AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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„Wir sind dabei, unsere Exzellenz<br />
einzubüßen“<br />
Der Münchener Uni-Rektor Bernd Huber<br />
zur Situation der universitären Eliteförderung<br />
in Deutschland<br />
Die Bezeichnung „Exzellenz“ will<br />
Bernd Huber, Rektor der Münchner<br />
Ludwig-Maximilians-Universität<br />
(LMU), dem Elitenbegriff vorziehen.<br />
Auch „Eliteuniversität“ sei wenig geeignet,<br />
impliziere der Ausdruck doch<br />
eine de facto nicht zutreffende Zweitklassigkeit<br />
der Nicht-Eliteuniversitäten.<br />
Die Diskrepanz zwischen Anspruch<br />
und faktischen (finanziellen)<br />
Möglichkeiten der deutschen Hochschulen<br />
sei freilich eine zentrale Ursache<br />
des Missstands im Rahmen der<br />
angemahnten Eliteförderung. „Wir<br />
sind in Deutschland dabei“, so der<br />
Uni-Chef, „unsere Exzellenz einzubüßen.“<br />
Angesichts der knappen Kassenlage<br />
müsse das Gebot der Stunde vielmehr<br />
lauten: „Bestehendes stärken und<br />
gleichsam Neues befördern“. Dabei<br />
müsste die Vergabe von Fördergeldern<br />
jedoch strikt nach wissenschaftlichen<br />
Qualitätskriterien, also nach Leistung,<br />
erfolgen und nicht nach dem derzeit<br />
praktizierten Gießkannenprinzip. Es<br />
gelte darüber hinaus, so der gelernte<br />
Volkswirt, bei der Finanzierung von<br />
förderungswürdigen Projekten, deren<br />
Nachhaltigkeit zu gewährleisten: Gerade<br />
<strong>für</strong> die Spitzenforschung sei die<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 4/2004<br />
gängige Praxis zeitlich befristeter Finanzierung<br />
ein eklatantes Hemmnis.<br />
Huber unterstrich nebenbei die her-<br />
ausragende Stellung der LMU im bundesdeutschen<br />
Vergleich. Er appellierte<br />
zugleich, diese „exzellente“ Positi-<br />
Geschlossene Zugänge<br />
Thesen von Michael Hartmann<br />
Uni-Rektor Bernd Huber forderte die<br />
Abschaffung des Gießkannenprinzips<br />
bei Fördergeldern. Fotos: Dick<br />
• Die soziale Herkunft, mithin das Elternhaus, beeinflusst den<br />
Zugang zur deutschen Elite nicht nur indirekt, sondern ganz<br />
unmittelbar.<br />
• Der Zugang zu Elitepositionen ist sozial umso geschlossener,<br />
je informeller das Auswahlverfahren und je kleiner der<br />
Personenkreis ist, der über die Besetzung entscheidet.<br />
• Soziale Aufsteiger sind umso seltener, je machtvoller die<br />
Positionen sind.<br />
• Während die Politik <strong>für</strong> Aufsteiger am sozial durchlässigsten<br />
sei, ist sie in der Wirtschaft am geschlossensten.<br />
on beständig auszubauen. Finanziell<br />
bedingter Reformdruck erfordere jedoch<br />
Umwälzungen im System. Nicht<br />
zuletzt wegen massiver Haushaltskürzungen<br />
seien Schritte zu einem „strukturellen<br />
Reform- und Umbauprozess“<br />
unumgänglich: Eignungsprüfungen<br />
vor Antritt eines Studiums seien ein<br />
probates Mittel, um die hohen Abbrecherquoten<br />
der Studierenden zu reduzieren.<br />
Hierbei räumte Huber jedoch<br />
organisatorische Schwierigkeiten ein,<br />
da der bürokratische Aufwand immens<br />
sei. Ferner müssten nach<br />
jedem Semester bzw. Seminar<br />
Klausuren abgehalten werden, um<br />
das angestrebte Niveau effektiv<br />
zu verfolgen. Das heftig diskutierte<br />
dreistufige System der Ausbildung<br />
(Bachelor, Master, Promotion)<br />
– ob man es nun be<strong>für</strong>worte<br />
oder ablehne – sei bereits jetzt<br />
unvermeidbar.<br />
Spezialisten fördern<br />
Das stetige Anwachsen von Wissen,<br />
wie Huber am Beispiel der<br />
Biochemie verdeutlichte, erfordere<br />
zudem keine „sattelfesten Generalisten“,<br />
sondern Spezialisten.<br />
Um Exzellenz gezielt zu fördern,<br />
seien allerdings noch weitere entscheidende<br />
Fragen zu beantworten.<br />
Huber bezweifelte, ob man überhaupt<br />
die richtige Fragestellung im Fokus<br />
habe, also wirklich um Lehre und Forschung<br />
bemüht sei. Um den viel zitierten<br />
„brain-drain“ zu verhindern und in<br />
einen von Huber <strong>für</strong> möglich erachteten<br />
„brain-gain“ umzukehren, seien<br />
hierzulande attraktivere Bedingungen<br />
erforderlich. Die Einführung von systematischenPromotionsstudiengängen<br />
an deutschen Universitäten, wie in<br />
den USA üblich, sei dabei durchaus ein<br />
Erfolg versprechender Weg. �<br />
Sabine Dick /Thomas Schölderle<br />
(Siehe Presseschau Seite 28)<br />
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