Glashütten des Spätmittelalters im Isergebirge - Nemo
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Pottaschenbereitung, Quarz in Gestalt von Sand und Kieseln als Rohmaterial sowie reichlich Wasser für<br />
den Betrieb der Stampfmühlen. Flurnamen wie Glasbuckel, Glaswald, Glasrain oder Aschenbühl<br />
bezeugen in der Umgebung von Wüstenrot den Betrieb zahlreicher <strong>Glashütten</strong>.Eine der ältesten Hütten ist<br />
um 1430 für Weihenbronn bezeugt. 1521 besaß dort der hohenlohische Sekretär Wendel Hipler, der 1525<br />
<strong>im</strong> Bauernkrieg eine führende Rolle spielte, eine Glashütte. Im 16. Jahrhundert erlangte - wie auch die<br />
Hinweise auf Vermögensverhältnisse und Einwohnerzahlen belegen - die von der Glasmacherfamilie<br />
Greiner betriebene Glashütte in Stangenbach besondere Bedeutung. Von Stangenbach wurden Glaswaren<br />
nicht nur in benachbarte Ämter wie Weinsberg und Bietighe<strong>im</strong> abgesetzt, sondern auch Glasermeister in<br />
Frankfurt, Mainz, Bingen und Worms beliefert. Besucht wurde regelmäßig die Frankfurter Messe. Die<br />
Kisten mit Glaswaren wurden mit Wagen bis Heilbronn oder Neckarsulm gebracht und von dort mit<br />
Schiffen nach Frankfurt befördert. 1695 wurde der Betrieb der Stangenbacher Glashütte eingestellt. Am<br />
längsten betrieben wurde die Glashütte der Grafen von Löwenstein in Lautern.<br />
Glas herstellen<br />
In schwer zugänglichen, unbesiedelten Gebieten übten die Glasmacher eine Kolonisationsfunktion aus,<br />
ihre Produktionsstandorte waren an den Waldreichtum gebunden. Zur Glasherstellung (aus dem Quarz <strong>im</strong><br />
Buntsandstein) wurden große Mengen Brennholz benötigt. Viele <strong>Glashütten</strong> wurden daher in der zweiten<br />
Hälfte <strong>des</strong> 18. Jahrhunderts aufgegeben, weil der Preis für Brennholz aufgrund der Verknappung stieg und<br />
auch Forstbetriebe die Hütten <strong>im</strong> Wald nicht mehr dulden wollten. Im Schwarzwald war der<br />
Nadelholzvorrat der Kniebiswälder bereits völlig ausgeschöpft, obwohl die Fichte seit dem 16.<br />
Jahrhundert großflächig <strong>im</strong> Hornisgrinde-Kniebis-Gebiet verbreitet war.<br />
Köhlen und Pottaschebrennen<br />
Für die Glasindustrie u.a. waren die Köhlerei und Pottaschebrennereien wichtige Zuliefererindustrien. Die<br />
Köhler verkohlten das Abfallholz <strong>des</strong> Schifferwal<strong>des</strong> in Kohlenmeiler. Die entstehende Holzkohle wurde<br />
z.B. in der Glasindustrie genutzt. Auch heute findet man als Beweis Kohleplatten <strong>im</strong> Wald, der letzte<br />
Kohlemeiler war bis 1950 in Betrieb. So wurde eine etwa vierfache Gewichtsreduktion bei <strong>im</strong>mer noch<br />
einem Drittel Brennleistung der Holzkohle erreicht. Der Rußmacher nutzte noch den feinen Staub für<br />
Tusche und Schuhcreme. Dem gegenüber war das Pottaschebrennen eine Nebennutzung der<br />
Holzverarbeitung. Das Kaliumkarbonat der Pottasche wurde durch Verbrennen von Holz, Ästen, Reisig,<br />
Wurzelstöcken etc. gewonnen. Dabei wurden durch schonungsloses Einschlagen ganze Waldteile dem<br />
Aschebrennen geopfert. Die Pottasche wurde in den <strong>Glashütten</strong> zum Herabsetzen <strong>des</strong> Siedepunktes<br />
verwendet. Für die Herstellung von einem Kilogramm Glas benötige man zwei Kubikmeter Holz. Die<br />
Pottasche wurde auch in Hammerschmieden eingesetzt. In der Glasindustrie wird sie heute durch Soda<br />
ersetzt. Als eines der ältesten Kunstprodukte <strong>des</strong> Menschen ist Glas ein kulturgeschichtlicher Werkstoff,<br />
der facettenreich betrachtet werden kann. Mit Glas verbindet sich eine 7000-jährige<br />
Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> Handwerks, der Kultur und der Kunst. Rechnet man das natürliche Glas, den<br />
Obsidian, noch hinzu, gelangen wir zurück in die Zeit der Jäger und Sammler, als Ahnen mit scharfen<br />
Pfeilspitzen aus Glasstein in den dunklen Wäldern ihr Wild erlegten. Damals wie heute fasziniert das<br />
durchsichtige Material die Menschen und war häufig Anlaß zum küstlerischen Schaffen. Bei<br />
entsprechender Fürsorge wird Glas seine Hersteller überdauern, <strong>im</strong> günstigsten Fall tausende von Jahren.<br />
Das weströmische Kaiserreich nahm <strong>im</strong> Jahre 493 n.Chr. sein Ende, nachdem heftige, erbitterte Kämpfe<br />
die Ohnmacht <strong>des</strong> Imperiums offenlegten. Durch den Niedergang <strong>des</strong> Weltreiches und die nun<br />
beginnenden Völkerwanderungen ging ein gutes Stück der Glasmacherkunst verloren. Die aufkommende<br />
christliche Welt bezichtigte die Glasmacher eines "heidnischen Teufelswerk" und brandmarkte Gläser als<br />
Teufelswerk. Die wichtigste Kundschaft der Glasmacher, die Kirche und der Klerus, kündigten den<br />
Glasmachern ihren Bedarf.<br />
Papst Leo IV erließ um 850 ein Verbot, in Gottesdiensten Glasgefäße zu verwenden. Bereits vorher hatte<br />
das Konzil zu Re<strong>im</strong>s <strong>im</strong> Jahre 803 unter Leo III und danach das Konzil zu Trient (895) unter Papst<br />
Formosus ein Edikt gegen die Benutzung von Glasgefäßen in Gotteshäusern erlassen. Von allen Kirchen<br />
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