03.10.2013 Aufrufe

alpbacher architekturgespräche 2003 - ATP

alpbacher architekturgespräche 2003 - ATP

alpbacher architekturgespräche 2003 - ATP

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ist das Produkt des seit der Industriellen Revolution mit der Entfaltung der<br />

Produktivitätskräfte gewachsenen Reichtums im Zusammenwirken mit Transporttechniken,Telematik<br />

und Systemdifferenzierungen.<br />

Die allein in den letzten fünfzig Jahren versechsfachte private Kaufkraft wurde<br />

“angelegt” in verschiedenen Bereichen, die sich ganz unterschiedlich, aber in<br />

der Summe prägend auf die Stadtstruktur auswirken: Diese stadtprägenden<br />

Anlagebereiche finden sich z.B. Im Konsum mit der Folge wachsender Einzelhandelsflächen;<br />

in privater Fläche mit der Folge einer Verdreifachung der spezifischen<br />

privaten Flächen pro Einwohner, in einer Verkürzung der Lebensarbeitszeit<br />

mit der Folge eines, auf den Verlauf des Lebens bezogenen<br />

verdoppelten frei verfügbaren Zeitbudgets 5 , in existentieller Absicherung,<br />

unabhängig von Nachbarn und Familie, in Form gesamtgesellschaftlicher Versicherungen;<br />

und nicht zuletzt in Mobilität: In Industriegesellschaften gibt es inzwischen<br />

mehr als ein Auto auf zwei Einwohner! Kurz, der Reichtum hat die Fläche<br />

der “Alten Stadt” gesprengt, die Standortwahl befreit und die Aktionsräume<br />

ausgeweitet!<br />

Keinem der Gesamtplanungsversuche und Leitbilder, wie sie seit mehr als<br />

hundert Jahren versucht werden, ist es wirklich gelungen, für diese Kräfte, über<br />

einzelne ordnende Korrekturen und Fragmente, die die jeweils zeittypischen<br />

Leitbilder spiegeln, hinaus, einen wirksamen Ordnungsrahmen durchzusetzen:<br />

Zwischenstadt im ganzen ist das unbeabsichtigte Produkt unzähliger, jeweils für<br />

sich zwar rationaler, aber untereinander räumlich nicht oder nur unzureichend<br />

koordinierter Einzelentscheidungen, die, außer durch ihre eigenen Interessen<br />

gelenkt, keine Perspektive auf den größeren Raum richteten. Die Entwicklung<br />

der Zwischenstadt als ein Stadtland, wie sie kürzlich in der Schweiz genannt<br />

wurde 6 oder als Siedlungs-Archipel, wie O. M. Ungers sie bezeichnet hat, scheint<br />

quasi naturwüchsig – kontingent zu verlaufen.<br />

Ein Stadtland mit Eigenschaften kommt in die Jahre<br />

Dabei haben sich im ungeplanten Zusammenwirken der unzähligen, jeweils in<br />

ihrem eigenen Bezugssystem rationalen Einzelentscheidungen bestimmte<br />

charakteristische Merkmale herausgebildet 7 :<br />

• Zwischenstadt hat eine fraktale Struktur, die durch das randsuchende<br />

Siedlungsverhalten vieler Haushalte zu erklären ist: Haushalte suchen im<br />

Rahmen Ihres Budgets nach Wohnorten, in denen sie gleichzeitig unmittelbare<br />

Nähe zur offenen Landschaft, gute Nahversorgung und Zugang über regionale<br />

Verkehrsnetze zum regionalen Arbeitsmarkt haben 8 .<br />

• Zwischenstadt ist geprägt durch Funktionssysteme, z.B.Verkehr,Versorgung,<br />

Produktion, aber auch Wohnen und Landwirtschaft – die sich nach der Befreiung<br />

aus der erzwungenen Enge der Alten Stadt – jeweils nur Ihrer Eigenlogik<br />

folgend entwickelt und differenziert haben und in Ihrer Summe betrachtet,<br />

einen dysfunktionalen Wirrwarr bilden 9 .<br />

• Zwischenstadt weist einen großen Artenreichtum an Pflanzen und Tieren auf,<br />

die in der randmaximierenden fraktalen Struktur, in den ‚Wärmeinseln‘ der<br />

Bebauung und im reichen Nahrungsangebot der Gärten und des Abfalls gute<br />

neue Lebensbedingungen finden 10 .<br />

• Zwischenstadt wird ermöglicht durch die veränderten Zeitbudgets vieler<br />

Bewohner, in denen durch Verkürzung der Arbeitszeiten und Verlängerung des<br />

aktiven Lebens die freiverfügbaren Lebenszeiten stark zugenommen haben.<br />

< <strong>alpbacher</strong> <strong>architekturgespräche</strong> <strong>2003</strong>: nachlese ><br />

31

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!