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1-2013 - Public Security

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Fluss-Strom: Strom aus kinetischer Wasserkraft<br />

Anders als seine traditionellen Vorläufer wie die Hammermühlen, die an Elbe und<br />

Donau verbreitet waren, wandelt das Kleinst-Wasserkraftwerk kinetische Energie nicht<br />

in mechanische (Pump-) Energie, sondern in elektrischen Strom. Aufgrund zusätzlicher<br />

Kosten, aber insbesondere auch für eine kommerzielle Nutzung der elektrischen Energie,<br />

muss das Gerät eine Mindestleistung erbringen, um rentabel und sinnvoll arbeiten<br />

zu können. Die Rentabilität wurde über den Zielpreis von 24 € Cent / kWh und eine Amortisationsdauer<br />

von 4 Jahren definiert – unter der Annahme von Eigenleistung wurden Installationskosten<br />

nicht berücksichtigt. (24 Cent entsprechen aktuell auch den Kosten<br />

einer Kilowattstunde inkl. Netz und Steuern für einen Privathaushalt in Deutschland.)<br />

Die untere Leistungsgrenze von 1,5 kW ist zunächst nur über einen sinnvollen Anwendungsfall<br />

definiert. Es muss gezeigt werden, dass sich diese Leistung mit einer kostengünstigen<br />

Anlage auch bei „normalen“ Fließeigenschaften umsetzen lässt. Die kinetische<br />

Energie eines Flusses ergibt sich aus der durchströmten Fläche, der Dichte des<br />

Wassers und der Fließgeschwindigkeit. Die Fließgeschwindigkeit geht in diese Formel<br />

mit der dritten Potenz ein. Diese kinetische Energie kann nach der Betz‘schen Formel<br />

analog zum Wind nur zu knapp 60% genutzt werden. Bei einem Rotordurchmesser von<br />

1,0 m und einer mittleren Fließgeschwindigkeit von 1,5 m/s (5,4 km / h) ergibt sich eine<br />

nutzbare kinetische Energie von ca. 1 kW. Da selbst schiffbare Flüsse wie die Elbe<br />

oder der Rhein außerhalb der Schifffahrtsrinne bei Niedrigwasser oft nicht tiefer als 2<br />

m sind, kann der Rotordurchmesser nicht wesentlich größer als 1 m gewählt werden.<br />

Um die Ziel-Leistung auch bei möglichst geringen Fließgeschwindigkeiten trotzdem zu<br />

erreichen, muss also ein Diffusor, eine umgekehrte Düse, verwendet werden. Durch den<br />

erzeugten „Sog“ (siehe Grafik) wird die Kraft auf dem Rotor optimiert.<br />

Die Wirkung des Diffusors ist über das Verhältnis von Durchmesser an Eingangsund<br />

Ausgangsseite definiert. Da der Anstellwinkel im Diffusor 7% zur Vermeidung von<br />

Strömungsabriss nicht überschreiten soll, ist die Effizienz über die Länge limitiert. Mit<br />

Blick auf hohe Transportkosten sollte das Gerät kompakt gehalten werden, so dass zu<br />

einem technischen Trick gegriffen wurde: Der Diffusor ist in drei Teilen gebaut, die ineinander<br />

gesteckt sind und deren Übergang durchströmte Spalte bilden. Durch den Strömungsfluss<br />

im Übergang kann der Anstellwinkel erhöht und der Diffusor bei gleichem<br />

Durchmesser auf der Ausgangseite wesentlich kürzer gehalten werden. Zugleich erlaubt<br />

diese Bauweise, die drei Kunststoff-Teile des Diffusors kostengünstig aus einem Stück<br />

im Roto Guss Verfahren herzustellen.<br />

Auch wenn bei der Entwicklung die Empfehlungen der Internationalen Energieagentur<br />

bzgl. maximaler Rotorumdrehung und die Vorgaben des Deutschen Wasserrechtes<br />

bzgl. der verwendeten Materialien eingehalten wurden, so verlaufen die Genehmigungsverfahren<br />

in Deutschland (noch) sehr unterschiedlich. Die Dauer zur Erlangung einer<br />

Genehmigung (für einen befristeten Testbetrieb) variiert in Deutschland von vier Wochen<br />

bis aktuell vier Monate.<br />

Die kinetische Wasserkraft erlaubt wie Photovoltaik und Windenergie die Stromerzeugung<br />

aus erneuerbaren Quellen. Die Grundlast-Fähigkeit der Wasserkraft macht sie<br />

zu einer echten Alternative für dezentrale Energieerzeugung – nicht nur in den Ländern<br />

mit niedriger Elektrifizierungsquote. Seit September 2011 laufen erste Referenzanlagen.<br />

Peru hat diese Kleinst-Wasserkraftwerke im Mai 2012 als mögliche Technologie in seinen<br />

nationalen Energieplan aufgenommen hat. In Deutschland wurde im Juni 2012 eine<br />

erste kommerzielle Installation von 30 Turbinen im Rhein genehmigt.<br />

Vor der Turbine ist ein Fischabweiser monitert<br />

Rhein gesetzt und wie eine Boje oder ein Ponton verankert<br />

werden kann. Die Partner haben einen Standort im Rhein in<br />

Bonn identifiziert, an dem die gesamte gewonnene regenerative<br />

Energie in eine Ladestation für Elektrofahrzeuge und<br />

der Überschuss Strom in das lokale Stromnetz von SWB<br />

Energie und Wasser eingespeist werden.<br />

Die Turbine besteht aus einem aus Polyethylen gefertigten<br />

Schwimmkörper. Dieser ist 147 cm lang, 174 cm breit<br />

und 198 cm hoch. Das Gewicht der Turbine beträgt leer ca.<br />

340 kg. Zur Installation wird die Turbine auf das Wasser gehoben<br />

und dann wird der Schwimmkörper solange mit Wasser<br />

gefüllt bis Diffusor mit Rotor vollständig untergetaucht<br />

ist. Die optimale Schwimmlage ist damit erreicht.<br />

Die Turbine selbst benötigt keine externe Stromversorgung,<br />

so dass nur ein stromführendes Kabel an Land verlegt<br />

werden muss. Für den Fall, dass dieses Stromkabel<br />

reißt oder beschädigt wird, schaltet eine Sicherung den Generator<br />

ab. Die Rotorblätter drehen zwar weiter, aber es<br />

fließt kein Strom mehr, eine Überhitzung sowie die Gefahr<br />

des Stromschlags ist damit ausgeschlossen. Der Generator<br />

befindet sich auf der Rotorachse und liegt damit beim<br />

Betrieb der Turbine permanent unter Wasser. Durch diese<br />

Konstruktion wird erreicht, dass er vom vorbeifließenden<br />

Wasser des Rheins permanent gekühlt wird.<br />

Zweifache Dichtungen an der Achse schützen den Generator<br />

vor Wassereintritt. Der Rotor selbst besteht aus drei<br />

Flügeln. Im Interesse eines besseren Fischschutzes, dreht<br />

sich der Generator langsam. Bei voller Auslastung kommt<br />

er theoretisch auf eine maximale Drehzahl von 230 Umdrehungen<br />

pro Minute Bei einer Strömungsgeschwindigkeit<br />

des Rheins von 1 - 1,5 m/s ist dort mit einer Rotorgeschwindigkeit<br />

von maximal 67 bis 111 Umdrehungen pro Minute<br />

zu rechnen. Da sich alle beweglichen Teile der Turbine<br />

unter Wasser befinden, geht von der Turbine im ordnungsgemäßen<br />

Betrieb keine Lärmbelästigung aus.<br />

Die Partner streben an, die Turbine bis Ende des Jahres<br />

im Rhein zu installieren. Ab <strong>2013</strong> wird dieses Pilotprojekt<br />

das Zusammenspiel von Elektromobilität und lokal erzeugtem<br />

Strom aus Wasserkraft zeigen und auch untersuchen,<br />

wie kleine, dezentrale Erzeugungsanlagen ins Stromnetz<br />

integriert werden können. ➛<br />

ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong> 57

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