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Glashütten des Spätmittelalters im Isergebirge - Nemo

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Eine bedeutende Zäsur für die historische Entwicklung dieser Region brachte 1742 die<br />

Annexion Schlesiens durch Preuβen. Erst jetzt gewann die Grenze zu Böhmen als Staats- und<br />

Zollgrenze eine gravierende Bedeutung. Wenn auch die familiären Kontakte über die Grenze<br />

hinweg blieben - auf beiden Seiten sprach man nahezu dieselbe Mundart -, so büβte der<br />

schlesische Leinenhandel doch wichtige österreichische Märkte und Garnzulieferungen ein.<br />

Trotz Förderungsmaβnahmen durch die preuβische Politik erreichte der Leinwandhandel<br />

nichtmehr die einstige Bedeutung. Immerhin blieb die Riesengebirgsregion als wichtige<br />

Gewerbezone vom preuβischen Kantonssystem ausgenommen. Im übrigen Schlesien führte die<br />

neu eingeführte Wehrpflicht zu starker Unzufriedenheit unter der Bevölkerung. Die<br />

Plünderungen in den Kriegsjahren 1741-1760 und die Pest beeinträchtigten zunächst sehr stark<br />

die Entwicklung. Mit der Annexion durch Preuβen entfielen nun aber die konfessionellen<br />

Unterdrückungen, die die zum gröβten Teil lutherischen Untertanen <strong>im</strong> Riesengebirge durch<br />

die Habsburger erfahren muβten. Doch Friedrich II. war nicht bereit, den für die Lutheraner<br />

günstigen Status der Zeit vor 1618 wiederherzustellen. Die Protestanten erhielten <strong>des</strong>halb<br />

nicht, wie erwartet, ihre ehemaligen Kirchen zurück, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung<br />

protestantisch war, sondern erreichten lediglich die Erlaubnis, aufeigene Kosten Bethäuser zu<br />

errichten.<br />

So entstanden nach 1742 zunächst provisorische Bretterbethäuser, die erst <strong>im</strong> Laufe der<br />

folgenden Jahrzehnte durch Fachwerkgebäude oder steinerne Kirchen ersetzt wurden. Die<br />

frühesten Bilder zeigen schuppenartige Gebäude auf rechteckigem Grundriβ mit hohem<br />

schrägem Dach. Kirchen dieser Art entstanden in Arnsdorf, Giersdorf, Kaiserswaldau,<br />

Lomnitz, Seidorf und in noch weiteren Orten. In Warmbrunn (1744) und Schmiedeberg (1745)<br />

entstanden repräsentative Steinbauten.<br />

Erfuhren die konfessionellen Verhältnisse durch Friedrich II. eine Liberalisierung, so<br />

beeinträchtigte nun die starre merkantile Handelspolitik <strong>des</strong> Königs die gewerbliche<br />

Entwicklung <strong>im</strong> Riesengebirge. Anregungen der Kaufmannschaft, das Leinwandgeschäft zu<br />

reorganisieren und zu effektivieren, waren erfolglos. So unterblieb eine Magazinierung <strong>des</strong><br />

Garnhandels, was zu einer strengeren Kontrolle dieses für die Weber wichtigen Produkts, aber<br />

auch zu einer ausgeglicheneren Preispolitik hätte führen können. Die schrumpfenden Erträge<br />

muβten v. a. von den Spinnern und Webern kompensiert werden. Deren Situation wurde schon<br />

zu Habsburger Zeit 1714 durch den österreichischen Kameralisten Marperger als recht 'triste'<br />

bezeichnet. Den täglichen Erwerb für Weber errechnete er mit fünf Groschen, den für Spinner<br />

sogar nur mit vier. Die sozialen Gegensätze zwischen den noch <strong>im</strong>mer wohlhabenden<br />

Kaufleuten und den <strong>im</strong>mer ärmer werden den Webern und Spinnern eskalierte 1793 in dem<br />

Schmiedeberger Weberaufstand, der sich v. a. gegen die Garnhändler richtete. Die angebliche<br />

Äuβerung <strong>des</strong> Kaufmanns Bauch gegenüber den Webern, wenn sie sich keine Lebensmittel<br />

leisten könnten, sollten sie 'Heu und Stroh fressen', führte zum tätlichen Angriff auf die<br />

Garnhändler und die Zerstörung ihrer Waren. Die Verbesserung der sozialen und<br />

ökonomischen Situation lieβ sich nur durch einen Strukturwandel erreichen, aber der lieβ auf<br />

sich warten, zumal sich der Leinwandhandel <strong>im</strong>mer wieder erholte; doch die Löhne der Weber<br />

und Spinner blieben niedrig, da ihre Zahl trotz der Kriseweiterhin anstieg. Die Randlage, in die<br />

Schlesien in Preuβen nach 1815 geraten war, förderte kaum den nötigen Strukturwandelund<br />

die dringend erforderliche Industrialisierung der Garnproduktion. Erst 1834 wurde in<br />

Erdmannsdorf die erste mechanische Spinnerei <strong>im</strong> Riesengebirge eröffnet. Die Errichtung einer<br />

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