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Kernfragen des Glaubens - Evangelische Akademikerschaft in ...

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Er wendet sich <strong>des</strong>halb den sogenannten „chaotischen Systemen“ zu, die den<br />

überwiegenden Teil der natürlichen Abläufe beherrschen. Sie s<strong>in</strong>d von Karl Popper als<br />

e<strong>in</strong>em der ersten im Bild von „Wolken und Uhren“ charakterisiert worden. Es stellt sehr<br />

anschaulich vor Augen, dass „wolkige“ Systeme im Unterschied zu „uhrwerksmäßigen“<br />

sich ihrem Wesen nach unvorhersagbar verhalten. Nicht, weil wir zu wenig über sie<br />

wissen, sondern weil sie gleichsam auf der Kippe stehen, von wo aus sie sich bei<br />

ger<strong>in</strong>gfügigstem Anlass <strong>in</strong> die e<strong>in</strong>e oder andere Richtung , aber nicht <strong>in</strong> jede beliebige,<br />

entwickeln können. (Die E<strong>in</strong>schränkung der Beliebigkeit rührt daher, dass diese Systeme,<br />

<strong>in</strong> der Formulierung der Chaostheorie, nur den Raum ihres jeweiligen „seltsamen<br />

Attraktors“ durchqueren können. Dieser repräsentiert die Fülle aller möglichen Zustände<br />

<strong>des</strong> Systems, die derselben totalen Energie korrespondieren).<br />

Entscheidend ist nach Polk<strong>in</strong>ghorne für diesen Gedankengang, dass zwischen dem, was<br />

wir von den D<strong>in</strong>gen wissen (Epistemologie) und dem, was sie s<strong>in</strong>d (Ontologie) e<strong>in</strong><br />

logischer Zusammenhang besteht, dass sich also epistemologische Unschärfe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

kritisch-realistischen Interpretation als ontologische Offenheit verstehen lässt. Dann kann<br />

e<strong>in</strong> neues kausales Pr<strong>in</strong>zip die künftige Entwicklung bestimmen.<br />

Und das ist ke<strong>in</strong>e neue Art energetischer Kausalität. Der Energiehaushalt <strong>des</strong> Systems<br />

bleibt unbetroffen. Bee<strong>in</strong>flusst werden nur die Muster der sich entfaltenden dynamischen<br />

Entwicklung. Das aber kann nach Polk<strong>in</strong>ghorne e<strong>in</strong>em Verständnis „göttlichen Handelns<br />

von oben durch aktive Information“ korrespondieren.<br />

Diese Offenheit <strong>des</strong> Weltprozesses bedeutet auch, dass nicht e<strong>in</strong>mal Gott die Zukunft<br />

vorauswissen kann, weil er e<strong>in</strong>e offene Welt im Werden schuf. E<strong>in</strong> deutlicher Unterschied<br />

zum Bild <strong>des</strong> klassischen Theismus.<br />

Dieser metaphysische Ansatz erfasst mit gleichem Ernst sowohl den mentalen/geistigen<br />

als auch den naturalen Pol <strong>des</strong> Se<strong>in</strong>s, beide verstanden als komplementäre Bestandteile<br />

e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Realität. Er berücksichtigt nun noch nicht die dramatische Entwicklung der<br />

Forschung der letzten Jahrzehnte unter den Stichworten der quantenphysikalischen<br />

„Verschränkung“ (entanglement). Polk<strong>in</strong>ghorne nimmt auf sie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em 1998<br />

erschienenen Werk „Belief <strong>in</strong> Gold <strong>in</strong> an Age of Sciences“, das den Diskussionen im<br />

Arbeitskreis zugrunde lag, ausdrücklich ke<strong>in</strong>en Bezug. Heute sche<strong>in</strong>t dies unumgänglich,<br />

wenn man auf dem Stand argumentieren will, den die Wissenschaft seit der immer noch<br />

umstrittenen Kopenhagener Deutung <strong>des</strong> Welle-Teilchen-Dualismus der<br />

Quantenmechanik erreicht hat. Dieser ist ke<strong>in</strong>eswegs mehr die e<strong>in</strong>zige Zumutung der<br />

Quantentheorie an unseren Verstand.<br />

Im Mittelpunkt der Diskussion steht jetzt die „Nichtlokalität der Welt“, die sich aus der<br />

realistischen Deutung <strong>des</strong> sogenannten EPR(E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>-Podolsky-Rosen)-Paradoxes von<br />

1935 ergibt, der „spukhaften Fernwirkung“ zwischen verschränkten Elementarteilchen.<br />

Die Experimente seit den 60er Jahren haben gezeigt, dass diese Phänomene, ersonnen<br />

als Gedankenexperiment zum Nachweis der Unvollständigkeit der Quantenmechanik, <strong>in</strong><br />

der Realität fundiert s<strong>in</strong>d.<br />

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