Ein vergessenes Medium: Phonopost im Zweiten Weltkrieg (1940 ...
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Aufzeichnungsgeräte waren kaum erhältlich und mußten selbst hergestellt wer-<br />
den 115 . Dennoch gab es schon während der Schallplatten-Hochkonjunktur nach der<br />
Jahrhundertwende Apparaturen, mit denen Bastler handelsübliche Grammophone<br />
für „Selbstaufnahmen“ umbauen konnten. Ebenfalls in dieser Zeit, um 1910, fertigten<br />
die Kaufhäuser Hermann Tietz in München und Gerngroß in Wien von ihren Kunden<br />
„St<strong>im</strong>mporträts zum sofortigen Mitnehmen“ an 116 – Tietz hatte bereits 1895 den Kine-<br />
matographen in seine Verkaufsräume integriert; beide Medien nutzten anfangs die<br />
vorhandenen „kommerziell bewährten“ Orte 117 . In den 20er Jahren wurde <strong>im</strong>merhin<br />
noch die professionelle Anwendung dieser Aufnahmetechnik eingeleitet, als man<br />
komfortable Diktiergeräte für den Bürobetrieb entwickelte.<br />
Die eigentliche Blütezeit der Aufnahmeplatten begann aber mit der Verwendung<br />
von Mikrofon und Röhrenverstärker (nach dem Vorbild des Rundfunks und der<br />
Schellackplatten-Hersteller), da nun lautere und haltbarere Aufnahmen hergestellt<br />
werden konnten. Auf der Berliner Funkausstellung zeigten ab 1931 zahlreiche Fir-<br />
men Geräte und Platten zur Selbstaufnahme 118 . Ratgeber und Bauanleitungen, die in<br />
den folgenden Jahren publiziert wurden, lassen auf das große Interesse bei Bastlern<br />
und Amateuren schließen: „Selbstaufnahme von Schallplatten“ (Z<strong>im</strong>mermann,<br />
1931), „Jeder sein eigener Schallplattenfabrikant“ (Kluth, 2 Auflagen 1932), „N<strong>im</strong>m<br />
Schallplatten selber auf! <strong>Ein</strong>e Anleitung zur Herstellung von Schallplatten“ (Nesper,<br />
1932) sowie „Selbstaufnahme von Schallplatten. <strong>Ein</strong>e Anleitung für Phono- und<br />
Tonfilm-Amateure“ (Frerk, 3 Auflagen 1935-38). Während des <strong>Zweiten</strong> <strong>Weltkrieg</strong>s<br />
erschien „Schallaufzeichnung auf plattenförmigen Lautträgern“ (Güttinger, 1941); es<br />
war nicht als „Rezeptbuch für Bastler“ gedacht, sondern sollte als „ein kleines<br />
Kompendium“ des Selbstaufnahmeverfahrens für „manche Berufszweige“ dienen, in<br />
denen seit langem Bedarf nach einfachster Schallaufzeichnung und anschließender<br />
möglichst naturgetreuer Wiedergabe bestehe 119 . Damit ergibt sich natürlich die<br />
Frage, von wem und wozu überhaupt dieses Speichermedium in den 30er und 40er<br />
Jahren verwendet wurde; zum besseren Verständnis sollen aber erst die<br />
aufnahmetechnischen Bedingungen genauer erläutert werden.<br />
115 Phonographische Zeitschrift 2/1930, S.388ff.<br />
116 Phonographische Zeitschrift 18/1930, S.1326/1328.<br />
117 Zielinski: Audiovisionen, S.68/78f.<br />
118 Kluth: Jeder sein eigener Schallplattenfabrikant, S.69.<br />
119 Hellmut Güttinger: Schallaufzeichnung auf plattenförmigen Lautträgern, Berlin-Tempelhof 1941,<br />
S.3f.