Zu viel Bürokratie - Caritas NRW
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caritas in <strong>NRW</strong> · 4/11<br />
<strong>Bürokratie</strong> und Kontrolle<br />
„Wichtig sind<br />
konkrete Vorschläge“<br />
Der Normenkontrollrat befasst sich zunehmend mit der <strong>Bürokratie</strong><br />
im Sozial- und gesundheitsbereich – und sieht Handlungsbedarf<br />
Auch der <strong>Bürokratie</strong>abbau ist inzwischen geregelt: Die große Koalition von<br />
CDU/CSU und SPD richtete 2006 den Nationalen Normenkontrollrat ein, der Vorschläge<br />
zum <strong>Bürokratie</strong>abbau und zur Verwaltungsvereinfachung machen soll.<br />
Das gremium besteht aus acht ehrenamtlichen Mitgliedern, die auf Vorschlag<br />
der Bundesregierung vom Bundespräsidenten berufen werden. Auskunft über<br />
die Arbeit des Normenkontrollrats gibt der stellvertretende Vorsitzende Wolf-<br />
Michael Catenhusen, Staatssekretär a. D.<br />
Was schreiben wir jetzt in<br />
die Dokumentation, damit<br />
die Prüfer zufrieden sind?<br />
Solche Überlegungen entlarven<br />
die Verlogenheit des<br />
Systems.<br />
Foto: Lehmann<br />
<strong>Caritas</strong> in <strong>NRW</strong>: Kann man eine Grenze definieren,<br />
ab der die Kosten und der Aufwand für <strong>Bürokratie</strong><br />
höher sind als die Erträge (in Form von Standardisierung,<br />
Transparenz, Verwaltungsgerechtigkeit ...)?<br />
Wolf-Michael Catenhusen: Wichtig und lohnenswert<br />
ist es zunächst, Kosten und Aufwand einer bestehenden<br />
oder geplanten Regelung unter Einbeziehung der Betroffenen<br />
möglichst realitätsnah zu ermitteln und damit<br />
objektiv und transparent zu machen. Solche Kostenschätzungen<br />
müssen nach dem Normenkontrollratsgesetz<br />
schon bei der Vorbereitung eines Gesetzent-<br />
wurfs vorgenommen werden, damit sie nicht erst bei<br />
der Umsetzung erkennbar werden. Die Unterstützung<br />
und Kontrolle dieses Prozesses sind eine wesentliche<br />
Aufgabe des Normenkontrollrats. Aufgabe der Politik<br />
ist es dann, zu klären, ob dieser Aufwand durch die Zielsetzung<br />
des Gesetzes gerechtfertigt ist. Die transparente<br />
Darstellung der Kosten setzt die Politik unter einen<br />
höheren Rechtfertigungsdruck und wirft die Frage nach<br />
Grenzen des <strong>Zu</strong>mutbaren auf. Vor allem müssen die<br />
Kosten für die Umstellung auf neue Verwaltungsverfahren<br />
und die durch die neue Praxis entstehenden Einsparungen<br />
sinnvoll gegeneinander aufgewogen werden.<br />
Grenzen des akzeptablen <strong>Bürokratie</strong>aufwands müssen<br />
in jedem Einzelfall ermittelt werden.<br />
c <strong>Bürokratie</strong>abbau gilt als Zauberwort in Sonntagsreden<br />
von Politikern. Gibt es konkrete Erfolge?<br />
<strong>Bürokratie</strong>kosten als Kosten aus sog. Informationspflichten<br />
sind seit 2006 eindeutig definiert. Auf dieser<br />
Basis hat das Statistische Bundesamt die <strong>Bürokratie</strong>kosten<br />
gemessen, die durch Bundesrecht für die Wirtschaft<br />
entstehen. Sie beliefen sich im Jahr 2006 auf rund<br />
50 Milliarden Euro. Die Bundesregierung hat Vereinfachungsmaßnahmen<br />
auf den Weg gebracht, die inzwischen<br />
ein Entlastungsvolumen von über 10 Milliarden<br />
Euro umfassen. Es ging beispielsweise um Vereinfachungen<br />
beim Vergaberecht sowie bei Buchführungs-<br />
und Bilanzierungspflichten und um die Abschaffung der<br />
Lohnsteuerkarte in Papierform.<br />
Gleichwohl liegt noch <strong>viel</strong> Arbeit vor uns. Der Normenkontrollrat<br />
befasst sich zunehmend auch mit Fragen des<br />
bürokratischen Aufwandes im Gesundheits- und Sozialsystem.<br />
Hier besteht Handlungsbedarf bei der Überprüfung<br />
des Ausmaßes vorgeschriebener Informations-<br />
und Dokumentationspflichten – in der Arztpraxis wie<br />
im Pflegeheim.<br />
c Auch in der sozialen Arbeit wächst das Maß an<br />
Kontrolle und <strong>Bürokratie</strong>. Doch soziale Arbeit<br />
richtet sich an Menschen, sie schafft kein Produkt,<br />
sondern ist eine Dienstleistung am Menschen.