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IV<br />
Beitrag: Die wachsende Bedeutung des Beihilfenrechts im<br />
europäischen Profifußball Von Georg Glavanovits<br />
Profifußballvereine im Visier der<br />
Europäischen Kommission<br />
Die Voraussetzungen der öffentlichen Finanzierung<br />
von Sport <strong>und</strong> Sportstätten<br />
wandeln sich tief greifend. Während die öffentliche<br />
Hand in der Vergangenheit diesen<br />
Bereich relativ frei gestalten konnte,<br />
unterliegt sie heute zunehmenden Einschränkungen,<br />
die sich insbesondere aus<br />
dem europäischen Beihilfenrecht ergeben.<br />
Diese Entwicklungen haben mittlerweile<br />
auch den europäischen Profifußball<br />
erreicht.<br />
Im März 2013 kündigte die Kommission<br />
erstmals die förmliche Prüfung von öffentlichen<br />
Zuwendungen an fünf niederländische<br />
Fußballklubs der ersten <strong>und</strong> zweiten<br />
Liga an. Auch Zuwendungen der Stadt<br />
Madrid an Real Madrid sind in den Fokus<br />
der Brüsseler Beihilfenkontrolle geraten.<br />
Dabei prüft die Europäische Kommission,<br />
ob es sich bei den öffentlichen Zuwendungen<br />
um europarechtlich verbotene staatliche<br />
Beihilfen handelt.<br />
Das Prüfschema der Europäischen<br />
Kommission<br />
Nach den Vorschriften des AEUV (Vertrag<br />
über die Arbeitsweise der Europäischen<br />
Union) ist jede Maßnahme aus staatlichen<br />
Mitteln, die ein Unternehmen selektiv begünstigt<br />
<strong>und</strong> geeignet ist, Wettbewerb <strong>und</strong><br />
Handel in der EU zu verfälschen, gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
verboten (Art. 107 AEUV).<br />
Unternehmen<br />
Das EU-Recht geht von einem funktionalen<br />
Unternehmensbegriff aus. Unternehmen<br />
sind demnach alle Einheiten, die eine wirtschaftliche<br />
Tätigkeit ausüben. Auf die<br />
Rechtsform oder eine Gewinnerzielungsabsicht<br />
kommt es dabei nicht an. Da<br />
40 | <strong>Bälle</strong>, <strong>Tore</strong> <strong>und</strong> <strong>Finanzen</strong> X<br />
Profisportvereine – im Gegensatz zu Amateursportvereinen<br />
– wirtschaftliche Tätigkeiten<br />
ausüben, gelten sie als Unternehmen;<br />
damit fallen sie gr<strong>und</strong>sätzlich in den<br />
Anwendungsbereich des Beihilfenrechts.<br />
Die Beihilfenkontrolle erstreckt sich dabei<br />
nicht nur auf die Profifußballvereine an<br />
sich, sondern im Fall von öffentlich (ko-)<br />
finanzierten Sportinfrastrukturen (z. B.<br />
Stadien) auch auf die Eigentümer <strong>und</strong> Betreiber<br />
einer solchen Infrastruktur. Dies<br />
trägt dem Umstand Rechnung, dass nur<br />
wenige Profifußballvereine auch Eigentümer<br />
der Stadien sind, in denen sie ihre<br />
Heimspiele austragen. In den meisten Fällen<br />
sind die lokalen Gebietskörperschaften<br />
direkt oder über Intermediäre (Mit-)Eigentümer<br />
der Stadien.<br />
Begünstigung<br />
Das Beihilfenrecht soll verhindern, dass<br />
EU-Mitgliedstaaten den Wettbewerb durch<br />
staatliche Beihilfen verzerren. Keine Wettbewerbsverzerrung<br />
liegt vor, wenn staatliche<br />
Maßnahmen keine begünstigende Wirkung<br />
für die Unternehmen entfalten,<br />
denen sie gewährt werden. Der Begriff der<br />
Begünstigung umfasst den Erhalt jedweder<br />
Art von Leistungen ohne eine marktgerechte<br />
Gegenleistung. Derartige Begünstigungen<br />
stellen Subventionen im<br />
klassischen Sinne dar. Um eine Begünstigung<br />
kann es sich aber auch handeln,<br />
wenn staatliche Maßnahmen Belastungen<br />
vermindern, die ein Unternehmen normalerweise<br />
zu tragen hat.<br />
In den erwähnten niederländischen Verfahren<br />
unterstützten die Städte, in denen<br />
die Profifußballvereine ansässig sind, diese<br />
mit verschiedenen Einzelmaßnahmen. Die<br />
Europäische Kommission ermittelt<br />
diesbezüglich insbesondere wegen zu gering<br />
bemessener Mieten <strong>und</strong> Pachten für<br />
Stadien <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>stücke sowie wegen<br />
Forderungsverzichten, durch die sie die<br />
Vereine, denen diese Maßnahmen zugutekamen,<br />
begünstigt sieht.<br />
Das Beihilfenverbot greift nicht, wenn die<br />
staatliche Finanzierungsmaßnahme zu<br />
marktüblichen Bedingungen erfolgt. Verhält<br />
sich der Staat wie ein marktwirtschaftlich<br />
handelnder Privater, handelt es sich<br />
nicht um eine Beihilfe. Mit einem Private<br />
Investor Test (PIT) kann gutachtlich ermittelt<br />
werden, wie sich ein solcher privater<br />
Marktteilnehmer verhalten hätte.<br />
Ein PIT erfordert eine dokumentierte ökonomische<br />
Analyse, die vor der Durchführung<br />
der Maßnahme erstellt worden sein<br />
muss. Mithilfe einer Szenarienanalyse soll<br />
gezeigt werden, dass es für die öffentliche<br />
Hand vorteilhafter ist, die Maßnahme<br />
durchzuführen, als sie zu unterlassen.<br />
Häufige Fehlerquellen sind dabei:<br />
• Fehlerhafter Durchführungszeitpunkt:<br />
Die ökonomische Analyse wird nicht<br />
oder erst nach der Umsetzung der Maßnahme<br />
erstellt. Die Notwendigkeit<br />
schnellen Handelns, um akute Liquiditätsengpässe<br />
bei den Vereinen zu vermeiden,<br />
entbindet die öffentliche Hand<br />
beihilfenrechtlich jedoch nicht von der<br />
Durchführung einer ökonomischen Analyse<br />
vor Umsetzung der Maßnahmen.<br />
• Konzeptionelle Fehlerhaftigkeit: Das Vergleichsszenario,<br />
d. h. das Szenario, in<br />
dem keine Unterstützungsmaßnahmen<br />
gewährt werden, wird fehlerhaft abgebildet,<br />
etwa weil Opportunitätskosten<br />
nicht berücksichtigt werden.