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Ein vergessenes Medium: Phonopost im Zweiten Weltkrieg (1940 ...

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Phonographen“ formuliert 60 ; das gehörte aber vorläufig (so resümierte 1878 die<br />

„Leipziger Illustrierte Zeitung“) „ins Gebiet der Luftschlösser“: „Mit voller Kraft der<br />

Lungen gesprochene Sätze“ wurden leise wie „die Sprache eines heiseren Men-<br />

schen“ wiedergegeben, best<strong>im</strong>mte Sprachlaute klangen „so dumpf und undeutlich,<br />

daß sie kaum zu verstehen“ waren, und bei der Wiedergabe von Musik machte sich<br />

außerdem „jede Unregelmäßigkeit bei der Drehung der Walze“ (durch die Handkur-<br />

bel) als falscher Ton „unangenehm bemerkbar“ 61 . Wirtschaftlich war der Zinnfolien-<br />

Phonograph deshalb ein Mißerfolg (nur einige Hundert Exemplare wurden herge-<br />

stellt); auf Jahrmärkten und in Varietés bestaunte man ihn <strong>im</strong>merhin noch als<br />

Kuriosum. Edison verkaufte die Erfindung schließlich für „klägliche“ 10.000 Dollar<br />

und 20 Prozent Gewinnbeteiligung (für die Entwicklung einer brauchbaren Kohlefa-<br />

den-Glühlampe wandte er 100.000 Dollar auf) 62 .<br />

Die Geschwindigkeit, mit der das erste Phonographenmodell entworfen wurde,<br />

kann <strong>im</strong> Rückblick kaum noch verwundern. Angesichts des französischen Konkur-<br />

renten verzichtete Edison offenbar auf die zeitraubende Verwirklichung seines ur-<br />

sprünglichen technologischen Ansatzes (des „Speaking Telegraph“ mit plattenförmi-<br />

gem Speicher). Stattdessen verschmolz er die dort zur Tonspeicherung entwickelte<br />

„Rillen-Tiefenschrift“ mit der verbreiteten, bewährten Aufzeichnungstechnik von<br />

Scotts „Phon-Autograph“ (wobei er als Verbesserung die leicht verformbare und ge-<br />

genüber dem Wachspapier des Telegrafen beständigere Zinnfolie benutzte).<br />

Insofern gehört die phonographische Tonspeicherung auch in den Kontext „tele-<br />

technischer“ Kommunikation. Darüberhinaus wurde sie (wie das Kino) von Anfang<br />

an als Teil eines umfassenden „Gesamtprojekts zur tele-technischen Aufzeichnung,<br />

Speicherung, Übermittlung und Projektion von Bildern, Tönen und Schrift“ gedacht 63 .<br />

Um diese Idee (ansatzweise) zu realisieren, war jedoch ein besseres Speicherme-<br />

dium nötig (die Wachswalze, ab 1888; vgl. dazu folgendes Kapitel). So wurde Edi-<br />

sons Gedanke, den Phonographen als Anrufbeantworter einzusetzen, um 1890 in<br />

der Telefonvermittlung von San Francisco (die Telefonkunden ertrugen allerdings<br />

60 (In dieser Reihenfolge:) Aufnehmen von Briefen und Diktaten, Bücher für Blinde, Sprechunterricht,<br />

Musikwiedergabe, Familienarchiv (Gespräche, letzte Worte Sterbender), Spieldosen und Spielzeug,<br />

die Zeit ansagende Uhren, Archivierung von Sprachen, als pädagogisches Mittel <strong>im</strong> Schulunterricht,<br />

zum Speichern von Telefongesprächen (Jüttemann: Phonographen, S.32).<br />

61 Zit. nach Bruch: Von der Tonwalze, Kap.3.<br />

62 Gööck: Die großen Erfindungen, S.14/16.<br />

63 Segeberg: Literatur, S.284f.

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