KRISCHER anhand des englischen<br />

peer trial. Mitglie<strong>der</strong> des Oberhauses genossen das Privileg, ausschließlich von ihresgleichen<br />

gerichtet zu werden, so daß das Oberhaus <strong>der</strong> einzige Gerichtshof war, vor<br />

dem ihnen ein Strafprozeß gemacht werden konnte. Ab 1700 bildete sich bei den peer<br />

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