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II<br />
Beitrag: Kompetenzfeld Corporate Social Responsibility (CSR) zur<br />
Gewaltprävention in Stadien Von Konstanze Grammatikos<br />
Die massiven Ausschreitungen beim Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf <strong>und</strong> Hertha BSC haben unter<br />
anderem zu neuen Sicherheitsdebatten im Profifußball <strong>und</strong> in den Stadien geführt.<br />
Im Zuge des Sicherheitsgipfels im Dezember 2012 segnete die Mehrheit der 36 Profivereine des deutschen<br />
Fußballs einen Maßnahmenkatalog für ein „sicheres Stadionerlebnis“ ab. Somit können die beschlossenen<br />
Maßnahmen zum Start der Saison 2013/14 umgesetzt werden.<br />
Neben baulichen Sicherheitsvorkehrungen<br />
in den Stadien wird auch über die Verwendung<br />
hochgenauer Kameratechniken beim<br />
Einlassprozess nachgedacht, um Hooligans<br />
<strong>und</strong> Initiatoren von Krawallsituationen zu<br />
identifizieren. Weiterhin wird der Einsatz<br />
von Sicherheitspersonal vorgeschlagen,<br />
dazu verschärfte Einlasskontrollen sowie<br />
das Herausziehen gewalttätiger Stadionbesucher.<br />
Ferner stehen präventive Fanprojekte<br />
auf der Agenda des Sicherheits-<br />
gipfels.<br />
Die Installation zusätzlicher Kameratechnik,<br />
das Aufstellen einer größeren Zahl<br />
von Ordnern unter Einbindung privater<br />
Sicherheitsdienste sowie deren Mitreise<br />
bei Auswärtsspielen bedeuten neben erhöhten<br />
Kosten nicht zwingend weniger<br />
Gewalt im Stadion.<br />
Gemäß DFL soll jeder Klub selbst über die<br />
baulichen <strong>und</strong> infrastrukturellen Sicherheitsmaßnahmen<br />
entscheiden können.<br />
Dabei ist zu erwähnen, dass die deutsche<br />
Stadionlandschaft im europäischen Vergleich<br />
bereits einen sehr hohen Maßstab<br />
setzt.<br />
Weiterhin ist zu bedenken, dass auch bei<br />
hoch entwickelten Kameratechniken ein<br />
Weg gef<strong>und</strong>en werden kann, diese zu umgehen.<br />
Beispiele dafür finden sich nicht<br />
nur in der deutschen, sondern auch besonders<br />
in der Schweizer Hooliganszene,<br />
wo die Fans vermummt <strong>und</strong> (komplett)<br />
schwarz gekleidet auf Fanmärschen gemeinsam<br />
durch die Stadt ins Stadion<br />
ziehen.<br />
28 | <strong>Bälle</strong>, <strong>Tore</strong> <strong>und</strong> <strong>Finanzen</strong> X<br />
Die letzten Ausschreitungen in Bern vor<br />
dem Cupfinale im Mai 2013 haben unter<br />
anderem die Forderung nach einer Verschärfung<br />
des Hooligan-Konkordats aufkommen<br />
lassen. Dabei steht momentan<br />
zur Debatte, ob es der interkantonale Vertrag<br />
über Maßnahmen gegen Gewalt anlässlich<br />
von Sportveranstaltungen zukünftig<br />
erlaubt, Anreisewege zum Auswärts-<br />
spiel vorzuschreiben, Körperdurchsuchungen<br />
ohne konkreten Verdacht durchzuführen<br />
<strong>und</strong> Alkohol in der Fankurve zu verbieten.<br />
Ob dieses verschärfte Konkordat<br />
rechtsstaatlich ist, ist noch durch das<br />
Schweizer B<strong>und</strong>esgericht zu entscheiden.<br />
Allerdings scheinen die Regulierungen <strong>und</strong><br />
Repressionen durch staatliche Behörden<br />
als Reaktion auf gesellschaftliche Probleme<br />
extrem.<br />
Gewisse Abschreckungseffekte sind nicht<br />
zwingend zielführend. Der Einsatz von erhöhten<br />
Kontrollen <strong>und</strong> aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen,<br />
ohne diese vorher<br />
kommuniziert zu haben, wird auch von<br />
friedlichen Fangruppen <strong>und</strong> den restlichen<br />
Stadionbesuchern als überzogen <strong>und</strong> bestrafend<br />
empf<strong>und</strong>en, wie die Reaktionen<br />
nach der Ankündigung von Ganzkörperkontrollen<br />
zeigen. Dadurch wird das sonst<br />
positive Erlebnis eines Stadionbesuchs erheblich<br />
gemindert. Und nur ein positives<br />
Stadionerlebnis, das Teil der deutschen<br />
Fußballkultur ist, bewegt einen herkömmlichen<br />
Fan zum Wiederkommen.<br />
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen,<br />
dass der Stakeholder „Fan“ – sowohl<br />
der passive als auch der aktive, der ins<br />
Stadion geht – eines der größten <strong>und</strong> wichtigsten<br />
Intangible Assets ist, die ein Klub<br />
haben kann.<br />
Auch wenn eine Minderheit der Fans hier<br />
für Unruhe sorgt, bedarf diese Gruppe<br />
doch größerer Aufmerksamkeit. Schließlich<br />
gehören sie zu einer Fangruppe, die<br />
mit ihren Dauerkarten regelmäßig das Stadion<br />
füllen, mit ihrer Stimmung die Massen<br />
mitreißen <strong>und</strong> Heimspiele mit ihrer Dynamik<br />
unvergesslich machen. Mit der Einführung<br />
von Sitzplätzen <strong>und</strong> erhöhten Ticketpreisen<br />
in englischen Fußballstadien ist<br />
diese besondere Atmosphäre beispielsweise<br />
dort gänzlich verschw<strong>und</strong>en. Zusätzlich<br />
sind diese Fans diejenigen, die<br />
keine Zeit <strong>und</strong> Mühe scheuen, um treu ergeben<br />
auf sämtliche Auswärtsspiele mitzureisen<br />
<strong>und</strong> ihr Team mit Fangesängen aus<br />
voller Brust anzufeuern.<br />
Ein intensiver <strong>und</strong> vor allem ehrlicher Dialog<br />
<strong>und</strong> CSR-Aktivitäten zur stärkeren Einbindung<br />
dieser Fangruppe sind für eine Gewaltprävention<br />
unerlässlich. Das Verhältnis<br />
zwischen den Stakeholdern DFB/DFL, Polizei,<br />
Fans <strong>und</strong> Gemeinde war nach Verkündung<br />
des Sicherheitsgipfels zunehmend<br />
belastet. Daher muss einer Entfremdung<br />
besonders dieser Gruppe unbedingt entgegengewirkt<br />
werden. Denn nur zusammen<br />
kann ein friedliches Miteinander entstehen<br />
<strong>und</strong> die Gewalt in Stadien minimiert<br />
werden.