alpbacher architekturgespräche 2003 - ATP
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Herwig van Staa<br />
Landeshauptmann von Tirol<br />
Moderator: Herr Landeshauptmann wie sieht das aus der Sicht derer aus, die<br />
an der Front stehen und das politisch umzusetzen hätten oder haben?<br />
Van Staa: Auch nicht anders als das, was hier geschildert wurde. Ich könnte<br />
alles unterstreichen, was hier gesagt wird. Die Frage stellt sich, wie setzt man<br />
das in einer Demokratie um.Wofür findet man eine Mehrheit.Wenn ich mir<br />
die Debatten anschaue, die in letzter Zeit geführt wurden, wie z. B. der Kreisverkehr<br />
in Innsbruck, im Zusammenhang mit der Autobahnabfahrt Mitte. Alle<br />
Parteien waren immer dafür, zwanzig Jahre haben es die Grünen, die Roten<br />
verlangt. Auf einmal gibt es drei Bürgerinitiativen und nach der Reihe fallen sie<br />
hin und fallen sie her. Das ist die Tätigkeit, die Tatsache und die Medien haben<br />
ihre Freude daran, hier das Spiel mitzuspielen. Ich würde das genauso machen,<br />
wenn ich Journalist wäre. Der Alois Schöpf hat in allen Punkten völlig Recht, ich<br />
lese seine Kolumnen immer mit großem Genuss, weil ich ihm in allen Dingen<br />
eigentlich zustimmen muss. Ganz selten, dass ich eine andere Meinung habe.<br />
Nur, der Alois Schöpf ist ein Gefangener im Mythos des Sisyphus und hat<br />
mittlerweile, glaub ich, Freude gefunden daran, die Umstände immer wieder<br />
anzuprangern, aber ändern tut sich in Wirklichkeit an dem Grad der von ihm<br />
immer wieder angesprochenen Dummheit wenig. Die Dummheit hat es immer<br />
gegeben, wird es immer geben. Ich zähle mich auch dazu, dass ich gelegentlich<br />
dieser Dummheit unterliege. Aber worum geht es dabei? Was wir als Dummheit<br />
bezeichnen ist in Wirklichkeit eine elitäre Klassifizierung. Besteht die Frage,<br />
ob diese gerechtfertigt ist. Man macht den Politikern den Vorwurf, dass sie zu<br />
wenig vorausschauend sind. Zukunftsweisende Entscheidungen sind in der Regel<br />
nicht mehrheitsfähig. Wenn sie nicht mehrheitsfähig sind und durchgesetzt<br />
werden, sind sie antidemokratisch, was das Demokratiebewusstsein und das<br />
Lebensgefühl der Menschen zutiefst verletzt. Das nennt man Machtmissbrauch<br />
und alles Mögliche. Die zukunftsweisenden Ideen, ob das in der Wissenschaft,<br />
in der Politik oder sonst irgendwo war, mussten immer gegen den Widerstand<br />
einer herrschenden Politkaste durchgesetzt werden, was leichter war in nicht<br />
demokratischen Systemen. Wobei ich nicht dem das Wort spreche. In der<br />
Demokratie ist das schwieriger, obwohl ich sage, es ist notwendig. Sie erleben<br />
dies auch in der Debatte.Wenn wir heute politisch diskutieren, kommt immer<br />
der Ruf, die Basis muss mehr eingebunden werden. Ja selbstverständlich, bin ich<br />
auch dafür.Wer ist die Basis? Entscheidet Wien, was im Pitztal geschehen soll?<br />
< <strong>alpbacher</strong> <strong>architekturgespräche</strong> <strong>2003</strong>: nachlese > 143