Zu viel Bürokratie - Caritas NRW
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Wenn es um konkrete Hinweise<br />
und Vereinfachungsvorschläge<br />
im Pflegebereich geht,<br />
dann ist jetzt genau der richtige<br />
Zeitpunkt dazu.<br />
Braucht es nicht mehr Menschlichkeit statt mehr<br />
Kontrolle und <strong>Bürokratie</strong>?<br />
Menschlichkeit und Kontrolle bzw. <strong>Bürokratie</strong> müssen<br />
nicht unbedingt Widersprüche sein. Ein angemessenes<br />
Maß an <strong>Bürokratie</strong> und auch Kontrolle ist wesentlicher<br />
Bestandteil einer rechtsstaatlichen Gemeinschaft.<br />
Im Gesundheits- wie im Sozialwesen ist es allerdings<br />
in großem Umfang zur Einführung von Dokumentationspflichten<br />
als Voraussetzung für Kostenübernahmen<br />
gekommen. Hier ist es sinnvoll und überfällig, diese Belastungen<br />
konkret, objektivierbar zu ermitteln und nach<br />
bürokratieärmeren Lösungen zu suchen. <strong>Zu</strong>r Prüfung<br />
gehört aber auch die Frage, in welchem Ausmaß soziale<br />
Einrichtungen ein professionelles Kostenmanagement<br />
praktizieren. Es müssen Verfahren gefunden werden,<br />
die die <strong>Zu</strong>wendung zu den Menschen im Mittelpunkt<br />
halten.<br />
c In Alten- und Pflegeheimen sind für alle Pflege-<br />
und Dienstleistungen, für alle Handgriffe, schriftliche<br />
Dokumentationen vorgeschrieben. Diese verschlingen<br />
enorm <strong>viel</strong> Geld und Arbeitszeit, die für<br />
die Pflege fehlen.<br />
Ja, hier besteht Handlungsbedarf. Es ist gut, dass im<br />
Rahmen der geplanten Pflegereform gerade auch der<br />
<strong>Bürokratie</strong>aufwand unter die Lupe genommen werden<br />
soll.<br />
Im Frühjahr startete die Bundesregierung zudem das<br />
Projekt zur Ermittlung des bürokratischen Aufwands,<br />
der durch Antragsverfahren auf gesetzliche Leistungen<br />
für Pflegebedürftige und chronisch Kranke entsteht.<br />
Hier sitzen neben dem Normenkontrollrat zahlreiche<br />
Vertreter aus dem Gesundheits- und Pflegebereich mit<br />
am Tisch. Derzeit erhebt das Statistische Bundesamt<br />
die Kosten, die insbesondere durch die verschiedenen<br />
Antrags- und Dokumentationspflichten verursacht werden.<br />
Hierzu befragt es pflegebedürftige Personen, deren<br />
Angehörige, aber auch Pflegeeinrichtungen. Ich denke,<br />
da werden wir noch im Herbst wichtige Erkenntnisse<br />
erhalten. Gleichzeitig sammeln wir im Projekt konkrete<br />
Vereinfachungsvorschläge, die dann hoffentlich zahlreich<br />
auch Eingang in die Pflegereform finden.<br />
c Was raten Sie Trägern und Einrichtungen, wenn<br />
diese gegen „St. Bürokratius“ vorgehen wollen?<br />
Kann der Einzelne etwas tun?<br />
Ja, jeder Einzelne kann etwas tun, etwa durch transparente<br />
Kostenermittlungen. Wir alle, Bundesregierung<br />
und Normenkontrollrat, sind darauf angewiesen, dass<br />
wir auf überbordende <strong>Bürokratie</strong> hingewiesen werden.<br />
Ganz wichtig dabei sind aber auch konkrete Vorschläge<br />
zur Vereinfachung. Da liegen die Tücken oft im Detail.<br />
Denn häufig geht es um einfachere Regeln, nicht um<br />
ihre Abschaffung.<br />
Wenn es um konkrete Hinweise und Vereinfachungsvorschläge<br />
im Pflegebereich geht, dann ist jetzt genau<br />
der richtige Zeitpunkt dazu. b<br />
Die Fragen stellte Markus Lahrmann.<br />
Wolf-Michael Catenhusen<br />
(66) ist stellv. Vorsitzender<br />
des Nationalen Normenkontrollrats.<br />
Catenhusen<br />
war von 1980 bis 2002<br />
SPD-Bundestagsabgeordneter<br />
(Landesliste<br />
<strong>NRW</strong>), von 1998 bis 2002<br />
parlamentarischer Staatssekretär<br />
bei der Bundesministerin<br />
für Bildung<br />
und Forschung und von<br />
2003 bis 2005 beamteter<br />
Staatssekretär im Bundesministerium<br />
für Bildung<br />
und Forschung.<br />
Foto: Deutscher Ethikrat<br />
Der Nationale Normenkontrollrat hat die Aufgabe, die Bundesregierung bei der<br />
Umsetzung ihrer Maßnahmen auf den gebieten des <strong>Bürokratie</strong>abbaus und der<br />
besseren Rechtsetzung zu unterstützen (§ 1 Abs. 2 NKR-gesetz).<br />
Hieraus ergeben sich zwei Aufgabenschwerpunkte:<br />
c Vermeidung neuer bürokratischer Belastungen und<br />
c Reduzierung bestehender bürokratischer Belastungen.<br />
caritas in <strong>NRW</strong> · 4/11 15