alpbacher architekturgespräche 2003 - ATP
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der dritte raum im vormarsch ><br />
auch auf das Leben in der Zwischenstadt übertragen werden.“Die Stadtregion<br />
fungiert heute als Speisekarte, aus der die Leute auswählen, worauf sie<br />
Hunger haben und was ihnen schmeckt” (Weeber 1999, S. 43).<br />
Speziell aus diesem Bild resultieren für mich daher folgende Fragen für das<br />
Leben in der Zwischenstadt:<br />
• Welche Menschen leben in der Zwischenstadt und haben tatsächlich die<br />
Möglichkeit, ihr Leben derart zu “kreieren”?<br />
• Wie wird der Alltag dort organisiert?<br />
• Gibt es eine zwischenstädtische Lebensform?<br />
Der Blick richtet sich also auf die vorhandenen Mikrostrukturen des Raumes,<br />
die zur Alltagsbewältigung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen Kinder und<br />
Jugendlicher, Frauen und Männern in unterschiedlichen Lebens- und Haushaltssituationen<br />
sowie unterschiedlichen Ethnien - notwendig sind.<br />
Doch zuvor soll der Frage nachgegangen werden, was diesen neuen Raumtypus<br />
eigentlich kennzeichnet und für einen Zuzug in die Randlage attraktiv macht.<br />
Welche “Adresse” hat der Raum zwischen Stadt und Land?<br />
Die Motivationen der Menschen, in den suburbanen Raum zu ziehen, sind<br />
vielschichtig: persönliche Gründe (Ruhe, Naturnähe, Nachwuchs), berufliche<br />
Vereinbarkeiten, finanzielle Situation, vergrößerter Wohnflächenbedarf oder der<br />
Wunsch nach Eigentumsbildung. Mittlerweile sind es nicht mehr nur die Familien<br />
mit Kindern auf der Suche nach dem Glück im Eigenheim, die in den suburbanen<br />
Raum abwandern, sondern gegenwärtig sind überwiegend Zweipersonenund<br />
Single-Haushalte auf der Suche nach der Verwirklichung ihrer Wohnbedürfnisse<br />
und möglicherweise der Standortoptimierung zweier unterschiedlicher<br />
Berufsbiographien (vgl. Aring, Herfert 2001, S. 50).<br />
Doch wer zieht tatsächlich in den von Johann Jessen so beschriebenen “amorphen<br />
Siedlungsbrei, der ausgestattet ist mit ungeordneten, gesichts- und geschichtslosen<br />
Ansammlungen einzelner meist schmuckloser Zweckbauten ohne<br />
Orientierungs-,Wiedererkennungs- und Erinnerungswert”? (Jessen 2001, S. 324).<br />
Im Laufe der vergangenen vierzig Jahre haben sich unterschiedliche funktionale<br />
Prägungen im suburbanen Raum herausgebildet, die entweder durch Gewerbeansiedlungen,<br />
Freizeiteinrichtungen oder shopping-malls geprägt sind. Eine<br />
systematische Typisierung dieser Flächen auf-grund ihrer räumlichen Funktionen<br />
und Lebenssituationen steht jedoch noch aus. Wenn auf die Lebenswelten<br />
im suburbanen Raum Bezug genommen wird, dann zumeist im Kontext der<br />
sozialen Segregation und des daraus resultierenden sozialen Abstiegs innerstädtischer<br />
Quartiere (vgl. Mäding <strong>2003</strong>, S. 9). Die Kernstädte werden zumeist<br />
als soziale “Auffangbecken” der Menschen beschrieben: Arbeitslose, ältere<br />
Menschen, Alleinerziehende, Migrant/-innen. In Deutschland wird für diese<br />
Gebiete aktuell versucht, durch das Bund-Länder-Programm “Stadtteile mit<br />
besonderem Entwicklungsbedarf – die Soziale Stadt”Aufwertungsstrategien zu<br />
entwickeln und umzusetzen.<br />
Die Zwischenstadt wird sich weiter ausdifferenzieren, sodass zukünftig damit<br />
zu rechnen ist, dass sich die prekären Lebenslagen bestimmter Menschen auch<br />
im suburbanen Raum weiter verschlechtern werden und nicht mehr nur auf<br />
die Kernstadt begrenzt bleiben. So deutet sich bereits heute für die Lebenssituation<br />
älterer, immobiler Menschen eine Verschlechterung an, da durch die<br />
gewerblichen Konzentrationsprozesse und den Rückzug von Einzelhandels- und<br />
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