Handbuch Um.Welt - Klimawandel, Biodiversität und ... - VNB
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um.welt<br />
<strong>Handbuch</strong> um.welt<br />
<strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />
am Beispiel der Chanty <strong>und</strong> Mansi / Sibirien<br />
Ein Projekt von:<br />
Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e. V., Hannover<br />
Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e. V., Münster<br />
Bildung trifft Entwicklung – Regionale Bildungsstelle Nord, Göttingen
Die Förderer von um.welt sind<br />
Deutsche B<strong>und</strong>esstiftung <strong>Um</strong>welt<br />
Bingo! Die <strong>Um</strong>weltlotterie in N3<br />
Evangelischer Entwicklungsdienst<br />
Katholischer Fonds<br />
Die Projektträger von um.welt sind<br />
Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e.V.
um.welt<br />
<strong>Handbuch</strong> um.welt<br />
<strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />
am Beispiel der Chanty <strong>und</strong> Mansi / Sibirien<br />
Ein Projekt von:<br />
Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e. V., Hannover<br />
Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e. V., Münster<br />
Bildung trifft Entwicklung – Regionale Bildungsstelle Nord, Göttingen
2<br />
Inhalt<br />
Einführung<br />
1. <strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />
1.1 <strong>Klimawandel</strong><br />
1.2 <strong>Biodiversität</strong><br />
1.3 Kulturelle Vielfalt<br />
2. Informationen zu den Ethnien Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
2.1 Lebensraum Sibirien<br />
21<br />
22<br />
2.1.1 Geographische Informationen zu Sibirien<br />
22<br />
2.1.2 Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
24<br />
2.1.3 Der Autonome Kreis der Chanty <strong>und</strong> Mansi (CHMAO)<br />
25<br />
2.2 Traditionelle Lebens- <strong>und</strong> Wirtschaftsweise der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
27<br />
2.2.1 Das Verhältnis von Mensch <strong>und</strong> Natur<br />
27<br />
2.2.2 Traditionelle Wirtschaftsformen<br />
27<br />
2.2.3 Mythologische <strong>Welt</strong>anschauung<br />
30<br />
2.2.4 Feste<br />
32<br />
2.2.5 Tänze <strong>und</strong> Musik<br />
33<br />
2.2.6 Kunsthandwerk<br />
34<br />
2.3 Aktuelle Situation der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
43<br />
2.3.1 Tradition vs. Moderne – Neotraditionalismus oder Neuerfindung von Tradition 44<br />
2.3.2 Tradition vermitteln: Die Sommercamps für Kinder<br />
45<br />
2.3.3 Das „Parlament der Völker der Erde“<br />
47<br />
2.3.4 Ein kritisches Thema: Die Erdölförderung<br />
47<br />
2.4 Aktuelle klimatische Situation in Sibirien<br />
50<br />
2.4.1 <strong>Klimawandel</strong> in Sibirien<br />
50<br />
2.4.2 Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf Mensch <strong>und</strong> <strong>Um</strong>welt<br />
50<br />
4<br />
9<br />
10<br />
15<br />
17
3. Zeit zu handeln – unsere Verantwortung für eine<br />
global gerechte Zukunft<br />
4. Methoden <strong>und</strong> Materialien<br />
4.1 um.welt – MethodenWerkstatt<br />
4.1.1 ZeitKapseln – zum Thema <strong>Biodiversität</strong><br />
4.1.2 EigenArt – zum Thema Kulturelle Vielfalt<br />
4.1.3 Visuelle TageBücher<br />
4.1.4 Kreatives Schreiben – zum Thema um.welt<br />
4.2 Good Practice<br />
4.2.1 Beispiele aus Hannover<br />
4.2.2 Beispiel aus Münster<br />
4.2.3 Beispiele aus Göttingen<br />
4.3 Arbeits- <strong>und</strong> Unterrichtsmaterialien zu <strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong><br />
Kulturelle Vielfalt<br />
4.3.1 <strong>Klimawandel</strong><br />
4.3.2 <strong>Biodiversität</strong><br />
4.3.3 Kulturelle Vielfalt<br />
5. Laufende Kampagnen <strong>und</strong> Aktionen<br />
5.1 2010 – Jahr der <strong>Biodiversität</strong> (BMU /BfN)<br />
5.2 GEO-Tag der Artenvielfalt<br />
5.3 Kampagnen/Aktionen die jährlich stattfinden <strong>und</strong> an denen man sich beteiligen kann<br />
6. Weiterführende Links<br />
6.1 Links zu Unterrichtsmaterialien<br />
6.2 Links zu Zeitschriften, Artikeln <strong>und</strong> Wissenswertes<br />
Allgemeine Projektinformationen/Impressum<br />
55<br />
61<br />
62<br />
62<br />
63<br />
65<br />
70<br />
74<br />
74<br />
79<br />
83<br />
84<br />
84<br />
85<br />
87<br />
91<br />
92<br />
93<br />
95<br />
101<br />
102<br />
105<br />
108<br />
3
4<br />
Einführung<br />
um.welt<br />
<strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />
Herausforderungen für <strong>Um</strong>weltbildung <strong>und</strong><br />
Globales Lernen<br />
Herausforderungen<br />
<strong>Um</strong>weltschutz <strong>und</strong> <strong>Um</strong>weltbildung sind keine moralischen Kategorien, sondern Gr<strong>und</strong>voraussetzung<br />
jeder wirtschaftlichen Tätigkeit. Artenvielfalt <strong>und</strong> natürlicher Reichtum sind, ebenso wie Gerechtigkeit<br />
<strong>und</strong> Teilhabe, Basis von Entwicklungsmöglichkeiten <strong>und</strong> damit von Wohlstand <strong>und</strong> Wohl-<br />
fahrt. Dabei sind <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> <strong>Um</strong>weltschutz ebenso wie Wirtschaft, Politik, Transport <strong>und</strong> Kultur<br />
ohne eine internationale Dimension nicht mehr denkbar. <strong>Um</strong>weltprobleme sind zunehmend mit-<br />
einander <strong>und</strong> mit den anderen Dimensionen der menschlichen Entwicklung national <strong>und</strong> interna-<br />
tional verflochten. Das Projekt um.welt behandelt diese Verflechtungen <strong>und</strong> die sich daraus erge-<br />
benden Herausforderungen am Beispiel des globalen <strong>Klimawandel</strong>s <strong>und</strong> des rapiden Verlusts der<br />
<strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt. Die Auswirkungen dieser globalen Phänomene erschei-<br />
nen vordergründig als Naturphänomene, doch sind sie in erster Linie das Ergebnis vorherrschender<br />
Konsum- <strong>und</strong> Wirtschaftsformen. Wie alle globalen Prozesse haben der <strong>Klimawandel</strong>, der Schw<strong>und</strong><br />
der Artenvielfalt <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt nationale <strong>und</strong> internationale Auswirkungen <strong>und</strong><br />
Folgen. <strong>Welt</strong>weit, aber auch innerhalb eines Landes, verstärkt sich die Kluft zwischen Gewinnern<br />
<strong>und</strong> Verlierern. Globalisierung greift dementsprechend auch in unsere Biografien ein – meistens<br />
kaum durchschaubar <strong>und</strong> durchaus ambivalent. Wir sind zugleich Zeugen <strong>und</strong> Teilnehmende einer<br />
Entwicklung in einer zunehmend globalisierten Gesellschaft. Das ist so faszinierend wie verun-<br />
sichernd <strong>und</strong> wird als Chance oder auch als Bedrohung erlebt. Auf jeden Fall müssen wir individuell<br />
neue <strong>und</strong> größere Orientierungsleistungen erbringen.<br />
Unser Projekt hat den Fokus darauf, was durch Globalisierung an Vielfalt zerstört oder unwiederbringlich<br />
vernichtet wird. Droht mit der Globalisierung auch eine Art Monokultur – <strong>und</strong> zwar im<br />
natürlichen <strong>und</strong> kulturellen Bereich? Verdrängt der Zwang zur internationalen Vergleichbarkeit die<br />
Vielfalt <strong>und</strong> Verschiedenheit? Verschwindet im Verlaufe dieser Entwicklung „das Andere“? Es gibt<br />
Untersuchungen, die besagen, dass weltweit die Sprachen ebenso schnell aussterben wie die Arten.<br />
Wir wissen inzwischen, dass das Überleben großer Ökosysteme bisweilen von einer einzelnen<br />
Pflanze oder einem einzelnen Tier abhängt <strong>und</strong> dass das System zusammenbricht, wenn diese eine<br />
Art verschwindet. Es ist zu befürchten, dass von den r<strong>und</strong> 6800 Sprachen, die heute auf der <strong>Welt</strong><br />
gesprochen werden, nur etwa 500 übrig bleiben. Die Ursachen sind Kriege, Völkermord, staatliche<br />
Unterdrückung <strong>und</strong> Einengung/Zerstörung des Lebensraums – oft durch Rohstoffabbau. Was wird<br />
da an Vielfalt <strong>und</strong> Wissen verloren gehen? Wir wissen auch, dass Sprache Träger der Gedanken<br />
ist <strong>und</strong> jede Art des Sprechens eine eigene Sicht auf den Menschen <strong>und</strong> die Natur ausdrückt.<br />
Verschwinden die Sprachen, verschwindet auch die damit verb<strong>und</strong>ene Kultur.
So gehen mit dem <strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> dem damit verb<strong>und</strong>enen Verschwinden von Tier- <strong>und</strong> Pflanzen-<br />
arten nicht nur die natürlichen Gr<strong>und</strong>lagen unseres Lebens verloren, sondern auch das damit<br />
verb<strong>und</strong>ene Wissen <strong>und</strong> die Kulturelle Vielfalt auf der Erde. Der Schutz von Biologischer Vielfalt<br />
<strong>und</strong> des globalen Klimas hat deswegen nicht nur den Erhalt der natürlichen Ressourcen zum Ziel<br />
– insbesondere in den Ländern des Südens steht über allem die damit verb<strong>und</strong>ene Sicherung der<br />
Lebensgr<strong>und</strong>lagen von Menschen.<br />
<strong>Um</strong> für uns <strong>und</strong> für zukünftige Generationen eine größtmögliche Vielfalt zu erhalten, sind neue<br />
Formen des Denkens <strong>und</strong> Handelns in Politik, Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft gefragt. Der Beitrag<br />
von Schule <strong>und</strong> außerschulischer Bildung besteht darin, mit einer umfassenden Bandbreite an<br />
Vermittlungsformen <strong>und</strong> Methoden über die Thematik zu informieren <strong>und</strong> SchülerInnen <strong>und</strong><br />
Lernende mit Handlungskompetenzen auszustatten, damit sie sich verantwortungsvoll für eine<br />
lebenswerte Zukunft engagieren.<br />
Globales Lernen<br />
Im Projekt geht es uns auch um Verbindungen zwischen <strong>Um</strong>weltbildung <strong>und</strong> Globalem Lernen –<br />
<strong>und</strong> das aus gutem Gr<strong>und</strong>: Das Wissen in der <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> über die <strong>Welt</strong> verdoppelt sich circa alle fünf<br />
bis sechs Jahre (W. Sachs, Wuppertal Institut) – mit diesem Tempo kann keine Schule <strong>und</strong> kein<br />
noch so ausgefeiltes Lernsystem Schritt halten. Zudem scheint uns diese Tatsache vor eine ganz<br />
andere Herausforderung zu stellen, nämlich die, die Art des Wissens <strong>und</strong> der Wissensbeschaffung<br />
insgesamt kritisch zu hinterfragen. Würden wir auch nur versuchen, Jugendlichen diese Informa-<br />
tionsflut einzutrichtern, so würden sie zu ohnmächtigen <strong>und</strong> verunsicherten Opfern von Angelern-<br />
tem, denen jede Einsicht <strong>und</strong> eigene Erkenntnis fehlt.<br />
Eine Lösung bietet das Konzept des Globalen Lernens an: „Globales Lernen kennzeichnet ein Lern-<br />
konzept, nach dem Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler über globale Fragen lernen <strong>und</strong> dabei Wissen <strong>und</strong><br />
Kompetenzen auf eine ganzheitliche Weise erwerben“ (Internationale Enzyklopädie für Erziehungs-<br />
wissenschaften). Auf der Gegenstandsebene bedeutet dies, dass Themen <strong>und</strong> Inhalte im weltweiten<br />
Horizont <strong>und</strong> auf der Lernebene verortet sein müssen, dass sich diese erst in ganzheitlichen, inter-<br />
disziplinären <strong>und</strong> multiperspektivischen Formen erschließen.<br />
Die Intention von Globalem Lernen ist, dass aus SchülerInnen entdeckende <strong>und</strong> erforschende<br />
LernerInnen werden, die ihre eigenen Fähigkeiten kennen <strong>und</strong> für die Gestaltung der Zukunft nutzen<br />
wollen. Insofern brauchen wir eine Lernkultur, in der Gestaltungs- <strong>und</strong> Schlüsselkompetenzen<br />
geübt werden können:<br />
„Die wesentlichen Elemente der neuen Lernkultur sind:<br />
· die Entwicklung <strong>und</strong> Förderung von Kernkompetenzen<br />
· individualisierende <strong>und</strong> kooperative Lernformen<br />
· die Stärkung von Eigenverantwortung<br />
· die Auseinandersetzung mit relevanten Themen des globalen Wandels<br />
· Methodenvielfalt<br />
· <strong>und</strong> die Förderung eines ganzheitlichen, fächerübergreifenden Ansatzes.<br />
5
6<br />
In einer <strong>Welt</strong>, die durch Kulturelle Vielfalt, gesellschaftliche Pluralität <strong>und</strong> komplexe Globali-<br />
sierungsprozesse geprägt ist, wird Perspektivenwechsel zur Schlüsselkompetenz. Perspektiven-<br />
wechsel erfordert auch Kommunikationsbereitschaft über Grenzen hinweg, die Fähigkeit, Irritation<br />
zu ertragen, sich von bestimmen Vorstellungen lösen zu können <strong>und</strong> die Bereitschaft, zukunftsoffen<br />
eigene Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> <strong>Welt</strong>bilder zu entwickeln.“ 1<br />
Wir alle haben die Möglichkeit, die oben skizzierten Risiken zu mindern <strong>und</strong> abzuwenden. Als<br />
Voraussetzung für den Erhalt einer größtmöglichen Biologischen Vielfalt <strong>und</strong> den Kampf gegen<br />
<strong>Klimawandel</strong> sind neben den notwendigen politischen Entscheidungen neue Formen des<br />
Denkens <strong>und</strong> Handelns in der Gesellschaft gefragt:<br />
„Wir müssen die Änderung sein, die wir in der <strong>Welt</strong> sehen wollen.“ (Mahatma Gandhi)<br />
um.welt<br />
Das Projekt um.welt möchte in diesem Sinne einen Beitrag leisten. Mit innovativen Methoden<br />
<strong>und</strong> Materialien der <strong>Um</strong>weltbildung <strong>und</strong> des Globalen Lernens möchten wir dazu beitragen, die<br />
Verbindungen zwischen <strong>Klimawandel</strong>, Erhalt der <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt zu<br />
verstehen. In partizipativen Prozessen mit SchülerInnen <strong>und</strong> LehrerInnen aus Niedersachsen <strong>und</strong><br />
Nordrhein-Westfalen werden dabei Lösungen <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten gesucht – auch im<br />
internationalen <strong>und</strong> interkulturellen Dialog.<br />
Gemeinsam mit drei indigenen Gruppen aus drei verschiedenen Ländern untersuchen wir tra-<br />
ditionelles Wissen auf Lösungen für aktuelle Klimaprobleme <strong>und</strong> wollen die Kenntnisse mit den<br />
Herausforderungen moderner Lebensweisen vernetzen. In jedem Projektjahr werden Vertreter-<br />
Innen jeweils einer indigenen Gruppe zu einem mehrwöchigen Projektaufenthalt nach Deutschland<br />
eingeladen. Im Dialog mit den Indigenen erhoffen wir uns neben einem f<strong>und</strong>ierten fachlichen<br />
Austausch zur Relevanz des <strong>Klimawandel</strong>s, des Erhalts der <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt<br />
auch einen Perspektivenwechsel auf unsere <strong>Um</strong>welt- <strong>und</strong> Gesellschaftssituation.<br />
Wir wollen die am Projekt beteiligten Ethnien mit je einer Schule zu einer langfristigen Partnerschaft<br />
zusammen bringen, so dass gemeinsam mit anderen (außerschulischen) Akteuren ein Netz-Werk<br />
entsteht, deren Beteiligte über Handlungsmöglichkeiten <strong>und</strong> vielfältige Kompetenzen verfügen.<br />
Im Verlauf des Projekts entstehen drei unterschiedliche SchatzKisten, in denen jeweils<br />
verschiedene Aspekte der übergeordneten Themen <strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle<br />
Vielfalt, kombiniert mit dem Wissen <strong>und</strong> der Lebensweise der indigenen Ethnie, vorgestellt werden.<br />
Die am Projekt beteiligten Ethnien sind:<br />
Chanty <strong>und</strong> Mansi aus Russland/Sibirien,<br />
Ju/Hoansi aus Namibia,<br />
Adivasi aus Indien.<br />
1 VENRO Diskussionspapier (2009): Halbzeit: Kurskorrekturen auf den Lernwegen zu nachhaltiger Entwicklung, S. 20f.<br />
(VENRO: Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen e. V.)
Vorbereitet werden die SchatzKisten von den indigenen Gruppen im Vorfeld ihrer Projektreise<br />
nach Deutschland. Sie bringen aus ihrem <strong>Um</strong>feld Gegenstände, Texte, Bilder, Artefakte etc. mit, die<br />
für sie bzw. das Thema sprechen. Bei ihrem Aufenthalt werden dann die Inhalte der SchatzKisten<br />
gemeinsam mit der Projektleitung, den Beteiligten aus den Partnerschulen <strong>und</strong> weiteren Multipli-<br />
katorInnen mit dem deutschen Teil der SchatzKisten vervollständigt.<br />
Das erste Ergebnis dieser Arbeit haben Sie jetzt vor sich. Das <strong>Handbuch</strong> begleitet die erste der drei<br />
SchatzKisten, in der die aktuelle <strong>und</strong> traditionelle Lebenssituation der Chanty <strong>und</strong> Mansi aus<br />
Sibirien angesichts der Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s vorgestellt wird.<br />
„Unsere traditionelle Kultur hat nichts mit Naturschutz zu tun, sondern sie beruht auf der<br />
Wahrnehmung von der Natur, dass diese ein großes Haus ist, in dem man lebt. Unser traditionelles<br />
Tschum ist ein Modell unserer Erde. Das meint: die Erde ist unser Zuhause <strong>und</strong> wenn man von<br />
einem Ort zum nächsten zieht, dann ist unser Zuhause alles, was drum herum ist. […] In der Natur<br />
<strong>und</strong> in der Kultur ist das genetische Gedächtnis der Menschheit verborgen <strong>und</strong> wenn die zerstört<br />
werden, verlieren wir alles.“ (Elena T. Fedotova, stellv. Direktorin der Schule in Kazym)<br />
Sie finden in diesem <strong>Handbuch</strong> <strong>und</strong> in der SchatzKiste vielfältige Dokumente, Bücher <strong>und</strong> Unterrichtsmaterialien,<br />
um Unterricht oder Mini-Projekte – interdisziplinär <strong>und</strong> fächerübergreifend<br />
– gestalten zu können; Original-Gegenstände <strong>und</strong> aktuelle multimediale Materialien, die die<br />
traditionelle <strong>und</strong> gegenwärtige Lebenssituation der Chanty <strong>und</strong> Mansi erklären; Good Practice,<br />
Informationen über Kampagnen <strong>und</strong> Aktionen sowie andere Handlungsvorschläge – verb<strong>und</strong>en mit<br />
der Bitte, dass Sie sich an der Aktion ZeitKapseln beteiligen (mehr dazu in Kapitel 4.1.1).<br />
Wir haben dieses <strong>Handbuch</strong> zusammengestellt, damit Sie sich zusammenfassend, schnell <strong>und</strong><br />
kompakt informieren können – über die Zusammenhänge von <strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong><br />
Kultureller Vielfalt am Beispiel der Chanty <strong>und</strong> Mansi in Sibirien.<br />
Es ist unser Interesse, dass der Erhalt von <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kultureller Vielfalt als neue<br />
Perspektive begriffen wird, deren Inhalte in verschiedene Fächer bzw. Seminare integriert<br />
werden können. Es ist zu befürchten, dass Globalisierung zu einer deutlichen Vereinfachung <strong>und</strong><br />
Vereinheitlichung führt – dem setzen wir ein Plädoyer für Vielfalt entgegen.<br />
Elisabeth Marie Mars, Gabriele Janecki, Markus Hirschmann<br />
SchatzKiste<br />
Aktionen/Kampagnen<br />
Literaturempfehlungen<br />
Material auf CD<br />
Recherche<br />
Unterrichtsmaterial<br />
7
1. <strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong><br />
<strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />
9
10<br />
1.1 <strong>Klimawandel</strong><br />
<strong>Klimawandel</strong> – Einführung<br />
Die Veränderung unseres globalen Klimas ist zu einer deutlich spürbaren Realität geworden <strong>und</strong><br />
betrifft das Leben der Menschen überall auf der Erde.<br />
„Der exzessive Verbrauch von Kohle, Öl <strong>und</strong> Gas lässt die Durchschnittstemperatur steigen<br />
– so schnell <strong>und</strong> so stark, wie es wohl seit vielen Jahrmillionen nicht geschehen ist. Gletscher<br />
verschwinden, der Nordpol wird eisfrei, der Eispanzer auf Grönland schmilzt. Allein dadurch wird<br />
der Meeresspiegel um sieben Meter steigen, langfristig. Bereits kurzfristig geraten Küstenstädte<br />
wie Hamburg, New York, London <strong>und</strong> Shanghai in Not. Feuchtere Regionen werden vermutlich<br />
feuchter werden, trockene noch trockener. Es drohen Dürren <strong>und</strong> Überflutungen, Hungersnöte<br />
<strong>und</strong> Völkerwanderungen.“ 2<br />
Begriffsbestimmung – Klima<br />
Der Begriff Klima geht zurück auf das griechische Wort klimatos (= Neigung) – gemeint ist die<br />
Neigung der Erdachse gegen die Ebene ihrer <strong>Um</strong>laufbahn um die Sonne.<br />
Das Klima ist definiert als die Zusammenfassung der Wettererscheinungen, die den mittleren<br />
Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort oder in einem mehr oder weniger großen Gebiet<br />
charakterisieren. Üblicherweise werden hierzu die Messwerte eines genügend langen Zeitraums,<br />
normalerweise 30 Jahre, zugr<strong>und</strong>e gelegt. Hierin unterscheidet sich das Klima gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
vom Wetter, das nur kurzfristige <strong>und</strong> lokale Erscheinungen wie ein Gewitter oder einen kalten<br />
Wintertag beschreibt. 3<br />
Doch was genau trägt zu der größten menschlichen Herausforderung – der globalen Klimaveränderung<br />
– bei? Was können/müssen wir Menschen tun? Zunächst müssen wir die Erkenntnisse<br />
über die Entstehung <strong>und</strong> die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s vertiefen, um darauf aufbauend<br />
mögliche Handlungsstrategien entwickeln zu können.<br />
2 Vorholz, Fritz (2009): Wir sind noch zu retten. DIE ZEIT Nr. 50, S.23.<br />
3 Deutscher Wetterdienst, www.dwd.de.
Das Klima ändert sich<br />
Die globale Durchschnittstemperatur ist im Laufe des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts um circa 0,74°C angestiegen,<br />
allerdings weder zeitlich noch regional gleichmäßig. Besonders in den Zeiträumen 1910 bis 1945 <strong>und</strong><br />
seit 1976 ist es zu einer deutlichen Erwärmung gekommen. Zwischen 1995 <strong>und</strong> 2006 fielen elf von<br />
zwölf Jahren unter die zwölf wärmsten Jahre seit Beginn der Temperaturmessungen im Jahr 1850.<br />
Der Anstieg fand vor allem über den Landflächen statt <strong>und</strong> hier besonders über der nördlichen<br />
Erdhalbkugel, weniger über den sich verzögert erwärmenden Ozeanen. Der durchschnittliche<br />
globale Meeresspiegel ist im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert um 12 bis 22 Zentimeter angestiegen. Zudem ist<br />
der <strong>Welt</strong>klimarat IPCC 4 zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der hydrologische Kreislauf<br />
(Wasserkreislauf) verändert hat. Während es auf der Nordhalbkugel eine Zunahme der kontinen-<br />
talen Niederschläge um 5 bis 10% während des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts gegeben hat, ist in manchen<br />
Regionen (z.B. Nord- <strong>und</strong> Westafrika) ein Rückgang zu beobachten. In den mittleren <strong>und</strong> höheren<br />
nördlichen Breiten konnte eine Zunahme extremer Niederschlagsereignisse verzeichnet werden.<br />
Ferner zeigt sich ein weiträumiger Rückzug von Berggletschern, die aufgr<strong>und</strong> ihrer Sensibilität<br />
gegenüber Temperaturveränderungen auch als „Fieberthermometer der Erde“ bezeichnet werden.<br />
Auch gibt es deutliche Anzeichen für ein Aufweichen von Permafrostböden in Teilen der Polar- <strong>und</strong><br />
Subpolarregionen – so auch in Sibirien <strong>und</strong> damit im Lebensraum der Chanty <strong>und</strong> Mansi.<br />
Zwar hat es in der erdgeschichtlichen Vergangenheit immer wieder Klimaveränderungen gegeben,<br />
die nicht allein durch die Konzentration von CO2 gesteuert wurden, die Erhöhung der durch-<br />
schnittlichen globalen Temperaturen um 0,74 °C während des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts ist jedoch im<br />
Wesentlichen auf den zusätzlichen vom Menschen verursachten Treibhauseffekt zurückzuführen.<br />
Schematische Darstellung des Treibhauseffekts 5<br />
4 Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC; Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen), im Deutschen<br />
oft als <strong>Welt</strong>klimarat bezeichnet, wurde im November 1988 vom <strong>Um</strong>weltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) <strong>und</strong> der<br />
<strong>Welt</strong>organisation für Meteorologie (WMO) ins Leben gerufen. Hauptaufgabe des der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) bei-<br />
geordneten Ausschusses ist es, Risiken der globalen Erwärmung zu beurteilen sowie Vermeidungs- <strong>und</strong> Anpassungsstrategien<br />
zusammenzutragen. Der Sitz des IPCC-Sekretariats befindet sich in Genf. http://de.wikipedia.org/wiki/IPCC.<br />
5 B<strong>und</strong>esministerium für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit (2008): Klimaforschung, Arbeitsblatt 2, S. 2.<br />
11
12<br />
Der menschgemachte Treibhauseffekt<br />
Daher stellt sich bei den beobachteten Veränderungen die Frage, ob <strong>und</strong> in welchem Ausmaß die<br />
Treibhauseffekte natürlichen Ursprungs oder durch den Menschen verursacht sind. Zunächst<br />
lässt sich zweifelsfrei festhalten, dass der Mensch mit seinem Handeln die Konzentration von<br />
Treibhausgasen <strong>und</strong> damit die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre deutlich beeinflusst.<br />
Durch eine Vielzahl von Prozessen setzt er große Mengen an Treibhausgasen frei: vor allem durch<br />
die Verbrennung fossiler Energieträger (Braun- <strong>und</strong> Steinkohle, Erdöl, Erdgas), die großflächige<br />
Änderung der Landnutzung (z.B. Rodung von Wäldern), landwirtschaftliche Tätigkeiten (v.a.<br />
Viehwirtschaft <strong>und</strong> Reisanbau /Methanausstoß) <strong>und</strong> industrielle Prozesse. Dieser menschliche<br />
Einfluss ist verantwortlich für den signifikanten Konzentrationsanstieg von Treibhausgasen in<br />
der Atmosphäre seit Beginn der Industrialisierung <strong>und</strong> die dadurch ausgelöste Verstärkung des<br />
Treibhauseffektes. Daher bezeichnet man den Anteil am gesamten Treibhauseffekt, den der Mensch<br />
durch sein Handeln verursacht, als menschgemachten oder anthropogenen Treibhauseffekt.<br />
Das Treibhausgas CO2 trägt zu etwa 55 % zum anthropogenen Treibhauseffekt bei <strong>und</strong> ist damit der<br />
Hauptfaktor in den vom Menschen verursachten Emissionen. Der Beitrag von Methan liegt bei etwa<br />
15 %. Neben diesen Gasen gehören Distickstoffmonoxid (N2O, Lachgas) sowie industriell erzeugte<br />
Gase wie Fluorkohlenwasserstoffe zu den wichtigsten anthropogenen Treibhausgasen. Ozon (O3)<br />
wird nicht direkt ausgestoßen, sondern entfaltet seine Wirksamkeit als Folgeprodukt u.a. bei der<br />
Verbrennung fossiler Energieträger. Wasserdampf ist das natürlich am stärksten konzentrierte<br />
Treibhausgas in der Atmosphäre. Der Mensch beeinflusst seine Konzentration direkt durch den<br />
Flugverkehr <strong>und</strong> indirekt durch die erwärmungsbedingte Veränderung des Wasserkreislaufs.<br />
Aus der Analyse von Bohrungen im antarktischen Eis geht hervor, dass die atmosphärische CO2-<br />
Konzentration in den letzten 420.000 Jahren nie 290 ppm (parts per million) 6 überschritten hat. Seit<br />
Beginn der Industrialisierung um 1750 – <strong>und</strong> damit der massiven Ausweitung der oben skizzierten<br />
menschlichen Einflüsse – stieg die Konzentration von CO2 jedoch um circa 30% <strong>und</strong> betrug im<br />
Jahre 2005 im Jahresmittel bereits 379 ppm, mit einer jährlichen Zuwachsrate von etwa 1,9 ppm<br />
zwischen 1995 <strong>und</strong> 2005. Die Methankonzentration steigerte sich sogar um circa 140 %. Allerdings<br />
gibt es auch menschliche Handlungen mit einem kühlenden Effekt, beispielsweise die industriellen<br />
Emissionen von Schwefeldioxid (SO2). Insgesamt aber überwiegt der Ausstoß erwärmend wirkender<br />
Treibhausgase deutlich. 7<br />
Insgesamt beträgt der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro Kopf in Deutschland r<strong>und</strong> 11.000<br />
Kilogramm jährlich. R<strong>und</strong> 15 % davon verursachen private Haushalte direkt. 46% entfallen auf die<br />
Energiewirtschaft, 18% auf den Verkehr, etwa 20 % auf Industrie <strong>und</strong> verarbeitendes Gewerbe. 8<br />
Über unsere Verhältnisse:<br />
Obergrenze – <strong>Um</strong> unter der kritischen Grenze von 2 Grad Erwärmung zu bleiben, dürfte die<br />
Menschheit jährlich höchstens etwa 14,5 Milliarden Tonnen (Gt) 9 CO2 ausstoßen.<br />
6 Der englische Ausdruck parts per million (ppm, zu Deutsch „Teile von einer Million“) steht für die Zahl 10 -6 <strong>und</strong> wird in der<br />
Wissenschaft für den millionsten Teil verwendet, so wie Prozent (%) für den h<strong>und</strong>ertsten Teil steht.<br />
7 germanwatch (2008): Globaler <strong>Klimawandel</strong>: Ursachen, Folgen, Handlungsmöglichkeiten, S. 4–8.<br />
8 DIE ZEIT (2009) Nr. 50: Klima hausgemacht, S. 42.<br />
9 Die Gigatonne ist eine Masseneinheit. Eine Gigatonne entspricht einer Milliarde (109) Tonnen oder einer Billion (1012) kg.
Globaler Durchschnitt – Für ihren globalen Ausstoß von derzeit etwa 30 Gt pro Jahr brauchten die<br />
knapp 6,9 Milliarden Menschen also eigentlich schon zwei Erden.<br />
Deutschland – Würden alle Menschen weltweit so viel CO2 freisetzen wie der durchschnittliche<br />
Deutsche, wären vier Planeten nötig…<br />
USA – … oder gar neun Erden, wenn sich weltweit jeder an das Emissionsniveau eines typischen<br />
US-Amerikaners angleichen würde. 10<br />
<strong>Klimawandel</strong> in meinem Leben? / Handlungsebene<br />
Ökologischer Fußabdruck<br />
Wir bräuchten vier Erden, um den derzeitigen Ressourcenverbrauch auf alle Menschen ausdehnen<br />
zu können. Wie uns der ökologische Fußabdruck vorrechnet11 , hat die Menschheit bereits am<br />
9. Oktober eines jeden Jahres jene Ressourcen aufgebraucht, die bis Ende Dezember reichen<br />
sollten. Ab diesem Zeitpunkt werden die Ressourcen des nächsten Jahres verprasst. So geraten wir<br />
immer tiefer in die Verschuldung. KreditgeberInnen sind die nachfolgenden Generationen <strong>und</strong> jene<br />
Menschen, die bereits heute die negativen Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s tragen müssen. 12<br />
Der ökologische Fußabdruck, Anfang der 1990er Jahre von Mathias Wackernagel <strong>und</strong> William Rees<br />
entworfen, misst auf wissenschaftliche <strong>und</strong> zugleich verständliche Art <strong>und</strong> Weise die Auswirkungen<br />
unseres Wirtschaftens auf die <strong>Um</strong>welt. Der Fußabdruck zeigt deutlich, dass wir, die KonsumentInnen<br />
(vor allem in Europa, Japan <strong>und</strong> Nordamerika), wesentlich mehr Ressourcen verbrauchen, als die<br />
Erde uns zur Verfügung stellt. Wir vergeuden bereits die <strong>Welt</strong> unserer Kinder <strong>und</strong> zerstören die<br />
natürliche <strong>Um</strong>welt. 13<br />
Der ökologische Fußabdruck ist mittlerweile von den Vereinten Nationen anerkannt <strong>und</strong> gilt als<br />
offizieller Indikator zur Überprüfung der Ziele im Rahmen der UN-<strong>Biodiversität</strong>s-Konvention.<br />
Auch die EU nutzt diese Methode als Leitindikator zur Messung der Biologischen Vielfalt. Der<br />
ökologische Fußabdruck erfasst, in welchen Bereichen <strong>und</strong> wie stark der Mensch die <strong>Um</strong>welt<br />
belastet. Die Methode ist eine Art ‚Ressourcenbuchhaltung’. Sie rechnet das Ausmaß der Nutzungen<br />
<strong>und</strong> Belastungen der Natur wie etwa Ackerbau, Energie- oder Holzverbrauch in Flächen um, die<br />
notwendig wären, um diese Ressourcen auf erneuerbare Weise bereitzustellen. Diese Berechnung<br />
macht Sinn, denn die Ressourcen sind begrenzt. Es können beispielsweise nicht mehr Fische<br />
gegessen werden, als Meere <strong>und</strong> Flüsse hergeben. Sind die Fangmengen zu groß, regeneriert sich der<br />
Bestand nicht mehr. Heute sind bereits 47 % der weltweiten Fischbestände überfischt. Langfristig<br />
gefährdet die Menschheit ihre Nahrungsquellen, wenn sie nicht nachhaltig wirtschaftet.<br />
10 DIE ZEIT (2009) Nr. 50: : Klima hausgemacht, S. 42.<br />
11 Berechnungen der New Economics Fo<strong>und</strong>ation London basierend auf dem ökologischen Fußabdruck.<br />
http://www.neweconomics.org/gen/ecologicaldebt091006.aspx.<br />
12 All we need (2007): Die <strong>Welt</strong> der Bedürfnisse – Eine pädagogische Mappe, S. 5.<br />
13 B<strong>und</strong> für <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland /Brot für die <strong>Welt</strong> /Evangelischer Entwicklungsdienst (2009):<br />
Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten <strong>Welt</strong>, S. 116.<br />
13
14<br />
Der Fußabdruck der <strong>Welt</strong><br />
Mit 2,2 gha pro Kopf ist seit Mitte der 1980er Jahre der durchschnittliche Fußabdruck deutlich größer<br />
als die globale Biokapazität von 1,8 gha. Zudem ist die Beanspruchung des Naturkapitals örtlich<br />
sehr ungleich verteilt. Das „globale Hektar“ ist eine einheitliche Währung, die die unterschiedliche<br />
Fruchtbarkeit von Böden ausgleicht. Denn eine Fläche in einem Ackerbau kann naturgemäß mehr<br />
erzeugen, als die gleiche Fläche in einer Wüste. Die Länder der nördlichen Hemisphäre verbrauchen<br />
pro Kopf bis zu dreimal mehr Ressourcen als ihnen zustehen. Mit 9,5 gha pro Kopf übertrifft der<br />
ökologische Fußabdruck von Nordamerika alle anderen Regionen massiv <strong>und</strong> ist zum Beispiel<br />
neunmal größer als jener von Afrika. Auch der Fußabdruck Westeuropas ist mit 4,8 gha deutlich<br />
größer als der globale Durchschnitt. Die Länder des Südens hingegen – insbesondere jene auf dem<br />
afrikanischen Kontinent <strong>und</strong> in Südostasien – beanspruchen pro Kopf zum Teil deutlich weniger<br />
Biokapazität als im weltweiten Durchschnitt verfügbar ist.<br />
Die ökonomische Grenze zwischen Nord <strong>und</strong> Süd hat sich allerdings seit Beginn der 1990er Jahre<br />
verwischt. Zahlreiche Länder des Südens weisen nunmehr zweistellige Wachstumsraten auf, so<br />
etwa Energielieferanten (Saudi Arabien, Venezuela), Hard- <strong>und</strong> Softwareanbieter (Thailand, China,<br />
Indien) oder bedeutende Absatzmärkte (Brasilien, China). Mit dem wirtschaftlichen Erfolg wächst<br />
in diesen Staaten die Nachfrage nach Ressourcen <strong>und</strong> somit auch der ökologische Fußabdruck<br />
markant. Insbesondere der Energiebedarf hat stark zugenommen. In den Ländern mit geringem<br />
Wachstum steigt er von einem niedrigen Niveau ausgehend hingegen nur langsam. Beispielhaft für<br />
die Entwicklung der Länder mit raschem ökonomischem Wachstum stehen die bevölkerungsreichen<br />
Staaten Indien <strong>und</strong> China, die zunehmende Mengen an fossilen Brenn- <strong>und</strong> Treibstoffen verbrauchen.<br />
Der energetische Fußabdruck ist in China <strong>und</strong> Indien mit 0,7 gha bzw. 0,3 gha pro Kopf zwar immer<br />
noch deutlich kleiner als der <strong>Welt</strong>durchschnitt von 1,1 gha. Die Wachstumsraten sind allerdings<br />
hoch. Seit 1961 ist der energetische Fußabdruck in beiden Ländern um das Zehn- bis Zwölffache<br />
gewachsen. Da in Indien <strong>und</strong> China etwa zwei Fünftel der <strong>Welt</strong>bevölkerung leben, entsteht nicht<br />
bloß eine enorme Nachfrage nach Energie, sondern auch nach anderen Ressourcen.<br />
Angesichts dieser Entwicklungen sind enorme globale Anstrengungen nötig, um die Ökobilanz auf<br />
unserem Planeten nicht noch weiter zu verschlechtern. 14<br />
Weitere Informationen unter: www.mein-fussabdruck.at<br />
Globale <strong>Klimawandel</strong>auswirkungen<br />
Die Menschheit übernutzt die Biosphäre, <strong>und</strong> das Jahr für Jahr. Weil vor allem die globale Landfläche<br />
sowie die Atmosphäre in ihrer Tragfähigkeit überstrapaziert werden, treten vielfältige ökologische<br />
Krisen auf. 15<br />
Die klimatischen Veränderungen haben vor allem Auswirkungen auf die Existenz vieler Tier- <strong>und</strong><br />
Pflanzenarten <strong>und</strong> auf die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen, wie Wälder, Korallenriffe oder<br />
Graslandschaften – kurzum: auf die Vielfalt des Lebens auf der Erde. 16<br />
14 All we need (2007): Die <strong>Welt</strong> der Bedürfnisse – Eine pädagogische Mappe, S. 15.<br />
15 B<strong>und</strong> für <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland /Brot für die <strong>Welt</strong> /Evangelischer Entwicklungsdienst (2009):<br />
Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten <strong>Welt</strong>, S. 116.<br />
16 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) (2009): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>, S. 7.
1.2 <strong>Biodiversität</strong><br />
Diese ‚Vielfalt des Lebens auf der Erde‘ wird mit dem Begriff Biologische Vielfalt bzw. <strong>Biodiversität</strong><br />
zusammengefasst.<br />
Begriffsbestimmung: <strong>Biodiversität</strong><br />
„<strong>Biodiversität</strong> oder Biologische Vielfalt meint die Vielfalt der Lebensformen der Biosphäre<br />
in allen ihren Ausprägungen <strong>und</strong> Beziehungen untereinander. Sie steht für die Bandbreite an<br />
Variationen in <strong>und</strong> Variabilität zwischen Systemen <strong>und</strong> Organismen auf drei Ebenen:<br />
1. Ökologische Diversität – Vielfalt von Biomen 17 , Landschaften <strong>und</strong> Ökosystemen bis hin zu<br />
ökologischen Nischen<br />
2. Diversität zwischen Organismen – Vielfalt zwischen taxonomischen Gruppen (z. B. Familien,<br />
Gattungen) bis hin zur Artenvielfalt<br />
3. Genetische Diversität – Vielfalt von Populationen über Individuen bis hin zu Genen.“ 18<br />
Auf der internationalen Agenda dieses Jahrh<strong>und</strong>erts steht neben Klimaschutz <strong>und</strong> Ressourcen-<br />
schonung auch der Erhalt der Artenvielfalt. <strong>Biodiversität</strong> ist die Vielfalt des Lebens <strong>und</strong> zugleich die<br />
Gr<strong>und</strong>lage unseres menschlichen Lebens. Ohne sie fehlten uns nicht nur atemberaubende Anblicke<br />
<strong>und</strong> unvergessliche Naturerlebnisse, sondern auch die Luft zum Atmen, sauberes Trinkwasser,<br />
Rohstoffe, Medizin <strong>und</strong> Nahrung. Das alles stellt eine intakte Natur dem Menschen immer wieder<br />
neu zur Verfügung. Die Ökosysteme stellen für den Menschen alljährlich Leistungen im Wert von<br />
r<strong>und</strong> 26 Trillionen Euro bereit. Das ist weit mehr als der Wert der Güter, die die Menschen r<strong>und</strong> um<br />
den Globus selbst produzieren. Eine große <strong>Biodiversität</strong> stärkt die Stabilität der Ökosysteme <strong>und</strong><br />
hält Optionen für künftige Nutzungen offen. 19<br />
Die <strong>Biodiversität</strong> ist für alle Bereiche der menschlichen Existenz von großer Bedeutung: Menschen<br />
brauchen Nahrung, fruchtbare Böden, sauberes Wasser, Brenn- <strong>und</strong> Baumaterialien, Heilpflanzen<br />
für die Herstellung von Medikamenten <strong>und</strong> nicht zuletzt ges<strong>und</strong>e Luft zum Atmen.<br />
Die Biologische Vielfalt oder <strong>Biodiversität</strong> umfasst die genetische Vielfalt, die Vielfalt der Arten <strong>und</strong><br />
die der Ökosysteme. Sie bezeichnet damit die Dynamik, die zwischen Pilzen, Insekten, Pflanzen,<br />
Tieren, Mikroorganismen <strong>und</strong> auch dem Menschen in den jeweiligen Lebensräumen besteht. Dabei<br />
ist die in Naturräumen wild vorkommende <strong>Biodiversität</strong> ebenso wichtig wie die von Menschen in<br />
Kulturräumen erhaltene, etwa die Agrobiodiversität für Ernährung <strong>und</strong> Landwirtschaft (Kultur-<br />
pflanzen, Nutztiere <strong>und</strong> Landschaften) oder jene in städtischen Grünzügen. Innerhalb von Arten<br />
sorgt die genetische Vielfalt für die Fülle von Pflanzensorten oder Tierrassen. Von den geschätzten<br />
15 Millionen Arten weltweit sind erst etwa 1,7 bis 2 Millionen wissenschaftlich erfasst. Geringer noch<br />
17 Ein Biom ist ein Großlebensraum der Biosphäre, zur Abgrenzung werden die Pflanzenformationen herangezogen. Es handelt<br />
sich um eine physiognomische Klassifikation, die Gebiete mit einem einheitlichen Spektrum an Lebensformen der Pflanzen<br />
zusammenfasst. Durch einheitliche äußere Bedingungen wie Klima oder Boden entstehen diese charakteristischen Lebens-<br />
formen des Pflanzenwachstums, die wiederum Auswirkung auf die dort lebenden Tiere <strong>und</strong> sonstigen Lebewesen haben. Be-<br />
trachtet werden dabei diejenigen Pflanzenformationen, die sich unter dem jeweiligen Makroklima großräumig einstellen oder<br />
einstellen würden (Potenzielle natürliche Vegetation).<br />
18 Simonis, Udo E. (2003): Öko Lexikon. München: Verlag C.H. Beck, S. 35f.<br />
19 Troge, Andreas (2008): Zeit zu handeln. In: Le Monde diplomatique/taz: Atlas der Globalisierung – Klima, S. 4.<br />
15
16<br />
sind die Kenntnisse über die Vielfalt innerhalb von Populationen oder über die Wechselwirkungen<br />
zwischen Ökosystemen.<br />
Die <strong>Biodiversität</strong> ist sehr ungleich über den Globus verteilt. Die Gebiete mit höchster Artenvielfalt<br />
finden sich in den Tropen <strong>und</strong> Subtropen. Speziell in diesen Regionen konnten sich im Zuge der<br />
Evaluation mannigfaltige Lebensformen entwickeln. Zugleich werden südlich des 40. Breitengrades<br />
besonders viele Sorten von Nutzpflanzen kultiviert, die dort auch wilde Verwandte haben. Brasilien,<br />
Kolumbien <strong>und</strong> China führen die Gruppe der sogenannten Megadiversitätsländer an, in denen<br />
Wissenschaftler 70% aller weltweiten vertretenen Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten vermuten. Deutschland<br />
ist da vergleichsweise artenarm.<br />
Auf Boden, Wasser, Luft <strong>und</strong> genetischen Ressourcen basieren unsere Landwirtschaft, aber auch<br />
unsere Medizin. Vierzig Prozent der weltweit erfolgreichsten Medikamente werden aus natürlichen<br />
Substanzen gewonnen. Terrestrische <strong>und</strong> marine Ökosysteme beinhalten die Bodenbildung <strong>und</strong><br />
-erhaltung, Bestäubung <strong>und</strong> Selektion, Kreisläufe von Nährstoffen <strong>und</strong> Wasser, die Bindung von<br />
Kohlenstoff <strong>und</strong> die Regulierung des Klimas. Die Vielfalt <strong>und</strong> Verschiedenheit der lebendigen<br />
Formen ist notwendig, damit ein natürliches Anpassungspotenzial, etwa an Veränderungen des<br />
Klimas oder der Böden, erhalten bleibt.<br />
Auswirkungen von <strong>Biodiversität</strong>sverlust<br />
Ein Verlust von Biologischer Vielfalt ist indes folgenschwer: In Folge der <strong>Um</strong>gestaltung der Biosphäre<br />
durch den Menschen (z.B. Entwaldung, Artenverschleppung) wird der <strong>Biodiversität</strong>sverlust zu<br />
einem globalen <strong>Um</strong>weltproblem. Ausgestorbene Arten <strong>und</strong> verschw<strong>und</strong>ene Ökosysteme20 können<br />
nicht wieder hergestellt werden <strong>und</strong> sind für unsere Nachkommen für immer verloren. Die<br />
aktuelle Rate des globalen Artensterbens übersteigt die natürliche Aussterberate um das h<strong>und</strong>ert-<br />
bis tausendfache. Der <strong>Welt</strong>-Naturschutzverband IUCN schätzt, dass mehr als 16.000 Arten von<br />
Säugetieren, Vögeln, Reptilien <strong>und</strong> Amphibien weltweit vom Aussterben bedroht sind. Wesentliche<br />
Gründe: Die Zerstörung von Lebensräumen, übermäßiger Konsum <strong>und</strong> Klimaveränderungen.<br />
Beunruhigend zudem: Die genetische Vielfalt von Nutztieren <strong>und</strong> Kulturpflanzen, die Agrobio-<br />
diversität, schwindet. Monokulturen auf den Feldern <strong>und</strong> Massenproduktion in den Ställen haben<br />
die regionale Vielfalt verdrängt. Gegenwärtig liefern nur 15 Pflanzen- <strong>und</strong> acht Tierarten 90%<br />
der menschlichen Nahrung weltweit. Durch die abnehmende genetische Vielfalt werden Pflanzen<br />
anfälliger für Schädlinge <strong>und</strong> Wetterbedingungen. Das bedroht auch die Basis unserer Ernährung. 21<br />
Der Erhalt inklusive der nachhaltigen Nutzung von <strong>Biodiversität</strong> bietet die Chance, den <strong>Klimawandel</strong><br />
abzumildern <strong>und</strong> Möglichkeiten zur Anpassung an veränderte Klimabedingungen zu entwickeln.<br />
Damit ist die Biologische Vielfalt das wichtigste Kapital unserer Zukunft <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lage des<br />
Überlebens der Menschheit – in Entwicklungs- <strong>und</strong> Industrieländern. 22<br />
Erhalt <strong>und</strong> nachhaltige Nutzung der <strong>Biodiversität</strong> sind weithin anerkannte Ziele Nachhaltiger<br />
Entwicklung. Die <strong>Biodiversität</strong>skonvention ist hierfür das wichtigste völkerrechtliche Instrument.<br />
20 Siehe auch zum Thema ‚Ökosysteme‘: Le Monde diplomatique /taz (2008): Atlas der Globalisierung – Klima, S. 9<br />
(Abb. „Ein Planet, vielfältige Ökosysteme“).<br />
21 welt.sichten /eed (2008): Biologische Vielfalt – Zwischen Schutz, Nutzung <strong>und</strong> Kommerz, S. 5.<br />
22 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) (2009): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>, S. 8f.
<strong>Biodiversität</strong>skonvention<br />
Das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt, das auch <strong>Biodiversität</strong>skonvention – oder<br />
von den „Insidern“ auch knapp „Biodiv-Konvention“ – genannt wird, verfolgt drei Ziele:<br />
· Den Erhalt der Biologischen Vielfalt.<br />
· Die nachhaltige Nutzung der Biologischen Vielfalt.<br />
· Den gerechten Vorteilsausgleich aus der Nutzung der Biologischen Vielfalt.<br />
Dabei ist die Konvention über die Biologische Vielfalt keineswegs nur eine „Artenschutz-Konvention“.<br />
Die Konvention beinhaltet darüber hinaus ausdrücklich den „nachhaltigen Nutzen“ dieser Vielfalt<br />
sowie den sogenannten „Vorteilsausgleich“.<br />
1.3 Kulturelle Vielfalt<br />
Eine weitere Auswirkung des <strong>Klimawandel</strong>s <strong>und</strong> dem damit einhergehenden Verlust von<br />
Biologischer Vielfalt ist auch der Verlust von traditionellem Wissen bzw. von Kultureller<br />
Vielfalt. Hierzu gehören neben dem speziellen Wissen über die Nutzung von Heilpflanzen, wilden<br />
oder domestizierten Tieren, auch kulturelle Elemente, die sich in Gesang, Sprache, Literatur oder<br />
Tänzen widerspiegeln.<br />
Begriffsbestimmung Kulturelle Vielfalt<br />
„Kulturelle Vielfalt bezieht sich auf die mannigfaltige Weise, in der die Kulturen von Gruppen <strong>und</strong><br />
Gesellschaften zum Ausdruck kommen. Diese Ausdrucksformen werden innerhalb von Gruppen<br />
<strong>und</strong> Gesellschaften sowie zwischen ihnen weitergegeben.<br />
Die Kulturelle Vielfalt zeigt sich nicht nur in der unterschiedlichen Weise, in der das Kulturerbe der<br />
Menschheit durch eine Vielzahl kultureller Ausdrucksformen zum Ausdruck gebracht, bereichert<br />
<strong>und</strong> weitergegeben wird, sondern auch in den vielfältigen Arten des künstlerischen Schaffens, der<br />
Herstellung, der Verbreitung, des Vertriebs <strong>und</strong> des Genusses von kulturellen Ausdrucksformen,<br />
unabhängig davon, welche Mittel <strong>und</strong> Technologien verwendet werden.“ 23<br />
Kultur ist entscheidende Voraussetzung dafür, dass aufstrebende Gesellschaften ihr Selbstbewusstsein<br />
erhalten <strong>und</strong> wiedergewinnen, denn künstlerisches Schaffen fördert Kreativität.<br />
Kultur beeinflusst soziales Handeln, Regeln <strong>und</strong> Entscheidungsprozesse einer Gesellschaft. Sie<br />
spielt somit eine zentrale Rolle in der gesellschaftlichen Entwicklung jenseits politischer, rechtlicher<br />
<strong>und</strong> wirtschaftlicher Aspekte. Kulturschaffende sind MitgestalterInnen gesellschaftlicher Veränderungen<br />
<strong>und</strong> können die künftige Situation eines Landes beeinflussen. 24<br />
Außerdem schafft Kulturelle Vielfalt eine reiche <strong>und</strong> vielfältige <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> stärkt dadurch<br />
Demokratie, Toleranz, soziale Gerechtigkeit <strong>und</strong> gegenseitigen Respekt. Kulturelle Vielfalt erhöht<br />
die Wahlmöglichkeiten, bereichert die menschlichen Fähigkeiten <strong>und</strong> Werte <strong>und</strong> ist deshalb<br />
Hauptantriebskraft nachhaltiger Entwicklung. 25<br />
23 Deutsche UNESCO-Kommission (2009): Kulturelle Vielfalt gestalten – Weissbuch, S. 30.<br />
24 E+Z Nr.1/2010: Rollen von Kulturschaffenden, S. 18.<br />
25 Deutsche UNESCO-Kommission (2009): Kulturelle Vielfalt gestalten – Weissbuch, S. 2.<br />
17
18<br />
Konvention zum Schutz der Kulturellen Vielfalt<br />
Anlässlich ihrer 32. Generalkonferenz im Oktober 2003 hat die UNESCO die Ausarbeitung einer<br />
Konvention zum Schutz der Kulturellen Vielfalt beschlossen. Ziel dieser Konvention ist die Erhaltung<br />
Kultureller Vielfalt unter den Rahmenbedingungen von Globalisierung <strong>und</strong> Liberalisierung im<br />
Kontext des Allgemeinen Abkommens zum Handel mit Dienstleistungen (GATS). Bezugspunkt ist<br />
die „Allgemeine Erklärung der UNESCO zur Kulturellen Vielfalt“, in der die UNESCO betont, dass<br />
die Erhaltung der Kulturellen Vielfalt einen ebenso hohen Stellenwert hat wie die <strong>Biodiversität</strong>.<br />
Unter anderem auf Anregung des Deutschen Kulturrats ist bei der Deutschen UNESCO-Kommission<br />
die „Nationale Koalition Kulturelle Vielfalt“ angesiedelt. Die Nationale Koalition hat das Ziel, den<br />
Diskussionsprozess zur Konvention zum Schutz der Kulturellen Vielfalt in Deutschland zu beleben<br />
<strong>und</strong> nationale Anliegen in den internationalen Diskussionsprozess einzubringen. 26 Die interna-<br />
tionale Staatengemeinschaft hat sich zur aktiven <strong>Um</strong>setzung dieses Übereinkommens verpflichtet.<br />
Hüter der Biologischen <strong>und</strong> Kulturellen Vielfalt der Erde sind indigene Völker. Ihr Reichtum<br />
sind ihre vielen Sprachen <strong>und</strong> Kulturen, die Weisheit ihrer Religionen <strong>und</strong> ihres <strong>Um</strong>gangs mit der<br />
Natur. <strong>Welt</strong>weit wird derzeit von 350 bis 400 Millionen Menschen ausgegangen, die einem der circa<br />
5.000 indigenen Völker in 75 Staaten angehören. 27<br />
Begriffsbestimmung – Indigene Völker<br />
„Der Begriff ‚indigen‘ leitet sich ab vom englischen ‚indigenous‘. Er wurde 1995 von der Arbeits-<br />
gruppe zu Indigenen Bevölkerungen der Vereinten Nationen (UNWGIP) geprägt für Völker, die<br />
ein bestimmtes Territorium als erste besiedelt <strong>und</strong> genutzt haben, die aus freien Stücken eine<br />
kulturelle Besonderheit bewahren, welche die Sprache, Sozialorganisation, Religion, Spiritualität,<br />
Produktionsweisen, Gesetze oder Institutionen der Selbstverwaltung einschließen kann oder die<br />
sich selbst als eine von anderen verschiedene, geschlossene Gruppe verstehen <strong>und</strong> als solche von<br />
anderen Gruppen oder staatlichen Institutionen auch anerkannt werden.“ 28<br />
26 Deutscher Kulturrat (2005): Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion. Konzeption Kulturelle Bildung III<br />
http://www.kulturrat.de/dokumente/studien/konzeption-kb3.pdf, S. 22.<br />
27 Gesellschaft für bedrohte Völker (2006): Indigene Völker – Ausgegrenzt <strong>und</strong> Diskriminiert, S. 5.<br />
28 ebd.
2. Informationen zu den Ethnien<br />
Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
21
22<br />
2.1 Lebensraum Sibirien<br />
2.1.1 Geografische Informationen zu Sibirien<br />
Sibirien ist ein Teil Russlands. Das Wort Sibirien stammt aus der Sprache der Kosaken <strong>und</strong> bedeutet<br />
„das schlafende Land“. Es erstreckt sich über zehn Millionen km² vom Ural im Westen bis zu den<br />
Gebirgen der pazifischen Wasserscheide im Osten <strong>und</strong> von der Küste des Nordpolarmeers bis an<br />
die Grenzen zur Mongolei <strong>und</strong> zu China im Süden. Lange kalte Winter (bis -70°C), kurze heiße<br />
Sommer (bis +40°C) <strong>und</strong> eine mittlere Jahrestemperatur von unter 0°C zeugen von einem extremen<br />
Kontinentalklima. Für seine Größe ist Sibirien mit einer Bevölkerungsdichte von 2,7 Einwohnern/<br />
km² relativ schwach besiedelt. Jedoch konzentrieren sich 90% der sibirischen Bevölkerung auf 10%<br />
des Territoriums. Die größte Stadt Sibiriens ist Novosibirsk mit 1,4 Millionen Einwohnern. Ganz<br />
Russland hat elf, Sibirien davon neun Zeitzonen. In der polaren Zone liegen die Kältewüste mit<br />
den Permafrostböden <strong>und</strong> die baumlose T<strong>und</strong>ra. In der kaltgemäßigten Klimazone wachsen boreale<br />
Wälder (sibirische Taiga), die vorwiegend aus Nadelbäumen bestehen. 29<br />
Quelle: wikipedia: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/0/0b/Rs-map.png<br />
In dem Projekt um.welt haben wir schwerpunktmäßig zu Westsibirien gearbeitet.<br />
Die westsibirische Tiefebene ist eines der größten Sumpfgebiete der Erde. Geprägt wird die<br />
Landschaft durch den borealen Wald, der über 25 Millionen ha einnimmt. Nadelbäume wie Fichte,<br />
Kiefer, Weißtanne, Zirbelkiefer, Tanne <strong>und</strong> Lärche bedecken große Flächen <strong>und</strong> wechseln sich mit<br />
Birken, Espen <strong>und</strong> Weiden ab. Im rauen Klima des Nordens wachsen die Bäume sehr langsam; sie<br />
bleiben ziemlich klein, liefern aber gutes, hartes Holz. Trotz der extremen Bedingungen kommen<br />
hier auch unzählige Pilz-, Farn-, Flechten- <strong>und</strong> Moosarten vor. 30 Die Sümpfe sind von Bächen <strong>und</strong><br />
Flüssen durchzogen <strong>und</strong> mit tausenden Seen durchsetzt, an deren Ufern sich Gebüsche <strong>und</strong> dichter<br />
29 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />
Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 27f.<br />
30 Greenpeace (2004): Urwälder Sibiriens. Schwindendes Revier des Sibirischen Tigers.<br />
http://www.greenpeace.de/themen/waelder/urwaelder_sibiriens/artikel/urwaelder_sibiriens/.
Wald entlang ziehen. Auf trockenen, sandigen Höhen wächst ein lichter Nadelwald, der reich an<br />
Rentierflechte ist. Durch den Rückstau des Wassers an der nördlichen Eisbarriere sind im Frühjahr<br />
weite Areale überschwemmt. Erst im August erreichen die Flüsse ihren normalen Wasserstand, um<br />
ab Oktober wieder zuzufrieren. Braunbär, Elch, das wilde Rentier <strong>und</strong> der Wolf sind die größten<br />
Säugetiere des Waldes. 31<br />
<strong>Biodiversität</strong><br />
Etwa 80% der arktischen Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten kommen in Russland vor. 40% der weltweit<br />
wertvollsten Nadelwaldbestände befinden sich in Russland. 32<br />
In Sibirien fördert der russische Staat Erdöl <strong>und</strong> Erdgas, aber auch Rohstoffe wie Gold, Diamanten,<br />
Silber <strong>und</strong> Kupfer. In Westsibirien, dem Zentrum der russischen Ölindustrie, wurden in 40 Jahren<br />
mehr als 70 Milliarden Barrel Öl gefördert. 33 In diesem Gebiet kommt es zu schweren ökologischen<br />
Schäden durch die rücksichtslose Gas- <strong>und</strong> Ölförderung der sowjetischen Regierung <strong>und</strong> seit der<br />
politischen Wende auch vermehrt durch ausländische Unternehmen. 34<br />
Weitere <strong>Um</strong>weltprobleme werden durch Bodenerosion, illegalen Holzeinschlag, Luftverschmutzung<br />
durch Emissionen aus Kohlekraftwerken, der Schwerindustrie <strong>und</strong> aus dem Transportverkehr<br />
in den großen Städten sowie industrielle, städtische <strong>und</strong> landwirtschaftliche Verschmutzung<br />
der Binnengewässer <strong>und</strong> Küsten <strong>und</strong> durch kontaminierte Böden durch Agro-Chemikalien <strong>und</strong><br />
verlassene Lager veralteter Pestizidvorräte hervorgerufen. Gebiete mit zuweilen hoher radioaktiver<br />
Kontamination, Gr<strong>und</strong>wasserkontaminierung sowie toxischem Abfall sind unbewohnbar. 35<br />
Sibirien ist die Heimat der indigenen Bevölkerung Russlands, die sich aus 45 Völkern mit insgesamt<br />
240.000 Angehörigen zusammensetzt, deren Kultur <strong>und</strong> Aktivitäten durch die arktische <strong>Um</strong>gebung<br />
geprägt sind. 36 Die indigenen Völker Russlands, bewohnen etwa zwei Drittel der Fläche des Landes. 37<br />
31 AG Westsibirien: Leben mit der Taiga. http://www.projekte.kreckow.de/sibirien/#%C3 %96l.<br />
32 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />
Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S.28.<br />
33 Starobin, Paul (2008): Ab nach Sibirien! Öl lässt Russlands Norden leuchten. In: National Geographic Deutschland, Juni<br />
2008, S. 69.<br />
34 Gesellschaft für bedrohte Völker (2006): Indigene Völker – ausgegrenzt <strong>und</strong> diskriminiert, S. 5f.<br />
35 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />
Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 29.<br />
36 Gesellschaft für bedrohte Völker (2006): Indigene Völker – ausgegrenzt <strong>und</strong> diskriminiert, S. 5f. <strong>und</strong> Deutsche Gesellschaft<br />
für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In: Nachhaltigkeit hat viele<br />
Gesichter, Nr. 8,S. 27f.<br />
37 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />
Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 27f.<br />
23
24<br />
2.1.2 Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
Die zur finno-ugrischen Sprachengruppe zählenden Chanty <strong>und</strong> Mansi sind die Ureinwohner von<br />
Nordwest-Sibirien, die ihre bis zu 6.000 Jahre zurückreichenden kulturellen Traditionen pflegen<br />
<strong>und</strong> von Generation zu Generation weitergeben. Die Chanty <strong>und</strong> Mansi werden auch als Ob-Ugrier<br />
bezeichnet.<br />
Viele Chanty waren traditionell Halbnomaden mit saisonalem Wohnsitzwechsel. In der sowjetischen<br />
Epoche wurden zahlreiche chantische Siedlungen zwangsweise geräumt <strong>und</strong> ihre Bewohner in neu<br />
errichtete größere Dörfer umgesiedelt, in denen heutzutage die Mehrheit der Chanty lebt. Ren-<br />
tierherden wurden verstaatlicht. Gleichzeitig befinden sich die in der sowjetischen Zeit errichte-<br />
ten Dörfer oftmals in einer prekären Lage, da ihre Erbauer nicht berücksichtigten, ob das <strong>Um</strong>land<br />
geeignet ist, eine größere Zahl von Menschen zu ernähren.<br />
Daneben wirkte sich besonders die erzwungene Internatsausbildung der Chanty-Kinder fatal aus:<br />
Sie lernten zwar lesen <strong>und</strong> schreiben, entfremdeten sich aber von ihrer eigenen Herkunft.<br />
Heute geht nur noch ein kleinerer Teil der Chanty einer halbnomadischen Lebensweise nach, die<br />
jedoch infolge des Zusammenbruchs des sowjetischen Versorgungssystems <strong>und</strong> des Ausbreitens<br />
der Erdölförderung immer schwieriger durchzuhalten ist. Alkoholismus <strong>und</strong> Kriminalität sind weit<br />
verbreitete Folgen kultureller Entwurzelung. 38<br />
Die Mansi sind ein ugrisches Volk nordöstlich des Ural. Viele der r<strong>und</strong> 11.000 Menschen betreiben<br />
Jagd <strong>und</strong> Fischfang. Rentierzucht ist nur noch wenig verbreitet. Die mansische Sprache gehört zu<br />
den besonders stark bedrohten Sprachen Sibiriens, einige ihrer Dialekte sind bereits erloschen.<br />
Gemeinsam leben die Chanty <strong>und</strong> Mansi im Autonomen Kreis der Chanty <strong>und</strong> Mansi in der<br />
historischen Region Jugorien39 . Politisch organisiert sind sie gemeinsam mit anderen indigenen<br />
Völkern der Region in der Vereinigung zur Rettung der Jugra mit Sitz in Chanty-Mansijsk. 40<br />
38 Ebd.<br />
39 Ehemals Jugorien heute Jugra bezeichnet die Region im Westsibirischen Tiefland hinter der Gebirgskette des Ural in Russland.<br />
Im engeren Sinne handelt es sich um das Siedlungsgebiet der Chanty <strong>und</strong> Mansi am Unterlauf des Ob.<br />
40 Quelle: Wikipedia
2.1.3 Der Autonome Kreis der Chanty <strong>und</strong> Mansi (CHMAO)<br />
Der Autonome Kreis der Chanty <strong>und</strong> Mansi ist 550.000 km² groß (ungefähr die Größe von Frank-<br />
reich) <strong>und</strong> liegt östlich des Uralgebirges im Westsibirischen Tiefland.<br />
Quelle: wikipedia: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d9/Map_of_Russia_-_<br />
Khanty-Mansi_Autonomous_Okrug_(2008-03).svg<br />
· Die Hauptstadt Chanty-Mansijsk hat 70.000 Einwohner.<br />
· Die Wirtschaft der Hauptstadt finanziert sich zu 90% aus der Ölförderung. 41<br />
· Die Gesamtbevölkerung des Autonomen Kreises beträgt 1,5 Millionen Einwohner,<br />
davon sind 2 % Chanty (17.128) <strong>und</strong> Mansi (9.894).<br />
· Die Durchschnittstemperatur im kurzen Sommer beträgt 15,7°C. Im Winter (Oktober-April)<br />
beträgt die Durchschnittstemperatur -18 bis -24 °C. Während des gesamten Winters sind die<br />
Flüsse zugefroren. 42<br />
· Das Gebiet wird wirtschaftlich sehr verschieden genutzt. Während im Norden <strong>und</strong> an den<br />
Ostabhängen des Urals, in T<strong>und</strong>ra <strong>und</strong> Waldt<strong>und</strong>ra, die Rentierhaltung, Jagd <strong>und</strong> Fischfang,<br />
sowie die Gasförderung dominieren <strong>und</strong> in den südlichen Regionen mit dichterem Taigawald die<br />
Holzproduktion im Vordergr<strong>und</strong> steht, spielt im Osten die Ölförderung die wirtschaftlich größte<br />
Rolle. In manchen Gegenden ist auch Landwirtschaft, vor allem Viehzucht, möglich. 43<br />
Insgesamt werden circa 11 Millionen ha der CHMAO-Fläche für die Gas- <strong>und</strong> Ölförderung verwendet.<br />
In CHMAO werden 57 % aller Ölreserven <strong>und</strong> 4,4% aller Gasreserven Russlands gefördert. Daneben<br />
werden aber auch andere Bodenschätze wie Gold, Kupfer <strong>und</strong> verschiedene Quarzarten abgebaut.<br />
Gemeinsam mit der Fläche für die Gas- <strong>und</strong> Ölförderung macht das 21% der Gesamtfläche aus. Für<br />
eine Förderstelle werden circa 50.000 ha zur Verfügung gestellt. Jedes Jahr werden für den Trans-<br />
41 Starobin, Paul (2008): Ab nach Sibirien! Öl lässt Russlands Norden leuchten. In: National Geographic Deutschland, Juni<br />
2008, S. 71.<br />
42 Schröder, Ina (2008): ‘Keeping our Traditions through the Centuries’: Indigenous Ways to Cultural Revival in Khanty Mansi<br />
Autonomous District, Western Siberia, S. 14. Im Rahmen dieser Magisterarbeit wurden die indigenen Gruppen der Chanty<br />
<strong>und</strong> Mansi zum Thema „Kultur“ interviewt (siehe Kapitel 2.3.1).<br />
43 AG Westsibirien: Leben mit der Taiga. http://www.projekte.kreckow.de/sibirien/#%C3%96l.<br />
25
26<br />
port, die Förderung <strong>und</strong> die Verarbeitung von Öl <strong>und</strong> Gas 10.000 ha erschlossen. Die industrielle<br />
Nutzung des Kreises umfasst: 150.000 Bohrtürme, 560 Fackeln zur Verbrennung von Begleitgasen,<br />
35.000 ha ölverschmutzte Gebiete <strong>und</strong> 1,5 Millionen Tonnen Abfälle. Zudem passieren etwa 4.500<br />
Unfälle bei den Gas- <strong>und</strong> Ölleitungen pro Jahr während des Abbaus.<br />
Die hohen <strong>Um</strong>weltbelastungen durch extreme Luftverschmutzung, Industrieabfälle <strong>und</strong> Unfälle bei<br />
den Gas- <strong>und</strong> Ölleitungen führen zu Krebs <strong>und</strong> Atemwegserkrankungen bei der Bevölkerung. Etwa<br />
100 Flüsse <strong>und</strong> Bäche sind kontaminiert, Rentiere verenden aufgr<strong>und</strong> ölverseuchter Weideflächen. 44<br />
<strong>Um</strong> einen Ausgleich für die <strong>Um</strong>weltverschmutzung zu leisten, wurden im Kreis Naturschutzgebiete<br />
gegründet; diese machen zusammen circa 3,7 Millionen ha oder 6,3% der Gesamtfläche des Kreises<br />
aus. Einer der größten Naturräume mit dem Status eines Naturschutzgebietes ist der Naturpark<br />
Numto, der sich im Norden des Kreises befindet <strong>und</strong> 721.800 ha einnimmt. 45<br />
Auf dem Territorium des Naturparks befindet sich einer der größten Seen des Kreises; er umfasst<br />
etwa 60 km2 . Die Fläche der Sumpf- <strong>und</strong> Moorseen nimmt etwa 60 bis 70% der Gesamtfläche des<br />
Naturparks ein, die borealen Wälder etwa 25 %. Der Park befindet sich im Subpolargebiet; hier treffen<br />
zwei Landschaftsgürtel aufeinander: die boreale Taiga <strong>und</strong> der durch Permafrost gekennzeichnete<br />
Landschaftsgürtel der T<strong>und</strong>ra. Die Vegetationsperiode beträgt zwei bis vier Monate <strong>und</strong> das wärmste<br />
Monatsmittel liegt zwischen +6°C <strong>und</strong> +10°C. Gegen Norden hin wird die Bewaldung der borealen<br />
Zone immer dünner <strong>und</strong> geht dann in die T<strong>und</strong>ra über. Die Mischung aus bewaldeten <strong>und</strong> moorigen<br />
Landschaften schafft die Gr<strong>und</strong>lage für eine unvergleichliche Artenvielfalt.<br />
Auf dem Territorium des Naturparks leben die Chanty. 46 Die Mischung aus T<strong>und</strong>ra, Waldt<strong>und</strong>ra<br />
<strong>und</strong> Taigalandschaften erlaubt es den Indigenen dort Wirtschaftsformen wie Jagd, Fischerei,<br />
Rentierzucht <strong>und</strong> Sammeln zu betreiben.<br />
Die Bewohner des Naturparks konnten ihre kulturelle Eigenständigkeit bis heute beibehalten, da<br />
diese Region relativ lange isoliert war <strong>und</strong> das ökologische Gleichgewicht des Naturparks intakt<br />
geblieben ist. So stellen sie bis heute ihre Haushaltsgeräte aus Holz <strong>und</strong> Birkenrinde her; die Frauen<br />
nähen selbst ihre traditionelle Kleidung; die Männer stellen Jagd- <strong>und</strong> Fischereigegenstände<br />
her <strong>und</strong> die indigenen Sprachen sind relativ gut erhalten geblieben. Mit der Einrichtung der<br />
ökologischen Schutzzone im Park „Numto“ wurde der Versuch gestartet, nicht nur die <strong>Um</strong>welt vor<br />
anthropogener Zerstörung zu schützen, sondern auch die Territorien, die von den dort lebenden<br />
indigenen Bevölkerungsgruppen auf traditionelle Weise bewirtschaftet werden. 47<br />
44 Laux, Lukas: Naturschutzgebiete in Russland, http://www.wildniscamp.de/, S. 2 <strong>und</strong> Deutsche Gesellschaft für Technische<br />
Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In: Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr.<br />
8, S. 33.<br />
45 Laux, Lukas: Naturschutzgebiete in Russland, http://www.wildniscamp.de/.<br />
46 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />
Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 33.<br />
47 Laux, Lukas: Naturschutzgebiete in Russland, http://www.wildniscamp.de/, S. 8f.
2.2 Traditionelle Lebens- <strong>und</strong> Wirtschaftsweise<br />
der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
2.2.1 Das Verhältnis von Mensch <strong>und</strong> Natur<br />
Die enge Beziehung zwischen dem Menschen <strong>und</strong> der Natur wurde in der ob-ugrischen Gesellschaft<br />
durch rationale sowie – wie uns heute scheint – irrationale Motive bestimmt. So kann man zu den<br />
rational erklärbaren Motiven die nomadische sowie halbnomadische Lebensweise zählen, wodurch<br />
die Menschen sich den Bedürfnissen der Tiere anpassten. Eine ausgeprägte Ökonomie der zur<br />
Verfügung stehenden Ressourcen sorgte für ihre Regeneration. Alles was beim Jagen oder Fischen<br />
beschafft wurde, wurde restlos verwertet: Das Fleisch benutzte man als Nahrung, die Felle für die<br />
Kleidung, die Sehnen zum Nähen, aus Fischschuppen stellte man Kleber her, aus Fischknochen<br />
machte man Fischmehl, aus den Innereien stellte man Mittel gegen blutsaugende Insekten her.<br />
Gleichzeitig aber folgten die Ob-ugren „irrationalen“ Regeln: Beispielsweise wurde das erste erlegte<br />
Wild immer dem Waldgeist überlassen, <strong>und</strong> man ließ viel Fleisch an abgenagten Knochen über, damit<br />
sich die Tiere gut fortpflanzen konnten; es war verboten, die Knochen der Tiere zu zerkleinern, weil<br />
sonst die Menge der Tiere im Wald sich verringern würde. Bevor man einen Baum fällte, erklärte<br />
man dem Geist des Ortes, dass es für einen wichtigen Zweck gefällt wird. Den oberen Ast steckte<br />
man in den Baumstumpf des gefällten Baumes, um damit seine Seele zu retten. Wenn es Holzfällern<br />
im Traum erschienen war, dass die Geister die Fällung eines Baumes nicht erlaubten, kam es auch<br />
vor, dass ein notwendiger anderer Baum tagelang gesucht wurde. Alle menschlichen Handlungen in<br />
Bezug auf die Natur folgten einem einzigen Prinzip: Wie ich mich heute zur Natur verhalte, so wird<br />
sie morgen zu mir, meiner Familie <strong>und</strong> meinem Volk sein.<br />
Dieses Verhältnis zwischen Mensch <strong>und</strong> Natur bestimmt die traditionelle Lebens- <strong>und</strong> Wirtschaftsweise<br />
der Chanty <strong>und</strong> Mansi. Die natürlichen Ressourcen der Arktis versorgen die indigenen Völker<br />
nicht nur im Sinne von Wirtschaft <strong>und</strong> Ernährung, sondern sind auch die wesentliche Gr<strong>und</strong>lage<br />
für ihre soziale Identität, ihr spirituelles Leben <strong>und</strong> kulturelles Überleben. Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
haben das sensible Ökosystem Wald über Jahrh<strong>und</strong>erte gepflegt <strong>und</strong> geschützt, ihr Wissen über die<br />
Bewahrung des Waldes ist deshalb von unschätzbarem Wert. 48<br />
2.2.2 Traditionelle Wirtschaftsformen<br />
Ursprünglich lebten die Chanty <strong>und</strong> Mansi als halbnomadisierende Tierhalter in tragbaren<br />
Unterkünften, den „Tschums“. Sie lebten vom Jagen, Sammeln, Fischen <strong>und</strong> der Rentierwirtschaft.<br />
Für die Chanty <strong>und</strong> Mansi diente der Fischfang der Ernährungssicherung. Fische waren das<br />
Hauptnahrungsmittel. Die Rentierzucht diente hauptsächlich Transportzwecken. Zur Bereicherung<br />
des Speisezettels <strong>und</strong> zum Erwerb von Pelzen für den Verkauf wurde saisonal Jagd<br />
betrieben. Im Sommer <strong>und</strong> Herbst wird der Reichtum des Waldes <strong>und</strong> der Sümpfe an Beeren<br />
<strong>und</strong> Wildfrüchten genutzt.<br />
48 Schröder, Ina (2008), S. 68f.<br />
27
28<br />
Traditionell halbnomadisch lebende Rentierhalterfamilien haben zwei bis sechs feste Lagerplätze,<br />
die 5 bis 29 Kilometer voneinander entfernt sind. Die Rentierflechte, welche die Rentiere fressen, ist<br />
hochempfindlich <strong>und</strong> wächst aufgr<strong>und</strong> klimatischer Bedingungen ungefähr 1mm pro Jahr. Damit<br />
die Weideflächen nicht übernutzt werden, brauchen Rentiere Mobilität.<br />
Diese ist saisonbedingt <strong>und</strong> sieht wie folgt aus:<br />
· April: Schneeschmelze, aber die Sümpfe sind noch gefroren. Rentiere können sich vom Rentier-<br />
moos ernähren.<br />
· Juni: <strong>Um</strong>zug zum Sommerlagerplatz. Rentiere ernähren sich von Zwergbüschen <strong>und</strong> Sumpfgras.<br />
· September: Ziehen zum Herbstplatz. Die Temperaturen gehen auf -20°C zurück. Rentiere fres-<br />
sen Pilze <strong>und</strong> Rentierflechte.<br />
· Ab November: Winterlager. Rentiere graben Rentierflechte im Schnee aus <strong>und</strong> fressen Schnee<br />
zur Flüssigkeitszufuhr. Im Spätherbst ist die wichtigste Jagdsaison.<br />
Wie ein typischer Alltag einer traditionellen Rentierhalterfamilie aussieht, ist hier von Pascha<br />
erzählt, der in Chanty-Mansijsk wohnt. Er wurde im Alter von 9 Jahren von seiner Familie in die<br />
Stadt mitgenommen, wo er als talentierter Tänzer studieren konnte:<br />
Mein Vater steht um sechs Uhr auf, wenn die Sonne noch nicht aufgegangen ist. Ohne einen Tee<br />
getrunken zu haben, zieht er seinen Wintermantel <strong>und</strong> die Ski an. Er nimmt sein Gewehr mit,<br />
ruft seinen H<strong>und</strong> <strong>und</strong> geht raus, um die Rentiere aus dem Wald zu holen.<br />
Damit die Rentiere nicht zu weit gehen, muss man sie zusammentreiben. Rentiere haben ihre<br />
bestimmten Plätze wo sie Rentierflechte fressen können. Jeden Tag laufen sie ein bisschen<br />
weiter in den Wald, um nach Rentierflechte zu suchen. Mein Vater kennt alle seine Rentiere<br />
beim Namen <strong>und</strong> weiß wie sie aussehen. Es sind etwa 200 Tiere. So merkt er, ob irgendein Tier<br />
fehlt. Mein Vater braucht etwa vier St<strong>und</strong>en, um seine Rentiere zu finden <strong>und</strong> sie ins Camp zu<br />
treiben. Wenn sie das Camp riechen, beeilen sie sich schnell nach Hause zu laufen. Sie haben<br />
Hunger <strong>und</strong> freuen sich auf Fisch, Brot <strong>und</strong> Salz. Während mein Vater die Rentiere sucht, kann<br />
er unterwegs einen Vogel jagen.<br />
Meine Mama steht gleichzeitig mit meinem Vater auf <strong>und</strong> bereitet das Frühstück zu. Es gibt<br />
gewöhnlich einen schwarzen Tee, Fisch vom Vortag <strong>und</strong> Marmelade. Die Beeren dazu wurden<br />
im letzten Sommer gesammelt. Damit sie ein ganzes Jahr über frisch bleiben, gräbt man einen<br />
halben Meter tief ein Loch in die Erde bis der Permafrostboden49 kommt. Im Winter kann man<br />
die Beeren dann rausholen <strong>und</strong> mit etwas Zucker essen.<br />
49 Permafrostboden: gefrorener Unterboden
Gegen 11 Uhr kommt mein Vater aus dem Wald zurück <strong>und</strong> sie frühstücken zusammen. Dabei<br />
besprechen sie, welche Pläne sie für den Tag haben. Meine Mama wird Brot backen. Sie macht<br />
den Teig <strong>und</strong> backt Brot im Ofen. Mein Vater fährt zum Fischfangen. Dafür braucht er vier bis<br />
fünf St<strong>und</strong>en. Der Weg zum Fluss ist inzwischen schon verschneit <strong>und</strong> es ist schwer mit den<br />
Rentieren durch den tiefen Schnee zu kommen. Noch vor dem Frost wurden im Fluss Fischfallen<br />
aufgestellt. <strong>Um</strong> an die Fischfallen ranzukommen, schlägt er ein Loch ins Eis <strong>und</strong> schaufelt das<br />
Eis aus dem Loch. Das Eis ist ungefähr 40-50 cm dick. Er überprüft die Fischfallen <strong>und</strong> stellt sie<br />
wieder rein. Auf dem Weg nach Hause, wenn er noch Zeit hat, kann er zum Sommercamp fahren<br />
<strong>und</strong> von dort mitnehmen was er braucht, zum Beispiel Mehl oder Felle.<br />
Zum Mittagessen gibt es aufgetautes rohes Fleisch. Wenn meine Mutter mit dem Brot fertig<br />
ist, kann sie die Wäsche waschen <strong>und</strong> danach ins Dorf fahren. Sie fängt die ruhigsten Rentiere<br />
im Gehege <strong>und</strong> spannt sie in einen Schlitten ein. Es dauert etwa zwei St<strong>und</strong>en bis sie im Dorf<br />
angekommen ist. Dort kann sie Öl, Mehl <strong>und</strong> andere Dinge einkaufen.<br />
Gegen sieben oder acht Uhr abends ist es schon dunkel. Das Abendessen gibt es um neun Uhr.<br />
Während meine Mutter noch unterwegs ist, kocht mein Vater schon eine Fischsuppe. Er deckt<br />
den Tisch <strong>und</strong> wartet auf sie. In der Hütte steht eine Öllampe. Abends flickt er ein Gespann für<br />
die Rentiere <strong>und</strong> meine Mutter flickt alte Kleidung. Gegen zehn Uhr gehen sie schlafen.<br />
Die Rentierhalterfamilie im Frühling, Sommer <strong>und</strong> Herbst<br />
Im Frühling sind Rentiere nah an Sümpfen. Die Rentierkühe bringen Junge zur <strong>Welt</strong>. Sie<br />
können von Bären gefressen werden. Jeden Tag schaut man, ob eins geboren ist. Rentierkälber<br />
werden zu der Zeit von den männlichen Rentieren getrennt. Im Juni <strong>und</strong> Juli ziehen meine<br />
Eltern mit Rentieren <strong>und</strong> mit dem Nomadenzelt (Tschum) herum. Im Sommer kann man mit<br />
Rentieren das Wintercamp nicht erreichen, da es zu viele Seen <strong>und</strong> Flüsse auf dem Weg dorthin<br />
gibt. Im Juni/Juli schaut mein Vater eher in der Nacht nach Rentieren. Er schläft die ganze<br />
Nacht nicht. Draußen ist es zu der Zeit sehr hell, da es weiße Nächte gibt. Im Juni <strong>und</strong> Juli gibt<br />
es Bären, die Rentiere reißen können. Außerdem gibt es nachts viele Mücken, die die Rentiere<br />
stechen. <strong>Um</strong> sich zu schützen, bleiben die Rentiere ständig in Bewegung <strong>und</strong> können deswegen<br />
zu weit weg laufen. Deswegen treibt mein Vater die Rentiere ins Gehege im Camp. Gegen 6 Uhr<br />
morgens geht er schlafen <strong>und</strong> weckt meine Mutter. Sie macht Rauch, um die Rentiere gegen die<br />
Mücken zu schützen. Die Rentiere fressen sich satt <strong>und</strong> gehen schlafen. Mein Vater schläft nur<br />
4–5 St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> steht um 11 Uhr auf. Der Sommer ist die schwierigste Zeit für meine Eltern. Im<br />
August/September ziehen meine Eltern in die Hütte auf dem Sommercamp. Zu der Zeit lässt<br />
man die Rentiere einfach frei laufen <strong>und</strong> im November treibt man sie wieder zusammen. Viele<br />
Rentierzüchter gehen zusammen durch den Wald <strong>und</strong> suchen ihre Tiere.<br />
29
30<br />
2.2.3 Mythologische <strong>Welt</strong>anschauung 50<br />
Die religiösen Vorstellungen der Chanty <strong>und</strong> Mansi sind vom Glauben an die Beseeltheit der Natur<br />
<strong>und</strong> ihrer Elemente geprägt (Animismus 51 ), damit wird den Tieren <strong>und</strong> Pflanzen eine sakrale<br />
Bedeutung zugesprochen. Sie können Verbindungen zwischen Göttern <strong>und</strong> Menschen herstellen.<br />
Jeder Fluss <strong>und</strong> jeder See ist von einer eigenen Gottheit bewohnt, die über die Einhaltung von<br />
Regelwerken für die harten nordischen Lebensbedingungen in der Taiga wacht. Der See Numto ist<br />
für alle Chanty ein Heiligtum. In der <strong>Um</strong>gebung des Sees befinden sich zahlreiche heilige Orte, von<br />
denen man sagt, dass dort Geister wohnen, die den Menschen helfen, unter den harten nordischen<br />
Lebensbedingungen zu überleben.<br />
Die Ansichten über die Götter- <strong>und</strong> Geisterwelt variieren unter den Ethnien der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
sehr stark. Trotz dieser Vielfalt ist der Schamanismus das verbindende Element der religiösen<br />
Vorstellungen. 52<br />
Neben dem Opfer an Geister <strong>und</strong> Gottheiten bot der Schamane die Möglichkeit, mit den anderen<br />
<strong>Welt</strong>en zu kommunizieren. Er leitete Rituale <strong>und</strong> opferte Rentiere <strong>und</strong> andere Tiere, um die Götter<br />
gütig zu stimmen oder fungierte als Heiler. Dabei konnte er durch Kommunikation mit den anderen<br />
<strong>Welt</strong>en die Ursache von Unglück erklären <strong>und</strong> entsprechende Lösungen anbieten. Als Schamane<br />
konnte nur jemand bezeichnet werden, der eine Schamanentrommel besaß <strong>und</strong> mit Geistern der<br />
Unter- <strong>und</strong> Oberwelt kommunizieren konnte. Die Sowjetregierung hat die Schamanen systematisch<br />
verfolgt, so dass es heute praktisch keine Schamanen mehr gibt.<br />
Außer Schamanen gab es bei den Chanty <strong>und</strong> Mansi auch andere Personen, die eine Heilungsgabe<br />
besaßen. Es gab Geschichtenerzähler, auch „Märchen-Menschen“ genannt, die, indem sie vor dem<br />
Feuer saßen <strong>und</strong> ihrem Patienten verschiedene Märchen <strong>und</strong> Rätsel erzählten, den Gr<strong>und</strong> seiner<br />
Krankheit oder seines Unglücks zu erraten versuchten. Ebenso gab es „Lieder-Menschen“, also<br />
Sänger, die ihre Lieder mit Hilfe eines traditionellen Musikinstruments begleiteten <strong>und</strong> durch ihre<br />
Musik ihren Patienten heilen wollten. Die „Traum-Menschen“ waren fähig anhand ihrer Träume<br />
die Zukunft vorherzusagen sowie die Gegenwart <strong>und</strong> die Vergangenheit zu erklären. Wenn sich<br />
ein Mensch an sie wandte <strong>und</strong> um Hilfe bat, trat der Wahrsager im Traum mit den Geistern der<br />
Wälder, der Flüsse, der Familie oder anderen in Verbindung; am nächsten Morgen konnte er<br />
seinem „Klienten“ mitteilen, welches Opfer welcher Gottheit gebracht werden soll, um ges<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
erfolgreich zu sein.<br />
Die „kleineren“ Heiler <strong>und</strong> Wahrsagerträumer gibt es immer noch unter den Chanty <strong>und</strong> Mansi.<br />
Doch die traditionelle Medizin hat inzwischen viel Wissen <strong>und</strong> Wissende eingebüßt. In der heutigen<br />
Zeit ist die erste Anlaufstelle bei Krankheiten ein ganz normaler Arzt. Oft hört man jedoch eine<br />
traditionelle, oft religiös motivierte Begründung, warum man eine gewisse Krankheit bekommen<br />
hat, beispielsweise: „Sie ist als Frau zu einem männlichen sakralen Ort gegangen <strong>und</strong> deswegen hat<br />
sie Probleme mit den Beinen.“<br />
50 Soweit nicht anders angegeben: Laux, Lukas: Religion der Ob-Ugren, http://www.wildniscamp.de/.<br />
51 Als Animismus bezeichnet man allgemein schriftlose, in Reinform ausschließlich bei Jäger-Sammler-Kulturen verbreitete<br />
Religionen indigener Völker.<br />
52 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />
Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 27.
Der Aufbau der <strong>Welt</strong><br />
Die unzähligen Götter <strong>und</strong> Geister bilden zusammen ein hierarchisch aufgebautes System: Die<br />
oberste Klasse bilden die drei Götter, die bei der <strong>Welt</strong>schöpfung mitgewirkt haben; darunter<br />
befinden sich die Gottheiten, die territorial, z.B. an einen Fluss oder Berg, geb<strong>und</strong>en sind; ganz<br />
unten stehen die persönlichen Haus- <strong>und</strong> Familiengeister.<br />
Die drei höchsten Götter leben auf drei verschiedenen <strong>Welt</strong>ebenen. Nach den Vorstellungen der<br />
Chanty <strong>und</strong> Mansi besteht die <strong>Welt</strong> aus drei vertikal aufeinander aufgebauten Ebenen: der Oberen<br />
<strong>Welt</strong> (dem Himmel), der Mittleren <strong>Welt</strong> (der Erde) <strong>und</strong> der Unterwelt. Im Himmel leben nur gute<br />
Wesen, auf der Erde gute <strong>und</strong> böse, die Unterwelt bewohnen nur böse Wesen. Über das himmlische<br />
Pantheon regiert der Gott Torum oder auch Num Torum genannt. „Torum“ bedeutet der „Himmel“,<br />
das „Universum“, das „Wetter“, „Num“ bedeutet der „obere“. „Torum“ ist der Schöpfer der Erde,<br />
der Lichtspender <strong>und</strong> der Bewahrer der <strong>Welt</strong>ordnung. Er sieht für jeden Menschen eine bestimmte<br />
Lebensspanne vor, hilft ihnen bei Ges<strong>und</strong>heitsproblemen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Betätigungen.<br />
Neben Torum gehört auch die Göttin der Erde zu den drei wichtigsten Gottheiten. Ihre Namen sind<br />
Kaltas-anki oder Kaltas-ekva. Kaltas-anki ist für die Fruchtbarkeit der Frauen <strong>und</strong> für Geburten<br />
zuständig, ebenso wirkt sie beschützend gegen Krankheiten.<br />
Außer an die Allgemeingottheiten der drei <strong>Welt</strong>ebenen glaubten die ob-ugrischen Völker auch an die<br />
Götter, die an ein bestimmtes Territorium wie z.B. an eine Flussbiegung, eine Sumpflandschaft oder<br />
einen Hügel geb<strong>und</strong>en waren. Diese Wesen waren nicht nur für die Ordnung ihres Territoriums,<br />
sondern auch für die <strong>Welt</strong>ordnung zuständig. Der Mensch war nicht fähig diese Geister zu bestrafen,<br />
sondern er konnte sie nur um etwas bitten. Diese Götter wurden von aus Holz geschnitzten Figuren<br />
dargestellt, die man in einem kleinen extra für sie gebauten Häuschen aufbewahrte. Wie man diese<br />
Figuren aussehen ließ <strong>und</strong> wie man sie kleidete, wurde individuell gestaltet. Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
nahmen an, dass sowohl diese Götter als auch die Menschen Metallschmuck, Perlen, Pelze, Pfeile<br />
<strong>und</strong> Tabakpfeifen mögen, weshalb solche Gegenstände regelmäßig verschenkt wurden.<br />
Die persönlichen Haus- <strong>und</strong> Familiengeister waren Wesen vom niedrigsten Rang. Sie wurden oft<br />
durch eine Holzfigur mit menschlichem Antlitz symbolisiert. Nur die Männer durften sich um diese<br />
Geister kümmern <strong>und</strong> sie aufbewahren. Je mehr man sich um diese Geister kümmerte, desto mehr<br />
kümmerte sich der Geist im Gegenzug um den Wohlstand <strong>und</strong> das Glück der Familie.<br />
Weit verbreitet war bei den Chanty <strong>und</strong> Mansi ebenso der Kult um verschiedene Tiere. Eine<br />
besondere Stellung nahm dabei der Bär ein. Verehrt als heiliges Tier, betrachtete man ihn auch<br />
als Urvater des Menschen, weshalb er als ein dem Menschen verwandtes Wesen angesehen wurde.<br />
Die Heiligkeit des Bären wurde auch in der Sprache zum Ausdruck gebracht; selbst das Wort „Bär“<br />
war tabuisiert: Wenn man ihn erwähnte oder sich an ihn wendete, wurde er umschrieben, z.B. als<br />
„Onkel“, „Alte“ oder „Waldmensch“. Es sind etwa 132 Namen zur Bezeichnung des Bären bekannt.<br />
Eine besondere Stellung neben dem Bären nahm im Tierkult der Elch ein. Der Elch war ein Tier<br />
göttlichen Ursprungs <strong>und</strong> konnte die menschliche Sprache verstehen. Wenn man über einen Elch<br />
sprach, umschrieb man ihn mit verschiedenen Bezeichnungen. Der Elch wurde mit Wohlstand in<br />
Verbindung gebracht. Eine besondere Haltung pflegte man auch gegenüber dem H<strong>und</strong>, der, wie man<br />
annahm, Kontakt zum Reich der Geister <strong>und</strong> der Toten aufnehmen konnte. Der H<strong>und</strong> hatte wie der<br />
Bär einen göttlichen Ursprung <strong>und</strong> hatte früher die Gestalt eines Menschen.<br />
31
32<br />
Es existierte die Meinung, dass man keine Geheimnisse in der Gegenwart eines H<strong>und</strong>es aussprechen<br />
durfte, da dieser die menschliche Sprache verstehen konnte. Der H<strong>und</strong> war so hochgeschätzt, dass<br />
man das Töten eines H<strong>und</strong>es mit einem Menschenmord verglich. Es existierten viele Einschrän-<br />
kungen, wann welche Tiere gejagt <strong>und</strong> verzehrt werden durften. Es existierte z.B. ein Verbot das<br />
Fleisch wilder Tiere <strong>und</strong> der Nutztiere zusammen zu kochen, da alle wilden Tiere dem Gott Torum<br />
gehören <strong>und</strong> die Nutztiere (wie alles zum Haushalt Gehörige) dem Menschen.<br />
Zu einer sehr alten Tradition der ob-ugrischen Völker gehörte die Verehrung der Feuergöttin. Das<br />
Feuer hatte die Fähigkeit zu reinigen <strong>und</strong> zu schützen. Es wurde angenommen, dass es die bösen<br />
Geister <strong>und</strong> Menschen mit bösen Gedanken vertreiben kann. Die Chanty stellten sich das Feuer als<br />
eine Frau in einem roten Mantel vor, mit welcher im <strong>Um</strong>gang besondere Verhaltensregeln angebracht<br />
waren. Es war nicht erlaubt, Essensreste oder Müll ins Feuer zu werfen <strong>und</strong> es war nicht erlaubt, im<br />
Feuer mit Gegenständen aus Metall herumzuwühlen (dafür wurden Stöckchen aus Holz benutzt).<br />
Ebenso war es nicht erlaubt in der Gegenwart des Feuers zu schimpfen oder zu lügen. Ein anderes<br />
Tabu war, dass es Gästen nicht erlaubt war, in einer fremden Feuerstelle Feuerholz nachzulegen oder<br />
gar Feuer zu machen. Für die Feuergöttin wurden oft Opfergaben dargebracht – man träufelte Wein,<br />
selbstgebrannten Alkohol, Fett oder Blut eines geopferten Tieres ins Feuer.<br />
Zudem hatten alle Bäume eine wichtige Bedeutung in der religiösen <strong>Welt</strong>anschauung der obugrischen<br />
Völker. Die Bäume waren fähig sich mit Hilfe von Blättern etwas zuzuflüstern. Eine Birke<br />
galt als heiliger Baum, die die Ober- <strong>und</strong> die Unterwelt miteinander verband.<br />
2.2.4 Feste 53<br />
Das Bärenfest<br />
Der Kult des Bären findet im Kontext einer Bärenzeremonie beziehungsweise eines Bärenfestes<br />
statt. Die Zeremonie soll eine Art Entschuldigung des Jägers dafür sein, dass er den Bären getötet<br />
<strong>und</strong> sein Fleisch als Nahrung genutzt hat. Die Zeremonie des Bärenfestes wird durch folgenden<br />
Mythos erklärt.<br />
Wie der Bär auf die Erde kam …<br />
Eines Tages sah der Bär zufällig vom Himmel, wo er mit seinem Vater, dem Gott Torum wohnte,<br />
auf die grüne Erde. Nach langem Überreden schickte Torum seinen Sohn auf die Erde, gab ihm<br />
aber strenge Verhaltensregeln mit auf den Weg. So kam er schließlich herunter <strong>und</strong> bemerkte,<br />
dass die Lebensbedingungen auf der Erde härter waren, als er es sich vorher ausgemalt hatte.<br />
Hungrig <strong>und</strong> verfolgt von Mücken <strong>und</strong> Fliegen suchte er Nahrung; er bemerkte in der Ferne<br />
eine Rentierherde. In seiner Not vergaß er das Versprechen, das er seinem Vater gegeben hatte<br />
<strong>und</strong> riss einige Tiere. Erzürnt über die Vergehen des Bären setzte sich die Mutter Erde für die<br />
Menschen ein <strong>und</strong> nahm dem Bären seine Unsterblichkeit.<br />
53 Soweit nicht anders angegeben: Laux, Lukas: Feste, http://www.wildniscamp.de/.
Der Tag des Rentierzüchters<br />
Der Tag des Rentierzüchters wurde in der Sowjetzeit eingeführt <strong>und</strong> wird im Winter gefeiert. Die<br />
Rentierzüchter kommen aus den entlegensten Winkeln der Region zusammen, um am Rentierrennen<br />
teilzunehmen. Mit ihren besten Rentierschlitten <strong>und</strong> schnellsten Rentieren versuchen Männer, aber<br />
auch Frauen, die schönsten Preise zu gewinnen. Die Wettrennen finden auf verschiedenste Art <strong>und</strong><br />
Weise statt: sitzend oder stehend auf einem Schlitten, stehend auf einem Fell oder auf Skiern.<br />
Neben den Rentierrennen finden gleichzeitig auch andere Wettbewerbe statt, zum Beispiel Lasso<br />
werfen, Springen über Schlitten, Skirennen, ein dreifacher Sprung <strong>und</strong> Axtwerfen. Die Sponsoren<br />
des Festes (oft Erdöl- <strong>und</strong> Gasunternehmen) halten für die Gewinner Preise bereit (oft Motorsägen,<br />
Fernseher, seltener Schneemobile). Auf dem Fest ist traditionelles Essen ein Muss: Die Frauen haben<br />
die Möglichkeit, ihr Können in traditioneller Kochkunst zur Schau zu stellen. Für die Chanty <strong>und</strong><br />
Mansi bietet das Fest die Möglichkeit, der russischsprachigen Bevölkerung mehr über ihre Kultur<br />
<strong>und</strong> Traditionen zu erzählen. Zum Fest kommen viele Menschen aus benachbarten Siedlungen oder<br />
Städten zusammen. Durch Attraktionen wie eine Rentierschlitten- oder Schneemobilfahrt, den<br />
Besuch eines Freilichtmuseums <strong>und</strong> traditionelle Leckereien hoffen die Indigenen das Interesse der<br />
Touristen für ihre Region zu wecken. 54<br />
Das Fest der Krähe<br />
Das Fest der Krähe wurde jedes Jahr am Frühlingsanfang gefeiert. Die Krähe wird von den obugrischen<br />
Völkern verehrt als ein Vogel, der den Frühling mit sich bringt. Das Krähenfest begann<br />
im März/April, wenn die ersten Krähen aus dem Süden kamen. Die Krähe galt als Lebensspenderin,<br />
als Beschützerin der Frauen <strong>und</strong> Kinder. Die Ob-ugren assoziierten die Krähe mit der Urmutter<br />
Kaltas-anki. Am Rande des Dorfes stellte man ein Opferessen für die Krähe auf (einen heißen Brei<br />
<strong>und</strong> Tee).<br />
2.2.5 Tänze <strong>und</strong> Musik<br />
Die Musik der Ob-ugren teilt sich in mehrere Genres auf: lyrische, epische, Tanz- <strong>und</strong> Instrumentalmelodien,<br />
schamanistische Melodien <strong>und</strong> Bärenlieder. Die epischen Melodien beinhalten Mythen<br />
über die Entstehung der Erde, über die Taten der großen Geister <strong>und</strong> Heldengeschichten. Einige<br />
davon waren bzw. sind heilig <strong>und</strong> wurden im Rahmen sakraler Zeremonien (zum Beispiel auf<br />
einem Bärenfest) nach Sonnenuntergang gesungen. Die heiligsten Lieder, etwa die Bärenlieder,<br />
gehörten dabei zum musikalischen Kanon <strong>und</strong> durften nicht in ihrer Melodie, Wortstellung <strong>und</strong><br />
Rhythmus verändert werden. Sie durften nur von Männern gesungen werden. Die rituellen Lieder<br />
wurden musikalisch mit Saiteninstrumenten begleitet. Einige solche Melodien hatten, so glaubte<br />
man, eine magische Kraft, durch die Kranke geheilt werden konnten. Zum lyrischen Genre gehörten<br />
persönliche Lieder <strong>und</strong> Improvisationen, die der Musiker über sich selbst komponierte. Solche<br />
Melodien nannte man auch „Schicksalslieder“. Neben den persönlichen Liedern spielten auch lokale<br />
Melodien eine große Rolle, die eine Gruppe oder ein Dorf repräsentierten, wie zum Beispiel Lieder<br />
einer Mutter für ihr Kind, eines Hausherren für seine Haustiere oder eines Bräutigams für seine<br />
Braut.<br />
54 Fedotova, Elena T. <strong>und</strong> Potpot, Rimma M. übersetzt von Ina Schröder <strong>und</strong> http://www.etnic.ru/.<br />
33
34<br />
Zu den bekanntesten Musikinstrumenten gehören heute ein fünfsaitiges Instrument (mansisch:<br />
„Sankvyltap“, chantisch: „Narsjuch“), eine neunsaitige Harfe, auch „Kranich“ genannt <strong>und</strong> eine<br />
Maultrommel aus Rentierknochen – „Tumran“. Die Saiteninstrumente durften traditionsgemäß<br />
nur Männer spielen. Die Maultrommel galt dagegen als ein „Fraueninstrument“. Da diese Musik-<br />
instrumente in der Sowjetzeit fast in Vergessenheit geraten sind, werden alte Musiktraditionen nun<br />
wieder belebt, wobei auch Frauen die Männerinstrumente spielen dürfen <strong>und</strong> umgekehrt. Heute<br />
benutzt man für die Saiteninstrumente Saiten aus Metall, früher jedoch stellten Musiker die Saiten<br />
aus Rentiersehnen her.<br />
Die traditionellen ob-ugrischen Tänze bestanden aus der Nachahmung bestimmter Tiere (Kranich,<br />
Ente, Rentier, Fuchs oder anderer) <strong>und</strong> der Nachahmung einer Jagdsituation (Jagd auf ein<br />
Eichhörnchen, einen Bären oder Fuchs), die mit Hilfe einer musikalischen Begleitung getanzt<br />
wurden. Ebenso waren auch sogenannte „stumme“ Tänze bekannt, die ohne musikalische Begleitung,<br />
also zur „inneren Musik“, getanzt wurden. Die Frauentänze sind sehr sanft, melodisch <strong>und</strong><br />
eher langsam, wobei hauptsächlich nur der Oberkörper bewegt wird. Beim Tanzen ist es wichtig,<br />
dass die Tänzerin ein traditionelles Kleid <strong>und</strong> Schmuck trägt, wozu auch ein Kopftuch gehört, das<br />
die Hände, den Kopf <strong>und</strong> den Rücken der Tänzerin bedeckt. Die männlichen Tänze sind dagegen<br />
energetischer, physisch kraftvoller, mit größeren Sprüngen dazwischen <strong>und</strong> wirken etwas abgehackt.<br />
Die russische Choreographie hatte einen großen Einfluss auf die Tanz- <strong>und</strong> Musikfolklore der<br />
ob-ugrischen Völker. Heute werden die Tänze weniger im Rahmen heiliger Zeremonien getanzt,<br />
sondern eher auf Tanz- <strong>und</strong> Musikfestivals, Konzerten <strong>und</strong> Wettbewerben. Damit änderte sich auch<br />
die Funktion der künstlerischen Betätigung der ob-ugrischen Völker, die nicht mehr nach „innen“<br />
gerichtet ist, sondern für ein größeres nationales <strong>und</strong> internationales Publikum gezeigt wird. Für<br />
die jungen Mansi <strong>und</strong> Chanty ist es ein Ansporn, traditionelle Tänze, Lieder <strong>und</strong> Musikinstrumente<br />
zu erlernen, wobei sie die traditionellen Elemente mit modernen zu vermischen suchen.<br />
2.2.6 Kunsthandwerk 55<br />
Die Beziehung der Menschen zu Alltagsgegenständen<br />
Die Einstellung der ob-ugrischen Völker zu Alltagsgegenständen geht über eine rein utilitaristische<br />
Bedeutung hinaus. Alle Gegenstände – beispielsweise ein Boot, ein Schlitten oder Schuhe – erfordern<br />
bestimmte Regeln für ihre Herstellung, Aufbewahrung, Schenkung oder Vererbung. Jede Sache,<br />
die privat oder kollektiv genutzt wird, bestimmt den sozialen Status ihres Besitzers. Alle Dinge,<br />
die man beim Fischen oder Jagen benutzt, müssen selbst hergestellt werden <strong>und</strong> lassen dadurch<br />
Rückschlüsse auf den Charakter seines Besitzers <strong>und</strong> dessen Können zu. Deswegen ist es traditionell<br />
verboten, die Gegenstände anderer zu benutzen oder eigene zu verkaufen. Ein Gegenstand, den man<br />
nicht selbst hergestellt hat, hat keine symbolische <strong>und</strong> sakrale Funktion mehr.<br />
Die Bedeutung des Schießbogens als ein Hauptjagdinstrument geht weit über seine eigentliche<br />
Anwendung hinaus. Ein Mann wächst mit seinem Bogen auf, geht damit zur Jagd <strong>und</strong> nimmt ihn<br />
nach seinem Tod ins Jenseits mit. Ein Schießbogen symbolisiert Kraft <strong>und</strong> Zugehörigkeit zum<br />
männlichen Geschlecht.<br />
55 Soweit nicht anders angegeben: Laux, Lukas: Kunsthandwerk, http://www.wildniscamp.de/, Fedotova, Elena T. <strong>und</strong> Potpot,<br />
Rimma M. übersetzt von Ina Schröder, September 2009 <strong>und</strong> http://www.etnic.ru/.
Die Herstellung jedes Gegenstandes ähnelt einem Ritual. Nur dann kann eine Sache seinem<br />
Besitzer gut dienen, wenn dieser sie mit viel Mühe <strong>und</strong> Sorgsamkeit hergestellt hat. Der Prozess<br />
der Herstellung hängt unmittelbar mit der <strong>Welt</strong>anschauung der Menschen zusammen. Noch be-<br />
vor eine Sache hergestellt wird, tritt der Mensch in eine Beziehung zu ihr: So wird manchmal<br />
tagelang der richtige Baum zum Bootsbau ausgesucht. Das Material sollte nicht nur praktische,<br />
sondern auch symbolische Anforderungen erfüllen: Särge werden beispielsweise aus Zedernholz<br />
hergestellt, da dieser Baum einen Teil der dunklen Unterwelt darstellt. Kinderwiegen dagegen sind<br />
aus Birkenholz gefertigt, da dieser Baum einen Teil der hellen, oberen <strong>Welt</strong> symbolisiert, in der<br />
es keine Krankheiten gibt. Die Herstellung eines Gegenstandes ist vollendet, nachdem dieser mit<br />
traditionellen Ornamenten versehen ist.<br />
Die Männer bearbeiten hauptsächlich Holz, Metall <strong>und</strong> Knochen. Die Frauen nähen aus Fellen <strong>und</strong><br />
anderen Materialien Kleidung <strong>und</strong> Schuhe, stricken <strong>und</strong> basteln Haushaltsgeschirr aus Birkenrinde.<br />
Materialien <strong>und</strong> Artefakte<br />
Im Folgenden werden verschiedene Materialien, ihre Bearbeitungsweise <strong>und</strong> (Kunst-)<br />
Handwerksgegenstände der Chanty beschrieben, die sich zum großen Teil in der im<br />
Rahmen des Projekts erstellten Schatzkiste befinden.<br />
Die Birkenrinde<br />
Birkenrinde war in der Vergangenheit eines der am weitesten verbreiteten Materialien in der<br />
Taiga. Am häufigsten benutzte man Birkenrinde für die Herstellung von Haushaltsgeschirr, da sie<br />
antiseptisch wirkt. Wegen ihrer Wasser<strong>und</strong>urchlässigkeit diente sie als Tschumplane (im Sommer)<br />
<strong>und</strong> als Schlittenbedeckung. Die Birkenrinde sammelte <strong>und</strong> sammelt man heute noch drei Mal pro<br />
Jahr in Mischwäldern ein: im Mai, im Juni/Juli <strong>und</strong> im Herbst.<br />
Die Nutzung der Birkenrinde hatte nicht nur eine materielle, sondern auch eine symbolische Bedeutung.<br />
Da die weiße Birke immer hohe <strong>und</strong> helle Orte bevorzugt, dachte man, sie diene als Vermittler<br />
zwischen der mittleren <strong>Welt</strong> (der Erde) <strong>und</strong> der oberen <strong>Welt</strong>. Die weiße Farbe der Birke galt <strong>und</strong> gilt<br />
als Symbol für Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Wohlstand, da es in der oberen <strong>Welt</strong> keine Krankheiten gab (siehe:<br />
2.2.3 Mythologische <strong>Welt</strong>anschauung).<br />
Das Fell<br />
Zu einem häufig benutzten Material in den nördlichen Breiten der Jugra gehört das Fell. Am<br />
häufigsten werden Felle von einem Rentier, Hasen, Eichhörnchen oder Fuchs verarbeitet. Daraus<br />
nähen Frauen Kleidung, Mäntel, Schuhe <strong>und</strong> Mützen. Weit verbreitet sind Säckchen <strong>und</strong> Taschen aus<br />
Fell zur Lagerung von Kleidung <strong>und</strong> kleinen Gegenständen. Die Sachen werden durch traditionelle<br />
Ornamente ausgeschmückt, indem man zum Beispiel helle <strong>und</strong> dunkle Fellstreifen zusammennäht<br />
<strong>und</strong> dadurch Kontraste schafft.<br />
Die Bearbeitung der Felle ist sehr aufwendig <strong>und</strong> erfordert viel Mühe. Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
bearbeiten die Felle mit Hilfe von Fischinnereien bestimmter Fische. Die Fischinnereien werden<br />
dafür zu einer Masse gekocht <strong>und</strong> auf das Fell aufgetragen. Diese Prozedur wird mehrmals<br />
wiederholt, dazwischen lässt man das Fell 2-3 St<strong>und</strong>en unter Druck liegen <strong>und</strong> knittert es mit der<br />
Kehrseite einer Axt. Dadurch wird ein Fell weich, elastisch <strong>und</strong> fest.<br />
35
36<br />
Das Lasso (chantisch: Tynschiang)<br />
Die Chanty <strong>und</strong> Mansi nennen das Lasso langer Arm. Das Lasso wird von Männern hergestellt <strong>und</strong><br />
von beiden Geschlechtern zum Einfangen der Rentiere benutzt. Zur Herstellung eines Lassos sucht<br />
man sich ein dickes Fell <strong>und</strong> legt es für circa zehn Tage in ein Sumpfgewässer. Nachdem man es aus<br />
dem Gewässer gezogen hat, fallen die Haare aus dem Fell von alleine aus. Dann trocknet man das<br />
Fell, knittert es leicht <strong>und</strong> schneidet enge Streifen von circa 1 bis 1,5 cm heraus. Aus diesen Streifen<br />
flechtet man ein Lasso. Heute wird es immer noch von Rentierhaltern benutzt.<br />
Knochenverarbeitung<br />
Die Techniken der Knochenverarbeitung werden im Norden Sibiriens von einer Generation<br />
zur nächsten weitergegeben. Aus diesem Material werden echte Kunstwerke hergestellt. Sehr<br />
populär sind dabei Schnitzereien auf Rentier- <strong>und</strong> Hirschhörnern <strong>und</strong> -knochen, aber auch auf<br />
Mammutknochen, die die Chanty <strong>und</strong> Mansi immer wieder in der Erde finden. Aus Knochen werden<br />
wichtige Bestandteile für ein Rentiergespann, ein Lasso oder auch für einen Männergürtel herge-<br />
stellt. Damit die Knochen leichter zu bearbeiten sind, werden diese für eine längere Zeit ins Wasser<br />
gelegt <strong>und</strong> gekocht. Danach werden sie getrocknet <strong>und</strong> dann geschnitzt.<br />
Maultrommel aus Rentierknochen (chantisch: Tumran)<br />
Herstellungsweise: Der Knochen (traditionell Rentier) muss mehrere Wochen aufgeweicht werden;<br />
dann kann er bearbeitet werden.<br />
Der Hersteller der Maultrommel, Jakow Nikiforowich Tarlin, ist der erste, der die Tradition der<br />
Tumranherstellung wiederentdeckt hat. Das Wissen um die Herstellungsweise des Tumran ist daher<br />
fast verloren gegangen. Vor 10–15 Jahren, im Zuge der Wiederbelebung der eigenen Kultur, wurde<br />
im Dorf Kazym eine kulturanthropologische Schule errichtet, in der Chanty, Mansi, Komi, Nenzen<br />
<strong>und</strong> Russen über ihre jeweils eigene Kultur, über die anderen Kulturen <strong>und</strong> darüber, wie diese<br />
Kulturen zu bewahren sind, gemeinsam unterrichtet wurden. Dazu wurden alte Leute interviewt,<br />
die noch Kenntnisse über die Traditionen besitzen. Jakow Nikiforowich Tarlin begann sich für die<br />
Herstellung des Tumran zu interessieren. Dazu sprach er mit alten Frauen, die dieses Instrument<br />
noch spielen, <strong>und</strong> hörte sich alte Aufnahmen an. 56<br />
Holzkelle<br />
Geschirr, Möbel <strong>und</strong> Spielzeuge werden oft aus Holz geschnitzt. Jeder Mann hat seine Messer. Schon<br />
kleine Jungen fangen an, aus Holz Gegenstände zu schnitzen. Beim Schnitzen bewegt sich nicht das<br />
Messer, sondern das Schnitzobjekt. Geschirrgegenstände stellt man aus Birkenholz her, da dieses<br />
Holz keinen Harzgeruch hat.<br />
56 Fedotova, Elena T. <strong>und</strong> Potpot Rimma M. übersetzt von Ina Schröder <strong>und</strong> http://www.etnic.ru/.
Männergürtel<br />
Besonders wichtig für die Indigenen ist der Männergürtel, der alles Notwendige für einen Mann<br />
beinhaltet: zwei Messer, einen Knochen zum Entknoten von Schlaufen bei Frost <strong>und</strong> ein Säckchen<br />
für einen Schleifstein. Der Gürtel ist aus Schweinsleder <strong>und</strong> die Ringe aus Elchschaufeln hergestellt.<br />
Außer der wirtschaftlichen Funktion hat dieser Gürtel auch eine Schutzfunktion. Diese ist an den<br />
Knochenschildchen mit symbolischen Abbildungen (Kreuz, Tiere), an der Bärenklaue <strong>und</strong> den<br />
Metallkettchen zu erkennen. Der stärkste Schutz für den Mann ist die Bärenklaue, die ihn vor<br />
Angreifern von hinten beschützen soll. Der Gürtel wird ausschließlich von Männern hergestellt <strong>und</strong><br />
darf von einer Frau nicht berührt werden, da sonst die Schutzfunktion aufgehoben wird. Ein Mann<br />
benutzte so einen Gürtel ein Leben lang. Heute werden solche Gürtel von Kunsthandwerkern auch<br />
zum Verkauf hergestellt.<br />
Die Symbole von links nach rechts auf dem Gürtel bedeuten:<br />
1. Triasoguska (ein bestimmter Vogel), 2. Kreuz, 3. Birkenzweig, 4. in Männergestalt stehender Bär<br />
(auf den Hinterbeinen), 5. Birkenzweig, 6. Rentier, 7. Kreuz.<br />
Perlenschmuck<br />
Zur traditionellen Frauenkleidung im Sommer gehören Kleider aus Satin oder Kattun57 , die<br />
mit Stickereien, Perlen <strong>und</strong> Blechstückchen geschmückt werden. Über dem Kleid wird ein reich<br />
geschmückter Kittel beziehungsweise Mantel getragen, auf der Brust wird bunter Perlenschmuck<br />
getragen. Sowohl im Winter, als auch im Sommer tragen Frauen bunte Kopftücher. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
stellen nur Frauen den Schmuck aus Perlen her. Der Perlenschmuck soll vor Bösem schützen. An den<br />
Rändern des Brustschmucks wird Metallschmuck angebracht, da Metallklänge das Böse vertreiben<br />
sollen.<br />
Ornamente<br />
Ein Ornament muss nicht nur funktionell zu einer Sache passen, sondern auch zu ihrer Form <strong>und</strong><br />
zum verwendeten Material. Alle Ornamente haben ihre symbolische Bedeutung, die unmittelbar<br />
mit der religiös-mythologischen <strong>Welt</strong>sicht der Ob-ugren zusammenhängt. Die Frauen sind die<br />
Trägerinnen dieses traditionellen Wissens, wo welche Ornamente angebracht werden müssen. Bei<br />
dem Ornamentieren werden die Abbildungen der Tiere <strong>und</strong> Pflanzen abstrahiert. Besonders heilig<br />
sind die Abbildungen der Tierspuren, da die Spur eines Tieres für den Jäger eine mögliche Beute<br />
nach sich ziehen kann. Deswegen tauchen im Ornament oft symbolische Formen von Krallen <strong>und</strong><br />
Pfoten auf.<br />
Zickzack-Linie<br />
Eine Zickzack-Linie wird oft zum Schmücken von Birkenrinde <strong>und</strong> Stoff benutzt. Sie symbolisiert<br />
Leben <strong>und</strong> Schutz aller lebenden Dinge, deswegen wird sie oft auf Kinderwiegen gemalt. Die Zickzack-<br />
Linien haben oft Abzweigungen, die dem Ornament mehr Lebendigkeit <strong>und</strong> Kraft verleihen. Es wird<br />
angenommen, dass das Ornament die Menschen umso besser vor Unheil schützen kann, je mehr<br />
Äste <strong>und</strong> Verzweigungen dieses hat. Eine schützende Funktion haben diese Ornamente an den<br />
Ärmeln, an den Rändern <strong>und</strong> auf der Kleidung im Allgemeinen.<br />
57 Kattun ist ein glattes, leinwandartig gewebtes, ziemlich dichtes Baumwollmaterial.<br />
37
38<br />
Raute<br />
Eine Raute wird auch die „Vertiefung des Herzens“ genannt. Die gleiche Bezeichnung hat auch eine<br />
Rautenreihe, die man auf gestrickten Stoffen <strong>und</strong> Perlenschmuck vorfindet. Je nachdem wo sich<br />
die Raute im Ornamentsystem befindet, kann diese lebensnotwendige Organe wie Kopf oder Herz<br />
symbolisieren. Auf Wiegen sieht man solche Rautensegmente oft. Die Raute gilt als ein Symbol<br />
für Fruchtbarkeit: das hängt unmittelbar mit den Vorstellungen von der Urmutter Mutter-Natur<br />
(Kaltas-anki) zusammen. Dieses Ornament wird auf die Schultern <strong>und</strong> auf die Brustregion der<br />
Kleidung gestickt. Dafür wird folgender Spruch verwendet: „Die Stärke des Rückens schützen, die<br />
Stärke der Brust schützen“.<br />
Froschsymbol<br />
Es gibt Rauten mit Abzweigungen, die in diesem Fall als „Frosch“ bezeichnet werden. Eine Froschabbildung<br />
auf einem Tuch spendet dem Neugeborenen Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Langlebigkeit.<br />
Kreuz<br />
Das Kreuz findet man sowohl in gerader als auch in schiefer Lage. Das Kreuz in schiefer Lage nennt<br />
man auch „H<strong>und</strong>epfote“. Die Bedeutung des Kreuzes ist der Schutz der Menschen vor feindlichen<br />
Wesen aus den anderen <strong>Welt</strong>en. So muss beispielsweise ein Mensch der gerade vom Friedhof kommt<br />
auf den Weg kreuzweise zwei Stäbchen legen: Man nimmt an, dass die Seele des Verstorbenen diese<br />
nicht überschreiten kann. Das Kreuz soll den Menschen vor Krankheiten <strong>und</strong> Schmerzen schützen.<br />
Schlange<br />
Diese Ornamente werden verehrt, da sie als geflochtene Zöpfe einer Göttin (vom Fluss Kazym)<br />
gelten. Man nimmt an, dass ein Ornament in Form einer Schlange „eine Krankheit aussaugen“<br />
kann, das heißt jemanden heilen könnte. Wenn ein Mensch im Traum eine Schlange oder Eidechse<br />
sieht, so bedeutet das, dass der Mensch wieder ges<strong>und</strong> wird.<br />
(Siehe Foto von der Birkendose)<br />
58 Laux, Lukas: Kunsthandwerk, http://www.wildniscamp.de/, S. 9.<br />
58
Spiele 59<br />
Die Spiele bereiten Kinder auf traditionelle wirtschaftliche Tätigkeiten im Erwachsenenleben vor<br />
wie zum Beispiel Jagen, Rentierzucht oder Näharbeiten. Die Kinderspielzeuge sind Kopien der<br />
Gegenstände, die Erwachsene benutzen. Die Jungen haben kleine Schlitten, Spielzeugboote,<br />
Bögen <strong>und</strong> Pfeile. Die Mädchen spielen mit kleinen Kinderwiegen, Nadelkissen, Nadeln <strong>und</strong> Stoffe,<br />
um ihren Puppen Kleidung zu nähen. Die Kinder trainieren beim Spiel ihr Gedächtnis, ihre Vor-<br />
stellungskraft, ihre Aufmerksamkeit <strong>und</strong> ihre Fingermotorik. Heute sind diese Spiele sehr populär<br />
unter chantischen <strong>und</strong> mansischen Kindern <strong>und</strong> sind sowohl in der ganzen Jugra als auch im<br />
übrigen Russland bekannt.<br />
Birkendose<br />
Puppen* (chantisch: Akan)<br />
Die chantischen <strong>und</strong> mansischen Puppen haben keine Gesichter, da sie sonst einen Geist<br />
repräsentieren würden. Ein Geist erfordert Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Fürsorge – wenn er diese nicht<br />
bekommt, kann er der Besitzerin Unglück bringen. Mädchen sind schon im Alter von drei Jahren<br />
fähig, kleine Puppen aus Stoff <strong>und</strong> verschiedenen Naturmaterialien wie Fell <strong>und</strong> Entenschnabel zu<br />
nähen.<br />
Würfel* (chantisch: Numsty juntupset)<br />
Die Chanty <strong>und</strong> Mansi führten eine nomadische Lebensweise <strong>und</strong> waren deswegen gezwungen ihre<br />
Hütten <strong>und</strong> Lagerhäuschen für eine bestimmte Zeit zu verlassen. Damit Waldtiere nicht in ihre<br />
Hütten eindringen konnten, hatten die Besitzer die Möglichkeit mit einem sogenannten „Schloss“<br />
aus sechs oder neun Stöckchen ihre Bauten zuzusperren. Damals gab es noch keine Schlösser in der<br />
heutigen Form. Heute werden mit diesen Würfeln Knobelspiele gespielt.<br />
59 Soweit nicht anders angegeben: Fedotova, Elena T. <strong>und</strong> Potpot, Rimma M. übersetzt von Ina Schröder September 2009,<br />
http://www.etnic.ru/ <strong>und</strong> Laux, Lukas: Spiele, http://www.wildniscamp.de/.<br />
39
40<br />
Rätsel: „Der Preis der fünf Pferde“<br />
Die Aufgabe des Rätsels ist die Ringe von einer Seite durch den Knoten auf die andere Seite zu<br />
bringen, ohne die äußeren Knoten zu lösen. Es gibt eine Legende zu dem Namen dieses Rätsels.<br />
Ein chantischer Jäger soll einmal einem russischen Pelzhändler dieses Rätsel aufgegeben haben.<br />
Der Händler versuchte das Rätsel drei Tage lang zu lösen, schaffte es jedoch nicht. Dann kam er<br />
zum Jäger <strong>und</strong> bat ihn um die Lösung des Rätsels. Der alte Jäger willigte ein, ihm die Lösung zu<br />
verraten, doch nur wenn der Händler ihm dafür fünf Pferde gäbe. Der Händler gab ihm fünf Pferde<br />
<strong>und</strong> seitdem heißt auch das Rätsel so. Das Knobelspiel wird aus Holz, Rentiersehnen, Fischwirbeln<br />
oder Rentiergeweih hergestellt.<br />
Der Spieler stellt den Kreisel auf eine glatte Oberfläche. Mit einer Hand hält er diesen vertikal fest<br />
<strong>und</strong> mit der anderen beginnt er das Stöckchen zu bewegen, das am oberen Teil des Stiftes festgemacht<br />
wurde. Nach <strong>und</strong> nach beginnt der Kreisel sich zu drehen, indem der Faden r<strong>und</strong> um den Stift ein-<br />
<strong>und</strong> abgewickelt wird. Der Spieler, der am schnellsten <strong>und</strong> längsten den Kreisel betätigen kann,<br />
gewinnt. Der Kreisel ist eine vereinfachte Variante für ein bestimmtes Männerwerkzeug – einen<br />
Bohrer.<br />
Das Spiel „Schel“<br />
Für das Spiel werden 20 bis 30 kurze Stäbchen* mit einer Länge von 15 bis 20 cm benötigt, 0,5 bis<br />
0,7 cm im Durchmesser. Dieses Spiel hat mehrere Varianten <strong>und</strong> es macht sowohl Kindern als auch<br />
Erwachsenen Spaß.<br />
1.„Schel-Hot“ (chantisch: „Ein Stäbchenhaus“)<br />
Die Stäbchen können in Form einer traditionellen Waldhütte zusammengebaut werden. Die<br />
Stäbchen werden so hingelegt, dass die Figur nach oben hin enger wird <strong>und</strong> in ein Dach übergeht.
2. „Der Schwan“ (chantisch „Chutang“)<br />
Schwanenfigur aus Stäbchen<br />
Die Mindestanzahl: zwei Spieler. Die Kinder sitzen mit dem Rücken zu der Schwanenfigur aus<br />
Stäbchen. Der Spielleiter nimmt ein Stäbchen weg <strong>und</strong> fragt die Spieler: „Ich habe jetzt ein Stäbchen<br />
von dem Kopf des Schwans weggenommen, wie viel Stäbchen sind noch geblieben?“. Ohne sich<br />
umzudrehen, müssen die Spieler antworten, wie viele Stäbchen im Kopf geblieben sind. Danach<br />
werden nach <strong>und</strong> nach andere Stäbchen aus dem Hals, dem Körper, den Flügeln <strong>und</strong> dem Schwanz<br />
weggenommen <strong>und</strong> jedes Mal fragt der Spielleiter: „Ich habe ein Stäbchen von xy weggenommen<br />
(nennt dabei das Körperteil des Schwans), wie viele sind dort geblieben?“ Wenn jemand richtig<br />
geantwortet hat, bekommt derjenige das Stäbchen, wenn nicht, dann bleiben die Stäbchen liegen.<br />
Das Spiel dauert solange, bis alle Stäbchen bei den Spielern sind.<br />
3. Das Schel-Spiel zur Übung der Fingerfertigkeit<br />
Die Anzahl der Spieler ist unbegrenzt. Am Anfang wird ausgelost wer beginnen darf. Der Spieler, der<br />
beginnt, legt alle Stäbchen auf seine Handfläche <strong>und</strong> wirft sie mit einer Handbewegung von unten<br />
nach oben in die Luft. In der Zeit, wo die Stäbchen in der Luft sind, muss der Spieler seine Handfläche<br />
umdrehen <strong>und</strong> mit der Kehrseite seiner Handfläche die Stäbchen wieder auffangen. Danach werden<br />
die Stäbchen wieder in die Luft geworfen <strong>und</strong> müssen mit der Handfläche wieder gefangen werden.<br />
Wenn der Spieler eine ungerade Zahl an Stäbchen aufgefangen hat, dann nimmt er eins zu sich <strong>und</strong><br />
darf die nächste R<strong>und</strong>e wiederholen. Wenn der Spieler eine gerade Zahl aufgefangen hat, dann ist<br />
der nächste Spieler an der Reihe. Das Ziel des Spiels ist, so viele Stäbchen wie möglich zu fangen.<br />
41
42<br />
4. „Der kleine Tschum“ (in Deutschland bekannt als „Mikado“)<br />
Die Anzahl der Spieler ist unbegrenzt. Manchmal wird dieses Spiel ein „kleiner Tschum“ genannt,<br />
da der Ausgangszustand des Stäbchenhaufens an die Form eines Tschums erinnert. Einer von den<br />
Spielern nimmt alle Stäbchen in die Hand <strong>und</strong> stellt diese vertikal so auf, dass unten die Stäbchen<br />
auseinander geschoben werden <strong>und</strong> eine Tschumform entsteht. Danach lässt der Spieler die<br />
Stäbchen schnell los, so dass alle Stäbchen in einen Haufen zusammenfallen.<br />
Der Spieler, der das Spiel beginnt, muss aus dem Haufen ein Stäbchen herausziehen, jedoch so<br />
vorsichtig, dass die anderen dadurch nicht bewegt werden. Wenn Stäbchen bewegt werden, außer<br />
beim Herausziehen, darf ein anderer Spieler weiter spielen. Das Endziel ist, so viele Stäbchen wie<br />
möglich zu sammeln
2.3 Aktuelle Situation der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />
In der Zeit der Sowjetunion wurde die traditionelle Lebensweise der Chanty <strong>und</strong> Mansi mit den<br />
dazugehörigen Elementen wie Musik, Ritualen <strong>und</strong> traditionellen Glaubensvorstellungen massiv<br />
zurückgedrängt. 60 Nur 600 Familien aller Indigenen im Chanty-Mansischen Autonomen Kreis<br />
verdienen ihren Unterhalt mit den traditionellen Gewerben, das heißt nur 1 bis 2% der Indigenen<br />
leben im Wald von Rentierzucht, Fischfang sowie Jagd <strong>und</strong> repräsentieren damit die traditionelle<br />
Lebensweise. 61<br />
Die Mehrzahl der Indigenen lebt in Dörfern <strong>und</strong> Siedlungen, die während der Sowjetzeit gegründet<br />
wurden, um die in der Taiga verstreut lebenden oder in der T<strong>und</strong>ra nomadisierenden Rentierzüchter<br />
<strong>und</strong> Fischer anzusiedeln. Hier sind die Konflikte am deutlichsten, die mit der ökonomischen <strong>und</strong><br />
sozialen Marginalisierung der indigenen Bevölkerung im Zuge der Industrialisierung Westsibiriens<br />
verb<strong>und</strong>en sind. Arbeit ist nur in den wenigen staatlich subventionierten Institutionen vorhanden.<br />
Staatlich organisierter Fischfang, Jagd <strong>und</strong> Rentierzucht in großen Staatsbetrieben ist auf ein<br />
Minimum zusammengeschrumpft <strong>und</strong> nur noch in wenigen Gebieten möglich. Die Einnahmen durch<br />
Fischfang in stark verschmutzten Flüssen, durch Sammeln von Beeren <strong>und</strong> durch die Pelztierjagd<br />
sind aber so gering, dass sich niemand davon ernähren kann. Die einzige Chance für die Bewohner<br />
der Siedlungen scheint in der Aneignung des Lebensstils der russischsprachigen Gesellschaft zu<br />
liegen. Junge Frauen versuchen Männer aus der Stadt zu heiraten, um der Misere zu entkommen.<br />
Nicht selten ist die Flucht in den Alkohol die andere Alternative. Das Prestige der Indigenen in<br />
der urbanen Sphäre ist weiterhin sehr gering. Immer noch gelten die Indigenen – <strong>und</strong> zum Teil<br />
haben sie diese Bewertungen auch in ihr eigenes Selbstbild integriert – als arme, alkoholabhängige<br />
Individuen ohne Kultur. Selbst indigene Intellektuelle sprechen in Bezug auf die Dorfbevölkerung<br />
von „Verlumpung“ beziehungsweise Verelendung.<br />
Nach dem Zerfall der Sowjetunion erhielten die Nomaden ihren Status als „Ureinwohner“ zurück. 62<br />
Ölfirmen sponsern kulturelle Festivals <strong>und</strong> Volksfeste um ihr Image zu verbessern <strong>und</strong> Konflikte<br />
mit den Indigenen, die im Wald leben, zu vermeiden. 63<br />
Zu Beginn der 90er Jahre gründeten indigene Intellektuelle eine Vielzahl von gesellschaftlichen<br />
Institutionen. Zu nennen ist hier die Assoziation „Rettung Jugras“ oder das ob-ugrische Institut<br />
angewandter Forschung <strong>und</strong> Entwicklung. Die Organisationen dienen u.a. als Dach für kulturelle<br />
Lobbyarbeit <strong>und</strong> für kulturelle Initiativen, wie zum Beispiel der Gründung von Folklorearchiven<br />
in indigenen Siedlungen. Indigene PolitikerInnen <strong>und</strong> AktivistInnen versuchten die „traditionelle<br />
Lebensweise“ der Indigenen in der Gesellschaft populär zu machen.<br />
60 Fedotova, Elena T. u. Potpot, Rimma M. übersetzt von Ina Schröder <strong>und</strong> http://www.etnic.ru/, September 2009.<br />
61 Schröder, Ina (2008), S. 20f. u. 43.<br />
62 Starobin, Paul: Ab nach Sibirien! Öl lässt Russlands Norden leuchten. In: National Geographic Deutschland (2008), S. 70.<br />
63 Schröder, Ina (2008), S. 46.<br />
43
44<br />
Das traditionelle Leben im Wald war jedoch ökonomisch <strong>und</strong> politisch für die sowjetische <strong>und</strong> dann<br />
russische Gesellschaft marginal. Die ökonomische Bedeutung der traditionellen Wirtschaftszweige<br />
sank mit dem Boom der Erdölindustrie. Gleichzeitig verschlechterte sich auch die Lage der<br />
indigenen Bevölkerung. Diese Entwicklung führte dazu, dass einige indigene Gemeinschaften<br />
sich in noch nicht erschlossene Gebiete zurückzogen <strong>und</strong> trotz verschlechterter Bedingungen von<br />
Rentierwirtschaft, Jagen <strong>und</strong> Fischfang lebten.<br />
Gesellschaftliche Bedeutung erlangten die Waldbewohner erst, als indigene Intellektuelle während<br />
der Perestroika ihre Verwandten im Wald als Verbündete bei ihren Bemühungen um kulturelle<br />
Wiederbelebung einbezogen. AktivistInnen auf föderaler wie regionaler Ebene setzen sich für diese<br />
Landbevölkerung ein <strong>und</strong> betonen deren katastrophale Lebensbedingungen. Sie unterscheiden<br />
zwischen der traditionellen Lebensweise <strong>und</strong> der diametral entgegengesetzten industriellen<br />
Zivilisation, die die traditionelle Lebensweise gefährdet. So wurde diese Gegenüberstellung im<br />
Russischen als „aborigen-technogen“ bezeichnet. Indigene Intellektuelle aus der urbanen Sphäre<br />
treten als VertreterInnen für die Interessen der noch „traditionell“ lebenden Bevölkerung ein. Die<br />
Gelder in den Städten sollten für deren Bedürfnisse investiert werden. Die Interessen der Wald- <strong>und</strong><br />
zum Teil der Dorfbewohner sind dabei vor allem, ihre ökonomische Lage zu verbessern <strong>und</strong> die<br />
konkrete Probleme, die die Rentierzucht, den Fischfang oder die Jagd behindern, zu bewältigen.<br />
2.3.1 Tradition vs. Moderne – Neotraditionalismus oder<br />
Neuerfindung von Tradition<br />
Für die Chanty <strong>und</strong> Mansi ist der Begriff Tradition zentral für ihr Leben, wenn auch bezogen auf die<br />
Moderne durchaus zwiespältig <strong>und</strong> konfliktbehaftet. Während sie einerseits davon ausgehen, dass<br />
Tradition unverändert bleibt <strong>und</strong> Veränderungen nur allmählich über lange Zeiträume übernommen<br />
werden, sprechen sie eher vom Begriff der „Neo-Tradition“. Aus ethnischer Perspektive wird „Neo-<br />
Tradition“ als generationenübergreifende soziale Praxis verstanden, die bewusst „traditionelle“ <strong>und</strong><br />
„moderne“ Merkmale kombiniert, heilige Stätten <strong>und</strong> Symbole respektiert <strong>und</strong> vom technologischen<br />
Fortschritt profitiert, um eine bestimmte Kultur zu entwickeln, während gleichzeitig deren ethnische<br />
„Einzigartigkeit“ erhalten wird.<br />
Tradition meint für junge Menschen eine Reihe von Praktiken mit symbolischer Bedeutung, wie<br />
Rituale, Verhaltensregeln, Kochkunst, Kleidung, Folklore usw., die von Indigenen, die in den Wäldern<br />
leben, in ihrer reinen Form gelebt <strong>und</strong> praktiziert werden. Ihrer Meinung nach versuchen sie durch<br />
die Sommercamps, indigene Traditionen so zu bewahren, wie sie „wirklich sind“, im Gegensatz zu<br />
Versuchen städtischer Folkloregruppen, welche indigene Symbole gleichgültig benutzen. „Tradition“<br />
hilft ihnen, so sagen sie, in ihrem Leben Prioritäten zu setzen, „lehrt sie zu leben“, gibt ihnen einen<br />
„inneren Kern“, „persönliche Orientierung“ <strong>und</strong> patriotische Gefühle, lässt sie stolz sein. 64<br />
In einem Interview beschreibt eine Chanty ihre Erfahrungen mit der traditionellen Lernweise so:<br />
64 Schröder, Ina (2008), S. 92f.
„Ich sah meiner Mutter zu, ich sah ihr anfangs einfach zu. Mit meinen Augen betrachtete ich alles.<br />
Und dann entwickelt man zu allererst sein „visuelles Gedächtnis“. Und dann habe ich versucht, es<br />
allein zu machen. Niemand hat mir bewusst etwas gezeigt […] <strong>und</strong> wenn man nichts zu tun hat,<br />
nimmt man seine Nadel <strong>und</strong> die Jungen nehmen ihre Messer <strong>und</strong> setzen sich neben ihre Väter. Zu<br />
Anfang funktioniert es nicht. Beim ersten Mal nicht, beim zweiten, beim dritten Mal … Zunächst<br />
entwickelst du Ausdauer. Wenn du Augen hast, dann sieh zu. Wenn du Ohren hast, dann höre zu.<br />
Wenn du Hände hast, dann fang an, zu arbeiten.“ 65<br />
2.3.2 Tradition vermitteln: Die Sommercamps für Kinder<br />
Nach dem Zerfall der Sowjetunion kam die Frage auf, wie die Kultur der indigenen Gemeinschaften<br />
mit Hilfe der Bildung aufrechterhalten werden sollte. Eine indigene Initiative, die die Zustimmung<br />
in der CHMAO-Administration gef<strong>und</strong>en hat, begann, Siedlungscamps im Wald einzurichten, wo<br />
Kinder ihre Ferien verbringen können. Diese werden vom Department für zahlenmäßig kleine<br />
Völker des russischen Nordens im CHMAO als „Ethnische Zentren für Kinder zur Förderung<br />
ges<strong>und</strong>er Lebensweise“ finanziert. Seit 2005 existieren bereits 14 solcher Camps im CHMAO.<br />
Daran nehmen vor allem Kinder <strong>und</strong> Jugendliche aus schwierigen familiären Verhältnissen<br />
teil sowie solche, die in Siedlungen aufgewachsen sind <strong>und</strong> wenig über ihre kulturelle Herkunft<br />
erfahren haben. Die Ziele der Camps sind unter anderem: Revitalisierung des lokalen Wissens,<br />
vor allem der traditionellen Sprachen, Tänze, der Musik <strong>und</strong> des Handwerks sowie Fertigkeiten<br />
der Rentierzucht, Jagd, Fischerei usw. Für die BetreuerInnen ist dabei wichtig, dieses Wissen an<br />
die jüngere Generation weiterzugeben. Zu den BetreuerInnen der Camps gehören hauptsächlich<br />
LehrerInnen, aber auch indigene EthnographInnen, KünstlerInnen, FolkloristInnen, LinguistInnen<br />
<strong>und</strong> traditionelle HandwerkerInnen. Jede Campsaison dauert etwa einen Sommer. In den Camps<br />
sollen Selbstwertgefühl <strong>und</strong> Wertschätzung der eigenen kulturellen Herkunft vermittelt werden.<br />
Die Jugendlichen lernen über spirituelle Verbindungen zwischen Landschaft, Tieren, Pflanzen <strong>und</strong><br />
Menschen.<br />
Das Besondere an den Camps ist, dass sie durch eine bessere Vernetzung untereinander <strong>und</strong> eine<br />
gemeinsame Planung von Projekten bildungspolitisch <strong>und</strong> darüber hinaus versuchen, Entwick-<br />
lungen zu steuern <strong>und</strong> sich in die öffentliche Diskussion um die soziale, politische <strong>und</strong> ökonomische<br />
Situation einzubringen, ohne wirklich politische Macht zu haben.<br />
„Es kam die Zeit, in der unser Volk mit dem Verlust seiner Kultur konfrontiert wurde <strong>und</strong> als Folge<br />
davon veränderte sich die Haltung zur Kultur [der ob-ugrischen Völker], was Konsequenzen hatte,<br />
die nicht rückgängig gemacht werden können. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Kinder mit<br />
Hilfe von Ethno-Pädadogik zu erziehen, ihnen ökologische Kultur zu vermitteln. Wir versuchen,<br />
ein traditionelles <strong>Welt</strong>bild in ihnen aufrechtzuerhalten, das nicht auf der Eroberung von Natur<br />
basiert, sondern sich durch einen hohen Grad an ökologischem Bewusstsein <strong>und</strong> Anpassung<br />
auszeichnet.“ 66<br />
65 Schröder, Ina (2008): Interview mit Ludmila Loziamova, S. 63f.<br />
66 Kravchenko, Olga (2004): Those looking towards the sun. From experiences of children’s ethnic camp ‘Numsang Iokh’, S. 22.<br />
45
46<br />
Die Verantwortlichen der Sommercamps bestehen aus mehreren Generationen im Alter von 15 bis<br />
70 Jahren. Die älteste Generation (die von allen Mitarbeitern in den Sommercamps als die wichtigste<br />
Gruppe angesehen wird) sind die über 70-jährigen, die als Träger der authentischen ethnischen<br />
Folklore <strong>und</strong> der Muttersprache gelten. Das sind vor allem Frauen, die in traditionellen Dörfern<br />
aufgewachsen sind <strong>und</strong> früher in traditionellen Wirtschaftszweigen arbeiteten. Sie verfügen über<br />
besondere Fähigkeiten im traditionellen lokalen Handwerk, wie zum Beispiel dem Nähen oder<br />
Sticken. Die jüngeren Generationen der Ethno-PädagogInnen bringen dieses Wissen nicht mit. So<br />
mussten viele der indigenen Intellektuellen <strong>und</strong> Wissenschaftler, die die Sommercamps ins Leben<br />
gerufen haben <strong>und</strong> die heute 50 bis 60 Jahre alt sind, zunächst ihre eigene Identität als Chanty oder<br />
Mansi wieder gewinnen, bevor sie den Kindern diese Identität vermitteln konnten. Eine weitere<br />
Altersgruppe, die an den Sommercamps beteiligt ist, ist die der Männer <strong>und</strong> Frauen zwischen<br />
30 <strong>und</strong> 40. Manche von ihnen sind – zumindest bis zum Schulbesuch – in traditionellen Dörfern<br />
oder Rentierlagern aufgewachsen, in denen die Weitergabe von Wissen von einer Generation zur<br />
nächsten nicht unterbrochen wurde <strong>und</strong> auch noch in der Muttersprache stattfand. Manche lebten<br />
zwar in den Siedlungen, verbrachten aber ihre Ferien mit ihren Großeltern in den traditionellen<br />
Dörfern. Ein Pädagoge, Nikolai Tas’manov aus dem Sommercamp ‚Numsang Iokh’, erzählt:<br />
„Ich erinnere mich an die Zeit, die ich mit meinem Großvater verbracht habe. [ …] Ich habe diese<br />
Zeit nicht wirklich zu schätzen gewusst, als ich jung war; ich habe ihn nicht genug gefragt. Aber<br />
heute ist diese Erinnerung die wichtigste für mich <strong>und</strong> für meine Arbeit mit den Kindern.“ 67<br />
Andere indigene PädagogInnen im selben Alter sind vollständig in den Siedlungen aufgewachsen,<br />
oft in „gemischten“ Familien, in denen ein Elternteil russisch <strong>und</strong> ein Elternteil indigen ist oder<br />
beide unterschiedlichen Ethnien angehören, <strong>und</strong> haben die Weitergabe indigenen Wissens durch<br />
die ältere Generation nie oder nur oberflächlich erlebt <strong>und</strong> bezeichnen sich nicht als „Indigene“. Sie<br />
„entdeckten“ ihre Indigenität erst während der Arbeit in den Sommercamps.<br />
Und schließlich gibt es einige jugendliche ErzieherInnen, die der jüngsten Generation zwischen 16<br />
<strong>und</strong> 25 angehören <strong>und</strong> die von Kind auf an den Sommercamps teilgenommen haben. 68<br />
Für die meisten Teilnehmenden sind die Sommercamps die einzige Möglichkeit, mehr über ihren<br />
kulturellen Hintergr<strong>und</strong> zu erfahren. Das ist insbesondere für diejenigen sehr wichtig, die in<br />
städtischen Gegenden leben, wie im Fall dieser jungen Mansi, die in der Ölstadt Surgut lebt:<br />
„Das Sommercamp ‘Man’ Uskve’ ist meine einzige Möglichkeit [um mehr über meine Kultur<br />
zu lernen]. Ohne das Camp wüsste ich nicht, dass ich so starke <strong>und</strong> mächtige Wurzeln habe.<br />
Ich glaube auch, dass man zwar viel aus Büchern lernen kann, aber die Bücher können die<br />
direkte Weitergabe nicht ersetzen. Ein Gespräch, besonders mit alten Menschen, deren Köpfe<br />
wie Schatzruhen sind, gibt mir mehr, als ein Buch zu lesen.“ 69<br />
67 Schröder, Ina (2008): Interview mit Nikolai Tas’manov, S. 79f.<br />
68 Ebd. S. 81.<br />
69 Ebd. Interview mit Yulia Sachenko, S. 89.
2.3.3 Das „Parlament der Völker der Erde“<br />
Das „Parlament der Völker der Erde“ findet seit 2000 am Ende jeder Sommercampsaison vor<br />
allem in den Sommercamps ‘Numsang Iokh’ oder ‘Man’ Uskve’ für drei bis fünf Tage statt <strong>und</strong><br />
kann als Kommunikationsplattform für junge Indigene verstanden werden. Das Parlament darf<br />
nicht als demokratische Repräsentation der indigenen Gruppen der Region verstanden werden.<br />
Im Gegensatz zur europäischen Verwendung des Begriffs, verwenden die ErzieherInnen ihn im<br />
Sinne der französischen Wurzel des Wortes parler <strong>und</strong> möchten aktuelle Probleme in indigenen<br />
Siedlungen diskutieren <strong>und</strong> nach Lösungen suchen. Die ErzieherInnen laden daher Teenager aus<br />
Saranpaul <strong>und</strong> Kazym zu dem „Parlament“ ein, die mehrmals an den Sommercamps teilgenommen<br />
haben, sowie andere Jugenddelegationen aus Nachbarregionen oder aus dem Ausland, zum Beispiel<br />
aus Deutschland. Soziale Netzwerke <strong>und</strong> verwandtschaftliche Bindungen, ebenso wie lokale<br />
Traditionen, werden als bestimmende Faktoren für die unternehmerische Entwicklung gesehen.<br />
Daher sollten als heilig geltende Lieder, Tänze <strong>und</strong> Muster vor Kommerzialisierung geschützt<br />
werden. In diesem Kontext dient das „Parlament“ als Diskussions- <strong>und</strong> Verhandlungsplattform,<br />
auf der generationenübergreifend diskutiert wird, welche traditionellen Elemente genutzt werden<br />
können <strong>und</strong> auf welche Weise. Als Bezugspunkte werden die Empfehlungen der Ältesten <strong>und</strong>/oder<br />
wissenschaftliche Publikationen indigener Wissenschaftler genutzt. Die Diskussionen offenbaren<br />
einerseits die Bereitschaft der jungen Generation für Veränderung <strong>und</strong> für das Brechen traditioneller<br />
„Tabus“, andererseits auf der Seite der älteren Generation eine eher „konservative“ Haltung, welche<br />
die Kinder ermahnt, die Tradition erst kennen zu müssen um sie dann in einem zweiten Schritt<br />
bewusst <strong>und</strong> mit nötigem Respekt vor heiligen Stätten zu entwickeln. 70<br />
Während russische <strong>und</strong> westliche Anthropologen vor einer „Musealisierung“ des Traditionellen<br />
warnen, im Zuge derer indigene Völker als „lebende Exponate“ dienen würden, nutzen einheimische<br />
Intellektuelle es als pragmatische Strategie für einen politischen Kampf um ihre ethnische Identität<br />
zu konstruieren, mehr Kontrolle über die Landnutzung <strong>und</strong> mehr politische <strong>und</strong> kulturelle<br />
Selbstbestimmung zu erreichen. 71<br />
2.3.4 Ein kritisches Thema: Die Erdölförderung<br />
Beispiel Naturpark Numto (siehe auch: 2.1.3)<br />
Trotz des Status als Naturpark ist hier eine wirtschaftliche Nutzung <strong>und</strong> damit auch die Bohrung<br />
<strong>und</strong> Förderung von Öl in lizenzierten Regionen möglich. R<strong>und</strong> um den Naturpark wird schon seit<br />
längerer Zeit intensiv Öl gefördert. Seit 2001 werden auch im Naturpark von der Ölgesellschaft<br />
Surgutneftegas aktiv Bohrungen durchgeführt. Die 41 Familien, die auf dem Territorium leben,<br />
sind unmittelbar davon betroffen. Der Konflikt zwischen der indigenen Minderheit <strong>und</strong> den<br />
Ölkonzernen entsteht, weil die lokale Bevölkerung nicht über die Bohrungspläne der Ölgesellschaft<br />
informiert wird <strong>und</strong> die Bohrtürme in der Nähe traditioneller Camps aufgestellt werden. Die<br />
70 Schröder, Ina 2008, S. 82f.<br />
71 Stammler, Florian (2005): Tradition als Entwicklungskonzeption für die indigenen Völker im Norden Russlands. In: S. Bauer<br />
(ed.), Bruchlinien im Eis: Ethnologie des zirkumpolaren Nordens; S. 184–207. Bd. 1. Wien: Lit-Verlag. (Schriftenreihe: Beiträge<br />
zum zirkumpolaren Norden), S. 189.<br />
47
48<br />
Bewohner des Numto beschwerten sich aus diesem Gr<strong>und</strong> im Winter 2007 bei der Chantisch-<br />
Mansischen Regierung <strong>und</strong> bei der Ölfirma. Die lokale Administration <strong>und</strong> die Ölgesellschaft<br />
einigten sich daraufhin mit den Bewohnern, dass sie über die Pläne der Ölgesellschaft informiert<br />
werden, dass ihnen Territorien traditioneller Naturnutzung zugesichert werden <strong>und</strong> dass sie Ent-<br />
schädigungszahlungen erhalten, falls auf ihrem Territorium Erdöl gefördert werden sollte. 2006<br />
trat ein neues Gesetz über Territorien traditioneller Naturnutzung in Kraft, das den Indigenen die<br />
Nutzungsrechte an ihrem Boden zusichert, nicht aber an dem, was sich unter dem Boden befindet.<br />
Die Gültigkeit solcher Verträge ist nie vor Gericht geprüft worden. Es besteht keine gesetzliche,<br />
einklagbare Gr<strong>und</strong>lage für Forderungen an die Erdölunternehmen von Seiten der Indigenen. Im<br />
Gegensatz zu den Erdölunternehmen besitzen die Indigenen kaum juristische Kenntnisse. Die<br />
Leistungen aus den Verträgen bringen nur kurzfristig materielle Vorteile, langfristig können sie<br />
die Vernichtung der Ressourcen nicht aufwiegen. Sie bringen Indigene, die die Erdölindustrie auf<br />
ihrem Gebiet zulassen, in eine materiell besser gestellte Position <strong>und</strong> benachteiligen diejenigen,<br />
die keine Rentierweiden <strong>und</strong> Fischgründe an die Erdölindustrie verloren haben oder Widerstand<br />
leisten. Die ökonomischen Vereinbarungen machen die Besitzer von materiellen Gütern langfristig<br />
zu Almosenempfängern, mit allen damit verb<strong>und</strong>enen negativen sozialen Folgen. Das Schicksal<br />
des Naturparks Numto sowie seiner Bewohner wird durch die Lobby der Erdölindustrie <strong>und</strong> der<br />
Marktanfrage für fossile Ressourcen bestimmt. 72<br />
Folgen der Ölförderung<br />
Ähnlich wie bei anderen indigenen Völkern, zum Beispiel Alaskas (Inuit), Nigerias (Ogoni) oder<br />
den Indigenen in Ecuadors Tiefland, um nur die betroffensten aufzuzählen, ist die nationale<br />
wie internationale Öl- <strong>und</strong> Gasförderung als Katastrophe über die Völker Westsibiriens herein-<br />
gebrochen, da auf ihre Belange keinerlei Rücksicht genommen wurde <strong>und</strong> wird. Sie geht einher<br />
mit einer starken Gefährdung des gesamten Ökosystems durch Übernutzung, Verschmutzung <strong>und</strong><br />
Vergiftung. Hiervon betroffen sind: Oberflächengewässer, Gr<strong>und</strong>wasser, Wälder, Böden, sowie<br />
Siedlungsgebiete der ansässigen Bevölkerung. Folglich wird der Lebensraum von Menschen, Tieren<br />
<strong>und</strong> Pflanzen zerstört. Hauptursachen dieser <strong>Um</strong>weltverschmutzungen sind Pipeline-Lecks <strong>und</strong><br />
Unfälle an Pipelines <strong>und</strong> Förderanlagen. Von den Pipelines sind ein Drittel über 30 Jahre alt <strong>und</strong><br />
reparaturbedürftig. Allein in der westsibirischen Ölförderregion treten jährlich bis zu 5000 Brüche<br />
von Ölpipelines auf. Schätzungsweise sickern zwischen drei <strong>und</strong> zehn Millionen Tonnen Erdöl in<br />
Böden <strong>und</strong> Gewässer. Im Einzugsgebiet der Flüsse Ob <strong>und</strong> Pur gibt es praktisch keine Öl-freien<br />
Flussläufe mehr. Weitere Ursachen für die Verschmutzung sind die Freisetzung von Bohrabfällen,<br />
leckende Lagertanks <strong>und</strong> Mülldeponien. 73<br />
So ist durch die unzähligen Lecks an Erdöl- <strong>und</strong> Erdgasleitungen die Wasser- <strong>und</strong> Bodenqualität<br />
zurückgegangen. Mehrere Millionen Hektar Rentierweide sind bereits durch Öl vernichtet, Wasser<br />
<strong>und</strong> Nahrungsmittel (Jagdbeute, Fisch) verseucht.<br />
Weiterhin dezimieren die zahlreichen Ölarbeiter durch unkontrollierbare Wilderei den Tierbestand<br />
massiv.<br />
Die Gas-<strong>und</strong> Ölpipelines müssen gekühlt werden, sonst schmelzen sie sich in den Frostboden ein.<br />
Der dadurch entstehende meterdicke Eismantel um die Rohre stört die Fließrichtung von Gr<strong>und</strong><strong>und</strong><br />
Oberflächenwasser.<br />
72 Laux, Lukas: Naturschutzgebiete, http://www.wildniscamp.de.<br />
73 Greenpeace (2002): Erdöl: Gefahr für <strong>Um</strong>welt, Klima <strong>und</strong> Menschen, S. 10f.
Der relativ lichte boreale Wald leidet unter mehreren Faktoren. Die Tausende von km langen Ganz-<br />
jahres-Trassen für Straßen <strong>und</strong> Eisenbahn wirken als „Dämme“. Auf der flussabgewandten Seite<br />
steigt der Wasserspiegel an, auf der flusszugewandten Seite trocknet der Boden zu schnell ab. Beider-<br />
seits stirbt der Wald. Für jeden Kilometer Bohlenweg müssen 50 bis 60 ha Wald gerodet werden,<br />
Besonders drastisch ist die Zunahme von Waldbränden.<br />
Außerdem werden Jahr für Jahr r<strong>und</strong> 15 Milliarden Kubikmeter Gas abgefackelt. Die bei der Verbrennung<br />
freigesetzten Schadstoffe verschmutzen die umliegenden Gebiete.<br />
Die Luft ist durch das Gasabfackeln belastet. Dabei wird unter anderem das krebserregende<br />
Benzpyren freigesetzt, welches etwa in der Stadtluft von Surgut <strong>und</strong> Nishnewartowsk die Grenzwerte<br />
um ein Vielfaches überschreitet <strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heit der Menschen gefährdet. 74<br />
Durch solche ökologischen Notstandsgebiete haben indigene Gemeinschaften keine Überlebenschance<br />
mehr. 75 Denn aufgr<strong>und</strong> der <strong>Um</strong>weltverschmutzung können die indigenen Völker ihre Lebensgr<strong>und</strong>lage<br />
nicht mehr durch halbnomadische Rentierzucht, Jagd <strong>und</strong> Fischerei decken. 76<br />
Außerdem verlieren die Indigenen durch den rasanten Landverbrauch <strong>und</strong> die <strong>Um</strong>weltverschmut-<br />
zung der Erdölfirmen viele ihrer Weidegebiete, die seit Jahrh<strong>und</strong>erten ihren Rentierherden als<br />
Nahrungsgr<strong>und</strong>lage dienen. 77<br />
Die Ölförderung <strong>und</strong> der <strong>Klimawandel</strong> bedingen sich gegenseitig. Einerseits wirkt sich die Erdöl-<br />
förderung negativ auf den <strong>Klimawandel</strong> aus, indem die russische Öl- <strong>und</strong> Gasindustrie jedes Jahr<br />
zwischen vier bis 35 Millionen Tonnen Methan freisetzt. Dies ist dramatisch für Erderwärmung<br />
<strong>und</strong> <strong>Klimawandel</strong>, denn Methan ist – über einen Zeitraum von 20 Jahren – als Treibhausgas 35-mal<br />
wirksamer als Kohlendioxid. 78 Andererseits hat der <strong>Klimawandel</strong> auch Auswirkungen auf die<br />
Erdölförderung: „Die Erderwärmung bedroht auch die Stabilität der auf Permafrost errichteten<br />
Gebäude, Straßen, Brücken <strong>und</strong> Pipelines. Ein Fünftel aller Unfälle an Öl- oder Gaspipelines wird<br />
durch ‚mechanische Veränderungen’ ausgelöst – meist zurückzuführen auf die reduzierte Stabilität<br />
des Bodens. 79<br />
Die ökologische Zerstörung Westsibiriens hat auch globale Konsequenzen. Der intakte boreale<br />
Wald der Nordhalbkugel <strong>und</strong> seine Spreu gelten als die größte CO2-Senke der <strong>Welt</strong>. Er speichert<br />
dauerhaft <strong>und</strong> mehr Kohlenstoff als der tropische Regenwald. Durch die Waldvernichtung wird<br />
einerseits vermehrt CO2 freigesetzt, andererseits droht die Verkarstung <strong>und</strong> eine Vermoorung sowie<br />
Versumpfung weiter Gebiete. 80 Zudem gelangt das Öl über die Flüsse bis in die Karasee <strong>und</strong> das<br />
Nordpolarmeer. 81<br />
74 Feddern, Jörg, Greenpeace e. V. (2002): Schwarzes Gold, schwarze Pest, S. 1f.<br />
75 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile.<br />
In: Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 28.<br />
76 Schröder, Ina (2008), S. 21.<br />
77 Lässig, Reinhard u. Hoffmann, Christian W.: Waldforschung in Russland, http://www.waldwissen.net/themen/wald_gesellschaft/weltforstwirtschaft/wsl_waldforschung_russland_originalartikel.pdf,<br />
S. 48f.<br />
78 Ebd. S. 1.<br />
79 Voswinkel, Johannes (2009): Hilferufe aus aller <strong>Welt</strong>. DIE ZEIT, Nr. 50, S. 47.<br />
80 AG Westsibirien: Leben mit der Taiga. http://www.projekte.kreckow.de/sibirien/#%C3 %96l.<br />
81 Feddern, Jörg, Greenpeace e. V. (2002): Schwarzes Gold, schwarze Pest, S. 1f.<br />
49
50<br />
2.4. Aktuelle klimatische Situation in Sibirien<br />
2.4.1 <strong>Klimawandel</strong> in Sibirien<br />
West-Sibirien hat sich mit einem Anstieg der Durchschnittstemperatur von etwa 3°C in den<br />
vergangenen 40 Jahren schneller erwärmt als jede andere Region auf der <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> gilt daher als<br />
extrem verw<strong>und</strong>bar. Erwartet wird eine weitere Erwärmung in der Arktis von 3 bis 5°C über dem<br />
Land <strong>und</strong> 4 bis 7°C über dem Meer bis Ende des Jahrh<strong>und</strong>erts. Das ehemals größte gefrorene Torf-<br />
moor der <strong>Welt</strong> in Westsibirien – ungefähr so groß wie Frankreich <strong>und</strong> Deutschland zusammen –<br />
begann im Jahr 2000 zu schmelzen <strong>und</strong> verwandelt sich aktuell in eine Platte von seichten Seen.<br />
Wissenschaftler haben drei Rückkopplungsprozesse identifiziert, die die arktische Erwärmung<br />
forcieren:<br />
1. Das Tauen der Permafrostböden: In Permafrostböden sind gewaltige Kohlenstoffvorräte<br />
eingelagert. Bei der Zersetzung des organischen Materials der aufgetauten Schichten werden<br />
große Mengen von Methan <strong>und</strong> Kohlendioxid freigesetzt.<br />
2.Das Schwinden der Eisfläche: Die Schnee- <strong>und</strong> Eisschmelze hinterlässt dunklere Oberflächen,<br />
die einen größeren Teil der Sonnenstrahlung absorbieren <strong>und</strong> somit die örtliche Erwärmung<br />
verstärken. Zudem wird der Wärmeaustausch zwischen Ozean <strong>und</strong> Atmosphäre mit<br />
schwindender Eisbedeckung des Meeres verstärkt <strong>und</strong> bewirkt, dass der Ozean während der<br />
Wintermonate mehr Wärmeenergie an die Atmosphäre abgibt.<br />
3.Durch die Erwärmung veränderte Zirkulationsmuster: Die Arktis erhält einen Teil ihrer<br />
Wärmeenergie aus den niedrigeren Breiten. Dieser Transport verläuft über die Atmosphäre<br />
(Arktische Oszillation) <strong>und</strong> über den Nordatlantikstrom. Veränderungen in diesen Zirkulationsmustern<br />
könnten die stetige Erwärmung der Arktis zusätzlich forcieren. 82<br />
2.4.2 Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf Mensch<br />
<strong>und</strong> <strong>Um</strong>welt<br />
Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf die <strong>Um</strong>welt / <strong>Biodiversität</strong><br />
Durch die höheren Temperaturen hat sich bereits während des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts die Baumgrenze in<br />
einigen nördlichen Bergsystemen in höhere Regionen verlagert, die Zone des borealen Nadelwaldes<br />
hat sich nach Norden ausgebreitet. Die damit einhergehende Verdrängung der T<strong>und</strong>ra führte bereits<br />
zu einer Verringerung der polaren Kältewüsten. Insgesamt wird es zu einer Zunahme der Laubbaumarten<br />
kommen. Es wird geschätzt, dass arktische Ökosysteme, besonders Moore <strong>und</strong> Feuchtgebiete<br />
über dem Permafrost, die Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft <strong>und</strong> dem <strong>Klimawandel</strong> am meisten<br />
ausgesetzt sein werden. 83<br />
82 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />
Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 29f.<br />
83 Ebd., S. 29f. <strong>und</strong> Lässig, R. u. Motschalow, (1997): Auswirkungen der Klimaerwärmung in Sibirien. Wald- <strong>und</strong> Steppenge-<br />
biete verschieben sich nach Norden. – Neue Zür. Ztg. 287, S. 65. http://www.waldwissen.net/themen/umwelt_landschaft/<br />
co2_klimaschutz/wsl_klima_sibirien_DE.
In polaren Regionen sind Häuser <strong>und</strong> Infrastruktur im Permafrost verankert. Durch das Abtauen<br />
werden die Böden weich <strong>und</strong> schlammig. Straßen, Ölpipelines <strong>und</strong> Häuser sinken regelrecht ein. Der<br />
Zugang zu nördlichen gelegenen Ortschaften auf dem Landweg wird dadurch bei weiterer Erwär-<br />
mung erheblich erschwert. Teilweise fallen bereits in ganzen Waldstücken die Bäume um, weil sie<br />
im aufgeweichten Boden keinen Halt mehr finden. Zudem versickern Seen, die sich normalerweise<br />
im Sommer oberhalb der Permafrostschicht bilden <strong>und</strong> den Tieren als Trinkwasserquelle dienen. 84<br />
DochdasTauenderBödenhatFolgenweitüberdiePermafrostregionenhinaus.DerPermafrostgiltals<br />
ein zentrales Kipp-Element für das Klima. Das heißt, kippt das Klima hier, so hat dies Auswirkungen<br />
auf das gesamte <strong>Welt</strong>klima. Die ungeheuren Mengen an Treibhausgasen, die hier lauern, können den<br />
<strong>Klimawandel</strong> ungeheuer beschleunigen. Permafrostböden sind Kohlenstoffsenken. Schätzungen<br />
zufolge könnten dort 1.600 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert sein. Taut der Boden, so<br />
wird das organische Material der oberen Bodenschicht von Mikroorganismen zersetzt. Steht dabei<br />
Sauerstoff zur Verfügung, entsteht Kohlendioxid (CO2). Herrscht Sauerstoffmangel, weil Wasser auf<br />
der Oberfläche steht, entsteht durch Fäulnisprozesse Methan (CH4). Methan ist 25-mal gefährlicher<br />
für das Klima als Kohlendioxid.<br />
Neben dem schon jetzt vermehrt freigesetzten Methan lauert eine weitere Gefahr: Methanhydrate<br />
– große Kristalle mit eingelagerten Methanmolekülen. Sie lagern in großen Mengen eingeschlossen<br />
im vereisten Boden, aber auch in Meeressedimenten. Methanhydrate bilden sich bei hohem Druck<br />
<strong>und</strong> niedrigen Temperaturen. Sie sind brennbar <strong>und</strong> zersetzen sich an der Luft.<br />
Fast ein Viertel der globalen Landfläche sind Permafrostböden. Der größte Teil liegt in der nördlichen<br />
Hemisphäre: r<strong>und</strong> 23 Millionen Quadratkilometer. 60% Russlands <strong>und</strong> große Teile Kanadas,<br />
Alaskas <strong>und</strong> Westchinas sind durchgehend gefroren – oder waren es bisher. Der Frost kann von<br />
wenigen Metern bis zu h<strong>und</strong>erten tief in die Erde reichen. In Ostsibirien sind es 1800 Meter. 85<br />
Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf die Indigenen<br />
Die indigenen Völker der Arktis nehmen die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s bereits sehr bewusst<br />
in ihrem täglichen Leben wahr. Veränderungen der Schneequalität, erhöhte Niederschläge, eine<br />
Verdünnung der Eisschicht, Veränderungen der Schmelzrate des Meereises im Frühjahr zusammen<br />
mit unvorhersagbaren Wetterbedingungen <strong>und</strong> heftigen Stürmen erschweren das Reisen, den<br />
Transport wichtiger Versorgungsgüter <strong>und</strong> den Zugang zu den Jagd- <strong>und</strong> Fischgründen. Die Anzahl<br />
der Jagdtiere geht zurück.<br />
Weiterhin nutzen die Indigenen bislang den Permafrostboden zur Lagerung bzw. Kühlung ihrer<br />
Lebensmittel. Durch das Tauen des Permafrostbodens verlieren sie nun ihre natürlichen Kühlschränke.<br />
Auch deswegen müssen sie teilweise auf importierte Nahrungsmittel zurückgreifen.<br />
<strong>Um</strong> in der unwirtlichen Gegend überleben zu können, haben die indigenen Völker der Arktis über<br />
die Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg die Wetter-, Schnee- <strong>und</strong> Eisverhältnisse sowie die Beschaffenheit ihrer<br />
Jagd- <strong>und</strong> Wohngebiete studiert <strong>und</strong> das Wissen über die Generationen weitergegeben. Die Ver-<br />
änderungen der Wetterbedingungen, in der Vegetation <strong>und</strong> in der Tierwelt durchkreuzen nun das<br />
angesammelte Wissen <strong>und</strong> machen Vorhersagen schwierig oder unmöglich. Für ein Volk, dessen<br />
84 Rahmstorf, S. u. Schellnhuber, H.J. (2007): Der <strong>Klimawandel</strong>, München, S. 60.<br />
85 Greenpeace (2009): Klima-Zeitbombe Permafrost, www.greenpeace.de<br />
51
52<br />
Lebensgr<strong>und</strong>lage auf dem Wissen über die Natur aufbaut, bedeuten Klimaveränderungen eine<br />
erhebliche Beeinträchtigung des bisherigen Lebensstils <strong>und</strong> seiner Kultur. 86<br />
Die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf die Ökosysteme werden schon heute von indigener<br />
Bevölkerung in der zirkumpolaren Region beobachtet. 87<br />
Zitate von einzelnen Vertretern indigener Völker aus der zirkumpolaren Region:<br />
„Während des Winters kann es nun auch regnen, so wie letztes Neujahr. Früher<br />
regnete es nie im Winter. Regen mitten im Winter? Soviel, dass der Schnee<br />
verschwindet? Ja, das ist wahr. Regen, <strong>und</strong> der Schnee schmilzt.“<br />
Vladimir Lifov, Lovozero, Russland, 2002<br />
„Der <strong>Klimawandel</strong> ist so dramatisch, dass es während des kältesten Monats<br />
des Jahres, im Dezember 2001, zu starken Regenfällen in der Thule-Region<br />
kam, die über dem Schnee des Meer- <strong>und</strong> Landeises eine dicke Eisschicht<br />
hinterließen … dies ist sehr schlecht für die Pfoten unserer Schlittenh<strong>und</strong>e.“<br />
Uusaqqak Qujaukitsoq, Qaanaaq, Grönland, 2002<br />
„Wenn es viel Eis gibt, machst du dir keine Sorgen über Stürme. Dann gehst du<br />
einfach raus <strong>und</strong> lenkst zwischen den Eisschollen. Aber in den letzten Jahren<br />
gab es kein Eis. Wenn es stürmt, kann man nicht mehr rausfahren …“<br />
Andy Carpenter, Sachs Harbour, Kanada, 1999<br />
86 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile.<br />
In: Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 34.<br />
87 Ebd., S. 29f.
3. Zeit zu handeln – unsere<br />
Verantwortung für eine global<br />
gerechte Zukunft<br />
55
56<br />
„Wo kämen wir hin, wenn alle sagten,<br />
wo kämen wir hin <strong>und</strong> niemand ginge, um einmal zu schauen,<br />
wohin man käme, wenn man ginge.“<br />
Kurt Marti, Schweizer Theologe <strong>und</strong> Schriftsteller<br />
Zukunftsfähiges Deutschland?<br />
Die Kapitel 1 <strong>und</strong> 2 des <strong>Handbuch</strong>s haben gezeigt: <strong>Klimawandel</strong> vollzieht sich, Biologische Vielfalt<br />
schwindet <strong>und</strong> beide globalen Probleme führen dazu, dass Menschen ihren Lebensraum <strong>und</strong> ihre<br />
Lebensgr<strong>und</strong>lage verlieren.<br />
Jetzt stellt sich die Frage, was das eigentlich mit uns in Deutschland zu tun hat? Zusammenhänge<br />
zwischen unserem Lebensstil <strong>und</strong> den skizzierten Problemen lassen sich ohne weiteres finden.<br />
Spätestens seit der <strong>Welt</strong>konferenz für <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Entwicklung <strong>und</strong> der Verabschiedung der Agenda<br />
21 im Jahr 1992 in Rio de Janeiro ist auch in Deutschland der Begriff der Nachhaltigen Entwicklung<br />
in aller M<strong>und</strong>e. Der Bedarf an <strong>Um</strong>weltschutz <strong>und</strong> die Notwendigkeit, global gerecht zu handeln,<br />
werden kaum noch in Frage gestellt. Allerdings ist auch festzustellen, dass es in Deutschland<br />
im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung noch viel zu tun gibt. Zwar gibt es mittlerweile eine<br />
nationale Nachhaltigkeitsstrategie <strong>und</strong> ein Klimaschutzprogramm der B<strong>und</strong>esregierung. In einigen<br />
Bereichen, wie zum Beispiel beim Kampf gegen den sauren Regen wurden auch bemerkenswerte<br />
Erfolge erzielt. Im Bereich der regenerativen Energien ist Deutschland ein technologischer <strong>und</strong><br />
politischer Vorreiter.<br />
Doch steigt der Bedarf nach Rohstoffen in Deutschland immer noch, es wird immer mehr Metall,<br />
Erdöl oder Kohle verbraucht. Der Primärenergieverbrauch blieb in den vergangenen 15 Jahren<br />
auf fast unverändertem Niveau. Und der Bedarf an tierischen <strong>und</strong> pflanzlichen Rohstoffen bleibt<br />
ebenfalls unverändert hoch. Weitere Beispiele für das nicht-nachhaltige Wirtschaftssystem sind<br />
vielfältig.<br />
Wie alle Industrienationen ist Deutschland eine Wachstumsgesellschaft. Nicht nur die Wirtschaft<br />
dreht sich um Wachstum. Wachstum wird auch als Zauberformel für die Lösung von sozialen<br />
Problemen gesehen, um Arbeitslosigkeit abzubauen, auch um die <strong>Um</strong>welt zu schützen. Doch die<br />
Wachstumsorientierung steht in einem starken Spannungsverhältnis zu einer zukunftsfähigen<br />
Entwicklung – denn selbst mit ressourceneffizienten Technologien wird eine wachstumsorientierte<br />
Lebensweise die <strong>Um</strong>welt immer stärker beanspruchen <strong>und</strong> belasten.<br />
Der größte Teil der <strong>Um</strong>weltprobleme geht auf die Befriedigung unserer Bedürfnisse <strong>und</strong> Gewohnheiten<br />
zurück. Essen, Trinken, Wohnen <strong>und</strong> Fortbewegung – letztere insbesondere mit dem Auto<br />
oder auch mit dem Flugzeug.<br />
Und die ständige Steigerung des materiellen Wohlstands geht mit einer ständigen Schaffung<br />
neuer Ansprüche einher. So ist von 1960 bis heute in den alten B<strong>und</strong>esländern die Wohnfläche je<br />
Einwohner von 15 km2 auf über 40 km2 angestiegen. Eine Klimaanlage im Auto galt vor 15 Jahren<br />
noch als Luxus, aber heute mögen Viele nicht mehr darauf verzichten. Die Menschen haben sich an<br />
ein unaufhörliches Mehr, Schneller <strong>und</strong> Weiter gewöhnt <strong>und</strong> hinterfragen diese Entwicklung viel<br />
zu selten.
Eines ist sicher: Für unser Konsum- <strong>und</strong> Wirtschaftsmodell in Deutschland werden große Mengen<br />
an Rohstoffen benötigt <strong>und</strong> es werden enorme Emissionen verursacht. Es beruht zu einem großen<br />
Teil auf fossilen Energieträgern – insbesondere auf Erdöl, Erdgas <strong>und</strong> Kohle. Die Verbrennung<br />
dieser Rohstoffe ist eine der Hauptursachen für den <strong>Klimawandel</strong>.<br />
Unter den Folgen unseres ressourcenintensiven Wirtschaftsmodells leiden insbesondere die Länder<br />
der südlichen <strong>und</strong> östlichen Hemisphäre, <strong>und</strong> dort vor allem die armen Bevölkerungsgruppen,<br />
die aufgr<strong>und</strong> ihrer prekären Lage oftmals nicht die Ressourcen haben, um sich entsprechend<br />
anzupassen. Gleichzeitig sind diese Länder <strong>und</strong> Bevölkerungsgruppen diejenigen, die am wenigsten<br />
verantwortlich für globale Konsequenzen sind, wie sie zum Beispiel durch <strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> Verlust<br />
von biologischer Vielfalt hervorgerufen werden. 88<br />
Aber nicht nur die Länder des Südens <strong>und</strong> dort insbesondere die armen Bevölkerungsgruppen sind<br />
leidtragend, sondern zum Beispiel auch die indigene Bevölkerung in den nördlichen Regionen.<br />
Deutschland <strong>und</strong> Sibirien – wie hängt das zusammen?<br />
Und so wird die Brücke zu unseren ProjektparterInnen in Sibirien geschlagen: Deutschland bezieht<br />
mit 35 Mio. Tonnen r<strong>und</strong> 30% seines importierten Erdöls sowie 40% des importierten Erdgases<br />
(rd. 35 Mrd. m³) aus Russland. Das ist mehr als aus jedem anderen Land der <strong>Welt</strong>. Schwerpunkte<br />
der Förderung von Erdöl <strong>und</strong> Erdgas sind Westsibirien <strong>und</strong> die Insel Sachalin im Osten Russlands.<br />
Dort leben die „kleinen Völker des Nordens“: Chanty <strong>und</strong> Mansi <strong>und</strong> andere indigene Gruppen, die<br />
die Leidtragenden des Exportbooms sind. Denn die Förderung von Öl <strong>und</strong> Gas erfolgt zumeist ohne<br />
Rücksicht auf die traditionelle Lebensweise der sibirischen Ureinwohner, die von einer intakten<br />
<strong>Um</strong>welt abhängig ist.<br />
In Sibirien beherrschen russische Öl- <strong>und</strong> Gasfirmen die Produktion. Diese befinden sich seit 1993<br />
in einem Privatisierungsprozess. Trotzdem hält der Staat an den einzelnen Unternehmen einen<br />
Anteil zwischen 17 <strong>und</strong> 51%. Diese Firmen spielen eine Schlüsselrolle in der russischen Wirtschaft.<br />
Zwischen 40 <strong>und</strong> 75% der russischen Deviseneinkünfte stammt aus dem Ölgeschäft. Mit seinem<br />
Hauptsitz in Moskau ist Lukoil der größte russische Ölkonzern. Gasprom ist der staatliche russische<br />
Erdgasmonopolist <strong>und</strong> das größte Unternehmen Russlands. Von den 614 Milliarden Kubikmetern<br />
Erdgas, die 1997 in Russland gefördert wurden, entfallen 94% auf Gasprom, das damit circa 25 %<br />
des <strong>Welt</strong>aufkommens bestritt. Die Förderung des Erdgases wird von acht regionalen Vereinigungen<br />
organisiert. Die drei wichtigsten befinden sich auf dem Gebiet der Chanty <strong>und</strong> Mansi. Inzwischen<br />
sind drei deutsche Gasunternehmen zu den wichtigsten Partnern von Gasprom geworden. Ruhrgas<br />
unterzeichnete 1998 Lieferverträge bis zum Jahr 2020 für 25 Milliarden DM <strong>und</strong> beteiligte sich<br />
mit 660 Millionen Dollar, das heißt 2,5 %, an dem russischen Unternehmen. Die BASF Tochter<br />
Wintershall arbeitet über das joint venture Wingas seit 1990 mit Gasprom am Pipelinebau von Jamal<br />
nach Deutschland. Anfang 1999 vereinbarten Wingas <strong>und</strong> Gasprom auch eine Zusammenarbeit bei<br />
der Förderung des Gases <strong>und</strong> nicht nur bei Transport <strong>und</strong> Handel. 89<br />
88 Brot für die <strong>Welt</strong> et. al. (2009): Zukunftsfähiges Deutschland II, Wegmarken für einen Kurswechsel. Eine Zusammenfassung<br />
der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten <strong>Welt</strong>“ des Wuppertal Instituts für Klima, <strong>Um</strong>welt, Energie.<br />
89 Gesellschaft für bedrohte Völker (2005): Hintergr<strong>und</strong>text zur Öl- <strong>und</strong> Erdgasförderung in Westsibirien.<br />
57
58<br />
Doch während die Einfuhr von Öl <strong>und</strong> Gas aus Russland Sicherheit <strong>und</strong> stabile Preise auf dem<br />
deutschen Energiemarkt garantiert, führt sie zur ökologischen <strong>und</strong> humanitären Katastrophe in den<br />
Fördergebieten. Die Rohstoffreserven der Russischen Föderation befinden sich fast ausschließlich<br />
auf beziehungsweise unter Indigenenland in Sibirien. Auch Holzeinschlag, Kohle-, Diamanten-,<br />
Gold- <strong>und</strong> Uranförderung finden überwiegend dort statt, wo indigene Völker ihre Rentierweiden,<br />
Fischgründe, Wälder <strong>und</strong> Jagdgebiete haben – mit allen schon skizzierten Folgen für Mensch, Natur<br />
<strong>und</strong> Kultur.<br />
Und dazu trägt auch Deutschlands Energiehunger bei.<br />
Gut leben statt viel haben!<br />
Die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s, der Verlust fruchtbarer Böden, die Abnahme der Biologischen<br />
<strong>und</strong> Kulturellen Vielfalt, fortwährende Ungerechtigkeit – dies alles macht deutlich: So wie bisher<br />
kann es nicht weitergehen. Die Politik muss Rahmenbedingungen für eine Wirtschaft schaffen,<br />
die soziale <strong>und</strong> ökologische Leitplanken beachtet. Doch das allein wird nicht ausreichen. Der<br />
Kurswechsel hin zu einem global nachhaltigen Deutschland bedarf auch eines Paradigmenwechsels,<br />
bedarf einer kulturellen Erneuerung.<br />
Deshalb müssen wir uns auch die Frage stellen: Wie viel ist genug?<br />
Dabei ist es wichtig zu erkennen, dass es zwischen Bedürfnissen <strong>und</strong> Bedürfnisbefriedigung keine<br />
unveränderbaren Beziehungen gibt. Vielmehr werden in verschiedenen Kulturen unterschiedliche<br />
Formen der Befriedigung für die gleichen menschlichen Gr<strong>und</strong>bedürfnisse entwickelt. In der Konsumgesellschaft<br />
bleiben manche Gr<strong>und</strong>bedürfnisse unbefriedigt, weil die Werbung den Konsumenten<br />
hartnäckig den Irrtum vermittelt, man könne fast alle Bedürfnisse durch Konsum befriedigen.<br />
Doch auch dieser Zustand ist nicht festgeschrieben. Kultureller Wandel ist möglich.<br />
Die Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger haben viele Möglichkeiten, selbst klima- <strong>und</strong> umweltfre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong><br />
auch global gerecht zu handeln. Eine Möglichkeit ist es zum Beispiel, beim Einkauf darauf zu achten,<br />
ökologisch <strong>und</strong> fair produzierte Waren zu wählen. Langlebige Qualitätsprodukte sind Billig- <strong>und</strong><br />
Wegwerfartikeln vorzuziehen. Dieses ist auch nicht unweigerlich mit höheren Kosten verb<strong>und</strong>en. So<br />
ist saisonales Obst <strong>und</strong> Gemüse aus der Region in der Regel sogar günstiger als lange gelagerte <strong>und</strong><br />
transportierte Frischware. Fleisch aus der biologischen Landwirtschaft ist teurer als das in Massen-<br />
tierhaltung produzierte. Faire Kleidung ist ebenfalls nicht zu Billigpreisen zu haben. Hier kann das<br />
Auswählen nur mit einem Abwählen einhergehen. Isst man gemäß Ges<strong>und</strong>heitsempfehlungen <strong>und</strong><br />
ökologischen Erfordernissen weniger Fleisch, so können die Mehrausgaben aufgefangen werden.<br />
Auch ist es bei vielen Gütern möglich, Verbrauch zum Gebrauch, vom Besitzen zum Nutzen überzugehen:<br />
Viele Dinge werden nur selten genutzt, aber mit hohem Energie- <strong>und</strong> Materialverbrauch<br />
hergestellt. Werkzeuge, Waschmaschinen, Staubsauger <strong>und</strong> Autos gehören zur Standardausrüstung<br />
der allermeisten Haushalte.<br />
Die Tatsache, dass dies als bequem erscheint oder dass der Besitz von vielen Produkten auch Status<br />
repräsentiert, ist eine kulturelle <strong>und</strong> somit veränderbare Begebenheit. Der eigentliche Nutzen aber<br />
besteht nicht im Besitz, sondern in der Dienstleistung, die der Gegenstand erbringt.
Gemeinsam nutzen statt allein besitzen, kann ein Motto sein. Mit einem Übergang vom Haben zum<br />
Nutzen verlieren private Besitztümer auch ihren unangemessen hohen gesellschaftlichen Stellen-<br />
wert. Es geht zukünftig darum, eine sinnvolle Mobilitätsdienstleistung in Anspruch zu nehmen <strong>und</strong><br />
nicht, ein möglichst prestigeträchtiges Auto vor der Tür stehen zu haben. Die hohe Bedeutung, die<br />
Besitztümern in der Konsumgesellschaft zugeschrieben wird, kann in einer Gesellschaft, die das<br />
„viel haben“ überw<strong>und</strong>en hat, anderen Werten zukommen.<br />
Allerdings ist der persönliche Wunsch nach Wandel hin zum „Maß halten“ auch großen Widerständen<br />
ausgesetzt. Deswegen ist es wichtig, in persönlicher Verantwortung nach individuellen Antworten zu<br />
suchen <strong>und</strong> gleichzeitig PolitikerInnen zu wählen, die ernsthaft umsteuern. Denn ein persönliches<br />
Maß halten allein kann keinen gr<strong>und</strong>legend gesellschaftlichen Kurswechsel bewirken. 90<br />
Zeit zu handeln!<br />
Ohne Klimaschutz, ohne den Schutz der Biologischen <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt haben wir<br />
folglich sehr viel zu verlieren. Mit Klimaschutz können wir eine Menge gewinnen. Wie viel wir nicht<br />
verlieren, sondern gewinnen, hängt davon ab, wie schnell wir den <strong>Um</strong>weltschutz vorantreiben. Die<br />
Alternative, weniger zu tun als wir könnten, haben wir jedenfalls nicht. Angst, auch die vor dem<br />
<strong>Klimawandel</strong>, ist ein schlechter Berater. Resignation lähmt. Und der Hinweis, dass doch bitteschön<br />
erst die anderen etwas tun sollen, taugt höchstens als vorübergehende Entlastung. Wer sich mit<br />
diesem Argument aus der Verantwortung stiehlt, hat das Vertrauen in die individuelle <strong>und</strong> gemein-<br />
schaftliche Gestaltungskraft der Menschen schon aufgegeben. Wenn wir uns an das Motto halten:<br />
Wer sich zuerst bewegt, hat verloren, dann wird sich am Ende niemand bewegen. Und Stillstand ist<br />
die größte Gefahr im Klimaschutz.<br />
Wir alle können etwas tun: Die Politik, die Unternehmen <strong>und</strong> jede <strong>und</strong> jeder Einzelne von uns.<br />
Wir sind dem <strong>Klimawandel</strong> (dem Verlust der <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt) nicht hilflos<br />
ausgeliefert. Kreativität, Mut zum entschlossenen Handeln <strong>und</strong> die Bereitschaft, über eingefahrene<br />
Lebensweisen nachzudenken <strong>und</strong> Gewohnheiten zu ändern, sind gute Voraussetzungen, um diesen<br />
globalen Gefahren die Stirn zu bieten.<br />
Wir Menschen sind Erfahrungswesen. Wir ändern unser Verhalten meist erst, wenn wir mit lieb<br />
gewordenen Gewohnheiten auf einmal negative Erfahrungen machen. Der Klimaschutz verlangt<br />
aber von uns, dass wir unser Verhalten angesichts von Prognosen <strong>und</strong> Vorhersagen über die Zukunft<br />
ändern. Schaffen wir das? Es wäre eine grandiose kulturelle Leistung. 91<br />
90 Brot für die <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> Evangelischer Entwicklungsdienst (2009): Maß halten – Eine Arbeitshilfe für die Gemeindearbeit zur<br />
Studie „Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten <strong>Welt</strong>“.<br />
91 Le Monde diplomatique /taz (2008): Atlas der Globalisierung – Klima, Andreas Troge: Zeit zu handeln, S. 4.<br />
59
4. Methoden <strong>und</strong> Materialien<br />
61
62<br />
Wir brauchen Methoden <strong>und</strong> Vermittlungsformen, die uns helfen, mit allen Sinnen nach dem<br />
Sinn suchen. Dazu sind künstlerische, kulturelle <strong>und</strong> erfahrungsbezogene Vermittlungsformen<br />
<strong>und</strong> Methoden besonders gut geeignet, weil sie mehr Raum als andere für eigene Ideen lassen <strong>und</strong><br />
alle Sinne ansprechen. Künstlerische Vermittlungsformen können Anlass zum Nachdenken <strong>und</strong><br />
Innehalten sein, können Widerspruch, Irritation oder Aktion auslösen. Mit Hilfe künstlerischer<br />
Vermittlungsformen lassen sich die jeweiligen eigenen Vorstellungen <strong>und</strong> Erfahrungen darstellen<br />
beziehungsweise hinterfragen <strong>und</strong> andere Vorstellungen <strong>und</strong> Erfahrungen in ihrem Kontext<br />
verstehen.<br />
4.1 um.welt – MethodenWerkstatt<br />
4.1.1 ZeitKapseln – zum Thema <strong>Biodiversität</strong><br />
Die ZeitKapseln sollen die Aufmerksamkeit auf das Thema <strong>Biodiversität</strong> lenken. Inhalt einer<br />
ZeitKapsel ist ein Samen z.B. von einer Frucht (oder einem Baum, einer Blume, etc.), von der<br />
die SchülerInnen wollen, dass es diese in 30 Jahren noch gibt. Hier soll deutlich werden, dass<br />
wir täglich Biologische Vielfalt verlieren <strong>und</strong> sie zu bewahren so etwas ist, wie einen „Schatz zu<br />
hüten“. Aus diesem Gr<strong>und</strong> werden die ZeitKapseln auch den SchatzKisten hinzu gefügt. Inhalt der<br />
ZeitKapsel kann auch ein Insekt oder lagerbarer Teil eines Tieres (z.B. Vogelfeder) sein.<br />
Die ZeitKapseln sollen in größerer Menge produziert werden, weil wir mit ihnen eine öffentliche<br />
Aktion zum Thema <strong>Biodiversität</strong> planen.<br />
Äußerlich sollten die Kapseln attraktiv gestaltet werden, damit man Lust bekommt, sie zu öffnen<br />
<strong>und</strong> sich den Inhalt anzuschauen.<br />
Wir bitten Sie also, mit ihren SchülerInnen / Jugendlichen möglichst viele ZeitKapseln<br />
zu produzieren <strong>und</strong> uns über Anzahl etc. zu informieren: info@arbeitsstelle-weltbilder.de<br />
Folgende Informationen sollen – zusammen mit dem jeweiligen Gegenstand – in die<br />
ZeitKapseln getan werden:<br />
· Name <strong>und</strong> Alter der Person, die diesen Gegenstand gesammelt/gef<strong>und</strong>en/ausgesucht hat<br />
· Datum<br />
· F<strong>und</strong>ort<br />
· Kurze Beschreibung des Gegenstandes bzw. eine Art Steckbrief (Beispiel auf der CD vorhanden),<br />
verb<strong>und</strong>en mit dem persönlichen Wunsch, warum gerade dieser Gegenstand.
Anleitung zum Bemalen der ZeitKapseln<br />
Kollage: Man darf nur kleine Ausschnitte/Bildschnipsel nehmen. Die Seite mit einem Klebestift<br />
besteichen, die von außen gesehen werden soll. Etwas Geduld beim Festkleben. Flüssiger Kleber<br />
hält nicht an der Kunststoffkugel.<br />
Wasserfarbe: Wenig Wasser nehmen, es verläuft ein bisschen, trocknet langsam. Dicke Pinsel zum<br />
Ausmalen der Kapsel, feine Pinsel für Zeichnungen.<br />
Transparentpapier: Eignet sich, wenn man ganz feine Zeichnungen machen will. Klebt nicht ganz<br />
so gut wie das Papier aus den Zeitschriften.<br />
Marker / Filzstift (z. B.: Edding): Wasserfesten Edding benutzen. Farbe verblasst nach dem<br />
Auftragen.<br />
Wachsstifte: Lassen sich gut auftragen. Verwischen leicht.<br />
Acrylfarbe: Man braucht einen sehr feinen Pinsel <strong>und</strong> man muss die Farbe dick auftragen. Trocknet<br />
lange (3 bis 4 St<strong>und</strong>en).<br />
Material<br />
Die Kunststoffkugeln sind z.B. im „Idee“-Bastelladen, oder auf der Website http://www.kreativ.<br />
de/Kunststoffkugeln-transparent-acryl.htm erhältlich. Folgende Größen sollen verwendet werden:<br />
80 mm–0,99 €; 100 mm–1,39 €<br />
4.1.2 EigenArt – zum Thema Kulturelle Vielfalt<br />
„Was ist Kultur?<br />
Die Kultur ist nicht zu trennen von der gesellschaftlichen Praxis: von der güterproduzierenden<br />
Wirtschaft, von der Liebe, dem Leben, dem Tod. Die Kultur sammelt den Sinn der Erfahrung <strong>und</strong><br />
gibt der Erfahrung Sinn.“ 92<br />
Es fiel uns nicht leicht, eine Methode zu finden, durch die die Unterschiedlichkeit oder auch<br />
Ähnlichkeit, auf jeden Fall: die Vergleichbarkeit von kulturellen Ausdrucksformen möglich ist. Wir<br />
haben uns für Kleidung als Symbol für kulturelle Ausdrucksformen entschieden. Unterscheidet<br />
sich die (Lieblings-)Kleidung von Jugendlichen in Deutschland, Indien, Namibia <strong>und</strong> Sibirien? Oder<br />
ist sie eher ähnlich? Finden wir auch hier bereits eine Art Monokultur vor? Was alles können wir<br />
am Beispiel Kleidung über kulturelle Besonderheiten ablesen? Ist die Kleidung noch ein Beispiel für<br />
EigenArt, die ganz eigene Art sich zu kleiden?<br />
92 Ziegler, Jean (1989): Der Sieg der Besiegten, Unterdrückung <strong>und</strong> kultureller Widerstand. Wuppertal: Peter Hammer Verlag,<br />
S. 33f.<br />
63
64<br />
Dazu werden Fotoreihen von Jugendlichen aus den jeweiligen Projektländern gemacht. Wir<br />
bitten auch Euch/Sie, sich zu beteiligen. Die Fotos sollten eine Auflösung von mindestens 1500 x<br />
2000 Pixel haben <strong>und</strong> unbearbeitet sein.<br />
Dargestellt werden junge Menschen mit ihrer aktuellen Lieblingskleidung. Der Hintergr<strong>und</strong> für<br />
diese Portraits sollte die landestypische <strong>Um</strong>gebung repräsentieren, z.B. in Deutschland: ein rotes<br />
Backsteinhaus.<br />
Beispiel von EigenArt mit SchülerInnen der IGS List in Hannover:<br />
Zusätzlich sollen alle beteiligten Jugendlichen kurz folgende Fragen beantworten:<br />
· Lieblingskleidung: warum gerade diese?<br />
· Welches ist deine Lieblingsmusik?<br />
· Was isst du gerne?<br />
· Was sind deine Hobbys?<br />
· Welchen Sport magst du am liebsten?<br />
· Wer gehört zu deiner Familie?<br />
· Glauben: gehörst du einer Religionsgemeinschaft an? An was glaubst du?<br />
· Welchen Beruf hättest du gerne?<br />
· Hast du bestimmte Interessen?
4.1.3 Visuelle TageBücher<br />
Innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en – bis 1 Woche (hängt vom gewählten Thema ab) – wird von den Beteiligten<br />
der Fotofilm einer Einwegkamera fotografiert <strong>und</strong> jeweils ein kurzer Text dazu geschrieben.<br />
Der Fokus des Fotografierens liegt auf unserem Projektthema:<br />
<strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt.<br />
Besonders interessant wären fotografische Zeugnisse, die so etwas zeigen wie:<br />
· Welche <strong>Um</strong>welt-Veränderungen nehmt ihr als Schüler wahr? Z. B. solche auf dem<br />
Schulweg/in der <strong>Um</strong>gebung des Elternhauses?<br />
· Oder: ihr nehmt euch vor, einen „um.welt-Traum-Tag“ darzustellen: was wäre wenn?<br />
· Oder: Ihr gebt die Kamera weiter – an die Oma oder den Opa – <strong>und</strong> die erzählen euch <strong>und</strong> mit<br />
der Kamera, was sie noch zum Thema wissen <strong>und</strong> was sich verändert hat.<br />
· Oder: ihr fotografiert ein Thema, z.B. heimische Baumarten.<br />
· Oder: ihr stellt die Schule vor mit ihren <strong>Um</strong>weltschwerpunkten.<br />
· Einige von euch machen dieses Visuelle TageBuch: zwischen Aufstehen <strong>und</strong> Schlafen-Gehen<br />
fotografiert ihr jede St<strong>und</strong>e ein Foto <strong>und</strong> schreibt dazu einen Satz: was macht ihr gerade?<br />
Als Beispiele, wie ein Ergebnis aussehen könnte, hier Visuelle TageBücher der Sibirier.<br />
65
70<br />
4.1.4 Kreatives Schreiben zum Thema um.welt<br />
Eine SchreibWerkstatt hat etwas mit Heuristik zu tun: mit der Kunst der Findung oder auch der<br />
Kunst der Erfindung bzw. der Kunst der Ideenfindung.<br />
Kreatives Schreiben hilft, weg-zu-denken, die wichtigste Fähigkeit, die uns die Kreativität beschert:<br />
Distanz gewinnen zu allem, was uns den Blick verstellt, Perspektivwechsel üben, Dinge sehen, die<br />
wir vorher nicht gesehen haben. So erschließen wir uns die in uns wohnenden Quellen der Phantasie<br />
<strong>und</strong> Intuition.<br />
Albert Einstein schätzte sie mehr als Wissen. „Literarische Phantasie ist ihrem Wesen nach der<br />
Vorstellungskraft gleich, ohne die wissenschaftliche Neuerungen nicht denkbar sind“.<br />
Patricia Highsmith nannte dieses Phänomen: „Die <strong>Welt</strong> ist voller Ideenkeime. … Ganz ideenlos zu<br />
sein ist gar nicht möglich, denn Ideen finden sich überall.“<br />
Das Stärkste, das wir besitzen, sind unsere Gedanken. Jede Aktion, jede Veränderung fängt mit einem<br />
Gedanken an. Kreatives Schreiben fördert die laterale Art zu denken: das Denken auf Seitenwegen,<br />
die Verbindung zwischen scheinbar Belanglosem, das Herstellen von Zusammenhängen, das Wahrnehmen<br />
von Details. Schreiben ist nichts anderes als auf dem Papier denken. Insofern hilft Kreatives<br />
Schreiben auch, Gestaltungskompetenz zu entwickeln, ohne die wir die Folgen <strong>und</strong> Wirkungen von<br />
<strong>Klimawandel</strong>, Veränderung unserer <strong>Um</strong>weltbedingungen oder den Einfluss der Globalisierung auf<br />
unsere Leben nicht gestalten lernen.<br />
In den SchreibWerkstätten realisieren wir auch unseren Anspruch, einen Paradigmenwechsel zu<br />
unterstützen <strong>und</strong> ein um.welt-Bewusstsein zu fördern, bei dem ganzheitliches, vernetztes Denken<br />
<strong>und</strong> Lernen Priorität hat: Kommunikation <strong>und</strong> Bildung müssen über die Vermittlung ökologischer<br />
Zusammenhänge hinaus neue Zugänge zum Verstehen der Wirklichkeit, attraktive Möglichkeiten<br />
zur Veränderung <strong>und</strong> Gestaltung, Kreativität weckende Vermittlungsformen, reflektierte Selbst<strong>und</strong><br />
Fremdwahrnehmung <strong>und</strong> die Integration von ethischen Wertfragen beinhalten.<br />
„Unser Leben ist das Produkt unserer Gedanken“, hat Marc Aurel vor zweitausend Jahren gesagt.<br />
Hier zwei Texte, die in den ersten SchreibWerkstätten des Projekts entstanden sind:<br />
Berlin 2333<br />
Wir schreiben den 3. September im Jahre 2333 nach Christus.<br />
Ich bin eine der letzten Überlebenden in einem Viertel von Berlin. Nun berichte ich, was in den<br />
Jahren nach 2009 geschah.<br />
Nachdem der Naturschutz für Wälder jeglicher Art aufgegeben wurde, wurden die meisten Bäume<br />
gefällt. Damit starben auch fast alle Tierarten aus. Forscher, Wissenschaftler, Naturschützer <strong>und</strong><br />
einige Menschen versuchten zwar den Wald zu retten, hatten mit ihren Forderungen aber keinen<br />
Erfolg. Und so ging das Sterben der Bäume, Wälder <strong>und</strong> Tierarten weiter.<br />
Einige Forscher versuchten widerspenstige Pflanzenarten zu entwickeln. Dieses Experiment wurde<br />
im Jahr 2115 gestartet. 2135 gab es ein erstes Ergebnis.<br />
Es wurde eine Pflanzenart mit eigenem Willen erschaffen. Zunächst schien es zu funktionieren,<br />
denn mit Hilfe dieser Pflanzen erholten sich die Wälder binnen 10 Jahren. Doch das Experiment<br />
verselbständigte sich.
Als Menschen weiterhin versuchten das Abholzen fortzusetzen, begann der Wald sich zu regen. Er<br />
schlug zurück.<br />
Durch den eigenen Willen <strong>und</strong> die eigenen Gefühle, die er entwickelte, vermochte er zu spüren.<br />
Und er begann Hass zu empfinden. Hass gegenüber den Menschen, die es wagten, die Restbestände<br />
seiner Art auslöschen zu wollen. Er zerstörte alles, was sich ihm in den Weg stellte. Er begann die<br />
Existenz der Menschen anzugreifen.<br />
Das Wasser <strong>und</strong> die Pflanzen, die sie zum Leben brauchten, schloss er ein <strong>und</strong> gab selten etwas her.<br />
So verdursteten oder verhungerten viele. Der Wald ließ die Menschheit langsam <strong>und</strong> qualvoll leiden<br />
– bis zum Tod. Er wollte, dass die Humanoide – die in diesen Jahren dümmer waren als Pflanzen<br />
<strong>und</strong> in der Nahrungskette an unterster Stelle standen – so leiden, wie er es vor Jahren getan hatte.<br />
Die Gewalt nahm überhand. Der für sich selbst denkende Wald überfiel <strong>und</strong> tötete die Menschen,<br />
die ihm zu nahe kamen. Einige Menschen wehrten sich, andere ergaben sich in ihrem Schicksal <strong>und</strong><br />
lernten allmählich, in Frieden mit dem Wald zu leben.<br />
Die Wissenschaftler versuchten dieses vor Jahren von ihnen in die Wege geleitete Experiment zu<br />
stoppen – doch vergebens. Die Pflanzen wuchsen weiter <strong>und</strong> breiteten sich aus. Im Jahre 2300<br />
ergaben sich die meisten Menschen ihrem Schicksal. Denn selbst die Jahreszeiten, auf die die<br />
Menschen ihre Hoffnungen setzten, dass der Herbst <strong>und</strong> der Winter die Pflanzen schwächen würden,<br />
zeigten keine Wirkung. Der Wald blieb immergrün, da die Menschen ihn nicht mehr nutzten <strong>und</strong><br />
genügend Nährstoffe im Boden vorhanden waren. Neue Tierarten bildeten sich, ebenso wie immer<br />
wieder neue Pflanzenarten <strong>und</strong> -spezies. Die <strong>Welt</strong> schien sich zu erholen. Das Ozonloch schrumpfte<br />
<strong>und</strong> Naturkatastrophen gab es kaum noch.<br />
Und so hat es den Anschein, als wenn sich durch das fast vollständige Verschwinden der Menschheit<br />
der Planet wohler fühlt.<br />
Nun, im Jahre 2333, schreibe ich dies. Der Wald gewinnt den Kampf um die Herrschaft. Die Zahl der<br />
Menschen in <strong>und</strong> um Berlin ist nunmehr auf einen Restbestand von weniger als 3000 geschrumpft.<br />
Wird sich dieser Rest mit dem Wald <strong>und</strong> der Natur einigen können?<br />
Wir werden sehen, was die Zukunft bringt, die es möglicherweise sonst nicht geben wird.<br />
Berlin, der 3. September 2333.<br />
Autorin: Cheryl-Ann Wilke, 16 Jahre, Ev. Schule Berlin-Zentrum, 2009<br />
71
72<br />
Herrscher des Himmels<br />
Texas.<br />
Glühend heiß brennt die Sonne vom Himmel, ein leiser Wind weht abgestorbene, vertrocknete Äste<br />
übers Land. Wolkenlos ist es, die Luft ist erfüllt von erwartungsvoller Spannung. Ein Reporter<br />
mit Laptop unterm Arm <strong>und</strong> fahrig in die Hose gestopftem Herrenhemd eilt über den schmalen,<br />
planierten Weg. Er darf nicht zu spät kommen, sonst ist sein Job weg. Diese Situation muss er<br />
einfangen, das kommt auf die Titelseite!<br />
Er stößt auf die Gruppe von Menschen, auch die Dorfschule hat sich versammelt. Heute werden<br />
sie eingeweiht, die majestätischen Herrscher des Himmels. Letzte Woche wurde das letze Bauteil<br />
geliefert, heute sind sie startbereit. „3-2-1“, zählt der Bauleiter. Mütter ziehen ihre Kinder beschützend<br />
an die Brust, Männer legen ihren Frauen den Arm um die Schultern. Jetzt geht es los. Die neueste<br />
Technologie ist auch bei ihnen angekommen, in der entlegensten Region von Texas. Mitten in der<br />
Prärie stehen sie fest verwurzelt auf dem sandigen Boden. Noch einmal der Bauleiter: „3-2-1“. Die<br />
Windräder setzen sich in Betrieb. Erst langsam, dann immer schneller.<br />
Wie gebannt starren alle zu den rotierenden weißen Flügeln. Einige fallen sich in die Arme! Der<br />
Fortschritt! In der Ferne taucht eine Kolonie von Vögeln auf. Sie fliegen gen Süden. Direkt auf die<br />
Windräder zu. Kämpfen gegen den Sog, der von den gewaltigen Windrädern ausgeht. Verzweifelt.<br />
Schaffen sie es? Nein! Eines der jüngeren Tiere gerät in den Luftstrudel. Mit einem dumpfen<br />
Geräusch prallt es gegen eines der rotierenden Blätter, taumelt. Fällt zu Boden. Die Kleinsten unter<br />
den Kindern schreien auf. Die Erwachsenen bleiben gelassen. Das ist halt der Preis der neuen<br />
Technologien. Der Bauleiter, der von dem Geschehen gar nichts mit bekommen hat, deutet auf den<br />
großen Scheinwerfer, der an eines der Windräder angeschlossen ist. Er flammt auf. Enthusiastisch<br />
jubelt er: „Es funktioniert, es funktioniert“. Zustimmende Rufe ertönen. Nichts kann den Triumph<br />
des Fortschritts jetzt stören.<br />
Es ist Abend, als die Menge sich zerstreut.<br />
Jetzt, genau ein Jahr später, ist die Ebene leer. Die Hälfte der Bevölkerung, zunächst noch begeistert,<br />
ist vertrieben durch das ständige Lärmen der Windräder. Große Industrieanlagen wurden dazu<br />
gebaut. Einöde. Menschenleer. In Washington ist die Regierung begeistert: „Die Integration<br />
erneuerbarer Energien ist erfolgreich“.<br />
Doch Lebensräume wurden zerstört. Was ist wichtiger? Was ist das kleinere Übel? Welchen Wert<br />
haben die Menschen? Was geschieht mit den Zugvögeln?<br />
Wer ist der Herrscher des Himmels? Der Fortschritt?<br />
Autorin: Karima Jasmin Dziallas, 15 Jahre, Integrierte Gesamtschule List, Hannover, 2009
Übungen zum Kreativen Schreiben<br />
Der besondere Ort<br />
Äußere <strong>und</strong> innere Bilder verbinden sich zu einer Geschichte. Ein in drei Spalten gefaltetes Blatt<br />
hilft beim Aufzeichnen von Notizen im Freien.<br />
Material: A3-Papier, in drei gleich große Spalten gefaltet.<br />
Anleitung:<br />
· Wir suchen einen Ort auf, der uns interessiert oder anzieht.<br />
· Während der ersten zehn Minuten notieren wir alle Wahrnehmungs-Eindrücke (über Augen,<br />
Ohren, Nase, Körper) in der ersten Spalte <strong>und</strong> wählen aus den Notizen drei Begriffe oder Themen<br />
aus, die für uns wichtig sind.<br />
· <strong>Um</strong> diese drei Begriffe herum schreiben wir in den nächsten zehn Minuten unsere Assoziationen<br />
<strong>und</strong> beginnen den Ablauf eines Textes.<br />
· In der dritten Spalte beginnen wir mit dem Text (auch zehn Minuten).<br />
Eindrücke notieren Assoziieren, Ablauf festhalten Text schreiben<br />
Die Kamera im Kopf<br />
Ausgangspunkt ist ein Foto bzw. Bild aus einer Zeitschrift etc. Eine Übung, um Perspektivwechsel<br />
zu üben. Man schreibt aus der Sicht einer Figur bzw. selbst gewählten Position <strong>und</strong> hat dabei „die<br />
Kamera im Kopf“. Je nach Blickwinkel verändert sich die Aussage.<br />
Wo steht die Kamera? Wechselt sie ihren Standort während des Geschehens? Zeigt sie Nahaufnahmen<br />
oder die ganze <strong>Um</strong>gebung? Zeigt sie auch innere Bilder, Gedanken, Gefühle? Die Kamera des Autors<br />
kann auch das Unsichtbare, das Innenleben einer Figur zeigen.<br />
Material: Zeitungen, Zeitschriften, Scheren, Klebstifte.<br />
Anleitung:<br />
· Aus Zeitungen <strong>und</strong>/oder Zeitschriften schneidet sich jeder ein Bild aus, das ihn anspricht/<br />
erzählt.<br />
· Jeder klärt die Gr<strong>und</strong>fragen zu seiner Geschichte: wer, wo, was, Rollen, Ort, Handlung.<br />
· Dann wählt er einen Standort für die Kamera: Entweder den Blickwinkel des Bildes beibehalten<br />
(den Blick von außen), oder in eine Figur hineinsteigen, die Geschichte durch ihre Augen, ihr<br />
Bewusstsein erleben.<br />
73
74<br />
4.2 Good Practice<br />
4.2.1 Beispiele aus Hannover<br />
Die Klimaschutzregion Hannover – das Netzwerk für den Klimaschutz<br />
In der Klimaschutzregion Hannover haben sich die Region <strong>und</strong> die Landeshauptstadt Hannover,<br />
der enercity-Förderfonds proKlima, die Klimaschutzagentur, die Stadtwerke Hannover AG, die<br />
Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft hannoverimpuls GmbH sowie das Kompetenzzentrum für<br />
Energieeffizienz zu einem Netzwerk zusammengeschlossen.<br />
Ziel ist eine drastische Reduzierung der regionalen Treibhausgase <strong>und</strong> gleichzeitig die Sicherung<br />
<strong>und</strong> Schaffung einer möglichst großen Zahl von Arbeitsplätzen. Klimaschutz bedeutet nicht nur<br />
Nutzung erneuerbarer Energien <strong>und</strong> den effizienten Einsatz von Energie in Haushalt, Gewerbe <strong>und</strong><br />
Industrie, sondern er lässt auch innovative Produkte, Dienstleistungen <strong>und</strong> Verfahren entstehen <strong>und</strong><br />
damit neue Märkte. Durch die gebündelten Aktivitäten von Verwaltung, Energieversorger, Förder-,<br />
Marketing- <strong>und</strong> Forschungseinrichtungen gehört die Klimaschutzregion Hannover b<strong>und</strong>esweit zu<br />
den Vorreitern eines aktiven Klimaschutzes.<br />
Klimaschutz erleben!<br />
Ob in Schulen <strong>und</strong> Universitäten oder in der Freizeit, Klimaschutz ist ein wichtiges Thema, das bereits<br />
vielfach bearbeitet wird. In dieser Rubrik ‚Freizeit, Schule <strong>und</strong> Bildung‘ finden PädagogInnen <strong>und</strong><br />
Eltern interessante Aktionen <strong>und</strong> Angebote. Außerdem laden die „Erlebnistouren zum Klimaschutz“<br />
alle ein, <strong>Um</strong>weltprojekte in der Region Hannover zu besuchen – mit der Familie, der Schulklasse<br />
oder anderen Gruppen. 93<br />
Vielfalt des Klimaschutzes<br />
Die Erlebnistouren zum Klimaschutz stellen spannende Projekte in der Region Hannover vor. Es<br />
wird deutlich: Wichtige Beiträge zum Schutz des globalen Klimas werden schon jetzt in unserem<br />
unmittelbaren Lebensumfeld geleistet, sie sind im Alltag machbar.<br />
Die einzelnen Projekte bieten vielfältige <strong>und</strong> neue Sichtweisen auf das Thema Klimaschutz. Alle<br />
zeigen auch Lösungen für die Anwendung energiesparender Maßnahmen im alltäglichen Arbeiten<br />
oder Leben, ermöglichen Gespräche mit Menschen, die diese Projekte entwickelt <strong>und</strong> zum Erfolg<br />
gebracht haben. Und sie geben Anlass zum Staunen, Sehen, Fühlen, Schmecken, Hören <strong>und</strong> manchmal<br />
auch zum Riechen. Erlebnis pur!<br />
Klimaschutzprojekte als Ausflugsziel<br />
Die Erlebnistouren sind für alle am Klimaschutz interessierten BürgerInnen geeignet. Sie<br />
können als Kurztrip am Vormittag, per Tagestour oder auch im Rahmen eines mehrtägigen<br />
Klassenausfluges erk<strong>und</strong>et werden. Alle Tourenziele bieten Führungen oder pädagogische Angebote<br />
für Besuchergruppen an. Mit wenig Aufwand können die Touren per Telefon oder E-Mailanfrage<br />
organisiert werden. Auch der Anreiseweg wird vorgeschlagen, im Sinne des Klimaschutzes, mit<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln.<br />
93 http://www.klimaschutz-hannover.de/Freizeit-Schule-<strong>und</strong>-Bildung.1850.0.html
Hier einige Beispiele für Tourenziele in Hannover:<br />
· Museum für Energiegeschichte(n)<br />
Die Geschichte der Energieanwendung <strong>und</strong> die Sozialgeschichte, die sich dahinter verbirgt, sind<br />
Themen der ständigen Ausstellung im Museum für Energiegeschichte(n) in Hannover. Das Spek-<br />
trum des 1979 gegründeten Museums reicht von ersten Maschinen, mit denen durch Reibung Strom<br />
erzeugt wurde, bis hin zu ersten elektrisch- oder gasbetriebenen Haushaltsgeräten. Die r<strong>und</strong> 1.000<br />
Exponate verteilen sich über 700 m² Ausstellungsfläche auf drei Etagen. Die Besucher können die<br />
technische Entwicklung anhand der ausgestellten Exponate nachvollziehen. Viele Geräte können<br />
auch ausprobiert <strong>und</strong> auf ihren Nutzen getestet werden. Kuriositäten, technische Fehlentwicklungen,<br />
aber auch die alltäglichen Dinge, die so mancher noch aus eigener Anwendung kennt, faszinieren<br />
oder lassen den Betrachter schmunzeln. Der beleuchtete Stopfpilz, klappernde Handstaubsauger,<br />
unförmige Holzbottichwaschmaschinen <strong>und</strong> sogenannte Heißluftduschen zeigen, was pfiffige<br />
Erfinder im Laufe des Industriezeitalters erdacht haben. Ob Glühlampe, Telefon oder Radio – jede<br />
große Erfindung des Industriezeitalters hat ihre eigene, ganz besondere Geschichte – das Museum<br />
für Energiegeschichte(n) hat sie zusammengetragen.<br />
Vorwiegend Kinder <strong>und</strong> Jugendliche lernen im Rahmen des Schulunterrichts bei einer Führung die<br />
begreifbare Technik vergangener Zeiten kennen.<br />
Anschrift: Museum für Energiegeschichte(n), Humboldtstraße 32, 30169 Hannover, Fax: 0511<br />
123116-40241; www.energiegeschichte.de<br />
Ansprechpartner: Ulrike Nevermann (Leiterin /Besucherbetreuung), Tel.: 0511 123116- 34883;<br />
Silvia Schmitz (Stellvertretende Leiterin/Öffentlichkeitsarbeit), Tel.: 0511 123116-31544; Werner<br />
Koch (Referent/Besucherbetreuung), Tel.: 0511 123116-34941<br />
Anreise: Vom Hauptbahnhof mit der Stadtbahn Linie 17 (Richtung Wallensteinstraße) bis zur<br />
Station Humboldtstraße. Dauer gesamt ca. 6 Min. Siehe auch Fahrplanauskunft: www.gvh.de <strong>und</strong><br />
www.efa.de<br />
Methoden: Führung, Filmvorführung, Kinder-Energie-Rallye, Versuche + Experimente<br />
Zeitrahmen: 1 – 1½ St<strong>und</strong>en (Di.–Fr. 9–18Uhr, außer an Feiertagen)<br />
Zielgruppen: Schulen, Familien <strong>und</strong> andere Interessierte<br />
Gruppengröße: 10 – 30 Personen (bei mehr als 30 Personen Führung in zwei Gruppen)<br />
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76<br />
· Öko-Technik-Park<br />
Der Öko-Technik-Park Hannover ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stadtwerke Hannover AG, der<br />
BauBeCon AG, der Epiphanias Kirchengemeinde, des Stadtteilbauernhofes Sahlkamp, der Gr<strong>und</strong>-<br />
schule Hägewiesen <strong>und</strong> der aquaplaner Ingenieurgesellschaft.<br />
26 verschiedene Techniken zur Einsparung von Energie <strong>und</strong> Wasser im Wohnungsbau können<br />
besichtigt werden. Bei der Führung werden Anlagen zur Stromerzeugung <strong>und</strong> Warmwasserbereitung<br />
mit Sonnenenergie, ein Blockheizkraftwerk, eine Wärmepumpe, Kläranlagen zum Recycling von<br />
Abwasser, Anlagen zur Nutzung <strong>und</strong> Versickerung von Regenwasser, Vakuum- <strong>und</strong> Trenntoiletten,<br />
wasserlose Urinale <strong>und</strong> ein Abwasserverdunstungsbeet vorgestellt. Auf dem Stadtteilbauernhof<br />
leben Ponys, Ziegen, Schweine <strong>und</strong> Kleintiere. Im Lehmofen kann man sein eigenes Brot backen.<br />
Wissenswertes<br />
Der Öko-Technik-Park Hannover wurde von den Stadtwerken Hannover 1995 ins Leben gerufen<br />
<strong>und</strong> in den folgenden Jahren ständig erweitert. Auf engstem Raum können hier – in dieser Fülle<br />
b<strong>und</strong>esweit einmalig – ökologische Techniken zur Einsparung von Wasser <strong>und</strong> Energie besichtigt<br />
werden. Insbesondere im Bereich Wasser wird praxisorientierte Forschung betrieben. Die Erfahrungen,<br />
die hier bei Bau <strong>und</strong> Betrieb der Anlagen gesammelt wurden – <strong>und</strong> werden – helfen Planern<br />
bei anderen Projekten effizientere <strong>und</strong> kostengünstigere Lösungen zu realisieren.<br />
Hauptziel des Öko-Technik-Parks ist es herauszufinden, welche Techniken ökologisch sinnvoll sind,<br />
ökonomischen Erfolg bringen <strong>und</strong> außerdem auch alltagstauglich sind.<br />
Ein weiteres wichtiges Projektziel ist die Sensibilisierung der Bevölkerung für umweltrelevante<br />
Themen. Dieser Aufgabe widmen sich vor allem der Stadtteilbauernhof Sahlkamp <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>schule<br />
Hägewiesen. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist es, Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ein Gefühl für<br />
ihre <strong>Um</strong>gebung <strong>und</strong> die Notwendigkeit eines umweltschonenden Verhaltens im Alltag zu vermitteln.<br />
Anschrift <strong>und</strong> Ansprechpartner: aquaplaner Ingenieurgesellschaft, Öffentlichkeitsarbeit,<br />
Zur Bettfedernfabrik 1, 30451 Hannover, Tel.: 0511 35778-44, Fax: 0511 35778-55,<br />
post@aquaplaner.de, www.aquaplaner.de; Standort: Öko-Technik-Park, Hägewiesen 116–118,<br />
Hannover-Sahlkamp, www.oeko-technik-park.de<br />
Ansprechpartner: Claudia Bruns (Bauingenieurin), Uwe Klaus (Bauingenieur),<br />
Tel.: 0511 35778-44<br />
Anreise: Vom Hauptbahnhof Hannover (U-Bahn) mit der Stadtbahn Linie 2 (Richtung Alte<br />
Heide) bis Haltestelle Bahnstrift. Von dort 1 Min. zu Fuß bis zur Epiphanias Kirche. Dauer gesamt<br />
ca. 20 Min. Siehe auch Fahrplanauskunft: www.gvh.de <strong>und</strong> www.efa.de<br />
Themen: Energiesparen (Controlling-System, Wärmedämmung); Erneuerbare Energie<br />
(Sonnenenergie); Effiziente Energienutzung (KWK mit BHKW); Wassersparen, Abwasser-<br />
Recycling, Regenwasser, Gewässerschutz<br />
Methoden: Themenabhängig <strong>und</strong> nach Absprache: Vortrag; Führung<br />
Zeitrahmen: Vortrag – 1 St<strong>und</strong>e; Führung – 1–2 St<strong>und</strong>en<br />
Zielgruppen: Schulen, Familien <strong>und</strong> andere Interessierte<br />
Gruppengröße: nach Absprache<br />
Anmeldung/Kosten: Eine Anmeldung ist erforderlich. Kosten: 60,– Euro je Vortrag, 120,– Euro<br />
je Führung.
· Waldstation Eilenriede – Natur erleben im Stadtwald<br />
„Walderleben zum Anfassen“ bietet die Waldstation Eilenriede. An 28 Außenstationen erfahren nicht<br />
nur junge Besucher viel Spannendes <strong>und</strong> Neues über Wald, Pflanzen, Tiere <strong>und</strong> Boden. So kann z.B.<br />
der Kohlenstoffdioxidkreislauf bearbeitet werden. Die Scheitholz-Heizung der Waldstation zeigt vor<br />
Ort den Einsatz des Brennstoffes Holz. Schulklassen können in der Waldstation lernen <strong>und</strong> zum<br />
Teil auch ausprobieren, wie nachhaltige Waldwirtschaft mit ihren Pflegemaßnahmen funktioniert.<br />
Was beim Fällen von Bäumen alles beachtet werden muss, wird in der angrenzenden Eilenriede bei<br />
sogenannten Schaufällungen erläutert <strong>und</strong> vorgeführt. Auch Führungen durch die Eilenriede kann<br />
man über die Waldstation vereinbaren. An Projekttagen besteht die Möglichkeit, z.B. selbst Fackeln<br />
zu bauen.<br />
Wissenswertes<br />
Im Frühjahr 2004 wurden die Tore der Waldstation für alle interessierten Menschen – große <strong>und</strong><br />
kleine – geöffnet. Die Waldstation befindet sich im Herzen von Hannover am Rand des großen<br />
Stadtwaldes Eilenriede auf einer Fläche von 3,7 ha. Das Team der Waldstation hat die Themen des<br />
ehemaligen Vogelschutzgehölzes aufgegriffen <strong>und</strong> entwickelt das Konzept ständig weiter. Hier sind<br />
Anfassen, Mitmachen <strong>und</strong> Experimentieren ausdrücklich erwünscht. Es ist sowohl möglich, das<br />
Gelände auf eigene Faust zu erk<strong>und</strong>en, als auch an Führungen zu ausgesuchten Themen wie zum<br />
Beispiel Bäume oder Bodenlebewesen teilzunehmen. Auch für Lehrkräfte werden Veranstaltungen<br />
angeboten.<br />
Anschrift: Waldstation Eilenriede, Kleestraße 81, 30625 Hannover, Tel.: 0511 5331181,<br />
www.waldstation-eilenriede.de<br />
Ansprechpartnerin: Elisabeth von Drachenfels (Dipl.-lng. Landespflege), Leitung der<br />
Waldstation Eilenriede, Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Stadtgrün, Am<br />
Pferdeturm 1, 30635 Hannover, Tel.: 0511 168-45787, Fax: 0511 168-48215,<br />
elisabeth.vondrachenfels@hannover-stadt.de<br />
Anreise: Vom Hauptbahnhof Hannover mit der Stadtbahn Linie 3, 7 oder 9 (Richtung<br />
Altwarmbüchen, Fasanenkrug oder Lahe) bis zur Station Spannhagengarten, weiter mit dem Bus<br />
Linie 137 (Richtung Hannover/Pferdeturm) bis Haltestelle Stadtfelddamm, von dort ca. 5 Min. zu<br />
Fuß. Dauer gesamt ca. 30 Min. Oder spazieren Sie durch die Eilenriede vom Kantplatz ausgehend<br />
parallel zur Kleestraße bis zur Waldstation. Siehe auch Fahrplanauskunft:<br />
www.gvh.de <strong>und</strong> www.efa.de<br />
Themen: Lebensraum Wald; Nachhaltige Waldwirtschaft; CO2-Kreislauf<br />
Methoden: Altersgemäße Führungen; Wunsch-Schulthemen; Holz- /Medienwerkstatt;<br />
Naturerfahrung; Aktionen; Bodenlernen; Keschern; Stationslernen; Projekttag /-woche<br />
Zeitrahmen: nach Vereinbarung, 1 St<strong>und</strong>e bis ½ –1 Tag<br />
Zielgruppen: Schulen, Familien <strong>und</strong> andere Interessierte<br />
Gruppengröße: Klassen oder Kitagruppen werden geteilt.<br />
Anmeldung/Kosten: Eine Anmeldung zur Teilnahme an den Angeboten ist erforderlich, Kosten<br />
richten sich nach Art <strong>und</strong> Dauer der Aktion: Führung <strong>und</strong> kleine Holzbastelaktion 2,– Euro/Kind,<br />
2 erwachsene Begleitpersonen sind frei, Erwachsene 3,– Euro/Person.<br />
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78<br />
Flyer Stationenführer: 2,– Euro (um auf eigene Faust das Gelände <strong>und</strong> die 28 Erlebnisstationen zu<br />
erk<strong>und</strong>en). Die eigenständige Erforschung der Waldstation im Rahmen der Öffnungszeiten ist<br />
ohne Anmeldung <strong>und</strong> kostenfrei möglich.<br />
Weitere Informationen unter: http://www.klimaschutz-hannover.de<br />
Klimazeugen besuchen Schulen<br />
Der Verein „JANUN e.V. Region Hannover“, besucht zusammen mit drei Klimazeugen aus der<br />
Polarregion, niedersächsische Schulen.<br />
Dabei wird das noch abstrakte Thema des <strong>Klimawandel</strong>s durch die Berichte der internationalen<br />
Gäste, VertreterInnen indigener Völker aus Sibirien, Nordnorwegen <strong>und</strong> Grönland, konkret.<br />
Teilnahmebeitrag pro SchülerIn: 2 Euro.<br />
Weitere Infos / Anmeldung:<br />
JANUN e. V., Seilerstr. 12, 30171 Hannover Tel. 0511-5909190, buero@janun-hannover.de
4.2.2 Beispiel aus Münster<br />
BürgerPakt für Klimaschutz in Münster<br />
Münster packt‘s! Der BürgerPakt für Klimaschutz ist ein wichtiges Thema in Münster. Klimaschutz<br />
hat hier Tradition <strong>und</strong> die Stadt ist dafür sogar von der Deutschen <strong>Um</strong>welthilfe mit dem Titel<br />
„B<strong>und</strong>eshauptstadt im Klimaschutz“ ausgezeichnet worden. Trotzdem will man sich jetzt nicht<br />
auf den Lorbeeren ausruhen, sondern der Klimaschutz soll weiter voran getrieben werden. Dazu<br />
gibt es einen „Klimapakt“, der folgendermaßen aussieht: MünsteranerInnen können eine Selbstverpflichtung<br />
unterzeichnen, um durch einfache Maßnahmen in ihrem ganz persönlichen Alltag<br />
dazu beizutragen, das Klima zu schützen! Gleichzeitig bemüht sich jeder darum, eine weitere Person<br />
aus dem Fre<strong>und</strong>es- oder Bekanntenkreis zu gewinnen, ebenfalls etwas für den Klimaschutz zu<br />
machen. So soll die Idee weiter verbreitet werden <strong>und</strong> es soll zum „Schneeball-Effekt“ kommen.<br />
Mit Hilfe der BürgerInnen will die Stadt dem selbst gesteckten Ziel, bis 2020 wenigstens 40%<br />
Kohlendioxid einzusparen, ein gutes Stück näher kommen.<br />
<strong>Klimawandel</strong> ist längst kein fernes Zukunftsthema mehr nur für Experten oder Politiker auf<br />
Gipfeltreffen. Er findet bereits statt – <strong>und</strong> seine Auswirkungen treffen uns alle. Die gute Nachricht:<br />
Noch ist der Trend zu stoppen, der Schaden zu begrenzen – wir können etwas tun. Deshalb<br />
brauchen wir die Unterstützung aller Menschen, denn es sind neben den Anstrengungen auf<br />
nationaler <strong>und</strong> weltweiter Ebene gerade die vielen kleinen Verhaltensänderungen im Alltag, die<br />
einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz liefern.<br />
Die Maßnahmen zum aktiven Klimaschutz, zu denen man sich verpflichtet wenn man am Klimapakt<br />
teilnehmen will, gibt es neben der „Erwachsenen-Fassung“ auch noch in einer Jugendausgabe unter<br />
dem folgenden Link:<br />
http://www.muenster.de/stadt/umwelt/pdf/KlimaPakt-Formular-U20.pdf.<br />
Das Ganze sieht folgendermaßen aus:<br />
Ja – ich pack mit an!<br />
Ich trete Münsters BürgerPakt für Klimaschutz bei, indem ich mich selbst verpflichte,<br />
1. mindestens zwei herkömmliche Glühbirnen durch Energiesparlampen oder LED- Leuchten<br />
auszutauschen,<br />
2.ab sofort bei PC, TV- <strong>und</strong> Videogerät den Standby-Betrieb durch komplettes Ausschalten (z.B.<br />
per Steckerleiste) zu vermeiden,<br />
3.pro Woche mindestens eine Kurzstrecke nicht im Pkw, sondern mit Rad oder Bus zurückzulegen,<br />
4.innerhalb der nächsten 4 Wochen mindestens eine Person in Nachbarschaft, Fre<strong>und</strong>es- oder<br />
Bekanntenkreis über den BürgerPakt für Klimaschutz zu informieren, mit dem Ziel, sie für die<br />
Teilnahme zu gewinnen,<br />
5.aus der folgenden Liste mindestens zwei Maßnahmen auszuwählen <strong>und</strong> umzusetzen, die meine<br />
persönliche Klimabilanz verbessern:<br />
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80<br />
· Den normalen Duschkopf gegen ein Wassersparmodell austauschen (230 kg)<br />
· Die Wäsche natürlich statt elektrisch trocknen (280 kg)<br />
· Die Raumtemperatur durchschnittlich um 1°C absenken (300 kg)<br />
· Die Heizung für Nacht- <strong>und</strong> Abwesenheitszeiten um 3°C abregeln (440 kg)<br />
· Stoßlüftung statt Kipplüftung während der Heizperiode<br />
· PC <strong>und</strong> Bildschirm bei absehbarer Nichtbenutzung ausschalten<br />
· Auf Ökostrom umsteigen (520 kg)<br />
· Licht ausschalten beim Verlassen eines Raums (270 kg)<br />
· Ein Auto abschaffen (mind. 1.000 kg)<br />
· Den eigenen CO2-Verbrauch gründlich auf mögliche Verbesserungen untersuchen<br />
(z.B. www.uba.klima-aktiv.de)<br />
· Als Hausbesitzer: Einen Energiecheck für mein Haus durchführen lassen<br />
· Sonstiges:<br />
Außerdem notiere ich mir hier meine ganz persönliche „Klima-Macke“ <strong>und</strong> überlege, was sich da tun<br />
lässt (geht nur mich was an!).<br />
<strong>Um</strong> die Bemühungen nicht nur auf Münster zu beschränken, gibt es seit 1998 auch Klimaschutz-<br />
partnerschaften mit anderen Städten <strong>und</strong> Ländern.<br />
Diese Partnerschaften haben zum Ziel, klimarelevante Maßnahmen <strong>und</strong> Projekte in anderen<br />
Ländern zu unterstützen. Die Projekte sollen folgende Ansätze verfolgen:<br />
· die Nutzung regenerativer Energien vor Ort ermöglichen,<br />
· die rationelle Energienutzung vor Ort fördern,<br />
· die Auswirkungen von klimabedingten <strong>Um</strong>weltkatastrophen mindern,<br />
· eine Verbindung zu Gruppen oder Projekten in Münster vorweisen oder anstreben, wodurch der<br />
Partnerschaftsgedanke nach Münster transportiert wird (z.B. durch Schulpartnerschaften).<br />
Seit 1998 werden eine Vielzahl an interessanten Maßnahmen <strong>und</strong> Aktionen weltweit (Afrika, Indien,<br />
Südamerika, Osteuropa) durchgeführt, Informationen unter folgendem Link:<br />
http://www.muenster.de/stadt/umwelt/pdf/Klimaschutzpartnerschaften2008.pdf.<br />
Zusätzlich gibt es von der Stadt Münster viele gute Tipps zum Klimaschutz im Alltag. Hier eine<br />
kleine Auswahl davon:<br />
1. Energiesparen mit Komfort<br />
Auf Komfort will <strong>und</strong> soll keiner verzichten – doch muss Ihr Fernseher wirklich startbereit sein,<br />
wenn Sie gemütlich im Bett schlafen oder fleißig im Büro Ihre Akten wälzen?<br />
Schalten Sie Ihren Fernseher nach dem gemütlichen Fernsehabend doch nicht nur über die<br />
Fernbedienung aus, sondern betätigen Sie den Schalter am Gerät. Der Knopfdruck am nächsten<br />
Abend ist nicht aufwendig <strong>und</strong> danach können Sie wieder normal alle Programme anwählen. Zwei<br />
Großkraftwerke laufen in Deutschland für den sinnlosen Stand-by Verbrauch von Elektrogeräten.
2. Braucht mein Steckernetzteil wirklich Strom?<br />
Die versteckten Stromfresser machen uns manchmal das Leben schwer, denn man merkt sie nicht.<br />
Wussten Sie, dass z.B. das externe Netzteil Ihres Handys, MP3-Players oder der elektrischen<br />
Zahnbürste auch Strom braucht, wenn das Gerät gar nicht geladen wird? Den Energieverbrauch<br />
kann man sogar spüren: Das Netzteil fühlt sich warm an, wenn es die ganze Zeit in der Steckdose<br />
wartet. Da hilft nur, das Netzteil zu ziehen. Moderne Mobiltelefone unterstützen ihre Nutzer, indem<br />
sie sich bemerkbar machen, wenn der Ladevorgang abgeschlossen ist.<br />
3. Kurzstrecken lieber strampeln – das hält fit!<br />
Wussten Sie, dass 50% aller Autofahrten kürzer als 5 km sind? Bevor der Motor die optimale<br />
Betriebstemperatur erreicht hat <strong>und</strong> der Katalysator gut arbeiten kann, wird das Auto also schon<br />
wieder abgestellt. Die einfachste Sparmaßnahme bei dieser Streckenlänge: Öfter mal umsteigen!<br />
Rad fahren kostet keinen Sprit <strong>und</strong> hält fit. Und wenn das Wetter allzu abschreckend sein sollte: Bus<br />
fahren. Das tut nicht nur der <strong>Um</strong>welt gut, sondern ist viel kommunikativer als einsames Staustehen<br />
im Berufsverkehr.<br />
4. Die Sparbrause halbiert Ihre Duschkosten<br />
Duschen macht Spaß <strong>und</strong> erfrischt am trüben Morgen so richtig. Doch auch das hat seinen Preis,<br />
denn Wasser ist ein teures Gut. Die Wasserreserven sind endlich <strong>und</strong> für die Reinigung wird viel<br />
Energie aufgewendet. Dabei kann man mit wenig Aufwand Wasser sparen: durch Sparduschköpfe.<br />
Statt 15 bis 17 Liter rauschen da nur etwa sieben bis zehn Liter Wasser pro Minute durch. Die<br />
Duschköpfe sind im Fachhandel ab 20€ zu haben. Allein mit den Einsparungen beim Wasser hat<br />
sich das nach einem Jahr bei täglicher Dusche gerechnet. Dabei sind die Einsparungen für das<br />
Erwärmen des Wassers noch gar nicht eingerechnet.<br />
5. It‘s cool man – Eiszeit im Kühlschrank!<br />
Sie schauen in den Kühlschrank <strong>und</strong> denken, ja der muss auch mal wieder abgetaut werden. Wenn<br />
das der Fall ist, sollten Sie es wirklich machen! Denn Reifbildung im Kühlschrank verringert die<br />
Kühlleistung <strong>und</strong> erhöht den Energieverbrauch. Hier hilft nur regelmäßiges Abtauen. Zu schnelles<br />
Vereisen deutet übrigens auf ein schlechtes Schließen der Tür. Überprüfen Sie daher immer mal<br />
wieder die Türdichtungen. Sparen können Sie außerdem, indem Sie nicht zu stark kühlen. Bei<br />
sieben Grad Celsius im Kühlschrank werden 15 % weniger Energie verbraucht als bei einer Kühlung<br />
auf fünf Grad. Das sind je nach Gerät zwischen 10 <strong>und</strong> 20 Kilowattst<strong>und</strong>en pro Jahr oder 2 bis 4€.<br />
6. Papier – ist doch immer da, oder?<br />
Papier brauchen wir alle täglich – genauso wie Strom <strong>und</strong> Wasser – <strong>und</strong> das ist immer da, oder? Die<br />
Herstellung von Papier ist sehr aufwendig <strong>und</strong> kostet viel Energie, zudem ist Holz eine Ressource<br />
mit der wir sparsam umgehen sollten. Auch das ist Klimaschutz! Den Papierverbrauch kann man<br />
mit ganz einfachen Tricks deutlich reduzieren. Denken Sie daran, alles hat zwei Seiten:<br />
Nutzen Sie die Rückseite von alten Schriftstücken als Konzeptpapier.<br />
Moderne Drucker <strong>und</strong> Kopierer haben ein sogenanntes Duplex-Fach, mit dem Sie komfortabel<br />
beidseitig drucken können. Ansonsten können Sie das Papier auch einfach von der anderen Seite<br />
erneut einlegen.<br />
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82<br />
Überlegen Sie, ob jeder Computerausdruck sein muss oder ob’s auch ohne geht. So manche Datei<br />
liegt besser auf der Festplatte als im Papierstapel.<br />
7. Der Bildschirmschoner als heimlicher Stromfresser<br />
Die bunten Toaster fliegen, die Eisenbahn schnauft <strong>und</strong> die Fische schwimmen im Aquarium über<br />
den Bildschirm. Jeder kennt sie, die schönen lustigen Bildschirmschoner, die uns die Arbeit am PC<br />
versüßen sollen. Doch die Fre<strong>und</strong>e haben es in sich!<br />
Eine Messung des Verbrauchs für das beliebte Aquarium als Bildschirmschoner hat beispielsweise<br />
ergeben, dass dieser mehr Strom verbraucht als ein echtes Aquarium! Verzichten Sie also besser<br />
auf diese kostspielige Unterhaltung. Aktivieren Sie lieber über die Systemsteuerung in der<br />
Energieverwaltung Ihres Rechners die Funktion „Monitor ausschalten“. Je nach Einstellung fährt<br />
der Bildschirm so bei Nichtnutzung automatisch in den Ruhemodus. Abhängig vom Modell sinkt<br />
der Stromverbrauch um bis zu 90%.<br />
8. Volle Ladung für die Waschmaschine<br />
Jede Hausfrau <strong>und</strong> jeder Hausmann kennt das Thema – heute ist wieder Waschtag! Doch was die<br />
meisten nicht wissen, dass man beim Wäschewaschen richtig Stromsparen kann <strong>und</strong> damit das<br />
Klima schützt. Ihre Waschmaschine sollten Sie nur dann in Betrieb nehmen, wenn sich so viel<br />
Wäsche angesammelt hat, dass die Trommel gut gefüllt ist. Wenn das nicht klappt, nehmen Sie doch<br />
das Sparprogramm. Das haben die meisten Geräte. Auf Vor- <strong>und</strong> Kochwäsche können Sie heutzutage<br />
meist verzichten – bei sehr hartnäckigen Verschmutzungen reichen 60°C immer aus. Denn je höher<br />
die Waschtemperatur, desto höher auch der Stromverbrauch. Sie sparen die Hälfte an Strom, wenn<br />
Sie Ihre Wäsche statt mit 60 °C nur mit 40°C waschen. Bei 30°C ist es nur noch ein Drittel.<br />
9. Die Spülmaschine ist ein Klimaschützer<br />
Gut gespeist, voller Bauch, meist steht jetzt aber noch der Abwasch an. Statt wie früher alles per<br />
Hand zu spülen, gibt es heute in den meisten Haushalten einen praktischen Helfer, der diese<br />
Aufgabe erledigt: die Spülmaschine. Und wussten Sie, dass der Spülvorgang mit einer voll beladenen<br />
Maschine auch viel sparsamer ist als das Spülen per Hand. Als goldene Regel gilt also: Nicht alles<br />
einzeln mit der Hand spülen, sondern immer nur bei vollem Geschirrspüler spülen – das schont die<br />
<strong>Um</strong>welt! Intensivprogramme nur wählen, wenn der Verschmutzungsgrad wirklich extrem hoch ist.<br />
10. Klimaschutz beim Einkaufen? Wie geht das denn?<br />
Schon beim Einkauf können Sie einen wirkungsvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Lange<br />
Transportwege bedeuten ebenso mehr Treibhausgase wie eine energiereiche Lebensmittelerzeugung.<br />
Die Zucht von Gemüse oder Obst im Freiland etwa belastet das Klima deutlich weniger als die<br />
in Treibhäusern. Klimabewusst einkaufen heißt: Verpackungsmüll vermeiden sowie bevorzugt<br />
regionale <strong>und</strong> saisonale Produkte kaufen. Beispielsweise Kartoffeln, Äpfel <strong>und</strong> Spargel von Höfen<br />
im Münsterland statt weitgereister Importware. 94<br />
94 http://www.muenster.de/stadt/umwelt/klimapakt.html; Alle Tipps entnommen: http://www.muenster.de/stadt/umwelt/klimaschutz-tipps.html.
4.2.3 Beispiele aus Göttingen<br />
Bioenergiedorf Jühnde<br />
Ein Dorf erzeugt seine benötigte Energie (Strom <strong>und</strong> Wärme) selbst auf der Basis von<br />
Biomasse.<br />
Jühnde ist Deutschlands erstes Bioenergiedorf, das seinen Wärmebedarf <strong>und</strong> den verbrauchten<br />
Strom selbst über nachwachsende Rohstoffe erzeugt. Die Energieanlage besteht aus einer Biogasanlage<br />
<strong>und</strong> einem Biomasse-Heizwerk. Ein Nahwärmenetz bringt die Energie zu den Haushalten.<br />
Das besondere an diesem Vorhaben: Das ganze Dorf macht mit. Circa 70% der Häuser werden<br />
angeschlossen <strong>und</strong> stellen Energieversorgung auf umweltschonende Technik um. Landwirte,<br />
Gemeinde <strong>und</strong> Verbraucher haben sich in einer Genossenschaft organisiert <strong>und</strong> ihre Energiever-<br />
sorgung selbst in die Hand genommen. Unterstützt durch wissenschaftliche Begleitforschung des<br />
IZNE in Göttingen. Mittlerweile folgen viele Gemeinden dem Vorbild Jühnde. Das Projekt wurde<br />
durch die FNR e. V. wesentlich gefördert.<br />
Weitere Informationen: www.bioenergiedorf.de<br />
<strong>Welt</strong>Garten Witzenhausen (WeGa)<br />
Der <strong>Welt</strong>Garten ist ein Bildungsprojekt verschiedener Institutionen, die in der entwicklungspoli-<br />
tischen Bildungsarbeit aktiv sind: Deutsches Institut für tropische <strong>und</strong> subtropische Landwirtschaft<br />
(DITSL); Arbeitskreis Eine <strong>Welt</strong> e.V.; Internationales Bildungszentrum Witzenhausen (IBZW);<br />
Ökumenische Werkstatt Kassel der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW); Regio-<br />
nale Bildungsstelle Nord (Bildung trifft Entwicklung) sowie Tropengewächshaus Witzenhausen der<br />
Universität Kassel.<br />
Die Erfahrungen <strong>und</strong> Bildungsangebote der Kooperationspartner fließen in dem Projekt <strong>Welt</strong>Garten<br />
in eine gemeinsame Bildungsarbeit zusammen, die am Standort Witzenhausen an folgenden<br />
außerschulischen Lernorten umgesetzt wird: Tropengewächshaus, <strong>Welt</strong>laden, Völkerk<strong>und</strong>emuseum<br />
<strong>und</strong> Historische Fachbibliothek. Der <strong>Welt</strong>Garten will auf anschauliche <strong>und</strong> leicht verständliche<br />
Weise Verbindungen zwischen unserem Alltag hier <strong>und</strong> dem Leben in den Ländern des Südens<br />
herstellen <strong>und</strong> ein Bewusstsein für komplexe globale Zusammenhänge schaffen. Außerdem sollen<br />
gemeinsam individuelle Einflussmöglichkeiten für eine nachhaltige Entwicklung erarbeitet werden.<br />
Der <strong>Welt</strong>Garten bietet für Schulklassen <strong>und</strong> andere Gruppen vielfältige Möglichkeiten, Neues<br />
zu entdecken. Das Programm reicht von ein- bis mehrstündigen Veranstaltungen bis zu Projekt-<br />
tagen <strong>und</strong> mehrtägigen Klassenfahrten. Daneben umfasst das Angebot auch die Fortbildung<br />
von Multiplikatoren. Einzelbesucher <strong>und</strong> -besucherinnen können die Lernorte zu den jeweiligen<br />
Öffnungszeiten besuchen.<br />
Weitere Informationen: www.weltgarten-witzenhausen.de<br />
83
84<br />
4.3 Arbeits- <strong>und</strong> Unterrichtsmaterialien 95 zu<br />
<strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />
4.3.1 <strong>Klimawandel</strong><br />
1. Klimaschutz To Go – was geht an Schulen?<br />
Du findest Klimaschutz wichtig? Perfekt! Dieses Heft hilft dir bei deinen ersten Schritten zum<br />
Klimaschützer. Mach deine Schule ein Stück besser. Viele Tipps kannst du auch zu Hause gut<br />
brauchen. Doch wenn du es schaffst, an deiner Schule etwas zu ändern, ist das wirklich genial. Eine<br />
Schule braucht nämlich meist extrem viel Energie. Das kostet Geld <strong>und</strong> schadet dem Klima. Viel<br />
davon kann man sparen. Du findest bestimmt ein paar Mitstreiter, die dir helfen. Und dann merken<br />
auch andere, dass sie etwas tun können. Fang du doch schon mal an!<br />
Herausgeber:<br />
B<strong>und</strong>esministerium für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit<br />
Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />
11055 Berlin<br />
Link für weitere Bestellungen:<br />
http://www.bmu.de/bestellformular/content/4159.php#Klima<br />
BMU: Klimaschutz To Go – Was geht an Schulen? (Stand: Februar 2009) – 3705<br />
2. Klimagerechtigkeit<br />
Inzwischen herrscht aufgr<strong>und</strong> der wissenschaftlichen Erkenntnisse eine breite Einigkeit, dass<br />
der Mensch einen Einfluss auf das <strong>Welt</strong>klima hat. Klar ist, es muss etwas getan werden. Kann die<br />
Verantwortung zur Rettung des Klimas gerecht auf die Verursacher verteilt werden?<br />
Diese Frage steht im Mittelpunkt der Themenblattausgabe. In einem schlüssigen Aufbau werden<br />
menschliche Einflüsse auf das Klima, globale Verursacher <strong>und</strong> Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s sowie eine<br />
mögliche Problemlösung zur Analyse <strong>und</strong> Beurteilung gestellt.<br />
Herausgeber:<br />
B<strong>und</strong>eszentrale für politische Bildung<br />
Adenauerallee 86<br />
53113 Bonn<br />
Link für weitere Bestellungen:<br />
http://www.bpb.de/publikationen/7R9CZ5,0,0,Klimagerechtigkeit.html<br />
· Themenblätter im Unterricht (Nr. 73): Klimagerechtigkeit (Bestellnummer: 5966; Bereitstellungspauschale:<br />
0,00€)<br />
Hinweis: Das Themenblatt ist auch als PDF-Version vorhanden.<br />
95 Originalmaterialien sind in der BücherKiste vorhanden. Weiteres Arbeits- <strong>und</strong> Unterrichtsmaterialien finden Sie auf der in<br />
diesem <strong>Handbuch</strong> beiliegenden CD.
3. Klimaschutz <strong>und</strong> Klimapolitik<br />
Themen:<br />
· Klimaforschung – Eine Zeitreise durch das Klima<br />
· Patient <strong>Welt</strong>klima – Welche Folgen hat der <strong>Klimawandel</strong>?<br />
· Woher kommt die dicke Luft – CO2-Emissionen <strong>und</strong> die Verursacher<br />
· Wer rettet die <strong>Welt</strong> – Klimaschutz <strong>und</strong> Klimapolitik in Deutschland <strong>und</strong> weltweit<br />
· Einmal Zukunft <strong>und</strong> zurück – Szenarien für die Entwicklung unseres Klimas<br />
Neben vielen Aspekten aus den Bereichen Biologie, Chemie, Physik <strong>und</strong> Erdk<strong>und</strong>e berührt das<br />
Thema Klimaschutz besonders auch die internationale Politik. In der Bildungsmaterialie wird auch<br />
der Oscar-Prämierte Film von Al Gore „Eine unbequeme Wahrheit“ thematisiert. Im Rahmen einer<br />
BMU-Aktion haben 6000 Schulen b<strong>und</strong>esweit den Film für Unterrichtszwecke erhalten.<br />
Herausgeber:<br />
B<strong>und</strong>esministerium für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit (BMU)<br />
Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />
11055 Berlin<br />
Link für weitere Bestellungen:<br />
http://www.bmu.de/bestellformular/content/4159.php#Bildungsmaterialien<br />
BMU: Klimaschutz <strong>und</strong> Klimapolitik (Sek I/II; Schülerarbeitsheft) – 2935<br />
4.3.2 <strong>Biodiversität</strong><br />
4. Biologische Vielfalt – Materialien für Bildung <strong>und</strong> Information<br />
Die vorliegenden Bildungsmaterialien zur Biologischen Vielfalt umfassen insgesamt drei Unterrichtssets<br />
mit Arbeitsblättern für die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, Handreichungen für Lehrkräfte<br />
<strong>und</strong> ergänzende Infoblätter. Anhand der Themen Bionik, Biosphärenreservate <strong>und</strong> Nationalparks<br />
<strong>und</strong> Globale Artenvielfalt sollen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler Kompetenzen im Bereich Naturschutz<br />
entwickeln <strong>und</strong> Verständnis für die Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung gewinnen.<br />
Herausgeber:<br />
B<strong>und</strong>esministerium für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit<br />
Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />
11055 Berlin<br />
Link für weitere Bestellungen:<br />
http://www.bmu.de/bestellformular/content/4159.php#Natur<br />
BMU: Biologische Vielfalt (Sek I/II; Schülerarbeitsheft) – 3703<br />
Hinweis: Biologische Vielfalt (Sek I/II; Schülerarbeitsheft + Lehrerhandreichung) ist nur als<br />
Download verfügbar.<br />
85
86<br />
5. Bedrohte Vielfalt – <strong>Biodiversität</strong><br />
Wozu muss <strong>und</strong> wie kann Biologische Vielfalt erhalten werden? Diese inzwischen nicht nur<br />
naturwissenschaftlichen, sondern auch global-politischen Fragen befinden sich – stark umstritten<br />
– in einem Spannungsfeld zwischen Ökologie, Ökonomie, Gesellschaft, Politik, Kultur <strong>und</strong> Wissen-<br />
schaft.<br />
In diesem Zusammenhang definieren die Themenblätter die Biologische Vielfalt. Neben individuellen<br />
Lösungsmöglichkeiten gegen das Artensterben steht die Untersuchung eines exemplarischen<br />
Konfliktfalls mit entsprechenden Perspektiven <strong>und</strong> Argumenten beteiligter Akteure im Mittelpunkt.<br />
Herausgeber:<br />
B<strong>und</strong>eszentrale für politische Bildung<br />
Adenauerallee 86<br />
53113 Bonn<br />
Link für weitere Bestellungen:<br />
http://www.bpb.de/publikationen/J6KJZB,0,0,Bedrohte_Vielfalt_%96_Biodiversit%E4t.html<br />
Themenblätter im Unterricht (Nr.75): Bedrohte Vielfalt – <strong>Biodiversität</strong> (Bestellnummer: 5968;<br />
Bereitstellungspauschale: 0,00€)<br />
Hinweis: Das Themenblatt ist auch als PDF-Version vorhanden.<br />
6. Der Wolf macht Schule<br />
Der NABU (Naturschutzb<strong>und</strong> Deutschland e.V.) hat, gefördert vom B<strong>und</strong>esamt für Naturschutz<br />
(BfN), Materialien r<strong>und</strong> um das Thema Wolf zusammengestellt. Auf den Seiten des Bildungsservice<br />
sind ab sofort Unterrichtsmaterialien für die Klassen 5 bis 10 mit Hintergr<strong>und</strong>informationen sowie<br />
Kopiervorlagen für LehrerInnen <strong>und</strong> SchülerInnen abrufbar. Die Materialien sind für die Fächer<br />
Biologie, Politik, Deutsch <strong>und</strong> Englisch aufbereitet worden <strong>und</strong> orientieren sich wie alle BMU-<br />
Bildungsmaterialien an der Bildung für nachhaltige Entwicklung.<br />
Zum Beispiel: Materialien für den Biologie-Unterricht<br />
Die <strong>Welt</strong> der Wölfe<br />
Geeignet für die Klassen 5–6<br />
Dauer: 2–3 Unterrichtsst<strong>und</strong>en<br />
Inhalte: Gr<strong>und</strong>legende biologische Prinzipien am Beispiel Wolf<br />
Wölfe in Europa – Ein Fall für den Artenschutz?!<br />
Geeignet für die Klassen 8–10<br />
Dauer: 2–4 Unterrichtsst<strong>und</strong>en<br />
Inhalte: Einblicke in <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Artenschutz; Artenschutz am Beispiel Wolf<br />
Herausgeber:<br />
NABU – Naturschutzb<strong>und</strong> Deutschland e.V.<br />
Charitéstraße 3<br />
10117 Berlin
Link für den Download der Unterrichtsmaterialien:<br />
http://www.bmu.de/publikationen/bildungsservice/bildungsmaterialien/sek<strong>und</strong>arstufe/doc/<br />
44487.php<br />
· PDF (Materialien für den Biologie-/Deutsch-/Englisch- <strong>und</strong> Politik- Unterricht) auf der CD im<br />
<strong>Handbuch</strong> vorhanden!<br />
7. Home – Dokumentarfilm des französischen Fotografen<br />
<strong>und</strong> <strong>Um</strong>weltschützers Yann Arthus-Bertrand (2009)<br />
Der Zuschauer soll bewusster mit den endlichen Ressourcen umgehen lernen, <strong>und</strong> seine Heimat<br />
Erde als Lebensraum für sich selbst <strong>und</strong> seine Kinder <strong>und</strong> Kindeskinder erhalten. <strong>Um</strong> möglichst<br />
viele Menschen mit Ihrer Botschaft zu erreichen, zeigen die Macher des Films ihr Werk nicht nur in<br />
den Kinos der <strong>Welt</strong>. Auch im Internet kann <strong>und</strong> sollte ihn sich jeder einmal ansehen.<br />
Der Film ist im Internet unter: http://www.youtube.com/watch?v=IbDmOt-vIL8 zu sehen.<br />
Hierfür kann der VCL-Mediaplayer kostenlos unter: http://www.chip.de/downloads/VLC-media-<br />
player_13005928.html heruntergeladen werden.<br />
4.3.3 Kulturelle Vielfalt<br />
8. <strong>Welt</strong>Frühstück – So frühstückt die <strong>Welt</strong>!<br />
Ernährung <strong>und</strong> Kultur<br />
Die Aktion <strong>Welt</strong>Frühstück ist eine Aktion der <strong>Welt</strong>hungerhilfe, die Ernährung <strong>und</strong> Kultur in sich<br />
vereinigt. Die Aktion wurde speziell für Schulen <strong>und</strong> andere Bildungseinrichtungen entwickelt.<br />
Überall auf der <strong>Welt</strong> gilt: Mit hungrigem Magen kann man nicht lernen!<br />
Ein ges<strong>und</strong>es Frühstück ist Voraussetzung für erfolgreiches Leben <strong>und</strong> Lernen. Gemeinschaftliches<br />
Frühstück fördert zwischenmenschliche Beziehungen in verschiedenen Kulturen. Beim Blick über<br />
den Tellerrand erfahren wir, wie Menschen weltweit frühstücken, was sie frühstücken <strong>und</strong> wer das<br />
Frühstück zubereitet.<br />
Ein <strong>Welt</strong>Frühstück zu veranstalten – das eignet sich sowohl für den fächerübergreifenden Unterricht<br />
wie für Projektwochen. Schüler erforschen das eigene Ernährungsverhalten, probieren Rezepte<br />
aus, spielen Theater, machen Musik, malen Kulissen <strong>und</strong> vieles mehr. Bei einem gemeinsamen<br />
Abschlussfest können die Ergebnisse präsentiert werden.<br />
Das Schulprojekt <strong>Welt</strong>Frühstück wurde 2006 von der Deutschen UNESCO Kommission im<br />
Rahmen der <strong>Welt</strong>dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ als ein beispielhaftes Projekt zum<br />
nachhaltigen Lernen ausgezeichnet.<br />
87
88<br />
Material, Rezepte, Referenten-Kontakte erhalten Sie bei:<br />
Deutsche <strong>Welt</strong>hungerhilfe<br />
Friedrich Ebert-Str. 1<br />
53173 Bonn<br />
Tel. 0228-22 88- 127 oder -134<br />
E-Mail: info@welthungerhilfe.d<br />
http://www.welthungerhilfe.de/weltfruehstueck.html<br />
9. So essen sie!<br />
Die aktuelle Klima-Diskussion macht deutlich: Der gedankenlose Konsum der Industrieländer<br />
bedroht unsere Lebensgr<strong>und</strong>lagen. Auch unser <strong>Um</strong>gang mit Nahrungsmitteln hat weitreichende<br />
ökologische <strong>und</strong> wirtschaftliche Folgen: Lebensmittelkilometer belasten die <strong>Um</strong>welt, Cash Crops<br />
fördern den Hunger in den Entwicklungsländern. Die 16 DIN-A-3-Fotos zeigen Familien aus<br />
verschiedenen Teilen der <strong>Welt</strong> inmitten all der Lebensmittel, die sie in einer Woche verbrauchen –<br />
Bilder des Mangels <strong>und</strong> des Überflusses, die durch Hintergr<strong>und</strong>informationen ergänzt werden. Auf<br />
den Fotos werden v.a. Kulturunterschiede sichtbar, die dazu anregen, Fragen zu stellen, z.B. zum<br />
weltweiten Handel oder zu den Ursachen von Hunger.<br />
Herausgeber:<br />
Bildungsstelle von Alliance Sud<br />
Monbijoustrasse 31<br />
Postfach 6735<br />
CH-3001 Bern<br />
Tel. +41 31 390 93 30<br />
Fax +41 31 390 93 31<br />
mail@alliancesud.ch<br />
ISBN 978-3-9523303-0-2. Der Titel ist auch in französischer („A table“) <strong>und</strong> italienischer<br />
(„Dimmi come mangi“) Sprache erhältlich.<br />
10. Eine <strong>Welt</strong> der Vielfalt<br />
Selbstreflexion <strong>und</strong> Perspektivenwechsel als Methoden der interkulturellen Erziehung stehen im<br />
Mittelpunkt des Trainingsprogramms „Eine <strong>Welt</strong> der Vielfalt“. Es richtet sich an LehrerInnen der<br />
Sek<strong>und</strong>arstufen I <strong>und</strong> II <strong>und</strong> behandelt in zahlreichen Lektionen Themen wie das Kennen lernen<br />
von Kultureller Vielfalt, das Erkennen der Auswirkungen von Vorurteilen <strong>und</strong> Diskriminierungen<br />
<strong>und</strong> Anleitungen zum Entwerfen von Strategien zu ihrer Vermeidung.<br />
Von der New Yorker Anti-Defamation League/A WORLD OF DIFFERENCE®-Institute entwickelt,<br />
wird „Eine <strong>Welt</strong> der Vielfalt“ in den USA seit vielen Jahren mit großem Erfolg in Schulen, Universitäten,<br />
Behörden <strong>und</strong> Unternehmen eingesetzt. Nun liegt das Programm auch als Adaption für den<br />
Unterricht in deutschen Schulen vor.
Herausgeber:<br />
Bertelsmann Stiftung, Forschungsgruppe Jugend <strong>und</strong> Europa<br />
Bertelsmann Stiftung<br />
Carl-Bertelsmann-Str. 256<br />
33311 Gütersloh<br />
Deutschland<br />
Tel.: +49(5241)81-0<br />
ISBN 3-89204-832-0, ISBN-13: 978-3-89204-832-9<br />
http://nibis.ni.schule.de/nibis.phtml?menid=554<br />
89
5. Laufende Kampagnen <strong>und</strong><br />
Aktionen<br />
91
92<br />
5.1 2010 – Jahr der <strong>Biodiversität</strong> (BMU / BfN)<br />
Internationales Jahr der Biologischen Vielfalt<br />
DieGeneralversammlungderVereintenNationenhat2010zumInternationalenJahrderBiologischen<br />
Vielfalt erklärt, um Bewusstsein zu schaffen, dass das Wohl des Menschen von Biologischer Vielfalt<br />
abhängt, um den Verlust von Vielfalt zu stoppen <strong>und</strong> um Erfolge beim Schutz Biologischer Vielfalt<br />
zu verdeutlichen.<br />
Das Sekretariat der UN-Konvention über Biologische Vielfalt (CBD) koordiniert das Internationale<br />
Jahr. Das CBD-Sekretariat arbeitet dabei sehr eng mit der UNESCO zusammen. Die UNESCO<br />
fördert im Rahmen des Programms „Der Mensch <strong>und</strong> die Biosphäre“ (MAB) seit Jahrzehnten<br />
internationale Forschungsprogramme über Biologische Vielfalt. Außerdem hat die UNESCO ent-<br />
scheidend zu internationalen Bewertungen beigetragen, zum Beispiel zum „Millennium Ecosystem<br />
Assessment“ (MEA) oder zum „International Assessment of Agricultural Knowledge Science and<br />
Technology for Development“ (IAASTD). Der Schutz Biologischer Vielfalt wird auch durch die<br />
UNESCO-<strong>Welt</strong>naturerbestätten gewährleistet. In der Bildung spielt Biologische Vielfalt im Rahmen<br />
der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ eine wichtige Rolle. 96<br />
Weitere Informationen <strong>und</strong> ein interaktiver Kalender mit den Veranstaltungen in Deutschland zum<br />
Internationalen Jahr der Biologischen Vielfalt finden Sie unter: http://www.cbd.int/2010/welcome/<br />
96 http://www.unesco.de/jahr_biodiversitaet.html?&L=0.
5.2 Geo– Tag der Artenvielfalt<br />
Die Idee<br />
Nur das, was wir kennen, werden wir auch achten <strong>und</strong> schützen. Aus dieser Überzeugung heraus<br />
veranstaltet das Magazin GEO seit 1999 jährlich den GEO-Tag der Artenvielfalt <strong>und</strong> lädt Experten<br />
<strong>und</strong> interessierte Laien zu einer „Inventur“ der heimischen Flora <strong>und</strong> Fauna ein.<br />
„Den Beweis anzutreten, dass Natur auch in Mitteleuropa noch etwas anderes ist (<strong>und</strong> sein muss)<br />
als Straßenbegleitgrün; das Bewusstsein für schützenswerte <strong>Biodiversität</strong> in unserer unmittelbaren<br />
<strong>Um</strong>gebung zu schärfen; das Wissen um die oft übersehene Wichtigkeit von Natursystemen zu<br />
fördern, selbst wenn diese unscheinbarer wirken als der tropische Regenwald – das sind die Ziele<br />
des GEO-Tags der Artenvielfalt“, so Peter-Matthias Gaede, Chefredakteur von GEO.<br />
Die Hauptveranstaltung – Gipfeltreffen der Experten<br />
Die von GEO <strong>und</strong> einem Kooperationspartner initiierte Hauptveranstaltung findet jedes Jahr<br />
am zweiten Samstag im Juni statt. Geladene namhafte Wissenschaftler machen es sich dann zur<br />
Aufgabe, innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en exakt zu bestimmen <strong>und</strong> zu dokumentieren, was in einem<br />
ausgewählten Untersuchungsgebiet wächst <strong>und</strong> lebt.<br />
Die Begleitaktionen – von Nord nach Süd, von Ost nach West<br />
Der GEO-Tag der Artenvielfalt entfaltet seine flächendeckende Wirkung darüber hinaus durch<br />
mehrere h<strong>und</strong>ert Begleitaktionen. Dabei engagieren sich viele naturbegeisterte Laien, Schulen,<br />
<strong>Um</strong>weltverbände <strong>und</strong> andere Organisationen mit eigenen Aktionen <strong>und</strong> machen das Projekt zur<br />
inzwischen größten europäischen Feldforschungsaktion (mehr als 20.000 Teilnehmer im Jahr<br />
2008) – überwiegend in Deutschland, Österreich <strong>und</strong> der Schweiz.<br />
Partner <strong>und</strong> Unterstützer<br />
Jährlich wechselnde Hauptpartner <strong>und</strong> weitere Sponsoren fördern den GEO-Tag der Artenvielfalt<br />
ideell <strong>und</strong> finanziell, in der Vergangenheit z.B. das B<strong>und</strong>esamt für Naturschutz (BfN), der B<strong>und</strong> für<br />
<strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Naturschutz (BUND), die Deutsche <strong>Um</strong>welthilfe (DUH), das Alfred-Wegener-Institut<br />
für Polar- <strong>und</strong> Meeresforschung (AWI) oder die Deutsche Wildtier Stiftung.<br />
Seit 2001 kooperiert GEO mit der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ). Das<br />
Bewusstsein für <strong>Biodiversität</strong> soll durch Aktionstage auch in Entwicklungsländern geschärft<br />
werden. So fanden Aktionen bisher in Kolumbien, China, Brasilien, Mali, Honduras, Vietnam <strong>und</strong><br />
Südafrika statt.<br />
GEO berichtet<br />
Eine umfassende Reportage im Septemberheft des Magazins GEO berichtet jeweils über die Hauptveranstaltung<br />
des GEO-Tags der Artenvielfalt. Eine Sonderbeilage stellt ausgewählte Begleitaktionen<br />
<strong>und</strong> ihre Teilnehmer sowie die Gewinner des Schülerwettbewerbs vor.<br />
93
94<br />
Die Begleitaktionen<br />
Ziel: Das Magazin GEO möchte alle Naturinteressierten einladen, eine eigene Aktion zum GEO-<br />
Tag der Artenvielfalt ins Leben zu rufen. Es gilt, innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en zu bestimmen, was in<br />
einem abgegrenzten Terrain wächst <strong>und</strong> lebt. Diese Blitz-Inventur der heimischen Natur soll das<br />
Bewusstsein für die Artenvielfalt vor unserer Haustür wecken.<br />
Teilnehmer: Jeder kann teilnehmen <strong>und</strong> eine eigene Aktion zum GEO-Tag der Artenvielfalt<br />
initiieren. Alle Aktionen zum GEO-Tag der Artenvielfalt sollen von den Teilnehmern im Internet<br />
unter www.geo.de/artenvielfalt bis Mitte Mai angemeldet werden.<br />
Termin: Offizieller Aktionstag ist der zweite Samstag im Juni – Aktionen können aber auch in der<br />
Woche davor oder danach durchgeführt werden.<br />
Ort<strong>und</strong>Thema:DieVeranstalterbestimmenselbsteinabgegrenztesTerrainalsUntersuchungsgebiet.<br />
Auch der thematische Schwerpunkt bzw. das Motto kann frei gewählt werden.<br />
Ziel ist es, innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en möglichst viele verschiedene Pflanzen <strong>und</strong> Tiere zu entdecken,<br />
zu bestimmen <strong>und</strong> zu dokumentieren. Das Artenzählen soll dabei zwar ein wesentliches Anliegen<br />
sein, bei jüngeren Teilnehmern stehen jedoch die Entdeckerfreude <strong>und</strong> die Sensibilisierung für<br />
Naturräume im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Unterstützung: GEO hilft bei der Organisation <strong>und</strong> Durchführung von Aktionen. So haben zum<br />
Beispiel alle Interessierten die Möglichkeit, sich Lektüretipps <strong>und</strong> andere Informationsmaterialien<br />
unter www.geo.de/artenvielfalt („Informationen zum Mitmachen“) herunterzuladen oder kosten-<br />
loses Begleitmaterial wie Ankündigungsplakate <strong>und</strong> Teilnahmeurk<strong>und</strong>en zu bestellen. Zudem ist<br />
die Homepage eine wertvolle Informationsplattform für alle Teilnehmer <strong>und</strong> ihre Aktionen.<br />
Schülerwettbewerb: Jedes Jahr schreibt GEO einen Schülerwettbewerb zum Thema Artenvielfalt<br />
aus. Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sind aufgerufen, ein „Stück Natur“ möglichst genau zu untersuchen<br />
<strong>und</strong> die Ergebnisse anschließend zu dokumentieren. Prämiert werden die originellsten <strong>und</strong><br />
sorgfältigsten Ausarbeitungen.<br />
Tom Müller, Projektleitung Maike Pelikan, GEO Marktkommunikation<br />
Tel. 040-3703-2732, Fax 040-3703-17-2732 Tel. 040-3703-2157, Fax 040-3703-5683<br />
E-Mail: mueller.tom@geo.de E-Mail: pelikan.maike@geo.de<br />
Weitere Informationen unter: www.geo.de/artenvielfalt
5.3 Kampagnen / Aktionen die jährlich stattfinden<br />
<strong>und</strong> an denen man sich beteiligen kann<br />
Initiative 2000plus – Schulmaterialien aus Recyclingpapier<br />
Die Initiative 2000plus ist eine Gemeinschaftsaktion zur Förderung<br />
der Nutzung von Recyclingpapier an Schulen.<br />
<strong>Um</strong> den Markt für Schulmaterialien aus Recyclingpapier ist es nicht gut bestellt. Von b<strong>und</strong>esweit<br />
200 Millionen Schulheften nehmen die umweltfre<strong>und</strong>lichen Varianten aus Recyclingpapier nur<br />
noch 5-10% ein – <strong>und</strong> selbst dieser schwache Anteil ist nicht stabil. Die Marktsituation erschwert<br />
zukunftsfähiges Konsumverhalten für die Produktsparte Papier erheblich oder macht es sogar<br />
ganz unmöglich. Wirklich besorgniserregend sind die Folgen: Nach den jüngsten Untersuchungen<br />
des renommierten world-watch-institutes ist der Papierverbrauch seit 1950 um das Sechsfache<br />
gestiegen. Jeder fünfte Baum weltweit endet heute in einer Papiermühle. Ganze Ökosysteme werden<br />
für die Frischfaserherstellung vernichtet <strong>und</strong> die Existenzgr<strong>und</strong>lage vieler Menschen geht verloren.<br />
Diese Entwicklung hat in Nordrhein-Westfalen <strong>Um</strong>welt- <strong>und</strong> Verbraucherverbände 1999 zur<br />
Gründung der Initiative 2000plus – Schulmaterialien aus Recyclingpapier bewogen. Im Jahr 2002<br />
wurde aus der landesweiten Kampagne eine b<strong>und</strong>esweite Kampagne. Seither haben sich weitere<br />
B<strong>und</strong>esländer der Initiative angeschlossen.<br />
Informationen unter: www.treffpunkt-recyclingpapier.de<br />
Kampagne „Heiße Zeiten“<br />
„Heiße Zeiten – Nimm das Klima in die Hand!“ ist eine Klimakampagne für Kinder <strong>und</strong> Jugend-<br />
liche deren Träger das Eine <strong>Welt</strong> Netz NRW e.V. ist. Die Kampagne möchte aufklären über den<br />
Zusammenhang von Klimaveränderungen <strong>und</strong> Armut bzw. Armutsbekämpfung im Kontext der<br />
Millenniumsentwicklungsziele (MDGs), vor allem in den Ländern des Südens. Dabei soll das<br />
Verständnis für die komplexen Zusammenhänge in Mensch-<strong>Um</strong>welt- sowie Nord-Süd-Beziehungen<br />
gefördert werden. Die Kampagne trägt den Erfordernissen des Globalen Lernens Rechnung, indem<br />
sie langfristige Lernprozesse initiiert <strong>und</strong> entsprechende didaktische Angebote ermöglicht <strong>und</strong><br />
realisiert.<br />
Die Kampagne hat drei Schwerpunkte:<br />
Bildungsangebote<br />
· Klimaexpedition – ein Angebot für Schulen: Erklärung verschiedener Phänomene des Klima-<br />
wandels anhand von Satellitenbildern. Dieser Baustein wird durchgeführt von der Germanwatch<br />
Klimaexpedition.<br />
· Eine <strong>Welt</strong> Mobil/Aktionsbus mit Schulprogrammen zu den ökologischen <strong>und</strong> sozialen Folgen<br />
des <strong>Klimawandel</strong>s. Thematisiert werden die Vermeidung eines gefährlichen <strong>und</strong> die Anpassung<br />
an den unvermeidbaren <strong>Klimawandel</strong> anhand von geeigneten Themen- <strong>und</strong> Länderbeispielen:<br />
<strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> Wasser/<strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> Konsum/<strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> Artenvielfalt/Ausbreitung<br />
der Wüste <strong>und</strong> Energiekrise in Ghana.<br />
95
96<br />
Kreative Aktionen:<br />
· Workshops für <strong>und</strong> mit Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen. Methoden: Theater, Rap/Musik, Kunst /<br />
Malaktionen. Hier werden den Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen inhaltliche Inputs zum Thema<br />
gegeben, die sie anschließend kreativ <strong>und</strong> öffentlichkeitswirksam umsetzen;<br />
· Festivals, in denen die erarbeiteten Inhalte der Öffentlichkeit <strong>und</strong> den politischen Vertreter-<br />
Innen vorgestellt werden.<br />
Stärkung der Politischen Partizipation:<br />
· Planung <strong>und</strong> Durchführung von Kinder- <strong>und</strong> Jugendforen zu Klima <strong>und</strong> Entwicklung/<br />
Armutsbekämpfung<br />
· Radio- <strong>und</strong> Zeitungsgestaltung (Beiträge, Sendungen, Kinderseiten) durch die Kinder <strong>und</strong><br />
Jugendlichen, die in Medienworkshops durch uns darauf vorbereitet werden.<br />
· Veränderungen fördern in Richtung verstärkter Klimagerechtigkeit <strong>und</strong> Armutsbekämpfung/<br />
das Erreichen der UN-Millenniumsziele durch Unterstützung politischer Kampagnen, sowie<br />
konkreter Projekte.<br />
Die Website des Eine <strong>Welt</strong> Netz NRW lädt zum Mitmachen ein! Hier dürfen alle, die was zum<br />
Thema <strong>Klimawandel</strong> zu sagen haben, der <strong>Welt</strong> ihre Meinung mitteilen. Diese Seite (http://www.<br />
heisse-zeiten.org/seiten/9/) bietet auch jede Menge Infos zu Mitmachmöglichkeiten <strong>und</strong> Bildungsangeboten.<br />
Tag des Baumes<br />
Ursprünglich stammt der „Tag des Baumes“ aus Amerika. Der Journalist Julius Sterling Morton<br />
forderte in seiner „Arbor Day-Resolution“ im Jahre 1872, mit Hilfe eines jährlichen „Tag des<br />
Baumes“ Büsche <strong>und</strong> Bäume als Erosionsschutz zu pflanzen.<br />
Noch bevor die FAO (Food and Agriculture Organisation) den <strong>Welt</strong>festtag des Baumes im November<br />
1951 auf den 25. April festsetzte, hatte der B<strong>und</strong>esvorstand der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald<br />
beschlossen, alljährlich den „Tag des Baumes“ in Deutschland einzuführen. Ziel war es, in jeder<br />
Gemeinde <strong>und</strong> Schule durch symbolhafte Pflanzungen <strong>und</strong> Veranstaltungen auf die Bedeutung der<br />
Bäume <strong>und</strong> Wälder hinzuweisen.<br />
Am 25. April 1952 wurde der „Tag des Baumes“ zum ersten Mal durchgeführt.<br />
Dabei pflanzte der erste B<strong>und</strong>espräsident, Professor Dr. Theodor Heuss, im Bonner Hofgarten<br />
zusammen mit dem Präsidenten der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (1947–1956), dem B<strong>und</strong>esinnenminister<br />
Dr. Robert Lehr, einen Ahorn.<br />
Der erste „Tag des Baumes“ war noch ganz durch die Nachkriegssituation geprägt. Er richtete sich<br />
damals gegen die Übernutzung der Wälder durch die sogenannten „Reparationshiebe“ der Alliierten.
Zahlreiche Veranstaltungen zum Schutz der Bäume werden seitdem von der Schutzgemeinschaft<br />
Deutscher Wald (SDW) sowie Städten, Gemeinden <strong>und</strong> Forstämtern am 25. April durchgeführt.<br />
Dank vieler helfender Hände <strong>und</strong> durch finanzielle Unterstützung von Sponsoren <strong>und</strong> Spendern<br />
wurden Jahr für Jahr bei diesen Aktionen über eine Million Bäume gepflanzt. Einige Beispiele der<br />
Vergangenheit sind: 1996 wurden beispielsweise mit Hilfe des Modemachers Bogner 10.000 Ahorne<br />
an der Wahnbachtalsperre in der Nähe von Bonn gepflanzt. Dass der „Tag des Baumes“ ganze<br />
Landkreise zur Mitarbeit animieren kann, zeigte eine Aktion bei Nidda (Hessen), wo über 400<br />
Waldfre<strong>und</strong>e eine durch einen Orkan verwüstete Waldfläche mit 15.000 Laubbäumen aufforsteten.<br />
Im Rahmen der FORD-Aktion „200.000 neue Bäume für 200.000 eingetauschte Altautos“ wurden<br />
1997 30.000 <strong>und</strong> 1998 40.000 Bäume im Tharandter Wald bei Dresden zum Erreichen eines<br />
höheren Laubholzanteils gepflanzt.<br />
„Andere Festtage dienen der Erinnerung, der „Tag des Baumes“ weist in die Zukunft“,<br />
bezeichnen der Präsident der SDW, Staatssekretär a.D. Dr. Wolfgang von Geldern, <strong>und</strong> Günther<br />
Fielmann – Europas größter Optiker – den „Tag des Baumes“ <strong>und</strong> rufen alle Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger<br />
auf, am 25.04. im Sinne von Julius Sterling Morton aktiv Aufforstungs- <strong>und</strong> Waldpflegemaßnahmen<br />
durchzuführen. Die SDW <strong>und</strong> die FIELMANN AG werden fortfahren, durch Aufforstungen, symbolische<br />
Pflanzungen, waldpädagogische Aktionen <strong>und</strong> intensive Pressearbeit den „Tag des Baumes“<br />
als Aktionstag für den Wald zu begehen.<br />
Der Baum des Jahres 2010 ist die Vogel-Kirsche!<br />
Die Vogel-Kirsche (Prunus avium L.) macht uns viele Male im Jahr große Freude <strong>und</strong> strahlt im<br />
April weithin ins Land. Sie ist zudem die Mutter aller Süß-Kirschen, denn diese ist eine Varietät der<br />
Vogel-Kirsche <strong>und</strong> wird daher im Folgenden gleich mit behandelt. Im Frühjahr ein Blütenmeer, im<br />
Sommer begehrte Früchte, im Herbst feurige Blattfarben <strong>und</strong> im Winter eine schicke Rinde – wenn<br />
es um Ästhetik geht, spielt die Kirsche ganz vorne mit.<br />
Informationen unter: http://www.baum-des-jahres.de/<br />
Nominierung von „Jahrestieren“<br />
Das Jahr 2010 ist im chinesischen Kalender das Jahr des Tigers. Menschen, die im Jahr des Tigers<br />
geboren werden, werden Charaktereigenschaften wie Mut, Selbstbewusstsein <strong>und</strong> Tapferkeit<br />
zugeschrieben. Der Tiger wird von diesen Eigenschaften in Zukunft eine Menge aufbieten müssen,<br />
denn die Art ist so bedroht, dass viele Unterarten womöglich das nächste Jahr des Tigers 2022<br />
nicht erleben werden, wenn nicht sofort drastische Maßnahmen für ihren Schutz ergriffen werden.<br />
Deshalb widmet der WWF in diesem Jahr dem Erhalt des Tigers besondere Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />
Energie. Das Jahr des Tigers startet mit großem Gebrüll am 14. Februar.<br />
Informationen unter: http://www.wwf.de/themen/kampagnen/2010-das-jahr-des-tigers<br />
97
98<br />
Earth Hour<br />
Die Klimaschutz-Aktion Earth Hour startete 2007 in Sydney <strong>und</strong> erreichte, dass 2,2 Millionen<br />
Haushalte gemeinsam für eine St<strong>und</strong>e das Licht ausschalteten! Im März 2009 ging wieder für eine<br />
St<strong>und</strong>e r<strong>und</strong> um die <strong>Welt</strong> das Licht aus. H<strong>und</strong>erte Millionen von Menschen starteten bei der WWF<br />
Earth Hour per Lichtschalter eine globale Volksabstimmung für den Klimaschutz unter dem Slogan<br />
„Vote Earth“. Mehr als 4000 Städte beteiligten sich an einer der größten sozialen Bewegungen, die es<br />
je gab. Der Pariser Eiffelturm, das Opera House in Sydney, die Pyramiden in Ägypten, die Akropolis<br />
in Athen, das Olympiastadion in Peking <strong>und</strong> die Casinos von Las Vegas – r<strong>und</strong> um den Globus<br />
gingen für eine St<strong>und</strong>e die Lichter der berühmtesten Gebäude der <strong>Welt</strong> 2009 aus, um ein Zeichen<br />
für den Klimaschutz zu setzen.<br />
Am 27. März 2010 wird der WWF erneut Menschen <strong>und</strong> Städte auffordern, sich an Earth Hour<br />
zu beteiligen. Auch wenn die UN-Klimakonferenz von Kopenhagen hinter uns liegt, für wirklichen<br />
Klimaschutz bedarf es des konstanten Drucks der Öffentlichkeit. Politik <strong>und</strong> Wirtschaft müssen<br />
stets daran erinnert werden, dass die Menschen es ernst meinen <strong>und</strong> ambitionierte Anstrengungen<br />
verlangen. Machen Sie daher 2010 mit bei Earth Hour! Merken Sie sich jetzt schon den 27. März<br />
2010 vor.<br />
Informationen unter: http://www.wwf.de/index.php?id=8177<br />
Internationaler Tag der <strong>Um</strong>welt<br />
In Erinnerung an die Eröffnung der Konferenz der Vereinten Nationen zum Schutz der <strong>Um</strong>welt<br />
am 5. Juni 1972 in Stockholm haben die Vereinten Nationen <strong>und</strong> später auch die B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland den 5. Juni zum jährlichen „Tag der <strong>Um</strong>welt“ erklärt.<br />
Alle staatlichen <strong>und</strong> kommunalen Stellen sind seitdem aufgerufen, diesem Appell zu folgen <strong>und</strong><br />
Veranstaltungen durchzuführen, die zu umweltbewussten Verhalten motivieren sollen. Das<br />
Schwergewicht liegt auf örtlichen Aktivitäten, die von Kommunen <strong>und</strong> Schulen, von Firmen,<br />
<strong>Um</strong>weltverbänden <strong>und</strong> anderen Vereinigungen durchgeführt werden.<br />
Informationen unter: http://www.agenda21-treffpunkt.de/thema/Tag<strong>Um</strong>welt.htm
Internationaler Tag der Biologischen Vielfalt<br />
Der Schutz <strong>und</strong> die nachhaltige Nutzung der Biologischen Vielfalt waren ein wichtiges Thema auf<br />
der Konferenz der Vereinten Nationen für <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro, bei der<br />
die Konvention über Biologische Vielfalt zusammen mit der Agenda 21 angenommen wurde.<br />
Mit vielfältigen Aktionen weltweit soll jährlich am Internationalen Tag der Biologischen Vielfalt<br />
daran erinnert werden, wie wichtig der Erhalt der Biologischen Vielfalt in all ihren Dimensionen für<br />
eine nachhaltige Entwicklung ist.<br />
Internationaler Tag der Biologischen Vielfalt ist ab dem Jahr 2001 am 22.Mai!<br />
Jedes Jahr wird für den Internationalen Tag der Biologischen Vielfalt ein neues Schwerpunktthema<br />
gewählt, das als Orientierung für die Aktivitäten <strong>und</strong> Aktionen dienen soll. Zum jeweiligen Jahr<br />
wurde eine Infoseite erstellt, die per Klick auf die Jahreszahl erreicht werden kann.<br />
Informationen unter: http://www.agenda21-treffpunkt.de/thema/TagBiovielfalt.htm<br />
UNESCO-<strong>Welt</strong>tag der Kulturellen Vielfalt<br />
Im November 2001 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen den 21. Mai zum „<strong>Welt</strong>tag<br />
der Kulturellen Vielfalt für Dialog <strong>und</strong> Entwicklung“ ausgerufen. Er soll dazu anregen, das<br />
Bewusstsein für Kulturelle Vielfalt zu vertiefen.<br />
Im Sinne des UNESCO-Übereinkommens über den Schutz <strong>und</strong> die Förderung der Vielfalt kultureller<br />
Ausdrucksformen betont der <strong>Welt</strong>tag den Beitrag von Künstlern <strong>und</strong> Kulturschaffenden zum Dialog<br />
der Kulturen.<br />
Informationen unter: wttp://www.unesco.de/2979.html?&L=0<br />
Plant for the Planet<br />
Motiviert von der Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai starten die drei Geschwister Felix<br />
(9), Franziska (10) <strong>und</strong> Flurina (7) die Schülerinitiative Plant-for-the-Planet in Deutschland <strong>und</strong><br />
pflanzten mit SchülerInnen in nur zwei Jahren eine Million Bäume.<br />
Zusammen mit den Kindern aus der ganzen <strong>Welt</strong> wollen sie eine Milliarde Bäume pflanzen. Die<br />
Kinder wollen nicht Förster werden, sie wollen gehört werden. Jeder Baum ist ein Symbol für<br />
Klimagerechtigkeit. Kinder erfahren, dass sie sich weltweit vernetzen können, dass sie globale<br />
Probleme gemeinsam anpacken <strong>und</strong> dass sie ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen müssen.<br />
Aktives Engagement ist der Schlüssel für Zukunftsoptimismus. Bäume sind ihre Legitimation,<br />
Klimagerechtigkeit ihre Forderung. Damit halten sie den Mächtigen einen Spiegel vor.<br />
In Schülerakademien werden SchülerInnen zu Plant-for-the-Planet BotschafterInnen ausgebildet.<br />
Durch Projektarbeit <strong>und</strong> Vorträge lernen Sie wichtiges zum Thema Klimaschutz <strong>und</strong> erhalten den<br />
Auftrag dieses Wissen als Botschafter weiterzutragen.<br />
Informationen unter: http://www.plant-for-the-planet.de/<br />
99
100
6 Weiterführende<br />
Links<br />
101
102<br />
6.1 Links zu Unterrichtsmaterialien<br />
1. „Entdecke die Zukunft – UNESCO-Biosphärenreservate in Deutschland“:<br />
Unterrichtsmaterialien für Klasse 8 bis 10<br />
https://www.bmu.de/publikationen/bildungsservice/bildungsmaterialien/sek<strong>und</strong>arstufe/lehrer/<br />
doc/39838.php<br />
Die Materialien unter dem Titel „Entdecke die Zukunft – UNESCO-Biosphärenreservate in<br />
Deutschland“ wurden für SchülerInnen der Klassen 8 bis 10 entwickelt <strong>und</strong> sollen den Unterricht<br />
zu Themen der Nachhaltigen Entwicklung unterstützen. Unter anderem können 21 Kopiervorlagen<br />
heruntergeladen werden, die modellhafte Projekte aus den deutschen Biosphärenreservaten vorstel-<br />
len. Dabei geht es unter anderem um alternative Verkehrslösungen, Hochwasserschutz, regionale<br />
Vermarktungsstrategien, Schülerfirmen, Naturschutzarbeit <strong>und</strong> das Thema Sport <strong>und</strong> Naturschutz.<br />
2. Woche des Waldes 2008: „Wald <strong>und</strong> Wasser – Schätze der Natur“<br />
http://www.forst.bayern.de/waldpaedagogik/woche-des-waldes/29513/index.php<br />
Das Bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft <strong>und</strong> Forst hat zur Woche des Waldes eine<br />
90seitige Handreichung zur forstlichen Bildungsarbeit herausgegeben, die zum „Mitmachen“<br />
animieren möchte. Neben zahlreichen Aktivitäten mit unterschiedlichsten Methoden – von der<br />
Wassermeditation bis zum kooperativen Abenteuerspiel – findet sich Wissenswertes r<strong>und</strong> um den<br />
Themenkreis „Wald <strong>und</strong> Wasser“.<br />
3. <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Mobilität, Themenblätter der B<strong>und</strong>eszentrale für<br />
politische Bildung Nr. 71<br />
http://www.bpb.de/files/G3E6VM.pdf<br />
Mobilität gehört zur modernen Gesellschaft <strong>und</strong> gilt als Bedingung für Alltagsanforderungen wie<br />
Arbeiten oder Einkaufen. Wie wichtig sie ist, spüren wir vor allem, wenn sie eingeschränkt wird,<br />
z.B. bei Bahnstreiks oder wenn der Kraftstoffpreis steigt. Die Kehrseite der Mobilität sehen wir<br />
an <strong>Um</strong>weltbelastungen. Bleibt zu fragen: Wie viel „Mobilität“ verträgt das Klima? Die Bedeutung<br />
der Mobilität im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die <strong>Um</strong>welt steht im Vordergr<strong>und</strong><br />
dieser Themenblätter. Neben der Frage nach Mobilitätsgründen <strong>und</strong> möglichen Maßnahmen zum<br />
Schutz des Klimas wird exemplarisch die Debatte über ein mögliches Tempolimit auf deutschen<br />
Autobahnen behandelt.<br />
4. „Klima on … s’cooltour 2009“<br />
http://www.scooltour.info/die-scooltour-2009.html<br />
Mit der „klima on…s’cooltour 2009“ kommen die Germanwatch Klimaexpedition <strong>und</strong> jetzt auch<br />
ganz neu das Klimamobil von Science Concepts an Deutschlands Schulen. Faszinierende Aufnahmen<br />
aus dem <strong>Welt</strong>all <strong>und</strong> spannende Klima-Experimente sollen die junge Generation für das Thema<br />
Klimaschutz begeistern. Altersgerecht erklären <strong>Um</strong>weltpädagogInnen Ursachen <strong>und</strong> Folgen des<br />
<strong>Klimawandel</strong>s <strong>und</strong> zeigen, wie jeder in seinem Lebensumfeld zum Schutz des Klimas beitragen
kann. Die Aktionen der s’cooltour können für den Unterricht <strong>und</strong> für Projekttage an Schulen, aber<br />
auch für Aktionstage <strong>und</strong> Veranstaltungen zum Klima- <strong>und</strong> <strong>Um</strong>weltschutz gebucht werden.<br />
5. Mission BluePlanet Online-Quiz<br />
http://www.transfer-21.de/index.php?p=302<br />
Das Mission BluePlanet Online-Quiz ist die Online-Version des Multimedia-Quizspiels von „Klima<br />
sucht Schutz“, einer vom B<strong>und</strong>esumweltministerium geförderten Kampagne.<br />
Hier werden Multiple Choice Fragen zu verschiedenen Themenbereichen r<strong>und</strong> um Klima <strong>und</strong><br />
Klimaschutz gestellt. Es folgt eine sehr gute Erklärung der richtigen Antwort. Man kann auch gegen<br />
andere Spieler antreten.<br />
6. Quiz zum Thema <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
http://www.bildungscent-spiel.de/ges<strong>und</strong>heit//<br />
Der BildungsCent e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für die nachhaltige Förderung von<br />
Lehr- <strong>und</strong> Lernkultur einsetzt. Mehr unter: www.bildungscent.de<br />
7. Jugend denkt <strong>Um</strong>welt<br />
http://www.jugend-denkt-umwelt.de/<br />
Das europäische Projekt „jugend denkt um.welt“ will mit den Mitteln der Werbung <strong>und</strong> dem Motor<br />
„Jugend“ Menschen auf außergewöhnliche Weise wachrütteln, zusammenführen <strong>und</strong> zum aktiven,<br />
nachhaltigen Handeln auffordern. Es verknüpft zwei thematische Ansatzpunkte: den verantwor-<br />
tungsbewussten <strong>Um</strong>gang mit Medien <strong>und</strong> das alle berührende Themenfeld „<strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Klima-<br />
wandel“. Zusammen mit Jugendgruppen aus Polen, Frankreich, Kroatien <strong>und</strong> Island werden Dreh-<br />
bücher für Werbespots zum Thema <strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> <strong>Um</strong>welt erarbeitet.<br />
8. Informationssysteme zur Biologischen Vielfalt<br />
http://www.biodiv-chm.de/Information<br />
Hier finden Sie z.B. Informationen zu:<br />
Genetischen Ressourcen; Sammlungen pflanzengenetischer Ressourcen in Deutschland; Zentrale<br />
Dokumentation Tiergenetischer Ressourcen in Deutschland; Bestände forstgenetischer Ressourcen<br />
in Deutschland; Bestände aquatischer genetischer Ressourcen in Deutschland; Vögel in Deutschland<br />
Informationen über in Deutschland auftretende Vogelarten etc.<br />
103
104<br />
9. Lehrer-Online<br />
http://www.lehrer-online.de/<br />
Der <strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> dessen Folgen werden häufig diskutiert. Neben der Aufklärung über Ursachen<br />
<strong>und</strong> Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s muss es darum gehen, Handlungsoptionen aufzuzeigen. Die Schulen<br />
haben in der Vergangenheit zur <strong>Um</strong>weltbildung beigetragen <strong>und</strong> werden in Zukunft verstärkt eine<br />
wichtige Rolle für den Bewusstseinswandel einnehmen. Wir möchten Sie bei Ihrem Bildungs- <strong>und</strong><br />
Erziehungsauftrag in der Schule mit unserem Dossier „<strong>Klimawandel</strong>“ unterstützen <strong>und</strong> bieten<br />
Ihnen Anregungen sowie Materialien für den Unterricht. Themenbeispiele: Energie aus der Zukunft<br />
(Politik /SoWi), Klimawelten (Geografie), Die Ökonomie der Energiewirtschaft (Fächerverbindend),<br />
etc.<br />
10. Portal Globales Lernen<br />
http://www.ewik.de/<br />
Hier finden Sie Informationen, Bildungsmaterialien, Kontakte <strong>und</strong> Veröffentlichungsmöglichkeiten<br />
zum Leben in der Einen <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> zu Fragen der Entwicklung <strong>und</strong> Globalisierung. Globales Lernen<br />
ist für uns ein umfassender Auftrag im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung.<br />
11. Eine-<strong>Welt</strong>-Unterrichtsmaterialien<br />
http://www.eine-welt-unterrichtsmaterialien.de/einewelt/index.html<br />
Hinweise auf aktuelle <strong>und</strong> noch erhältliche Unterrichtsmaterialien, aber auch auf Fachbücher,<br />
Broschüren <strong>und</strong> CD-ROMs. Beispiele für Themenbereiche: globale Entwicklung/Entwick-<br />
lungspolitik/Eine <strong>Welt</strong>/Dritte <strong>Welt</strong>/etc. Zielgruppen: Primarstufe, Sek<strong>und</strong>arstufen I <strong>und</strong> II, aber<br />
auch Erwachsenenbildung <strong>und</strong> Vorschule (Kindergarten).
6.2 Links zu Zeitschriften, Artikeln <strong>und</strong> Wissenswertes<br />
12. Wege aus der Klima- <strong>und</strong> Entwicklungskrise?<br />
http://www.eed.de/de/de.eed.news/de.newS. 975/index.html<br />
Ein Dossier von Brot für die <strong>Welt</strong>, Diakonie Katastrophenhilfe <strong>und</strong> dem Evangelischen Entwick-<br />
lungsdienst in Zusammenarbeit mit der Redaktion „welt-sichten“, das verdeutlicht, dass Klima-<br />
wandel, Armutsbekämpfung <strong>und</strong> Entwicklung eng zusammenhängen. Viele Stimmen aus dem<br />
Süden regen zum Perspektivwechsel an <strong>und</strong> verdeutlichen, dass ohne „Klimagerechtigkeit“ keine<br />
erfolgreiche Klimapolitik möglich ist.<br />
13. welt-sichten – Magazin für globale Entwicklung <strong>und</strong> ökumenische Zusammen-<br />
arbeit, „Klimaschutz“ (Heft 10/2008) <strong>und</strong> „<strong>Klimawandel</strong>“ (Heft 12/2009-1/2010)<br />
http://www.welt-sichten.org/archiv/2009/12-2009-1-2010/12-2009-1-2010.html<br />
Vielfältige Artikel r<strong>und</strong> um Klimaschutz <strong>und</strong> <strong>Klimawandel</strong>.<br />
14. DEDBrief: Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes unter anderem zu den<br />
Themen „<strong>Biodiversität</strong>“ (1/2008),<br />
„Indigene Völker“ (2/2008), „Regenerative Energien“ (3/2008)<br />
http://www.ded.de/cipp/ded/custom/pub/content,lang,1/oid,127/ticket,g_u_e_s_t/~/DED-Brief.<br />
html<br />
Der dedBrief informiert über die Situation in den Partnerländerländern des DED, Programme<br />
<strong>und</strong> Projekte, berufliche <strong>und</strong> persönliche Erfahrungen der Entwicklungshelfer sowie aktuelle<br />
entwicklungspolitische Themen.<br />
15. Geolino Extra Heft 21/09 zum Thema „Energie“<br />
http://www.geo.de/GEOlino/service/hefte/geolino_extra/62540.html<br />
Energie – was ist das eigentlich? Wissenswertes, Zukunftsperspektiven <strong>und</strong> Anregungen r<strong>und</strong><br />
um Solarenergie, Windkraft, Atomkraft <strong>und</strong> Öl. Die Sonderausgabe kann unter dem obigen Link<br />
bestellt werden.<br />
16. Portal <strong>Um</strong>welt<br />
http://www.portalu.de/<br />
<strong>Um</strong>weltportal Deutschland. Informationen zu den Themen: Abfall, Altlasten, Bauen, Boden, Che-<br />
mikalien, Energie, Forstwirtschaft, Gentechnik, Geologie, Ges<strong>und</strong>heit, Landwirtschaft, Luft <strong>und</strong><br />
Klima, Lärm <strong>und</strong> Erschütterungen, Nachhaltige Entwicklung, Natur <strong>und</strong> Landschaft, Strahlung,<br />
Tierschutz, <strong>Um</strong>weltinformation, <strong>Um</strong>weltwirtschaft, Verkehr, Wasser.<br />
105
106<br />
17. Positionspapier des VENRO zur Halbzeit BNE-Dekade:<br />
http://www.venro.org/fileadmin/redaktion/dokumente/NRO-Kongress/VENRO_BNE_d.pdf<br />
Der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) weist darauf<br />
hin, dass Entwicklung <strong>und</strong> jeder bewusst durchgeführte Wandel an Lernprozesse geb<strong>und</strong>en sind. In<br />
einer <strong>Welt</strong>, die mehr als je zuvor geprägt ist, durch wirtschaftliche, ökologische, soziale, politische<br />
<strong>und</strong> kulturelle Krisen, müssen sich alle am Globalen Lernen beteiligen. Es geht um das Menschen-<br />
recht auf Bildung, aber auch um die Pflicht zu lebenslangem Lernen, nicht zuletzt auch für die, die<br />
Verantwortung für andere tragen <strong>und</strong> Macht ausüben.<br />
18. Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/unesco/de/02__Was_20ist_20BNE/01__%20<br />
Einf_C3_BChrung/Was_20ist_20BNE_3F.html<br />
Bildung für nachhaltige Entwicklung vermittelt Kindern, Jugendlichen <strong>und</strong> Erwachsenen nach-<br />
haltiges Denken <strong>und</strong> Handeln. Sie versetzt Menschen in die Lage, Entscheidungen für die Zukunft<br />
zu treffen <strong>und</strong> dabei abzuschätzen, wie sich das eigene Handeln auf künftige Generationen oder das<br />
Leben in anderen <strong>Welt</strong>regionen auswirkt.<br />
19. Deutsche <strong>Um</strong>welthilfe Shop<br />
https://ssl.duh.de/shop.html<br />
Hier können Bücher <strong>und</strong> Broschüren online bestellt werden. Themen: Klima, Artenschutz, <strong>Um</strong>welt-<br />
bildung, <strong>Um</strong>weltschutz im Alltag, etc.<br />
20. Transfer 21<br />
http://www.transfer-21.de/index.php?p=296<br />
Das B<strong>und</strong>esministerium für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit stellt Bildungsmaterialien<br />
zu den Themen „Erneuerbare Energien“, „Klimaschutz“ <strong>und</strong> „Wasser“ online zur Verfügung. <strong>Um</strong><br />
vor allem Lehrkräften an Schulen den Weg zum Einsatz der Bildungsmaterialien zu ebnen, werden<br />
im Rahmen des Bildungsservice für jedes Thema allgemeine Informationen über Lernziele <strong>und</strong><br />
Anbindungen zu den Lehrplänen gegeben, die ihnen hier zum Download zur Verfügung stehen.<br />
Die Themen des Bildungsservice sind bewusst im Bereich naturwissenschaftlicher, erdk<strong>und</strong>licher<br />
<strong>und</strong> gesellschaftlicher Fragestellungen angesiedelt. Damit sollen moderne naturwissenschaftliche<br />
Kompetenzen mit dem Ziel vermittelt werden, eine ebenso verantwortungsvolle wie verständige<br />
Teilnahme am heutigen <strong>und</strong> künftigen gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Diese entsprechen<br />
auch den Kompetenzen, die im Rahmen der Pisa-Tests international überprüft werden. In<br />
Anlehnung daran wurden Testaufgaben entwickelt, die es Lehrkräften ermöglichen, das erreichte<br />
Kompetenzniveau ihrer SchülerInnen einzuschätzen.
21. Newsletter der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“<br />
http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/unesco/de/03__Aktuelles<br />
/04__Dekade-Newsletter/Newsletter.html<br />
Der Newsletter von der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ kann hier online<br />
abonniert werden. Tragen Sie Ihre E-Mail-Adresse unter folgendem Link ein <strong>und</strong> schon erhalten Sie<br />
ab der nächsten Ausgabe automatisch diesen Newsletter.<br />
22. Klimaänderung. Experten erklären <strong>Klimawandel</strong><br />
http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3840.pdf<br />
Was sind die Ursachen von Klimaänderungen? Und welche Auswirkungen hat der aktuelle Klima-<br />
wandel auf die Ökosysteme in einzelnen Regionen der Erde <strong>und</strong> auf die Ges<strong>und</strong>heit der Menschen?<br />
Klimaexperten des <strong>Um</strong>weltb<strong>und</strong>esamtes (UBA) beantworten diese <strong>und</strong> ähnliche Fragen in einer neu<br />
veröffentlichten Broschüre. Sie fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus dem vierten Sachstandsbericht<br />
des <strong>Welt</strong>klimarates (IPCC) von 2007 zusammen <strong>und</strong> stellt sie für Laien verständlich dar. Gut<br />
geeignet ist die Broschüre auch für den Einsatz in Schulen <strong>und</strong> anderen Bildungseinrichtungen.<br />
23. Arbeitskreis Westsibirien<br />
www.sibirien.janun-hannover.de<br />
In diesem Rahmen entstand auch der Aufbau der Partnerschaft mit der indigenen Initiative der<br />
Chanty <strong>und</strong> Mansi in Westsibirien. Es ist ein von jungen Menschen vollständig ehrenamtlich<br />
initiiertes <strong>und</strong> durchgeführtes Projekt.<br />
Die Zusammenarbeit mit den sibirischen Partnern begann 2004 mit einer Reise von deutschen<br />
Jugendlichen nach Westsibirien. Seitdem finden jährlich Begegnungen mit den sibirischen Partnern<br />
statt. Aktuell arbeitet die Sibirien Projektgruppe an der Gründung eines eigenen Vereins<br />
zur Zusammenarbeit mir den sibirischen Partnern, um dem wachsenden Projektumfang <strong>und</strong> der<br />
Ausweitung auf Nicht (nur)-Jugendprojekte besser gerecht werden zu können.<br />
Weitere Informationen zu Westsibirien <strong>und</strong> den Chanty <strong>und</strong> Mansi unter:<br />
http://www.sibirien.janun-hannover.de/links.html<br />
24. Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten <strong>Welt</strong><br />
www.zukunftsfaehiges-deutschland.de<br />
Ein Anstoß zur gesellschaftlichen Debatte: Der <strong>Klimawandel</strong> ist keine ökologische Drohgebärde<br />
mehr, sondern hat bereits begonnen. Die Folgen sind überall auf der <strong>Welt</strong> spürbar, betreffen aber<br />
besonders die arme Bevölkerung in den Ländern des Südens. Die Begrenztheit der Ressourcen ist<br />
nicht mehr zu übersehen <strong>und</strong> zu einem geopolitischen Sicherheitsrisiko geworden.<br />
Gr<strong>und</strong>lage dieser Debatte ist die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, die vom Wuppertal Institut<br />
für Klima, <strong>Um</strong>welt, Energie erarbeitet wurde.<br />
107
108<br />
Allgemeine Projektinformationen / Impressum<br />
um.welt wird kooperativ von der Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e.V. aus Münster, von „Bildung trifft<br />
Entwicklung – Regionale Bildungsstelle Nord aus Göttingen <strong>und</strong> vom Verein Niedersächsischer<br />
Bildungsinitiativen, <strong>VNB</strong> e.V. aus Hannover durchgeführt.<br />
<strong>Um</strong> das Projekt aber in all seinen Facetten vielschichtig <strong>und</strong> vielfältig umsetzen zu können, werden<br />
weitere nationale <strong>und</strong> internationale PartnerInnen benötigt. In Deutschland arbeiten wir gemeinsam<br />
mit dem Jugendumweltnetzwerk JANUN aus Hannover, der Wildnisschule Wildniswissen aus<br />
Hannover, dem BasisGes<strong>und</strong>heitsDienst aus Münster <strong>und</strong> vielen anderen. Außerdem sind mehrere<br />
Schulen an unserem Projekt beteiligt, wobei drei Kernschulen den Schwerpunkt bilden: die Inte-<br />
grierte Gesamtschule (IGS) List aus Hannover, die Georg-Christoph-Lichtenberg Gesamtschule<br />
(IGS) aus Göttingen <strong>und</strong> die Marienschule aus Münster. Diese drei Kernschulen arbeiten jeweils<br />
eng mit VertreterInnen unserer internationalen Partnerorganisationen zusammen: Im ersten<br />
Projektjahr die IGS List mit dem ob-ugrischen Institut <strong>und</strong> den Chanty <strong>und</strong> Mansi aus Sibirien.<br />
Ähnliches ist im zweiten <strong>und</strong> dritten Projektjahr geplant: Die IGS Göttingen wird in 2010 mit der<br />
Living Culture Fo<strong>und</strong>ation <strong>und</strong> den Ju/Hoansi aus Namibia zusammenarbeiten, die Marienschule<br />
<strong>und</strong> das Kardinal-von-Galen Gymnasium aus Münster in 2011 mit dem Bistum Jabalpur <strong>und</strong> den<br />
Adivasi aus Indien.<br />
Nur das Zusammenspiel des Wissens, der Kenntnisse <strong>und</strong> der Erfahrungen aller lässt das Projekt<br />
erfolgreich werden.<br />
Nicht zuletzt bedarf so ein groß angelegtes Projekt aber auch der finanziellen Unterstützung. Auch<br />
diese ist vielfältig. um.welt wird als ein Modellprojekt der <strong>Um</strong>welt-Bildung gefördert.<br />
Die SchatzKisten, eine ZeitZeugen-Ausstellung, alle Workshops <strong>und</strong> internationale Begegnungen<br />
werden von der Deutschen B<strong>und</strong>esstiftung <strong>Um</strong>welt, der Niedersächsischen Lottostiftung, dem<br />
Evangelischen Entwicklungsdienst <strong>und</strong> dem Katholischen Fonds gefördert.<br />
Ein begleitendes Buchprojekt im Rahmen von um.welt wird gefördert durch das B<strong>und</strong>esministerium<br />
für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit <strong>und</strong> das <strong>Um</strong>weltb<strong>und</strong>esamt.<br />
um.welt ist für 2009 <strong>und</strong> 2010 ausgezeichnet als offizielles Projekt der UN-Dekade „Bildung für<br />
Nachhaltige Entwicklung 2005–2014“.<br />
Wir möchten uns an dieser Stelle für die Zusammenarbeit mit dem Fachbeirat, allen am Projekt<br />
Beteiligten, insbesondere Ina Schröder, Serena Kniesz, Elena T. Fedotova, Rimma M. Potpot, Lena<br />
Frisorger, Anastasia Pavlovna Tolzina, Kolja Korenev <strong>und</strong> Pavel Fedorov herzlich bedanken <strong>und</strong><br />
freuen uns auf ein vielfältiges Miteinander. Ein besonderer Dank gilt Lukas Laux, Mitglied unseres<br />
Fachbeirats, der wertvolle Dokumente zur Verfügung stellte. Die erste Phase des Projekts um.welt<br />
wäre nicht so erfolgreich verlaufen, wenn wir das Engagement von Petra Hoppe <strong>und</strong> Hans-Jürgen<br />
Ratsch (IGS List Hannover) <strong>und</strong> den SchülerInnen der 7. <strong>und</strong> 9. Klasse nicht gehabt hätten.<br />
Danke auch an den oekom-Verlag, der uns die eigenen Publikationen kostenfrei zur Verfügung<br />
gestellt hat.
Kooperative Projektleitung<br />
Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e. V., Münster<br />
Die Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder wurde 1988 mit dem Ziel gegründet, zur Verbreitung der entwicklungs-<br />
politischen Bildungsarbeit <strong>und</strong> zum Zusammenhang von <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Entwicklung neue Methoden<br />
<strong>und</strong> innovative Vermittlungsformen zu entwickeln.<br />
Als Fachstelle für Interkulturelle Pädagogik <strong>und</strong> Globales Lernen ist die Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder<br />
für kreativ-systematische Entwicklung von innovativen Projekten, deren zuverlässige <strong>und</strong> zielgruppengerechte<br />
Durchführung sowie hochwertige Dokumentation bekannt. Aktiv in Schulen,<br />
außerschulischer Jugend- <strong>und</strong> Erwachsenenbildung, in nationalen <strong>und</strong> internationalen Projekten<br />
ist die f<strong>und</strong>ierte Arbeit der Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder landes- <strong>und</strong> b<strong>und</strong>esweit anerkannt. Dies ist<br />
neben zahlreichen Buchveröffentlichungen auch in offiziellen Anerkennungen <strong>und</strong> Auszeichnungen<br />
dokumentiert.<br />
Weitere Informationen unter: www.arbeitsstelle-weltbilder.de<br />
verantwortlich: Elisabeth Marie Mars, mars@arbeitstelle-weltbilder.de<br />
Bildung trifft Entwicklung – Regionale Bildungsstelle Nord, Göttingen<br />
im Institut für angewandte Kulturforschung e.V. (IFAK)<br />
Die Regionale Bildungsstelle Nord arbeitet im Rahmen des Aktionsprogramms 2015 der B<strong>und</strong>esregierung<br />
zur Armutsbekämpfung, den Millenniums Entwicklungszielen (MDG) <strong>und</strong> der Paris<br />
Erklärung. Ziel ist hierbei, Erfahrungen <strong>und</strong> Einsichten aus der Entwicklungszusammenarbeit für<br />
Menschen in Deutschland nutzbar zu machen.<br />
Der Schwerpunkt der Regionalen Bildungsstelle Nord ist die Vermittlung von Fachkräften aus der<br />
Entwicklungszusammenarbeit, die anschaulich <strong>und</strong> authentisch in ihren Bildungsveranstaltungen<br />
die Nord-Süd-Beziehungen sowie die gerechte Gestaltung von Globalisierung thematisieren. Sie<br />
vermitteln, was dies mit unserer Lebenswelt in Deutschland zu tun hat <strong>und</strong> welche Handlungsoptionen<br />
jeder Einzelne hat.<br />
Darüber hinaus kooperiert die Regionale Bildungsstelle Nord mit einer Vielzahl von Einrichtungen<br />
der entwicklungspolitischen Bildung <strong>und</strong> der <strong>Um</strong>weltbildung <strong>und</strong> beteiligt sich an der UN-Dekade<br />
„Bildung für nachhaltige Entwicklung“.<br />
Weitere Informationen unter: www.ifak-goettingen.de/bte<br />
verantwortlich: Markus Hirschmann, Markus.Hirschmann@bildung-trifft-entwicklung.de<br />
<strong>VNB</strong>, Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V., Hannover<br />
Der <strong>VNB</strong> e.V. ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Landeseinrichtung der Erwachsenenbildung.<br />
Er versteht sich als Dachverband der niedersächsischen Nichtregierungsorganisationen,<br />
die in der außerschulischen (Erwachsenen-)Bildung tätig sind.<br />
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Seine Herkunft hat der <strong>VNB</strong> in den sog. Neuen Sozialen Bewegungen, d.h. in der <strong>Um</strong>welt-, Eine-<br />
<strong>Welt</strong>-, Friedensbewegung. Für den <strong>VNB</strong> ist die Unterstützung <strong>und</strong> Entwicklung ehrenamtlicher<br />
Strukturen elementarer Bestandteil seines gesellschaftspolitischen Engagements. Mit seinen<br />
Themen berücksichtigt er insbesondere die aktuellen ökologischen gesellschaftspolitischen, inter-<br />
nationalen, <strong>und</strong> interkulturellen Entwicklungen. Dabei vertritt er ethische Gr<strong>und</strong>sätze der Gewalt-<br />
freiheit, Emanzipation, Selbstbestimmung <strong>und</strong> Solidarität.<br />
Wichtige Bestandteile seines Angebotes sind Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Zukunftsfähigkeit im Sinne der<br />
AGENDA 21, Globales Lernen, Geschlechterdemokratie, Antidiskriminierung <strong>und</strong> Stärkung von<br />
Minderheiten sowie Angebote der beruflichen Qualifizierung.<br />
Weitere Informationen unter: www.vnb.de<br />
verantwortlich: Gabriele Janecki, janecki@vnb.de<br />
Der <strong>VNB</strong> berät zu Fördermöglichkeiten von eigenen Projekten, mehr Informationen:<br />
www.mehrmoeglichmachen.de<br />
Impressum<br />
Projektträger: <strong>VNB</strong>, Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V.<br />
Warmbüchenstraße 17<br />
30159 Hannover<br />
Fon: +49 511 307660<br />
Fax: +49 511 3076633<br />
Email: info@vnb.de<br />
Internet: www.vnb.de<br />
Vertretungsberechtigter Vorstand: Anne Dudeck (Vorsitzende), Claudia Sanner, Katharina Weber<br />
Registergericht: Amtsgericht Hannover<br />
Registernummer: VR 5108<br />
Geschäftsführer: Hans Weinert<br />
Der <strong>VNB</strong> ist Mitglied im Paritätischen Niedersachsen e. V. (www.paritaetischer.de)<br />
Inhaltlich verantwortlich gemäß §6 MDStV: Gabriele Janecki<br />
E-Mail: janecki@vnb.de<br />
Redaktion: Elisabeth Marie Mars, Kathrin Vollmer, Melanie Heisterberg (Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e. V.),<br />
Gabriele Janecki, Markus Hirschmann<br />
Mitarbeit: Daniela Meller, Hannah Steinfeldt<br />
Gestaltung: Büro Bert Odenthal, www.bert-odenthal.de<br />
Technische <strong>Um</strong>setzung/Druck: sehnsucht Design, Münster<br />
© Fotos: Marcus Reichmann, Ina Schröder, Serena Kniesz<br />
gedruckt auf EnviroTop aus 100 % Altpapier, CO2-neutral
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