magazine - Das Virtuelle Fahrzeug
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Abbildung 2: Alterungsprognose, der traditionelle<br />
Pfad und die Erweiterung mittels Modell<br />
Quelle: Area Vehicle E/E & SW, ViF<br />
schenschritt zwischen 1D und 2D) bezieht sich<br />
auf den Umstand, dass jede Gleichung zwar<br />
nur in einer Dimension gelöst wird, aber unterschiedliche<br />
Gleichungen und deren Dimensionen<br />
normal aufeinander ausgerichtet sind.<br />
Damit können im Modell beide Dimensionen<br />
abgebildet werden.<br />
Final kann also festgestellt werden, dass ein<br />
elektrochemisches Modell reale Vorgänge in<br />
einem Modell vereinfacht abbildet. Damit entsteht<br />
ein Werkzeug, das sogar unter Last der<br />
Zelle oder des Batteriesystems eine Aussage<br />
auf Vorgänge in der Zelle zulässt. Ein spezieller<br />
Anwendungsfall ist die Verbindung der Lebensdauerprognose<br />
mit diesem detaillierten Modellierungsansatz.<br />
Hierbei werden schädigende<br />
Vorgänge bewertet und als Information in die<br />
Prognose mit eingebunden.<br />
„Elektro-Chemisches Modell“ - eine<br />
Definition<br />
Die Grundelemente einer Batteriezelle sind die<br />
Ableiter. Dies sind Folien aus Kupfer und Aluminium,<br />
welche die Verbindung des chemisch aktiven<br />
Materials mit dem jeweiligen Pol der Zelle<br />
bilden und die mechanische Stabilität gewährleisten.<br />
Die Längskoordinate des Modellgebiets<br />
verläuft also von einer Ableiterfolie zur anderen.<br />
Die Aktivmaterialschichten der Zelle (positive<br />
und negative Elektrode) sind von poröser<br />
Natur. Die Feststoffe dieser<br />
Struktur bestehen aus den<br />
aktiven Substanzen (Interkalationsmaterial,Hostmaterial),<br />
elektrisch leitendem und<br />
zum Teil ebenfalls aktivem<br />
Material (Leitruß) und klebendem<br />
Material (Binder). In<br />
den Hohlräumen des Materials<br />
befindet sich eine flüssige<br />
Phase, die dem Ionentransport<br />
zwischen den Elektroden<br />
dient, der Elektrolyt. In<br />
Abbildung 1 wird die feste<br />
Phase durch Kreise symbolisiert,<br />
der Leitruß sowie Binder<br />
sind nicht eingezeichnet.<br />
Sie befinden sich zwischen<br />
den Kreisen und verbinden<br />
diese. Die tatsächliche Form<br />
der aktiven Substanzen variiert<br />
zwischen Flakes bis zu<br />
annähernd Kugelform, die<br />
Größe der Partikel (1 Partikel<br />
= 1 Kreis) von wenigen Nanometern bis zu<br />
einigen Mikrometern. Interkalationsmaterialien<br />
sind kristalline Stoffe, welche Lithiumatome in<br />
Zwischengitterplätze aufnehmen (interkalieren)<br />
und dort unter Ausbildung eines chemischen<br />
Potentials speichern können. Diese Komponenten<br />
finden sich im Modell und werden vereinfacht<br />
mechanistisch abgebildet.<br />
Verbindung zwischen elektro-<br />
chemischem Modell und Alterungsproblematik<br />
Der Stand der Technik in der Lebensdauerprognose<br />
von Batteriesystemen ist in Abbildung<br />
2 in der linken Bildhälfte beschrieben. Hierbei<br />
werden mittels vorab definierter Testmatrizen,<br />
die auf die jeweilige Anwendung zugeschnitten<br />
sind, Alterungsexperimente gestartet. Diese Alterungsexperimente<br />
laufen je nach Anwendung<br />
bis zu mehrere Jahre. Zudem sind derzeit noch<br />
keine Raffungsmechanismen bekannt, die diese<br />
Testzeit signifikant verkürzen würden. Der<br />
parallele Pfad der elektrochemischen (EC)-<br />
Modellerweiterung bringt ein zweites Standbein<br />
in diese Prognose ein. Üblicherweise wird<br />
in den Kundenanforderungen für Batteriesysteme<br />
eine Lebensdauer von zehn oder mehr<br />
Jahren festgeschrieben. Im Vergleich dazu<br />
beträgt die Entwicklungszeit eines Batteriesystems<br />
zum fertigen Produkt in etwa zwei bis<br />
drei Jahre. Diese Entwicklungszeiten sind dann<br />
realistisch, wenn bereits auf einer freigeprüften<br />
Einzelzelle, dem Kernstück eines Batteriesystems,<br />
aufgebaut werden kann.<br />
Daher ist es von grundlegendem Interesse, die<br />
Streuung der Vorhersage in engen Grenzen zu<br />
halten. <strong>Das</strong> ist mit rein empirischen Methoden<br />
schwierig bis unmöglich.<br />
Hier bietet die Verschränkung mit dem elektrochemischen<br />
Modell die Möglichkeit, die<br />
Streuung zu reduzieren. Neben der erhöhten<br />
Prognosefähigkeit bietet diese Verschränkung<br />
einen weiteren Vorteil. Sollte sich während<br />
der Entwicklung die Notwendigkeit ergeben,<br />
grundsätzliche Eigenschaften der Basiszelle<br />
und auch des Batteriesystems zu ändern,<br />
müsste eigentlich das gesamte Alterungsexperiment<br />
wiederholt werden. Als Beispiel sei hier<br />
die Schichtdicke der Elektroden der Lithium-<br />
Ionen Zelle genannt. <strong>Das</strong> elektrochemische<br />
Modell bietet hier die Möglichkeit, den Trend<br />
der Alterungsprognose abzuschätzen und<br />
die bestehenden Daten neu zu interpretieren.<br />
Kombiniert mit neu gestarteten Testläufen wird<br />
diese Prognose abgesichert. Aus dem elektrochemischen<br />
Modell lassen sich damit die für<br />
die Alterung kritischen Betriebszustände abschätzen<br />
und das Alterungsexperiment weniger<br />
breit, trotzdem mit ausreichender Aussagekraft<br />
auslegen.<br />
Zusammenfassung<br />
<strong>Das</strong> Batteriesystem ist heute das technische<br />
und wirtschaftliche Nadelöhr in der Umsetzung<br />
der Elektromobilität. Eine zuverlässige und robuste<br />
Alterungsprognose im komplexen Umfeld<br />
des Automobils ist die Grundvoraussetzung,<br />
um das System effizient nutzen zu können.<br />
Damit kann verhindert werden, dass Systeme<br />
überdimensioniert und damit zu teuer am Markt<br />
platziert werden. Dem gegenüber steht eine zu<br />
kleine Dimensionierung des Energiespeichers<br />
und damit einhergehend entweder verringerte<br />
Kundenfunktion, wie zum Beispiel zu geringe<br />
Reichweite, oder zu wenig Treibstoffersparnis.<br />
Sollte es im schlechtesten Fall zu gehäuften<br />
Ausfällen des <strong>Fahrzeug</strong>s beim Endkunden<br />
kommen, wird die Elektromobilität nicht ihr inhärentes<br />
Potential aufzeigen können und sich<br />
deswegen möglicherweise nicht durchsetzen. ■<br />
Zum Autor<br />
Dr. Alex Thaler leitet die<br />
Batterie-Gruppe am<br />
VIRTUAL VEHICLE.<br />
<strong>magazine</strong> Nr. 11, I-2012<br />
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