Ein vergessenes Medium: Phonopost im Zweiten Weltkrieg (1940 ...
Ein vergessenes Medium: Phonopost im Zweiten Weltkrieg (1940 ...
Ein vergessenes Medium: Phonopost im Zweiten Weltkrieg (1940 ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
38<br />
Professionell genutzt wurden die Aufnahmeplatten in Diktiermaschinen für den<br />
Büro-Alltag, ebenso in den Koffergeräten von Expeditionen, um „Sprache, Ton und<br />
Geräusch eines neu entdeckten Gebietes zu bannen“; Forscher sammelten hier „die<br />
Dialekte eines Volkes“, bewahrten „dort die Lieder der Völker“ 135 . Entscheidende Be-<br />
deutung hatte die Entwicklung der Aufnahmeplatten jedoch für den Rundfunk, der<br />
dabei seit Beginn als Schrittmacher fungierte.<br />
Der Hörfunk strahlte einerseits auch Musik von Schellackplatten aus 136 (wobei<br />
man lange Zeit nur die jeweilige Plattenmarke ansagte; erst als während der Welt-<br />
wirtschaftskrise ihre Umsätze einbrachen, die Zahl der Rundfunkhörer jedoch weiter<br />
anstieg, erzwangen die deutschen Plattenfirmen in zwei juristischen „Schallplatten-<br />
kriegen“ die Zahlung jährlicher Pauschalen für die Verwendung von Schellackplat-<br />
ten 137 ). Andererseits suchte der Rundfunk nach Verfahren zur Aufzeichnung des ei-<br />
genen Programms: für „die zeitlich verschobene Wiedergabe, die öftere Wiederho-<br />
lung, die Zusammenstellung von <strong>Ein</strong>zelaufnahmen zu einer geschlossenen Sendung<br />
und die archivarische Aufbewahrung“ 138 . Das war über die Herstellung eigener<br />
Schellackplatten zwar auch möglich, aber langwierig und aufwendig.<br />
Neben der erprobten, weitgehend ausgereiften Nadelton-Technik (die aber sehr<br />
empfindlich auf Erschütterungen reagierte) kamen Ende der 20er Jahre zwei weitere<br />
Methoden in Frage:<br />
--- das be<strong>im</strong> Tonfilm erfolgreich angewandte Lichtton-Verfahren, bei dem Schallwel-<br />
len in Lichtschwankungen umgesetzt und dann fotografisch auf einem Filmband auf-<br />
gezeichnet wurden (mit dem gravierenden Nachteil, daß die Aufnahmen für die Wie-<br />
dergabe erst einen Entwicklungsprozeß durchlaufen mußten);<br />
--- das elektromagnetische Verfahren, bei dem auf magnetisierbaren Trägern ge-<br />
speichert wurde (be<strong>im</strong> Stahldraht-Diktiergerät, 1898 von Valdemar Poulsen als „Te-<br />
legraphon“ erfunden und 1918/19 von Curt Stille weiterentwickelt, wog aber das<br />
Speichermaterial zu schwer, während das Magnetophon, seit 1928 mit stahlpulver-<br />
beschichtetem Papierband und ab 1933 mit Kunststoffband, noch nicht die ge-<br />
wünschte Wiedergabequalität besaß, um „alle Ansprüche des Rundfunks zu befrie-<br />
135 Heinz von Rebeur-Paschwitz: Der Dichter spricht..., S.92 (in: Die Schallplattenfibel).<br />
136 Anfangs stellte man den Grammophontrichter vor das Sendemikrofon, aber schon 1923 bastelten<br />
die Rundfunktechniker aus einem Telefonhörer einen elektromagnetischen Abtaster (Bruch: Von<br />
der Tonwalze, Kap.27).<br />
137 Bruch: Von der Tonwalze, Kap.31.<br />
138 Hans Joach<strong>im</strong> von Braunmühl: Das Magnetophon <strong>im</strong> Rundfunkbetrieb, S.185 (in: Reichsrundfunk,<br />
20.7.1941).