AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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nachhaltige Energieverwendung stehe<br />
„im Widerspruch zum Zeitgeist der<br />
Kurzfristhorizonte“, so Jochem.<br />
„Markt-Kommerz und politisches System<br />
stabilisieren sich wechselseitig auf<br />
Kurzhorizonte und Ressourcenverbrauch“.<br />
Jochem erklärte die rationellere<br />
Energienutzung zur bisher „verdrängtenHandlungsoption“.<br />
Sowohl im Bereich<br />
der Produktion wie im Alltagsgebrauch<br />
liege ein großes,<br />
zu weiten Teilen ungenutztesEinsparpotenzial<br />
brach. In einer gesteigerten<br />
Energieeffizienz sah er<br />
überdies die einzige Möglichkeit,<br />
um die zunehmend<br />
schwieriger werdenden<br />
Reduktionen der CO 2 -<br />
Emissionen zu erzielen. Es<br />
gebe eine Vielzahl von<br />
Möglichkeiten indirekter<br />
Energieeinsparung durch<br />
den nachhaltigen Umgang<br />
mit energieintensiven Materialien<br />
– Recycling,<br />
Werkstoffsubstitution oder Nutzungsintensivierung<br />
nur als Stichworte. Um<br />
eine stärkere Ausschöpfung des Potenzials<br />
zu erreichen, wäre Jochems Ansicht<br />
zufolge, der Abbau schädlicher<br />
Subventionen, die Internalisierung externer<br />
Umweltkosten, sowie der Aufbau<br />
von Netzwerken notwendig. Insbesondere<br />
durch Netzwerkstrukturen<br />
könnten die Sach-, Informations- und<br />
Entscheidungskosten reduziert und<br />
eine bleibende Aufmerksamkeit <strong>für</strong> die<br />
Energiesenkung durch gemeinsame<br />
Reduktions- und Effizienzziele geschaffen<br />
werden.<br />
Plädoyer <strong>für</strong><br />
Kernenergie<br />
Galt dem Großteil der Referenten die<br />
Nutzung erneuerbarer Energiequellen<br />
als wichtiger Beitrag zur Lösung künftiger<br />
Engpässe, so vertrat Alfred Voss<br />
von der Universität Stuttgart eine völlig<br />
gegenteilige Position: Die erneuerbaren<br />
Energien könnten, so Voss, keinen<br />
ausreichenden Beitrag zur Stromerzeugungsstruktur<br />
leisten. Der Ersatzbedarf,<br />
der durch den Wegfall der<br />
Kernenergie und der Verknappung der<br />
Erdölressourcen entstehe, sei nicht<br />
ansatzweise zu kompensieren. Nicht<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 4/2004<br />
zuletzt aufgrund der Entwicklungsperspektiven<br />
der Kraftwerkstechnik sieht<br />
er vielmehr eine Renaissance der bewährten<br />
Energieträger: Es stehe eine<br />
Steigerung des Wirkungsgrads, eine<br />
erfolgreiche CO 2 -Abscheidung, sowie<br />
eine höhere Sicherheit bei Kernkraftwerken<br />
in Aussicht.<br />
Axel Berg plädiert <strong>für</strong> den Ausstieg<br />
aus der Kernenergie<br />
Hans Spitzner: Kontroverser<br />
Schlagabtausch über die<br />
energiepolitischen Konsequenzen<br />
Wenngleich die erneuerbaren Energien<br />
ebenfalls Steigerungspotenziale besäßen,<br />
würden sie im Vergleich zu<br />
Kohle, Gas und Kernenergie weitaus<br />
höhere Vollkosten bei der Stromerzeugung<br />
verursachen. Gleiches gelte <strong>für</strong><br />
die Erreichung der Treibhausgasminderungsziele.<br />
Auch dort fielen bei einer<br />
Präferenz <strong>für</strong> erneuerbare Energien<br />
oder der Clean-Coal-Technologie<br />
wesentlich höhere Kosten an.<br />
Demgegenüber seien bei einem Ausbau<br />
der Kernenergie sogar Einsparungen<br />
möglich.<br />
Tagungsleiterin Saskia Hieber vertrat<br />
die Ansicht, dass der Energiebedarf<br />
Chinas zurzeit noch keine Bedrohung<br />
der internationalen Energiemärkte bedeute.<br />
Öl spiele in Chinas Energiestruktur<br />
nicht die Hauptrolle (max. 30<br />
Prozent). Den Großteil der chinesischen<br />
Energiestruktur mache die Kohlenutzung<br />
aus, wozu ausreichende und<br />
zum Großteil ungenutzte Vorräte zur<br />
Verfügung stehen. Hinzu komme, dass<br />
Chinas Energiepolitik sowohl die Entwicklung<br />
eigener Öl- und Gasproduktionen,<br />
eine Diversifizierung von Energieträgern,<br />
sowie Maßnahmen der<br />
Energieeinsparung und Effizienzsteigerung<br />
zum Ziel habe. Dennoch gelte<br />
es zu bedenken, dass insbesondere der<br />
Ölverbrauch im Transportsektor stark<br />
ansteigen werde. Um den zunehmenden<br />
Bedarf zu decken, würden in Zukunft<br />
auch erhöhte Ölimporte erforderlich<br />
sein.<br />
<strong>Politische</strong><br />
Kontroversen<br />
Lebhaft und kontrovers<br />
ging es zu, als Hans<br />
Spitzner, Staatssekretär<br />
im Bayerischen Wirtschaftsministerium<br />
und<br />
Axel Berg, stellvertretenderenergiepolitischer<br />
Sprecher der<br />
SPD-Bundestagsfraktion,<br />
über die energiepolitischenKonsequenzen<br />
stritten. Während<br />
Spitzner <strong>für</strong> eine Mischung<br />
der Energieformen<br />
plädierte und dabei<br />
den Einsatz von<br />
Kernenergie und fossilen<br />
Brennstoffen ausdrücklich als<br />
wichtige integrale Bestandteile eingeschlossen<br />
wissen wollte, verteidigte<br />
Berg vehement den Ausstieg aus der<br />
Kernenergie: Keine Reaktorlinie erfülle<br />
bislang die Bedingung, bei einem<br />
Unfall die Folgen allein auf das AKW<br />
selbst zu begrenzen; zudem müssten<br />
viele alte Kraftwerke ohnehin bald ersetzt<br />
werden.<br />
Ungenutzte Potenziale<br />
Keinen Konsens gab es auch bei der<br />
Förderung der erneuerbaren Energien:<br />
Während Spitzner die starke Subventionierung<br />
seitens der Bundesregierung<br />
scharf kritisierte und demgegenüber<br />
eine „agierende Forschungsförderung<br />
als reagierende Dauerförderung“ forderte,<br />
widersprach Berg der Be<strong>für</strong>chtung,<br />
Forschung und Entwicklung würden<br />
vernachlässigt. Beide stimmten<br />
allerdings darin überein, dass die Potenziale<br />
der Energieeinsparung bisher<br />
größtenteils ungenutzt geblieben sind<br />
und infolgedessen auf dem Gebiet der<br />
Energieeffizienz noch viele Anstrengungen<br />
notwendig seien. �<br />
Marije Weber/Thomas Schölderle<br />
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