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Kernfragen des Glaubens - Evangelische Akademikerschaft in ...

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Auf der andern Seite spricht die Bibel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vielzahl von Bildern von Gott. Gerade die<br />

Propheten br<strong>in</strong>gen den unverfügbar heiligen Gott <strong>in</strong> Gleichnissen zur Sprache. Jesus lehrt<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Grundgebet, den Gott <strong>des</strong> Himmels als unsern „Vater“ anzusprechen. Im<br />

apostolischen <strong>Glaubens</strong>bekenntnis werden wir ermutigt, den „Schöpfer <strong>des</strong> Himmels und<br />

der Erde“ als „Gott den Vater“ zu verehren. Die orthodoxe Kirche hat nach langen<br />

Kämpfen, auch im Gegenüber zum Islam, 787 das Recht der Ikonenverehrung<br />

ausdrücklich verteidigt.<br />

So f<strong>in</strong>den wir <strong>in</strong> der Geschichte der Christenheit e<strong>in</strong> komplexes Mite<strong>in</strong>ander von Bilderkritik<br />

und Bildgebrauch. In der frühen Neuzeit widersetzt sich Luther weniger den äußern<br />

Bildern und Skulpturen <strong>in</strong> den Kirchenräumen. Um so radikaler trifft se<strong>in</strong>e Kritik die <strong>in</strong>neren<br />

Angstvorstellungen e<strong>in</strong>es fordernd-strafenden Gottes, der den Menschen von se<strong>in</strong>en<br />

religiösen Leistungen her betrachtet; dagegen setzt er von neuem den Gott der<br />

bed<strong>in</strong>gungslosen Gnade. Die Provokationen der Aufklärung führen auch <strong>in</strong> der christlichen<br />

Theologie zu e<strong>in</strong>er neuen Vorsicht gegenüber unbedachten Gottesbildern. Schleiermacher<br />

zeigt, wie im frommen Selbstbewusstse<strong>in</strong> „das eigne Se<strong>in</strong> und das unendliche Se<strong>in</strong> Gottes<br />

E<strong>in</strong>es se<strong>in</strong> kann.“(Der christliche Glaube,1830, §32) Die Theologien Karl Barths, Rudolf<br />

Bultmanns, Paul Tillichs lassen sich als Versuche lesen, der neuzeitlichen Bildkritik am<br />

Gottesglauben überzeugend zu antworten. So wäre es e<strong>in</strong>e Preisgabe theologischer<br />

Erkenntnis, wenn erst von mystischer Gottesbegegnung der entscheidende Durchbruch zu<br />

e<strong>in</strong>em verantwortbaren Gottesbild erwartet würde. Trotzdem wird die Fragestellung künftig<br />

noch dr<strong>in</strong>glicher werden: Welchen besonderen Beitrag kann die Mystik zur Rede und zum<br />

Bild von Gott h<strong>in</strong>zufügen?<br />

Mystik vertritt das Ine<strong>in</strong>ander von persönlichen und überpersönlichen Zügen<br />

Gottes.<br />

E<strong>in</strong> wichtiger Beitrag ist vor allem, dass die Mystik das Ine<strong>in</strong>ander von persönlichen und<br />

überpersönlichen Zügen Gottes vertritt. Gott ist nie nur das väterlich-mütterliche Du,<br />

sondern begegnet auch <strong>in</strong> der Metaphorik von Licht und Feuer, von Quelle und Meer, von<br />

Grund und Abgrund. Das lässt sich sogar bis <strong>in</strong> Lieder verfolgen, die <strong>in</strong> unser Gesangbuch<br />

E<strong>in</strong>gang gefunden haben: „Luft, die alles füllet, dr<strong>in</strong> wir immer schweben, aller D<strong>in</strong>ge<br />

Grund und Leben,/ Meer ohn’ Grund und Ende, Wunder aller Wunder: ich senk mich <strong>in</strong><br />

dich h<strong>in</strong>unter.“(Gerhard Tersteegen EG 165,5) Aber die variantenreiche nichtpersonale<br />

Bilder-Symbolik muss überstiegen werden. Schon „Dionysius“ konnte herausarbeiten,<br />

dass Gott über die direkten Bildaussagen h<strong>in</strong>aus treibt: auf e<strong>in</strong>e “via negationis und<br />

„em<strong>in</strong>entiae“.<br />

„Mystiker s<strong>in</strong>d Tiefseetaucher <strong>des</strong> Bewusstse<strong>in</strong>s“.(Küstenmacher <strong>in</strong> Gott 9.0) Gewiss s<strong>in</strong>d<br />

solche Weiterführungen immer wieder auch Erkenntnisse der Theologie geworden, auch<br />

<strong>in</strong> den großen Entwürfen <strong>des</strong> 20.Jahrhunderts. Doch die Zeugen der Mystik haben ihre<br />

Erkenntnis mit dem Gewicht und der Leidenschaft eigener Erfahrung sozusagen<br />

beglaubigt.<br />

Die mystische Erfahrung spricht von der Gegenwart, der puren Präsenz Gottes und von<br />

dem „Heute“ Christi. Der Zeitabstand zwischen dem Glauben heute und den biblischen<br />

Zeugnissen damals hat ke<strong>in</strong>e letzte Beunruhigung. „Es kommt e<strong>in</strong> Schiff geladen bis an<br />

se<strong>in</strong> höchsten Bord“. So heißt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Lied <strong>in</strong> der Tradition Johannes Taulers.<br />

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