Ein vergessenes Medium: Phonopost im Zweiten Weltkrieg (1940 ...
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keit (obwohl ohne elektronische Verstärkung). 107 Trotzdem geriet das elektroakusti-<br />
sche Verfahren bald wieder in Vergessenheit (elektrischer Strom war noch teuer und<br />
nicht allgemein verfügbar).<br />
Die „Katalysatorwirkung des Radios“ – inzwischen strahlte auch der deutsche<br />
Unterhaltungsrundfunk schon regelmäßig Sendungen aus – bewirkte schließlich die<br />
„längst fällige Elektrifizierung“ 108 . Um 1925 führten die Schallplattenfirmen die Elek-<br />
tronenröhre 109 ein, auf der schon die Rundfunktechnik beruhte. Aufgenommen wurde<br />
von nun an mit Mikrofonen, die den Schall in elektrische Schwingungen umwandel-<br />
ten. Diese schwachen Wechselströme leitete man zum Mischpult des Tonmeisters;<br />
verstärkt und ausgesteuert gelangten sie von dort zur Wachsschneidemaschine des<br />
Aufnahmetechnikers, wo sie die Nadel einer „Elektrodose“ elektromagnetisch zum<br />
Schwingen brachten. Dank dieser Aufnahmebedingungen konnten sich die Reper-<br />
toirs der Plattenfirmen enorm erweitern: Abgesehen von der neuen, natürlicher wir-<br />
kenden Klangfülle entfiel die Beschränkung auf best<strong>im</strong>mte Instrumente oder künstli-<br />
che Orchesterzusammenstellungen, man war sogar prinzipiell unabhängig vom Auf-<br />
nahmestudio, konnte (mit transportablen Aufzeichnungsgeräten) die besondere Aku-<br />
stik von Konzertsälen, Theatern oder Kirchen aufzeichnen. So bewirkte der Rund-<br />
funk nicht, wie manche schon gefürchtet hatten, den „Tod der Schallplatte“, sondern<br />
es gab – vor allem nach den Inflationsjahren in Deutschland – eine rasante Steige-<br />
rung der Schallplattenproduktion (die aber aufgrund der Weltwirtschaftskrise Anfang<br />
der 30er Jahre wieder zusammenbrach) 110 . Nur langsam verbreitete sich dagegen<br />
(nach 1926/27) das Abspielen mit elektromagnetischem Tonabnehmer, Verstärker<br />
und Lautsprecher (der die elektrischen Signale wieder in Schall umwandelt): Die bil-<br />
ligen, transportablen (akustischen) Koffergrammophone behaupteten sich noch in<br />
den 40er Jahren neben den ersten Radio-Plattenspieler-Kombinationen mit elektri-<br />
scher Wiedergabe 111 . Für die Schallplattenfirmen bedeuteten die zwanziger Jahre<br />
107 Bruch: Von der Tonwalze, Kap.24.<br />
108 Kleine Medienchronik, S.30.<br />
109 Basierend auf dem glühelektrischen Effekt (von Edison 1883 entdeckt) und J. A. Flemings erster<br />
Elektronenröhre (Diode, 1904) entwickelte Lee de Forest 1906/1907 die Triode, einen evakuierten<br />
Glas- (oder Metall-)Körper mit drei Elektroden, bei dem der starke Elektronenstrom von der<br />
aufgeheizten Kathode zur Anode durch eine schwache Wechselspannung an der Gitter-Elektrode<br />
gesteuert werden kann (vgl. Gööck: Die großen Erfindungen, S.39).<br />
110 In den Rekordjahren 1928 und 1929 wurden in Deutschland jährlich 30 Millionen Platten produziert<br />
(Schulz-Köhn: Die Schallplatte, S.113).<br />
111 Bruch: Von der Tonwalze, Kap.23. – Trichter kamen in den 20er Jahren allerdings aus der Mode;<br />
man ersetzte sie durch eine raffinierte, wirkungsvolle Schallführung <strong>im</strong> Innern des Gehäuses.