AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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Kritik an der verweigerten Aufarbeitung<br />
dieses Themas durch öffentliche<br />
Institutionen in der Bundesrepublik<br />
laut. Viele Bürger der ehemaligen<br />
DDR haben den Eindruck, dass mit<br />
zweierlei Maß gemessen wird. Durch<br />
eine breitere öffentliche Aufarbeitung,<br />
so Knabe, „würde das Selbstbild vieler<br />
Westdeutscher, dass sie der zweiten<br />
deutschen Diktatur nur als Zuschauer<br />
beigewohnt hätten, zweifellos<br />
Schaden erleiden“.<br />
Dass Bonn zwar nicht im Griff, aber<br />
doch im Blick der Stasi war, machte<br />
Udo Baron in seinem Vortrag „Einflussversuche<br />
von MfS und SED auf<br />
Politiker und Parteien in der Bundesrepublik“<br />
deutlich. Wenngleich die<br />
Friedensbewegung im Zentrum der<br />
Einflussnahme durch die Stasi stand,<br />
so waren doch auch in fast allen übrigen<br />
Parteien IMs im Einsatz, um die<br />
Ziele des MfS durchzusetzen: die Anerkennung<br />
der DDR durch die Bundesregierung,<br />
die Spaltung des transatlantischen<br />
Bündnisses und die Verhinderung<br />
des NATO-Doppelbeschlusses.<br />
Beim Erreichen dieser Nah- und Fernziele<br />
war die Stasi jedoch nicht erfolgreich,<br />
aber im Hinblick auf die Feindbilder<br />
und die Grundströmungen in der<br />
20<br />
Karikatur:Tomaschoff<br />
westdeutschen Gesellschaft übte sie<br />
einen starken Einfluss aus.<br />
Jochen Staadt: blauäugige Darstellung<br />
der DDR in manchen Fernsehberichten.<br />
Wandel im Medienbild<br />
Diese Einflussnahme auf die bundesrepublikanische<br />
Gesellschaft gelang<br />
dem MfS insbesondere dadurch, dass<br />
es sich des westdeutschen Fernsehens<br />
als Medium bediente. So veranschaulichte<br />
Jochen Staadt am Beispiel der<br />
ARD, dass IMs bei der Einflussnahme<br />
des MfS auf die Sender zwar fast<br />
keine Rolle spielten, dass die Berichterstattung<br />
über die DDR jedoch beeinflusst<br />
werden konnte und somit zum<br />
Wandel des DDR-Bildes in der Bundesrepublik,<br />
besonders in den 1970er<br />
und 1980er Jahren, beitrug. Die recht<br />
positive bzw. blauäugige Darstellung<br />
der DDR in manchen Fernsehberichten<br />
lag zum Teil daran, dass Journalisten<br />
von DDR-kritischen Dokumentationen<br />
schlicht ausgewiesen wurden<br />
bzw. keine Dreherlaubnis erhielten. In<br />
anderen Fällen gelang es, Falschmeldungen<br />
zu lancieren oder westdeutschen<br />
Journalisten eine Scheinwelt<br />
vorzugaukeln. Auf diese Weise schaffte<br />
es die Stasi laut Staadt, den in Westdeutschland<br />
lange Zeit herrschenden<br />
anti-totalitären Konsens aufzulösen<br />
und die Abgrenzung zum Kommunismus<br />
abzuschwächen.<br />
Einen anderen Zugang zum Tagungsthema<br />
wählte Thomas Auerbach, indem<br />
er anhand von quellengestützten,<br />
in der Form eher literarischen Texten<br />
die mit dem Agentenalltag verbundenen<br />
menschlichen Probleme und<br />
Schwierigkeiten im „Operationsgebiet<br />
BRD“ zu veranschaulichen versuchte.<br />
� Marije Weber<br />
(Siehe Presseschau Seite 30)<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 4/2004