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Handbuch Um.Welt - Klimawandel, Biodiversität und ... - VNB

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um.welt<br />

<strong>Handbuch</strong> um.welt<br />

<strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />

am Beispiel der Chanty <strong>und</strong> Mansi / Sibirien<br />

Ein Projekt von:<br />

Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e. V., Hannover<br />

Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e. V., Münster<br />

Bildung trifft Entwicklung – Regionale Bildungsstelle Nord, Göttingen


Die Förderer von um.welt sind<br />

Deutsche B<strong>und</strong>esstiftung <strong>Um</strong>welt<br />

Bingo! Die <strong>Um</strong>weltlotterie in N3<br />

Evangelischer Entwicklungsdienst<br />

Katholischer Fonds<br />

Die Projektträger von um.welt sind<br />

Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e.V.


um.welt<br />

<strong>Handbuch</strong> um.welt<br />

<strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />

am Beispiel der Chanty <strong>und</strong> Mansi / Sibirien<br />

Ein Projekt von:<br />

Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e. V., Hannover<br />

Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e. V., Münster<br />

Bildung trifft Entwicklung – Regionale Bildungsstelle Nord, Göttingen


2<br />

Inhalt<br />

Einführung<br />

1. <strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />

1.1 <strong>Klimawandel</strong><br />

1.2 <strong>Biodiversität</strong><br />

1.3 Kulturelle Vielfalt<br />

2. Informationen zu den Ethnien Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

2.1 Lebensraum Sibirien<br />

21<br />

22<br />

2.1.1 Geographische Informationen zu Sibirien<br />

22<br />

2.1.2 Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

24<br />

2.1.3 Der Autonome Kreis der Chanty <strong>und</strong> Mansi (CHMAO)<br />

25<br />

2.2 Traditionelle Lebens- <strong>und</strong> Wirtschaftsweise der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

27<br />

2.2.1 Das Verhältnis von Mensch <strong>und</strong> Natur<br />

27<br />

2.2.2 Traditionelle Wirtschaftsformen<br />

27<br />

2.2.3 Mythologische <strong>Welt</strong>anschauung<br />

30<br />

2.2.4 Feste<br />

32<br />

2.2.5 Tänze <strong>und</strong> Musik<br />

33<br />

2.2.6 Kunsthandwerk<br />

34<br />

2.3 Aktuelle Situation der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

43<br />

2.3.1 Tradition vs. Moderne – Neotraditionalismus oder Neuerfindung von Tradition 44<br />

2.3.2 Tradition vermitteln: Die Sommercamps für Kinder<br />

45<br />

2.3.3 Das „Parlament der Völker der Erde“<br />

47<br />

2.3.4 Ein kritisches Thema: Die Erdölförderung<br />

47<br />

2.4 Aktuelle klimatische Situation in Sibirien<br />

50<br />

2.4.1 <strong>Klimawandel</strong> in Sibirien<br />

50<br />

2.4.2 Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf Mensch <strong>und</strong> <strong>Um</strong>welt<br />

50<br />

4<br />

9<br />

10<br />

15<br />

17


3. Zeit zu handeln – unsere Verantwortung für eine<br />

global gerechte Zukunft<br />

4. Methoden <strong>und</strong> Materialien<br />

4.1 um.welt – MethodenWerkstatt<br />

4.1.1 ZeitKapseln – zum Thema <strong>Biodiversität</strong><br />

4.1.2 EigenArt – zum Thema Kulturelle Vielfalt<br />

4.1.3 Visuelle TageBücher<br />

4.1.4 Kreatives Schreiben – zum Thema um.welt<br />

4.2 Good Practice<br />

4.2.1 Beispiele aus Hannover<br />

4.2.2 Beispiel aus Münster<br />

4.2.3 Beispiele aus Göttingen<br />

4.3 Arbeits- <strong>und</strong> Unterrichtsmaterialien zu <strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong><br />

Kulturelle Vielfalt<br />

4.3.1 <strong>Klimawandel</strong><br />

4.3.2 <strong>Biodiversität</strong><br />

4.3.3 Kulturelle Vielfalt<br />

5. Laufende Kampagnen <strong>und</strong> Aktionen<br />

5.1 2010 – Jahr der <strong>Biodiversität</strong> (BMU /BfN)<br />

5.2 GEO-Tag der Artenvielfalt<br />

5.3 Kampagnen/Aktionen die jährlich stattfinden <strong>und</strong> an denen man sich beteiligen kann<br />

6. Weiterführende Links<br />

6.1 Links zu Unterrichtsmaterialien<br />

6.2 Links zu Zeitschriften, Artikeln <strong>und</strong> Wissenswertes<br />

Allgemeine Projektinformationen/Impressum<br />

55<br />

61<br />

62<br />

62<br />

63<br />

65<br />

70<br />

74<br />

74<br />

79<br />

83<br />

84<br />

84<br />

85<br />

87<br />

91<br />

92<br />

93<br />

95<br />

101<br />

102<br />

105<br />

108<br />

3


4<br />

Einführung<br />

um.welt<br />

<strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />

Herausforderungen für <strong>Um</strong>weltbildung <strong>und</strong><br />

Globales Lernen<br />

Herausforderungen<br />

<strong>Um</strong>weltschutz <strong>und</strong> <strong>Um</strong>weltbildung sind keine moralischen Kategorien, sondern Gr<strong>und</strong>voraussetzung<br />

jeder wirtschaftlichen Tätigkeit. Artenvielfalt <strong>und</strong> natürlicher Reichtum sind, ebenso wie Gerechtigkeit<br />

<strong>und</strong> Teilhabe, Basis von Entwicklungsmöglichkeiten <strong>und</strong> damit von Wohlstand <strong>und</strong> Wohl-<br />

fahrt. Dabei sind <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> <strong>Um</strong>weltschutz ebenso wie Wirtschaft, Politik, Transport <strong>und</strong> Kultur<br />

ohne eine internationale Dimension nicht mehr denkbar. <strong>Um</strong>weltprobleme sind zunehmend mit-<br />

einander <strong>und</strong> mit den anderen Dimensionen der menschlichen Entwicklung national <strong>und</strong> interna-<br />

tional verflochten. Das Projekt um.welt behandelt diese Verflechtungen <strong>und</strong> die sich daraus erge-<br />

benden Herausforderungen am Beispiel des globalen <strong>Klimawandel</strong>s <strong>und</strong> des rapiden Verlusts der<br />

<strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt. Die Auswirkungen dieser globalen Phänomene erschei-<br />

nen vordergründig als Naturphänomene, doch sind sie in erster Linie das Ergebnis vorherrschender<br />

Konsum- <strong>und</strong> Wirtschaftsformen. Wie alle globalen Prozesse haben der <strong>Klimawandel</strong>, der Schw<strong>und</strong><br />

der Artenvielfalt <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt nationale <strong>und</strong> internationale Auswirkungen <strong>und</strong><br />

Folgen. <strong>Welt</strong>weit, aber auch innerhalb eines Landes, verstärkt sich die Kluft zwischen Gewinnern<br />

<strong>und</strong> Verlierern. Globalisierung greift dementsprechend auch in unsere Biografien ein – meistens<br />

kaum durchschaubar <strong>und</strong> durchaus ambivalent. Wir sind zugleich Zeugen <strong>und</strong> Teilnehmende einer<br />

Entwicklung in einer zunehmend globalisierten Gesellschaft. Das ist so faszinierend wie verun-<br />

sichernd <strong>und</strong> wird als Chance oder auch als Bedrohung erlebt. Auf jeden Fall müssen wir individuell<br />

neue <strong>und</strong> größere Orientierungsleistungen erbringen.<br />

Unser Projekt hat den Fokus darauf, was durch Globalisierung an Vielfalt zerstört oder unwiederbringlich<br />

vernichtet wird. Droht mit der Globalisierung auch eine Art Monokultur – <strong>und</strong> zwar im<br />

natürlichen <strong>und</strong> kulturellen Bereich? Verdrängt der Zwang zur internationalen Vergleichbarkeit die<br />

Vielfalt <strong>und</strong> Verschiedenheit? Verschwindet im Verlaufe dieser Entwicklung „das Andere“? Es gibt<br />

Untersuchungen, die besagen, dass weltweit die Sprachen ebenso schnell aussterben wie die Arten.<br />

Wir wissen inzwischen, dass das Überleben großer Ökosysteme bisweilen von einer einzelnen<br />

Pflanze oder einem einzelnen Tier abhängt <strong>und</strong> dass das System zusammenbricht, wenn diese eine<br />

Art verschwindet. Es ist zu befürchten, dass von den r<strong>und</strong> 6800 Sprachen, die heute auf der <strong>Welt</strong><br />

gesprochen werden, nur etwa 500 übrig bleiben. Die Ursachen sind Kriege, Völkermord, staatliche<br />

Unterdrückung <strong>und</strong> Einengung/Zerstörung des Lebensraums – oft durch Rohstoffabbau. Was wird<br />

da an Vielfalt <strong>und</strong> Wissen verloren gehen? Wir wissen auch, dass Sprache Träger der Gedanken<br />

ist <strong>und</strong> jede Art des Sprechens eine eigene Sicht auf den Menschen <strong>und</strong> die Natur ausdrückt.<br />

Verschwinden die Sprachen, verschwindet auch die damit verb<strong>und</strong>ene Kultur.


So gehen mit dem <strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> dem damit verb<strong>und</strong>enen Verschwinden von Tier- <strong>und</strong> Pflanzen-<br />

arten nicht nur die natürlichen Gr<strong>und</strong>lagen unseres Lebens verloren, sondern auch das damit<br />

verb<strong>und</strong>ene Wissen <strong>und</strong> die Kulturelle Vielfalt auf der Erde. Der Schutz von Biologischer Vielfalt<br />

<strong>und</strong> des globalen Klimas hat deswegen nicht nur den Erhalt der natürlichen Ressourcen zum Ziel<br />

– insbesondere in den Ländern des Südens steht über allem die damit verb<strong>und</strong>ene Sicherung der<br />

Lebensgr<strong>und</strong>lagen von Menschen.<br />

<strong>Um</strong> für uns <strong>und</strong> für zukünftige Generationen eine größtmögliche Vielfalt zu erhalten, sind neue<br />

Formen des Denkens <strong>und</strong> Handelns in Politik, Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft gefragt. Der Beitrag<br />

von Schule <strong>und</strong> außerschulischer Bildung besteht darin, mit einer umfassenden Bandbreite an<br />

Vermittlungsformen <strong>und</strong> Methoden über die Thematik zu informieren <strong>und</strong> SchülerInnen <strong>und</strong><br />

Lernende mit Handlungskompetenzen auszustatten, damit sie sich verantwortungsvoll für eine<br />

lebenswerte Zukunft engagieren.<br />

Globales Lernen<br />

Im Projekt geht es uns auch um Verbindungen zwischen <strong>Um</strong>weltbildung <strong>und</strong> Globalem Lernen –<br />

<strong>und</strong> das aus gutem Gr<strong>und</strong>: Das Wissen in der <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> über die <strong>Welt</strong> verdoppelt sich circa alle fünf<br />

bis sechs Jahre (W. Sachs, Wuppertal Institut) – mit diesem Tempo kann keine Schule <strong>und</strong> kein<br />

noch so ausgefeiltes Lernsystem Schritt halten. Zudem scheint uns diese Tatsache vor eine ganz<br />

andere Herausforderung zu stellen, nämlich die, die Art des Wissens <strong>und</strong> der Wissensbeschaffung<br />

insgesamt kritisch zu hinterfragen. Würden wir auch nur versuchen, Jugendlichen diese Informa-<br />

tionsflut einzutrichtern, so würden sie zu ohnmächtigen <strong>und</strong> verunsicherten Opfern von Angelern-<br />

tem, denen jede Einsicht <strong>und</strong> eigene Erkenntnis fehlt.<br />

Eine Lösung bietet das Konzept des Globalen Lernens an: „Globales Lernen kennzeichnet ein Lern-<br />

konzept, nach dem Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler über globale Fragen lernen <strong>und</strong> dabei Wissen <strong>und</strong><br />

Kompetenzen auf eine ganzheitliche Weise erwerben“ (Internationale Enzyklopädie für Erziehungs-<br />

wissenschaften). Auf der Gegenstandsebene bedeutet dies, dass Themen <strong>und</strong> Inhalte im weltweiten<br />

Horizont <strong>und</strong> auf der Lernebene verortet sein müssen, dass sich diese erst in ganzheitlichen, inter-<br />

disziplinären <strong>und</strong> multiperspektivischen Formen erschließen.<br />

Die Intention von Globalem Lernen ist, dass aus SchülerInnen entdeckende <strong>und</strong> erforschende<br />

LernerInnen werden, die ihre eigenen Fähigkeiten kennen <strong>und</strong> für die Gestaltung der Zukunft nutzen<br />

wollen. Insofern brauchen wir eine Lernkultur, in der Gestaltungs- <strong>und</strong> Schlüsselkompetenzen<br />

geübt werden können:<br />

„Die wesentlichen Elemente der neuen Lernkultur sind:<br />

· die Entwicklung <strong>und</strong> Förderung von Kernkompetenzen<br />

· individualisierende <strong>und</strong> kooperative Lernformen<br />

· die Stärkung von Eigenverantwortung<br />

· die Auseinandersetzung mit relevanten Themen des globalen Wandels<br />

· Methodenvielfalt<br />

· <strong>und</strong> die Förderung eines ganzheitlichen, fächerübergreifenden Ansatzes.<br />

5


6<br />

In einer <strong>Welt</strong>, die durch Kulturelle Vielfalt, gesellschaftliche Pluralität <strong>und</strong> komplexe Globali-<br />

sierungsprozesse geprägt ist, wird Perspektivenwechsel zur Schlüsselkompetenz. Perspektiven-<br />

wechsel erfordert auch Kommunikationsbereitschaft über Grenzen hinweg, die Fähigkeit, Irritation<br />

zu ertragen, sich von bestimmen Vorstellungen lösen zu können <strong>und</strong> die Bereitschaft, zukunftsoffen<br />

eigene Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> <strong>Welt</strong>bilder zu entwickeln.“ 1<br />

Wir alle haben die Möglichkeit, die oben skizzierten Risiken zu mindern <strong>und</strong> abzuwenden. Als<br />

Voraussetzung für den Erhalt einer größtmöglichen Biologischen Vielfalt <strong>und</strong> den Kampf gegen<br />

<strong>Klimawandel</strong> sind neben den notwendigen politischen Entscheidungen neue Formen des<br />

Denkens <strong>und</strong> Handelns in der Gesellschaft gefragt:<br />

„Wir müssen die Änderung sein, die wir in der <strong>Welt</strong> sehen wollen.“ (Mahatma Gandhi)<br />

um.welt<br />

Das Projekt um.welt möchte in diesem Sinne einen Beitrag leisten. Mit innovativen Methoden<br />

<strong>und</strong> Materialien der <strong>Um</strong>weltbildung <strong>und</strong> des Globalen Lernens möchten wir dazu beitragen, die<br />

Verbindungen zwischen <strong>Klimawandel</strong>, Erhalt der <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt zu<br />

verstehen. In partizipativen Prozessen mit SchülerInnen <strong>und</strong> LehrerInnen aus Niedersachsen <strong>und</strong><br />

Nordrhein-Westfalen werden dabei Lösungen <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten gesucht – auch im<br />

internationalen <strong>und</strong> interkulturellen Dialog.<br />

Gemeinsam mit drei indigenen Gruppen aus drei verschiedenen Ländern untersuchen wir tra-<br />

ditionelles Wissen auf Lösungen für aktuelle Klimaprobleme <strong>und</strong> wollen die Kenntnisse mit den<br />

Herausforderungen moderner Lebensweisen vernetzen. In jedem Projektjahr werden Vertreter-<br />

Innen jeweils einer indigenen Gruppe zu einem mehrwöchigen Projektaufenthalt nach Deutschland<br />

eingeladen. Im Dialog mit den Indigenen erhoffen wir uns neben einem f<strong>und</strong>ierten fachlichen<br />

Austausch zur Relevanz des <strong>Klimawandel</strong>s, des Erhalts der <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt<br />

auch einen Perspektivenwechsel auf unsere <strong>Um</strong>welt- <strong>und</strong> Gesellschaftssituation.<br />

Wir wollen die am Projekt beteiligten Ethnien mit je einer Schule zu einer langfristigen Partnerschaft<br />

zusammen bringen, so dass gemeinsam mit anderen (außerschulischen) Akteuren ein Netz-Werk<br />

entsteht, deren Beteiligte über Handlungsmöglichkeiten <strong>und</strong> vielfältige Kompetenzen verfügen.<br />

Im Verlauf des Projekts entstehen drei unterschiedliche SchatzKisten, in denen jeweils<br />

verschiedene Aspekte der übergeordneten Themen <strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle<br />

Vielfalt, kombiniert mit dem Wissen <strong>und</strong> der Lebensweise der indigenen Ethnie, vorgestellt werden.<br />

Die am Projekt beteiligten Ethnien sind:<br />

Chanty <strong>und</strong> Mansi aus Russland/Sibirien,<br />

Ju/Hoansi aus Namibia,<br />

Adivasi aus Indien.<br />

1 VENRO Diskussionspapier (2009): Halbzeit: Kurskorrekturen auf den Lernwegen zu nachhaltiger Entwicklung, S. 20f.<br />

(VENRO: Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen e. V.)


Vorbereitet werden die SchatzKisten von den indigenen Gruppen im Vorfeld ihrer Projektreise<br />

nach Deutschland. Sie bringen aus ihrem <strong>Um</strong>feld Gegenstände, Texte, Bilder, Artefakte etc. mit, die<br />

für sie bzw. das Thema sprechen. Bei ihrem Aufenthalt werden dann die Inhalte der SchatzKisten<br />

gemeinsam mit der Projektleitung, den Beteiligten aus den Partnerschulen <strong>und</strong> weiteren Multipli-<br />

katorInnen mit dem deutschen Teil der SchatzKisten vervollständigt.<br />

Das erste Ergebnis dieser Arbeit haben Sie jetzt vor sich. Das <strong>Handbuch</strong> begleitet die erste der drei<br />

SchatzKisten, in der die aktuelle <strong>und</strong> traditionelle Lebenssituation der Chanty <strong>und</strong> Mansi aus<br />

Sibirien angesichts der Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s vorgestellt wird.<br />

„Unsere traditionelle Kultur hat nichts mit Naturschutz zu tun, sondern sie beruht auf der<br />

Wahrnehmung von der Natur, dass diese ein großes Haus ist, in dem man lebt. Unser traditionelles<br />

Tschum ist ein Modell unserer Erde. Das meint: die Erde ist unser Zuhause <strong>und</strong> wenn man von<br />

einem Ort zum nächsten zieht, dann ist unser Zuhause alles, was drum herum ist. […] In der Natur<br />

<strong>und</strong> in der Kultur ist das genetische Gedächtnis der Menschheit verborgen <strong>und</strong> wenn die zerstört<br />

werden, verlieren wir alles.“ (Elena T. Fedotova, stellv. Direktorin der Schule in Kazym)<br />

Sie finden in diesem <strong>Handbuch</strong> <strong>und</strong> in der SchatzKiste vielfältige Dokumente, Bücher <strong>und</strong> Unterrichtsmaterialien,<br />

um Unterricht oder Mini-Projekte – interdisziplinär <strong>und</strong> fächerübergreifend<br />

– gestalten zu können; Original-Gegenstände <strong>und</strong> aktuelle multimediale Materialien, die die<br />

traditionelle <strong>und</strong> gegenwärtige Lebenssituation der Chanty <strong>und</strong> Mansi erklären; Good Practice,<br />

Informationen über Kampagnen <strong>und</strong> Aktionen sowie andere Handlungsvorschläge – verb<strong>und</strong>en mit<br />

der Bitte, dass Sie sich an der Aktion ZeitKapseln beteiligen (mehr dazu in Kapitel 4.1.1).<br />

Wir haben dieses <strong>Handbuch</strong> zusammengestellt, damit Sie sich zusammenfassend, schnell <strong>und</strong><br />

kompakt informieren können – über die Zusammenhänge von <strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong><br />

Kultureller Vielfalt am Beispiel der Chanty <strong>und</strong> Mansi in Sibirien.<br />

Es ist unser Interesse, dass der Erhalt von <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kultureller Vielfalt als neue<br />

Perspektive begriffen wird, deren Inhalte in verschiedene Fächer bzw. Seminare integriert<br />

werden können. Es ist zu befürchten, dass Globalisierung zu einer deutlichen Vereinfachung <strong>und</strong><br />

Vereinheitlichung führt – dem setzen wir ein Plädoyer für Vielfalt entgegen.<br />

Elisabeth Marie Mars, Gabriele Janecki, Markus Hirschmann<br />

SchatzKiste<br />

Aktionen/Kampagnen<br />

Literaturempfehlungen<br />

Material auf CD<br />

Recherche<br />

Unterrichtsmaterial<br />

7


1. <strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong><br />

<strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />

9


10<br />

1.1 <strong>Klimawandel</strong><br />

<strong>Klimawandel</strong> – Einführung<br />

Die Veränderung unseres globalen Klimas ist zu einer deutlich spürbaren Realität geworden <strong>und</strong><br />

betrifft das Leben der Menschen überall auf der Erde.<br />

„Der exzessive Verbrauch von Kohle, Öl <strong>und</strong> Gas lässt die Durchschnittstemperatur steigen<br />

– so schnell <strong>und</strong> so stark, wie es wohl seit vielen Jahrmillionen nicht geschehen ist. Gletscher<br />

verschwinden, der Nordpol wird eisfrei, der Eispanzer auf Grönland schmilzt. Allein dadurch wird<br />

der Meeresspiegel um sieben Meter steigen, langfristig. Bereits kurzfristig geraten Küstenstädte<br />

wie Hamburg, New York, London <strong>und</strong> Shanghai in Not. Feuchtere Regionen werden vermutlich<br />

feuchter werden, trockene noch trockener. Es drohen Dürren <strong>und</strong> Überflutungen, Hungersnöte<br />

<strong>und</strong> Völkerwanderungen.“ 2<br />

Begriffsbestimmung – Klima<br />

Der Begriff Klima geht zurück auf das griechische Wort klimatos (= Neigung) – gemeint ist die<br />

Neigung der Erdachse gegen die Ebene ihrer <strong>Um</strong>laufbahn um die Sonne.<br />

Das Klima ist definiert als die Zusammenfassung der Wettererscheinungen, die den mittleren<br />

Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort oder in einem mehr oder weniger großen Gebiet<br />

charakterisieren. Üblicherweise werden hierzu die Messwerte eines genügend langen Zeitraums,<br />

normalerweise 30 Jahre, zugr<strong>und</strong>e gelegt. Hierin unterscheidet sich das Klima gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

vom Wetter, das nur kurzfristige <strong>und</strong> lokale Erscheinungen wie ein Gewitter oder einen kalten<br />

Wintertag beschreibt. 3<br />

Doch was genau trägt zu der größten menschlichen Herausforderung – der globalen Klimaveränderung<br />

– bei? Was können/müssen wir Menschen tun? Zunächst müssen wir die Erkenntnisse<br />

über die Entstehung <strong>und</strong> die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s vertiefen, um darauf aufbauend<br />

mögliche Handlungsstrategien entwickeln zu können.<br />

2 Vorholz, Fritz (2009): Wir sind noch zu retten. DIE ZEIT Nr. 50, S.23.<br />

3 Deutscher Wetterdienst, www.dwd.de.


Das Klima ändert sich<br />

Die globale Durchschnittstemperatur ist im Laufe des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts um circa 0,74°C angestiegen,<br />

allerdings weder zeitlich noch regional gleichmäßig. Besonders in den Zeiträumen 1910 bis 1945 <strong>und</strong><br />

seit 1976 ist es zu einer deutlichen Erwärmung gekommen. Zwischen 1995 <strong>und</strong> 2006 fielen elf von<br />

zwölf Jahren unter die zwölf wärmsten Jahre seit Beginn der Temperaturmessungen im Jahr 1850.<br />

Der Anstieg fand vor allem über den Landflächen statt <strong>und</strong> hier besonders über der nördlichen<br />

Erdhalbkugel, weniger über den sich verzögert erwärmenden Ozeanen. Der durchschnittliche<br />

globale Meeresspiegel ist im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert um 12 bis 22 Zentimeter angestiegen. Zudem ist<br />

der <strong>Welt</strong>klimarat IPCC 4 zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der hydrologische Kreislauf<br />

(Wasserkreislauf) verändert hat. Während es auf der Nordhalbkugel eine Zunahme der kontinen-<br />

talen Niederschläge um 5 bis 10% während des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts gegeben hat, ist in manchen<br />

Regionen (z.B. Nord- <strong>und</strong> Westafrika) ein Rückgang zu beobachten. In den mittleren <strong>und</strong> höheren<br />

nördlichen Breiten konnte eine Zunahme extremer Niederschlagsereignisse verzeichnet werden.<br />

Ferner zeigt sich ein weiträumiger Rückzug von Berggletschern, die aufgr<strong>und</strong> ihrer Sensibilität<br />

gegenüber Temperaturveränderungen auch als „Fieberthermometer der Erde“ bezeichnet werden.<br />

Auch gibt es deutliche Anzeichen für ein Aufweichen von Permafrostböden in Teilen der Polar- <strong>und</strong><br />

Subpolarregionen – so auch in Sibirien <strong>und</strong> damit im Lebensraum der Chanty <strong>und</strong> Mansi.<br />

Zwar hat es in der erdgeschichtlichen Vergangenheit immer wieder Klimaveränderungen gegeben,<br />

die nicht allein durch die Konzentration von CO2 gesteuert wurden, die Erhöhung der durch-<br />

schnittlichen globalen Temperaturen um 0,74 °C während des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts ist jedoch im<br />

Wesentlichen auf den zusätzlichen vom Menschen verursachten Treibhauseffekt zurückzuführen.<br />

Schematische Darstellung des Treibhauseffekts 5<br />

4 Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC; Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen), im Deutschen<br />

oft als <strong>Welt</strong>klimarat bezeichnet, wurde im November 1988 vom <strong>Um</strong>weltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) <strong>und</strong> der<br />

<strong>Welt</strong>organisation für Meteorologie (WMO) ins Leben gerufen. Hauptaufgabe des der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) bei-<br />

geordneten Ausschusses ist es, Risiken der globalen Erwärmung zu beurteilen sowie Vermeidungs- <strong>und</strong> Anpassungsstrategien<br />

zusammenzutragen. Der Sitz des IPCC-Sekretariats befindet sich in Genf. http://de.wikipedia.org/wiki/IPCC.<br />

5 B<strong>und</strong>esministerium für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit (2008): Klimaforschung, Arbeitsblatt 2, S. 2.<br />

11


12<br />

Der menschgemachte Treibhauseffekt<br />

Daher stellt sich bei den beobachteten Veränderungen die Frage, ob <strong>und</strong> in welchem Ausmaß die<br />

Treibhauseffekte natürlichen Ursprungs oder durch den Menschen verursacht sind. Zunächst<br />

lässt sich zweifelsfrei festhalten, dass der Mensch mit seinem Handeln die Konzentration von<br />

Treibhausgasen <strong>und</strong> damit die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre deutlich beeinflusst.<br />

Durch eine Vielzahl von Prozessen setzt er große Mengen an Treibhausgasen frei: vor allem durch<br />

die Verbrennung fossiler Energieträger (Braun- <strong>und</strong> Steinkohle, Erdöl, Erdgas), die großflächige<br />

Änderung der Landnutzung (z.B. Rodung von Wäldern), landwirtschaftliche Tätigkeiten (v.a.<br />

Viehwirtschaft <strong>und</strong> Reisanbau /Methanausstoß) <strong>und</strong> industrielle Prozesse. Dieser menschliche<br />

Einfluss ist verantwortlich für den signifikanten Konzentrationsanstieg von Treibhausgasen in<br />

der Atmosphäre seit Beginn der Industrialisierung <strong>und</strong> die dadurch ausgelöste Verstärkung des<br />

Treibhauseffektes. Daher bezeichnet man den Anteil am gesamten Treibhauseffekt, den der Mensch<br />

durch sein Handeln verursacht, als menschgemachten oder anthropogenen Treibhauseffekt.<br />

Das Treibhausgas CO2 trägt zu etwa 55 % zum anthropogenen Treibhauseffekt bei <strong>und</strong> ist damit der<br />

Hauptfaktor in den vom Menschen verursachten Emissionen. Der Beitrag von Methan liegt bei etwa<br />

15 %. Neben diesen Gasen gehören Distickstoffmonoxid (N2O, Lachgas) sowie industriell erzeugte<br />

Gase wie Fluorkohlenwasserstoffe zu den wichtigsten anthropogenen Treibhausgasen. Ozon (O3)<br />

wird nicht direkt ausgestoßen, sondern entfaltet seine Wirksamkeit als Folgeprodukt u.a. bei der<br />

Verbrennung fossiler Energieträger. Wasserdampf ist das natürlich am stärksten konzentrierte<br />

Treibhausgas in der Atmosphäre. Der Mensch beeinflusst seine Konzentration direkt durch den<br />

Flugverkehr <strong>und</strong> indirekt durch die erwärmungsbedingte Veränderung des Wasserkreislaufs.<br />

Aus der Analyse von Bohrungen im antarktischen Eis geht hervor, dass die atmosphärische CO2-<br />

Konzentration in den letzten 420.000 Jahren nie 290 ppm (parts per million) 6 überschritten hat. Seit<br />

Beginn der Industrialisierung um 1750 – <strong>und</strong> damit der massiven Ausweitung der oben skizzierten<br />

menschlichen Einflüsse – stieg die Konzentration von CO2 jedoch um circa 30% <strong>und</strong> betrug im<br />

Jahre 2005 im Jahresmittel bereits 379 ppm, mit einer jährlichen Zuwachsrate von etwa 1,9 ppm<br />

zwischen 1995 <strong>und</strong> 2005. Die Methankonzentration steigerte sich sogar um circa 140 %. Allerdings<br />

gibt es auch menschliche Handlungen mit einem kühlenden Effekt, beispielsweise die industriellen<br />

Emissionen von Schwefeldioxid (SO2). Insgesamt aber überwiegt der Ausstoß erwärmend wirkender<br />

Treibhausgase deutlich. 7<br />

Insgesamt beträgt der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro Kopf in Deutschland r<strong>und</strong> 11.000<br />

Kilogramm jährlich. R<strong>und</strong> 15 % davon verursachen private Haushalte direkt. 46% entfallen auf die<br />

Energiewirtschaft, 18% auf den Verkehr, etwa 20 % auf Industrie <strong>und</strong> verarbeitendes Gewerbe. 8<br />

Über unsere Verhältnisse:<br />

Obergrenze – <strong>Um</strong> unter der kritischen Grenze von 2 Grad Erwärmung zu bleiben, dürfte die<br />

Menschheit jährlich höchstens etwa 14,5 Milliarden Tonnen (Gt) 9 CO2 ausstoßen.<br />

6 Der englische Ausdruck parts per million (ppm, zu Deutsch „Teile von einer Million“) steht für die Zahl 10 -6 <strong>und</strong> wird in der<br />

Wissenschaft für den millionsten Teil verwendet, so wie Prozent (%) für den h<strong>und</strong>ertsten Teil steht.<br />

7 germanwatch (2008): Globaler <strong>Klimawandel</strong>: Ursachen, Folgen, Handlungsmöglichkeiten, S. 4–8.<br />

8 DIE ZEIT (2009) Nr. 50: Klima hausgemacht, S. 42.<br />

9 Die Gigatonne ist eine Masseneinheit. Eine Gigatonne entspricht einer Milliarde (109) Tonnen oder einer Billion (1012) kg.


Globaler Durchschnitt – Für ihren globalen Ausstoß von derzeit etwa 30 Gt pro Jahr brauchten die<br />

knapp 6,9 Milliarden Menschen also eigentlich schon zwei Erden.<br />

Deutschland – Würden alle Menschen weltweit so viel CO2 freisetzen wie der durchschnittliche<br />

Deutsche, wären vier Planeten nötig…<br />

USA – … oder gar neun Erden, wenn sich weltweit jeder an das Emissionsniveau eines typischen<br />

US-Amerikaners angleichen würde. 10<br />

<strong>Klimawandel</strong> in meinem Leben? / Handlungsebene<br />

Ökologischer Fußabdruck<br />

Wir bräuchten vier Erden, um den derzeitigen Ressourcenverbrauch auf alle Menschen ausdehnen<br />

zu können. Wie uns der ökologische Fußabdruck vorrechnet11 , hat die Menschheit bereits am<br />

9. Oktober eines jeden Jahres jene Ressourcen aufgebraucht, die bis Ende Dezember reichen<br />

sollten. Ab diesem Zeitpunkt werden die Ressourcen des nächsten Jahres verprasst. So geraten wir<br />

immer tiefer in die Verschuldung. KreditgeberInnen sind die nachfolgenden Generationen <strong>und</strong> jene<br />

Menschen, die bereits heute die negativen Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s tragen müssen. 12<br />

Der ökologische Fußabdruck, Anfang der 1990er Jahre von Mathias Wackernagel <strong>und</strong> William Rees<br />

entworfen, misst auf wissenschaftliche <strong>und</strong> zugleich verständliche Art <strong>und</strong> Weise die Auswirkungen<br />

unseres Wirtschaftens auf die <strong>Um</strong>welt. Der Fußabdruck zeigt deutlich, dass wir, die KonsumentInnen<br />

(vor allem in Europa, Japan <strong>und</strong> Nordamerika), wesentlich mehr Ressourcen verbrauchen, als die<br />

Erde uns zur Verfügung stellt. Wir vergeuden bereits die <strong>Welt</strong> unserer Kinder <strong>und</strong> zerstören die<br />

natürliche <strong>Um</strong>welt. 13<br />

Der ökologische Fußabdruck ist mittlerweile von den Vereinten Nationen anerkannt <strong>und</strong> gilt als<br />

offizieller Indikator zur Überprüfung der Ziele im Rahmen der UN-<strong>Biodiversität</strong>s-Konvention.<br />

Auch die EU nutzt diese Methode als Leitindikator zur Messung der Biologischen Vielfalt. Der<br />

ökologische Fußabdruck erfasst, in welchen Bereichen <strong>und</strong> wie stark der Mensch die <strong>Um</strong>welt<br />

belastet. Die Methode ist eine Art ‚Ressourcenbuchhaltung’. Sie rechnet das Ausmaß der Nutzungen<br />

<strong>und</strong> Belastungen der Natur wie etwa Ackerbau, Energie- oder Holzverbrauch in Flächen um, die<br />

notwendig wären, um diese Ressourcen auf erneuerbare Weise bereitzustellen. Diese Berechnung<br />

macht Sinn, denn die Ressourcen sind begrenzt. Es können beispielsweise nicht mehr Fische<br />

gegessen werden, als Meere <strong>und</strong> Flüsse hergeben. Sind die Fangmengen zu groß, regeneriert sich der<br />

Bestand nicht mehr. Heute sind bereits 47 % der weltweiten Fischbestände überfischt. Langfristig<br />

gefährdet die Menschheit ihre Nahrungsquellen, wenn sie nicht nachhaltig wirtschaftet.<br />

10 DIE ZEIT (2009) Nr. 50: : Klima hausgemacht, S. 42.<br />

11 Berechnungen der New Economics Fo<strong>und</strong>ation London basierend auf dem ökologischen Fußabdruck.<br />

http://www.neweconomics.org/gen/ecologicaldebt091006.aspx.<br />

12 All we need (2007): Die <strong>Welt</strong> der Bedürfnisse – Eine pädagogische Mappe, S. 5.<br />

13 B<strong>und</strong> für <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland /Brot für die <strong>Welt</strong> /Evangelischer Entwicklungsdienst (2009):<br />

Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten <strong>Welt</strong>, S. 116.<br />

13


14<br />

Der Fußabdruck der <strong>Welt</strong><br />

Mit 2,2 gha pro Kopf ist seit Mitte der 1980er Jahre der durchschnittliche Fußabdruck deutlich größer<br />

als die globale Biokapazität von 1,8 gha. Zudem ist die Beanspruchung des Naturkapitals örtlich<br />

sehr ungleich verteilt. Das „globale Hektar“ ist eine einheitliche Währung, die die unterschiedliche<br />

Fruchtbarkeit von Böden ausgleicht. Denn eine Fläche in einem Ackerbau kann naturgemäß mehr<br />

erzeugen, als die gleiche Fläche in einer Wüste. Die Länder der nördlichen Hemisphäre verbrauchen<br />

pro Kopf bis zu dreimal mehr Ressourcen als ihnen zustehen. Mit 9,5 gha pro Kopf übertrifft der<br />

ökologische Fußabdruck von Nordamerika alle anderen Regionen massiv <strong>und</strong> ist zum Beispiel<br />

neunmal größer als jener von Afrika. Auch der Fußabdruck Westeuropas ist mit 4,8 gha deutlich<br />

größer als der globale Durchschnitt. Die Länder des Südens hingegen – insbesondere jene auf dem<br />

afrikanischen Kontinent <strong>und</strong> in Südostasien – beanspruchen pro Kopf zum Teil deutlich weniger<br />

Biokapazität als im weltweiten Durchschnitt verfügbar ist.<br />

Die ökonomische Grenze zwischen Nord <strong>und</strong> Süd hat sich allerdings seit Beginn der 1990er Jahre<br />

verwischt. Zahlreiche Länder des Südens weisen nunmehr zweistellige Wachstumsraten auf, so<br />

etwa Energielieferanten (Saudi Arabien, Venezuela), Hard- <strong>und</strong> Softwareanbieter (Thailand, China,<br />

Indien) oder bedeutende Absatzmärkte (Brasilien, China). Mit dem wirtschaftlichen Erfolg wächst<br />

in diesen Staaten die Nachfrage nach Ressourcen <strong>und</strong> somit auch der ökologische Fußabdruck<br />

markant. Insbesondere der Energiebedarf hat stark zugenommen. In den Ländern mit geringem<br />

Wachstum steigt er von einem niedrigen Niveau ausgehend hingegen nur langsam. Beispielhaft für<br />

die Entwicklung der Länder mit raschem ökonomischem Wachstum stehen die bevölkerungsreichen<br />

Staaten Indien <strong>und</strong> China, die zunehmende Mengen an fossilen Brenn- <strong>und</strong> Treibstoffen verbrauchen.<br />

Der energetische Fußabdruck ist in China <strong>und</strong> Indien mit 0,7 gha bzw. 0,3 gha pro Kopf zwar immer<br />

noch deutlich kleiner als der <strong>Welt</strong>durchschnitt von 1,1 gha. Die Wachstumsraten sind allerdings<br />

hoch. Seit 1961 ist der energetische Fußabdruck in beiden Ländern um das Zehn- bis Zwölffache<br />

gewachsen. Da in Indien <strong>und</strong> China etwa zwei Fünftel der <strong>Welt</strong>bevölkerung leben, entsteht nicht<br />

bloß eine enorme Nachfrage nach Energie, sondern auch nach anderen Ressourcen.<br />

Angesichts dieser Entwicklungen sind enorme globale Anstrengungen nötig, um die Ökobilanz auf<br />

unserem Planeten nicht noch weiter zu verschlechtern. 14<br />

Weitere Informationen unter: www.mein-fussabdruck.at<br />

Globale <strong>Klimawandel</strong>auswirkungen<br />

Die Menschheit übernutzt die Biosphäre, <strong>und</strong> das Jahr für Jahr. Weil vor allem die globale Landfläche<br />

sowie die Atmosphäre in ihrer Tragfähigkeit überstrapaziert werden, treten vielfältige ökologische<br />

Krisen auf. 15<br />

Die klimatischen Veränderungen haben vor allem Auswirkungen auf die Existenz vieler Tier- <strong>und</strong><br />

Pflanzenarten <strong>und</strong> auf die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen, wie Wälder, Korallenriffe oder<br />

Graslandschaften – kurzum: auf die Vielfalt des Lebens auf der Erde. 16<br />

14 All we need (2007): Die <strong>Welt</strong> der Bedürfnisse – Eine pädagogische Mappe, S. 15.<br />

15 B<strong>und</strong> für <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland /Brot für die <strong>Welt</strong> /Evangelischer Entwicklungsdienst (2009):<br />

Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten <strong>Welt</strong>, S. 116.<br />

16 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) (2009): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>, S. 7.


1.2 <strong>Biodiversität</strong><br />

Diese ‚Vielfalt des Lebens auf der Erde‘ wird mit dem Begriff Biologische Vielfalt bzw. <strong>Biodiversität</strong><br />

zusammengefasst.<br />

Begriffsbestimmung: <strong>Biodiversität</strong><br />

„<strong>Biodiversität</strong> oder Biologische Vielfalt meint die Vielfalt der Lebensformen der Biosphäre<br />

in allen ihren Ausprägungen <strong>und</strong> Beziehungen untereinander. Sie steht für die Bandbreite an<br />

Variationen in <strong>und</strong> Variabilität zwischen Systemen <strong>und</strong> Organismen auf drei Ebenen:<br />

1. Ökologische Diversität – Vielfalt von Biomen 17 , Landschaften <strong>und</strong> Ökosystemen bis hin zu<br />

ökologischen Nischen<br />

2. Diversität zwischen Organismen – Vielfalt zwischen taxonomischen Gruppen (z. B. Familien,<br />

Gattungen) bis hin zur Artenvielfalt<br />

3. Genetische Diversität – Vielfalt von Populationen über Individuen bis hin zu Genen.“ 18<br />

Auf der internationalen Agenda dieses Jahrh<strong>und</strong>erts steht neben Klimaschutz <strong>und</strong> Ressourcen-<br />

schonung auch der Erhalt der Artenvielfalt. <strong>Biodiversität</strong> ist die Vielfalt des Lebens <strong>und</strong> zugleich die<br />

Gr<strong>und</strong>lage unseres menschlichen Lebens. Ohne sie fehlten uns nicht nur atemberaubende Anblicke<br />

<strong>und</strong> unvergessliche Naturerlebnisse, sondern auch die Luft zum Atmen, sauberes Trinkwasser,<br />

Rohstoffe, Medizin <strong>und</strong> Nahrung. Das alles stellt eine intakte Natur dem Menschen immer wieder<br />

neu zur Verfügung. Die Ökosysteme stellen für den Menschen alljährlich Leistungen im Wert von<br />

r<strong>und</strong> 26 Trillionen Euro bereit. Das ist weit mehr als der Wert der Güter, die die Menschen r<strong>und</strong> um<br />

den Globus selbst produzieren. Eine große <strong>Biodiversität</strong> stärkt die Stabilität der Ökosysteme <strong>und</strong><br />

hält Optionen für künftige Nutzungen offen. 19<br />

Die <strong>Biodiversität</strong> ist für alle Bereiche der menschlichen Existenz von großer Bedeutung: Menschen<br />

brauchen Nahrung, fruchtbare Böden, sauberes Wasser, Brenn- <strong>und</strong> Baumaterialien, Heilpflanzen<br />

für die Herstellung von Medikamenten <strong>und</strong> nicht zuletzt ges<strong>und</strong>e Luft zum Atmen.<br />

Die Biologische Vielfalt oder <strong>Biodiversität</strong> umfasst die genetische Vielfalt, die Vielfalt der Arten <strong>und</strong><br />

die der Ökosysteme. Sie bezeichnet damit die Dynamik, die zwischen Pilzen, Insekten, Pflanzen,<br />

Tieren, Mikroorganismen <strong>und</strong> auch dem Menschen in den jeweiligen Lebensräumen besteht. Dabei<br />

ist die in Naturräumen wild vorkommende <strong>Biodiversität</strong> ebenso wichtig wie die von Menschen in<br />

Kulturräumen erhaltene, etwa die Agrobiodiversität für Ernährung <strong>und</strong> Landwirtschaft (Kultur-<br />

pflanzen, Nutztiere <strong>und</strong> Landschaften) oder jene in städtischen Grünzügen. Innerhalb von Arten<br />

sorgt die genetische Vielfalt für die Fülle von Pflanzensorten oder Tierrassen. Von den geschätzten<br />

15 Millionen Arten weltweit sind erst etwa 1,7 bis 2 Millionen wissenschaftlich erfasst. Geringer noch<br />

17 Ein Biom ist ein Großlebensraum der Biosphäre, zur Abgrenzung werden die Pflanzenformationen herangezogen. Es handelt<br />

sich um eine physiognomische Klassifikation, die Gebiete mit einem einheitlichen Spektrum an Lebensformen der Pflanzen<br />

zusammenfasst. Durch einheitliche äußere Bedingungen wie Klima oder Boden entstehen diese charakteristischen Lebens-<br />

formen des Pflanzenwachstums, die wiederum Auswirkung auf die dort lebenden Tiere <strong>und</strong> sonstigen Lebewesen haben. Be-<br />

trachtet werden dabei diejenigen Pflanzenformationen, die sich unter dem jeweiligen Makroklima großräumig einstellen oder<br />

einstellen würden (Potenzielle natürliche Vegetation).<br />

18 Simonis, Udo E. (2003): Öko Lexikon. München: Verlag C.H. Beck, S. 35f.<br />

19 Troge, Andreas (2008): Zeit zu handeln. In: Le Monde diplomatique/taz: Atlas der Globalisierung – Klima, S. 4.<br />

15


16<br />

sind die Kenntnisse über die Vielfalt innerhalb von Populationen oder über die Wechselwirkungen<br />

zwischen Ökosystemen.<br />

Die <strong>Biodiversität</strong> ist sehr ungleich über den Globus verteilt. Die Gebiete mit höchster Artenvielfalt<br />

finden sich in den Tropen <strong>und</strong> Subtropen. Speziell in diesen Regionen konnten sich im Zuge der<br />

Evaluation mannigfaltige Lebensformen entwickeln. Zugleich werden südlich des 40. Breitengrades<br />

besonders viele Sorten von Nutzpflanzen kultiviert, die dort auch wilde Verwandte haben. Brasilien,<br />

Kolumbien <strong>und</strong> China führen die Gruppe der sogenannten Megadiversitätsländer an, in denen<br />

Wissenschaftler 70% aller weltweiten vertretenen Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten vermuten. Deutschland<br />

ist da vergleichsweise artenarm.<br />

Auf Boden, Wasser, Luft <strong>und</strong> genetischen Ressourcen basieren unsere Landwirtschaft, aber auch<br />

unsere Medizin. Vierzig Prozent der weltweit erfolgreichsten Medikamente werden aus natürlichen<br />

Substanzen gewonnen. Terrestrische <strong>und</strong> marine Ökosysteme beinhalten die Bodenbildung <strong>und</strong><br />

-erhaltung, Bestäubung <strong>und</strong> Selektion, Kreisläufe von Nährstoffen <strong>und</strong> Wasser, die Bindung von<br />

Kohlenstoff <strong>und</strong> die Regulierung des Klimas. Die Vielfalt <strong>und</strong> Verschiedenheit der lebendigen<br />

Formen ist notwendig, damit ein natürliches Anpassungspotenzial, etwa an Veränderungen des<br />

Klimas oder der Böden, erhalten bleibt.<br />

Auswirkungen von <strong>Biodiversität</strong>sverlust<br />

Ein Verlust von Biologischer Vielfalt ist indes folgenschwer: In Folge der <strong>Um</strong>gestaltung der Biosphäre<br />

durch den Menschen (z.B. Entwaldung, Artenverschleppung) wird der <strong>Biodiversität</strong>sverlust zu<br />

einem globalen <strong>Um</strong>weltproblem. Ausgestorbene Arten <strong>und</strong> verschw<strong>und</strong>ene Ökosysteme20 können<br />

nicht wieder hergestellt werden <strong>und</strong> sind für unsere Nachkommen für immer verloren. Die<br />

aktuelle Rate des globalen Artensterbens übersteigt die natürliche Aussterberate um das h<strong>und</strong>ert-<br />

bis tausendfache. Der <strong>Welt</strong>-Naturschutzverband IUCN schätzt, dass mehr als 16.000 Arten von<br />

Säugetieren, Vögeln, Reptilien <strong>und</strong> Amphibien weltweit vom Aussterben bedroht sind. Wesentliche<br />

Gründe: Die Zerstörung von Lebensräumen, übermäßiger Konsum <strong>und</strong> Klimaveränderungen.<br />

Beunruhigend zudem: Die genetische Vielfalt von Nutztieren <strong>und</strong> Kulturpflanzen, die Agrobio-<br />

diversität, schwindet. Monokulturen auf den Feldern <strong>und</strong> Massenproduktion in den Ställen haben<br />

die regionale Vielfalt verdrängt. Gegenwärtig liefern nur 15 Pflanzen- <strong>und</strong> acht Tierarten 90%<br />

der menschlichen Nahrung weltweit. Durch die abnehmende genetische Vielfalt werden Pflanzen<br />

anfälliger für Schädlinge <strong>und</strong> Wetterbedingungen. Das bedroht auch die Basis unserer Ernährung. 21<br />

Der Erhalt inklusive der nachhaltigen Nutzung von <strong>Biodiversität</strong> bietet die Chance, den <strong>Klimawandel</strong><br />

abzumildern <strong>und</strong> Möglichkeiten zur Anpassung an veränderte Klimabedingungen zu entwickeln.<br />

Damit ist die Biologische Vielfalt das wichtigste Kapital unserer Zukunft <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lage des<br />

Überlebens der Menschheit – in Entwicklungs- <strong>und</strong> Industrieländern. 22<br />

Erhalt <strong>und</strong> nachhaltige Nutzung der <strong>Biodiversität</strong> sind weithin anerkannte Ziele Nachhaltiger<br />

Entwicklung. Die <strong>Biodiversität</strong>skonvention ist hierfür das wichtigste völkerrechtliche Instrument.<br />

20 Siehe auch zum Thema ‚Ökosysteme‘: Le Monde diplomatique /taz (2008): Atlas der Globalisierung – Klima, S. 9<br />

(Abb. „Ein Planet, vielfältige Ökosysteme“).<br />

21 welt.sichten /eed (2008): Biologische Vielfalt – Zwischen Schutz, Nutzung <strong>und</strong> Kommerz, S. 5.<br />

22 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) (2009): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>, S. 8f.


<strong>Biodiversität</strong>skonvention<br />

Das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt, das auch <strong>Biodiversität</strong>skonvention – oder<br />

von den „Insidern“ auch knapp „Biodiv-Konvention“ – genannt wird, verfolgt drei Ziele:<br />

· Den Erhalt der Biologischen Vielfalt.<br />

· Die nachhaltige Nutzung der Biologischen Vielfalt.<br />

· Den gerechten Vorteilsausgleich aus der Nutzung der Biologischen Vielfalt.<br />

Dabei ist die Konvention über die Biologische Vielfalt keineswegs nur eine „Artenschutz-Konvention“.<br />

Die Konvention beinhaltet darüber hinaus ausdrücklich den „nachhaltigen Nutzen“ dieser Vielfalt<br />

sowie den sogenannten „Vorteilsausgleich“.<br />

1.3 Kulturelle Vielfalt<br />

Eine weitere Auswirkung des <strong>Klimawandel</strong>s <strong>und</strong> dem damit einhergehenden Verlust von<br />

Biologischer Vielfalt ist auch der Verlust von traditionellem Wissen bzw. von Kultureller<br />

Vielfalt. Hierzu gehören neben dem speziellen Wissen über die Nutzung von Heilpflanzen, wilden<br />

oder domestizierten Tieren, auch kulturelle Elemente, die sich in Gesang, Sprache, Literatur oder<br />

Tänzen widerspiegeln.<br />

Begriffsbestimmung Kulturelle Vielfalt<br />

„Kulturelle Vielfalt bezieht sich auf die mannigfaltige Weise, in der die Kulturen von Gruppen <strong>und</strong><br />

Gesellschaften zum Ausdruck kommen. Diese Ausdrucksformen werden innerhalb von Gruppen<br />

<strong>und</strong> Gesellschaften sowie zwischen ihnen weitergegeben.<br />

Die Kulturelle Vielfalt zeigt sich nicht nur in der unterschiedlichen Weise, in der das Kulturerbe der<br />

Menschheit durch eine Vielzahl kultureller Ausdrucksformen zum Ausdruck gebracht, bereichert<br />

<strong>und</strong> weitergegeben wird, sondern auch in den vielfältigen Arten des künstlerischen Schaffens, der<br />

Herstellung, der Verbreitung, des Vertriebs <strong>und</strong> des Genusses von kulturellen Ausdrucksformen,<br />

unabhängig davon, welche Mittel <strong>und</strong> Technologien verwendet werden.“ 23<br />

Kultur ist entscheidende Voraussetzung dafür, dass aufstrebende Gesellschaften ihr Selbstbewusstsein<br />

erhalten <strong>und</strong> wiedergewinnen, denn künstlerisches Schaffen fördert Kreativität.<br />

Kultur beeinflusst soziales Handeln, Regeln <strong>und</strong> Entscheidungsprozesse einer Gesellschaft. Sie<br />

spielt somit eine zentrale Rolle in der gesellschaftlichen Entwicklung jenseits politischer, rechtlicher<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlicher Aspekte. Kulturschaffende sind MitgestalterInnen gesellschaftlicher Veränderungen<br />

<strong>und</strong> können die künftige Situation eines Landes beeinflussen. 24<br />

Außerdem schafft Kulturelle Vielfalt eine reiche <strong>und</strong> vielfältige <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> stärkt dadurch<br />

Demokratie, Toleranz, soziale Gerechtigkeit <strong>und</strong> gegenseitigen Respekt. Kulturelle Vielfalt erhöht<br />

die Wahlmöglichkeiten, bereichert die menschlichen Fähigkeiten <strong>und</strong> Werte <strong>und</strong> ist deshalb<br />

Hauptantriebskraft nachhaltiger Entwicklung. 25<br />

23 Deutsche UNESCO-Kommission (2009): Kulturelle Vielfalt gestalten – Weissbuch, S. 30.<br />

24 E+Z Nr.1/2010: Rollen von Kulturschaffenden, S. 18.<br />

25 Deutsche UNESCO-Kommission (2009): Kulturelle Vielfalt gestalten – Weissbuch, S. 2.<br />

17


18<br />

Konvention zum Schutz der Kulturellen Vielfalt<br />

Anlässlich ihrer 32. Generalkonferenz im Oktober 2003 hat die UNESCO die Ausarbeitung einer<br />

Konvention zum Schutz der Kulturellen Vielfalt beschlossen. Ziel dieser Konvention ist die Erhaltung<br />

Kultureller Vielfalt unter den Rahmenbedingungen von Globalisierung <strong>und</strong> Liberalisierung im<br />

Kontext des Allgemeinen Abkommens zum Handel mit Dienstleistungen (GATS). Bezugspunkt ist<br />

die „Allgemeine Erklärung der UNESCO zur Kulturellen Vielfalt“, in der die UNESCO betont, dass<br />

die Erhaltung der Kulturellen Vielfalt einen ebenso hohen Stellenwert hat wie die <strong>Biodiversität</strong>.<br />

Unter anderem auf Anregung des Deutschen Kulturrats ist bei der Deutschen UNESCO-Kommission<br />

die „Nationale Koalition Kulturelle Vielfalt“ angesiedelt. Die Nationale Koalition hat das Ziel, den<br />

Diskussionsprozess zur Konvention zum Schutz der Kulturellen Vielfalt in Deutschland zu beleben<br />

<strong>und</strong> nationale Anliegen in den internationalen Diskussionsprozess einzubringen. 26 Die interna-<br />

tionale Staatengemeinschaft hat sich zur aktiven <strong>Um</strong>setzung dieses Übereinkommens verpflichtet.<br />

Hüter der Biologischen <strong>und</strong> Kulturellen Vielfalt der Erde sind indigene Völker. Ihr Reichtum<br />

sind ihre vielen Sprachen <strong>und</strong> Kulturen, die Weisheit ihrer Religionen <strong>und</strong> ihres <strong>Um</strong>gangs mit der<br />

Natur. <strong>Welt</strong>weit wird derzeit von 350 bis 400 Millionen Menschen ausgegangen, die einem der circa<br />

5.000 indigenen Völker in 75 Staaten angehören. 27<br />

Begriffsbestimmung – Indigene Völker<br />

„Der Begriff ‚indigen‘ leitet sich ab vom englischen ‚indigenous‘. Er wurde 1995 von der Arbeits-<br />

gruppe zu Indigenen Bevölkerungen der Vereinten Nationen (UNWGIP) geprägt für Völker, die<br />

ein bestimmtes Territorium als erste besiedelt <strong>und</strong> genutzt haben, die aus freien Stücken eine<br />

kulturelle Besonderheit bewahren, welche die Sprache, Sozialorganisation, Religion, Spiritualität,<br />

Produktionsweisen, Gesetze oder Institutionen der Selbstverwaltung einschließen kann oder die<br />

sich selbst als eine von anderen verschiedene, geschlossene Gruppe verstehen <strong>und</strong> als solche von<br />

anderen Gruppen oder staatlichen Institutionen auch anerkannt werden.“ 28<br />

26 Deutscher Kulturrat (2005): Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion. Konzeption Kulturelle Bildung III<br />

http://www.kulturrat.de/dokumente/studien/konzeption-kb3.pdf, S. 22.<br />

27 Gesellschaft für bedrohte Völker (2006): Indigene Völker – Ausgegrenzt <strong>und</strong> Diskriminiert, S. 5.<br />

28 ebd.


2. Informationen zu den Ethnien<br />

Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

21


22<br />

2.1 Lebensraum Sibirien<br />

2.1.1 Geografische Informationen zu Sibirien<br />

Sibirien ist ein Teil Russlands. Das Wort Sibirien stammt aus der Sprache der Kosaken <strong>und</strong> bedeutet<br />

„das schlafende Land“. Es erstreckt sich über zehn Millionen km² vom Ural im Westen bis zu den<br />

Gebirgen der pazifischen Wasserscheide im Osten <strong>und</strong> von der Küste des Nordpolarmeers bis an<br />

die Grenzen zur Mongolei <strong>und</strong> zu China im Süden. Lange kalte Winter (bis -70°C), kurze heiße<br />

Sommer (bis +40°C) <strong>und</strong> eine mittlere Jahrestemperatur von unter 0°C zeugen von einem extremen<br />

Kontinentalklima. Für seine Größe ist Sibirien mit einer Bevölkerungsdichte von 2,7 Einwohnern/<br />

km² relativ schwach besiedelt. Jedoch konzentrieren sich 90% der sibirischen Bevölkerung auf 10%<br />

des Territoriums. Die größte Stadt Sibiriens ist Novosibirsk mit 1,4 Millionen Einwohnern. Ganz<br />

Russland hat elf, Sibirien davon neun Zeitzonen. In der polaren Zone liegen die Kältewüste mit<br />

den Permafrostböden <strong>und</strong> die baumlose T<strong>und</strong>ra. In der kaltgemäßigten Klimazone wachsen boreale<br />

Wälder (sibirische Taiga), die vorwiegend aus Nadelbäumen bestehen. 29<br />

Quelle: wikipedia: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/0/0b/Rs-map.png<br />

In dem Projekt um.welt haben wir schwerpunktmäßig zu Westsibirien gearbeitet.<br />

Die westsibirische Tiefebene ist eines der größten Sumpfgebiete der Erde. Geprägt wird die<br />

Landschaft durch den borealen Wald, der über 25 Millionen ha einnimmt. Nadelbäume wie Fichte,<br />

Kiefer, Weißtanne, Zirbelkiefer, Tanne <strong>und</strong> Lärche bedecken große Flächen <strong>und</strong> wechseln sich mit<br />

Birken, Espen <strong>und</strong> Weiden ab. Im rauen Klima des Nordens wachsen die Bäume sehr langsam; sie<br />

bleiben ziemlich klein, liefern aber gutes, hartes Holz. Trotz der extremen Bedingungen kommen<br />

hier auch unzählige Pilz-, Farn-, Flechten- <strong>und</strong> Moosarten vor. 30 Die Sümpfe sind von Bächen <strong>und</strong><br />

Flüssen durchzogen <strong>und</strong> mit tausenden Seen durchsetzt, an deren Ufern sich Gebüsche <strong>und</strong> dichter<br />

29 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />

Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 27f.<br />

30 Greenpeace (2004): Urwälder Sibiriens. Schwindendes Revier des Sibirischen Tigers.<br />

http://www.greenpeace.de/themen/waelder/urwaelder_sibiriens/artikel/urwaelder_sibiriens/.


Wald entlang ziehen. Auf trockenen, sandigen Höhen wächst ein lichter Nadelwald, der reich an<br />

Rentierflechte ist. Durch den Rückstau des Wassers an der nördlichen Eisbarriere sind im Frühjahr<br />

weite Areale überschwemmt. Erst im August erreichen die Flüsse ihren normalen Wasserstand, um<br />

ab Oktober wieder zuzufrieren. Braunbär, Elch, das wilde Rentier <strong>und</strong> der Wolf sind die größten<br />

Säugetiere des Waldes. 31<br />

<strong>Biodiversität</strong><br />

Etwa 80% der arktischen Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten kommen in Russland vor. 40% der weltweit<br />

wertvollsten Nadelwaldbestände befinden sich in Russland. 32<br />

In Sibirien fördert der russische Staat Erdöl <strong>und</strong> Erdgas, aber auch Rohstoffe wie Gold, Diamanten,<br />

Silber <strong>und</strong> Kupfer. In Westsibirien, dem Zentrum der russischen Ölindustrie, wurden in 40 Jahren<br />

mehr als 70 Milliarden Barrel Öl gefördert. 33 In diesem Gebiet kommt es zu schweren ökologischen<br />

Schäden durch die rücksichtslose Gas- <strong>und</strong> Ölförderung der sowjetischen Regierung <strong>und</strong> seit der<br />

politischen Wende auch vermehrt durch ausländische Unternehmen. 34<br />

Weitere <strong>Um</strong>weltprobleme werden durch Bodenerosion, illegalen Holzeinschlag, Luftverschmutzung<br />

durch Emissionen aus Kohlekraftwerken, der Schwerindustrie <strong>und</strong> aus dem Transportverkehr<br />

in den großen Städten sowie industrielle, städtische <strong>und</strong> landwirtschaftliche Verschmutzung<br />

der Binnengewässer <strong>und</strong> Küsten <strong>und</strong> durch kontaminierte Böden durch Agro-Chemikalien <strong>und</strong><br />

verlassene Lager veralteter Pestizidvorräte hervorgerufen. Gebiete mit zuweilen hoher radioaktiver<br />

Kontamination, Gr<strong>und</strong>wasserkontaminierung sowie toxischem Abfall sind unbewohnbar. 35<br />

Sibirien ist die Heimat der indigenen Bevölkerung Russlands, die sich aus 45 Völkern mit insgesamt<br />

240.000 Angehörigen zusammensetzt, deren Kultur <strong>und</strong> Aktivitäten durch die arktische <strong>Um</strong>gebung<br />

geprägt sind. 36 Die indigenen Völker Russlands, bewohnen etwa zwei Drittel der Fläche des Landes. 37<br />

31 AG Westsibirien: Leben mit der Taiga. http://www.projekte.kreckow.de/sibirien/#%C3 %96l.<br />

32 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />

Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S.28.<br />

33 Starobin, Paul (2008): Ab nach Sibirien! Öl lässt Russlands Norden leuchten. In: National Geographic Deutschland, Juni<br />

2008, S. 69.<br />

34 Gesellschaft für bedrohte Völker (2006): Indigene Völker – ausgegrenzt <strong>und</strong> diskriminiert, S. 5f.<br />

35 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />

Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 29.<br />

36 Gesellschaft für bedrohte Völker (2006): Indigene Völker – ausgegrenzt <strong>und</strong> diskriminiert, S. 5f. <strong>und</strong> Deutsche Gesellschaft<br />

für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In: Nachhaltigkeit hat viele<br />

Gesichter, Nr. 8,S. 27f.<br />

37 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />

Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 27f.<br />

23


24<br />

2.1.2 Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

Die zur finno-ugrischen Sprachengruppe zählenden Chanty <strong>und</strong> Mansi sind die Ureinwohner von<br />

Nordwest-Sibirien, die ihre bis zu 6.000 Jahre zurückreichenden kulturellen Traditionen pflegen<br />

<strong>und</strong> von Generation zu Generation weitergeben. Die Chanty <strong>und</strong> Mansi werden auch als Ob-Ugrier<br />

bezeichnet.<br />

Viele Chanty waren traditionell Halbnomaden mit saisonalem Wohnsitzwechsel. In der sowjetischen<br />

Epoche wurden zahlreiche chantische Siedlungen zwangsweise geräumt <strong>und</strong> ihre Bewohner in neu<br />

errichtete größere Dörfer umgesiedelt, in denen heutzutage die Mehrheit der Chanty lebt. Ren-<br />

tierherden wurden verstaatlicht. Gleichzeitig befinden sich die in der sowjetischen Zeit errichte-<br />

ten Dörfer oftmals in einer prekären Lage, da ihre Erbauer nicht berücksichtigten, ob das <strong>Um</strong>land<br />

geeignet ist, eine größere Zahl von Menschen zu ernähren.<br />

Daneben wirkte sich besonders die erzwungene Internatsausbildung der Chanty-Kinder fatal aus:<br />

Sie lernten zwar lesen <strong>und</strong> schreiben, entfremdeten sich aber von ihrer eigenen Herkunft.<br />

Heute geht nur noch ein kleinerer Teil der Chanty einer halbnomadischen Lebensweise nach, die<br />

jedoch infolge des Zusammenbruchs des sowjetischen Versorgungssystems <strong>und</strong> des Ausbreitens<br />

der Erdölförderung immer schwieriger durchzuhalten ist. Alkoholismus <strong>und</strong> Kriminalität sind weit<br />

verbreitete Folgen kultureller Entwurzelung. 38<br />

Die Mansi sind ein ugrisches Volk nordöstlich des Ural. Viele der r<strong>und</strong> 11.000 Menschen betreiben<br />

Jagd <strong>und</strong> Fischfang. Rentierzucht ist nur noch wenig verbreitet. Die mansische Sprache gehört zu<br />

den besonders stark bedrohten Sprachen Sibiriens, einige ihrer Dialekte sind bereits erloschen.<br />

Gemeinsam leben die Chanty <strong>und</strong> Mansi im Autonomen Kreis der Chanty <strong>und</strong> Mansi in der<br />

historischen Region Jugorien39 . Politisch organisiert sind sie gemeinsam mit anderen indigenen<br />

Völkern der Region in der Vereinigung zur Rettung der Jugra mit Sitz in Chanty-Mansijsk. 40<br />

38 Ebd.<br />

39 Ehemals Jugorien heute Jugra bezeichnet die Region im Westsibirischen Tiefland hinter der Gebirgskette des Ural in Russland.<br />

Im engeren Sinne handelt es sich um das Siedlungsgebiet der Chanty <strong>und</strong> Mansi am Unterlauf des Ob.<br />

40 Quelle: Wikipedia


2.1.3 Der Autonome Kreis der Chanty <strong>und</strong> Mansi (CHMAO)<br />

Der Autonome Kreis der Chanty <strong>und</strong> Mansi ist 550.000 km² groß (ungefähr die Größe von Frank-<br />

reich) <strong>und</strong> liegt östlich des Uralgebirges im Westsibirischen Tiefland.<br />

Quelle: wikipedia: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d9/Map_of_Russia_-_<br />

Khanty-Mansi_Autonomous_Okrug_(2008-03).svg<br />

· Die Hauptstadt Chanty-Mansijsk hat 70.000 Einwohner.<br />

· Die Wirtschaft der Hauptstadt finanziert sich zu 90% aus der Ölförderung. 41<br />

· Die Gesamtbevölkerung des Autonomen Kreises beträgt 1,5 Millionen Einwohner,<br />

davon sind 2 % Chanty (17.128) <strong>und</strong> Mansi (9.894).<br />

· Die Durchschnittstemperatur im kurzen Sommer beträgt 15,7°C. Im Winter (Oktober-April)<br />

beträgt die Durchschnittstemperatur -18 bis -24 °C. Während des gesamten Winters sind die<br />

Flüsse zugefroren. 42<br />

· Das Gebiet wird wirtschaftlich sehr verschieden genutzt. Während im Norden <strong>und</strong> an den<br />

Ostabhängen des Urals, in T<strong>und</strong>ra <strong>und</strong> Waldt<strong>und</strong>ra, die Rentierhaltung, Jagd <strong>und</strong> Fischfang,<br />

sowie die Gasförderung dominieren <strong>und</strong> in den südlichen Regionen mit dichterem Taigawald die<br />

Holzproduktion im Vordergr<strong>und</strong> steht, spielt im Osten die Ölförderung die wirtschaftlich größte<br />

Rolle. In manchen Gegenden ist auch Landwirtschaft, vor allem Viehzucht, möglich. 43<br />

Insgesamt werden circa 11 Millionen ha der CHMAO-Fläche für die Gas- <strong>und</strong> Ölförderung verwendet.<br />

In CHMAO werden 57 % aller Ölreserven <strong>und</strong> 4,4% aller Gasreserven Russlands gefördert. Daneben<br />

werden aber auch andere Bodenschätze wie Gold, Kupfer <strong>und</strong> verschiedene Quarzarten abgebaut.<br />

Gemeinsam mit der Fläche für die Gas- <strong>und</strong> Ölförderung macht das 21% der Gesamtfläche aus. Für<br />

eine Förderstelle werden circa 50.000 ha zur Verfügung gestellt. Jedes Jahr werden für den Trans-<br />

41 Starobin, Paul (2008): Ab nach Sibirien! Öl lässt Russlands Norden leuchten. In: National Geographic Deutschland, Juni<br />

2008, S. 71.<br />

42 Schröder, Ina (2008): ‘Keeping our Traditions through the Centuries’: Indigenous Ways to Cultural Revival in Khanty Mansi<br />

Autonomous District, Western Siberia, S. 14. Im Rahmen dieser Magisterarbeit wurden die indigenen Gruppen der Chanty<br />

<strong>und</strong> Mansi zum Thema „Kultur“ interviewt (siehe Kapitel 2.3.1).<br />

43 AG Westsibirien: Leben mit der Taiga. http://www.projekte.kreckow.de/sibirien/#%C3%96l.<br />

25


26<br />

port, die Förderung <strong>und</strong> die Verarbeitung von Öl <strong>und</strong> Gas 10.000 ha erschlossen. Die industrielle<br />

Nutzung des Kreises umfasst: 150.000 Bohrtürme, 560 Fackeln zur Verbrennung von Begleitgasen,<br />

35.000 ha ölverschmutzte Gebiete <strong>und</strong> 1,5 Millionen Tonnen Abfälle. Zudem passieren etwa 4.500<br />

Unfälle bei den Gas- <strong>und</strong> Ölleitungen pro Jahr während des Abbaus.<br />

Die hohen <strong>Um</strong>weltbelastungen durch extreme Luftverschmutzung, Industrieabfälle <strong>und</strong> Unfälle bei<br />

den Gas- <strong>und</strong> Ölleitungen führen zu Krebs <strong>und</strong> Atemwegserkrankungen bei der Bevölkerung. Etwa<br />

100 Flüsse <strong>und</strong> Bäche sind kontaminiert, Rentiere verenden aufgr<strong>und</strong> ölverseuchter Weideflächen. 44<br />

<strong>Um</strong> einen Ausgleich für die <strong>Um</strong>weltverschmutzung zu leisten, wurden im Kreis Naturschutzgebiete<br />

gegründet; diese machen zusammen circa 3,7 Millionen ha oder 6,3% der Gesamtfläche des Kreises<br />

aus. Einer der größten Naturräume mit dem Status eines Naturschutzgebietes ist der Naturpark<br />

Numto, der sich im Norden des Kreises befindet <strong>und</strong> 721.800 ha einnimmt. 45<br />

Auf dem Territorium des Naturparks befindet sich einer der größten Seen des Kreises; er umfasst<br />

etwa 60 km2 . Die Fläche der Sumpf- <strong>und</strong> Moorseen nimmt etwa 60 bis 70% der Gesamtfläche des<br />

Naturparks ein, die borealen Wälder etwa 25 %. Der Park befindet sich im Subpolargebiet; hier treffen<br />

zwei Landschaftsgürtel aufeinander: die boreale Taiga <strong>und</strong> der durch Permafrost gekennzeichnete<br />

Landschaftsgürtel der T<strong>und</strong>ra. Die Vegetationsperiode beträgt zwei bis vier Monate <strong>und</strong> das wärmste<br />

Monatsmittel liegt zwischen +6°C <strong>und</strong> +10°C. Gegen Norden hin wird die Bewaldung der borealen<br />

Zone immer dünner <strong>und</strong> geht dann in die T<strong>und</strong>ra über. Die Mischung aus bewaldeten <strong>und</strong> moorigen<br />

Landschaften schafft die Gr<strong>und</strong>lage für eine unvergleichliche Artenvielfalt.<br />

Auf dem Territorium des Naturparks leben die Chanty. 46 Die Mischung aus T<strong>und</strong>ra, Waldt<strong>und</strong>ra<br />

<strong>und</strong> Taigalandschaften erlaubt es den Indigenen dort Wirtschaftsformen wie Jagd, Fischerei,<br />

Rentierzucht <strong>und</strong> Sammeln zu betreiben.<br />

Die Bewohner des Naturparks konnten ihre kulturelle Eigenständigkeit bis heute beibehalten, da<br />

diese Region relativ lange isoliert war <strong>und</strong> das ökologische Gleichgewicht des Naturparks intakt<br />

geblieben ist. So stellen sie bis heute ihre Haushaltsgeräte aus Holz <strong>und</strong> Birkenrinde her; die Frauen<br />

nähen selbst ihre traditionelle Kleidung; die Männer stellen Jagd- <strong>und</strong> Fischereigegenstände<br />

her <strong>und</strong> die indigenen Sprachen sind relativ gut erhalten geblieben. Mit der Einrichtung der<br />

ökologischen Schutzzone im Park „Numto“ wurde der Versuch gestartet, nicht nur die <strong>Um</strong>welt vor<br />

anthropogener Zerstörung zu schützen, sondern auch die Territorien, die von den dort lebenden<br />

indigenen Bevölkerungsgruppen auf traditionelle Weise bewirtschaftet werden. 47<br />

44 Laux, Lukas: Naturschutzgebiete in Russland, http://www.wildniscamp.de/, S. 2 <strong>und</strong> Deutsche Gesellschaft für Technische<br />

Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In: Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr.<br />

8, S. 33.<br />

45 Laux, Lukas: Naturschutzgebiete in Russland, http://www.wildniscamp.de/.<br />

46 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />

Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 33.<br />

47 Laux, Lukas: Naturschutzgebiete in Russland, http://www.wildniscamp.de/, S. 8f.


2.2 Traditionelle Lebens- <strong>und</strong> Wirtschaftsweise<br />

der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

2.2.1 Das Verhältnis von Mensch <strong>und</strong> Natur<br />

Die enge Beziehung zwischen dem Menschen <strong>und</strong> der Natur wurde in der ob-ugrischen Gesellschaft<br />

durch rationale sowie – wie uns heute scheint – irrationale Motive bestimmt. So kann man zu den<br />

rational erklärbaren Motiven die nomadische sowie halbnomadische Lebensweise zählen, wodurch<br />

die Menschen sich den Bedürfnissen der Tiere anpassten. Eine ausgeprägte Ökonomie der zur<br />

Verfügung stehenden Ressourcen sorgte für ihre Regeneration. Alles was beim Jagen oder Fischen<br />

beschafft wurde, wurde restlos verwertet: Das Fleisch benutzte man als Nahrung, die Felle für die<br />

Kleidung, die Sehnen zum Nähen, aus Fischschuppen stellte man Kleber her, aus Fischknochen<br />

machte man Fischmehl, aus den Innereien stellte man Mittel gegen blutsaugende Insekten her.<br />

Gleichzeitig aber folgten die Ob-ugren „irrationalen“ Regeln: Beispielsweise wurde das erste erlegte<br />

Wild immer dem Waldgeist überlassen, <strong>und</strong> man ließ viel Fleisch an abgenagten Knochen über, damit<br />

sich die Tiere gut fortpflanzen konnten; es war verboten, die Knochen der Tiere zu zerkleinern, weil<br />

sonst die Menge der Tiere im Wald sich verringern würde. Bevor man einen Baum fällte, erklärte<br />

man dem Geist des Ortes, dass es für einen wichtigen Zweck gefällt wird. Den oberen Ast steckte<br />

man in den Baumstumpf des gefällten Baumes, um damit seine Seele zu retten. Wenn es Holzfällern<br />

im Traum erschienen war, dass die Geister die Fällung eines Baumes nicht erlaubten, kam es auch<br />

vor, dass ein notwendiger anderer Baum tagelang gesucht wurde. Alle menschlichen Handlungen in<br />

Bezug auf die Natur folgten einem einzigen Prinzip: Wie ich mich heute zur Natur verhalte, so wird<br />

sie morgen zu mir, meiner Familie <strong>und</strong> meinem Volk sein.<br />

Dieses Verhältnis zwischen Mensch <strong>und</strong> Natur bestimmt die traditionelle Lebens- <strong>und</strong> Wirtschaftsweise<br />

der Chanty <strong>und</strong> Mansi. Die natürlichen Ressourcen der Arktis versorgen die indigenen Völker<br />

nicht nur im Sinne von Wirtschaft <strong>und</strong> Ernährung, sondern sind auch die wesentliche Gr<strong>und</strong>lage<br />

für ihre soziale Identität, ihr spirituelles Leben <strong>und</strong> kulturelles Überleben. Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

haben das sensible Ökosystem Wald über Jahrh<strong>und</strong>erte gepflegt <strong>und</strong> geschützt, ihr Wissen über die<br />

Bewahrung des Waldes ist deshalb von unschätzbarem Wert. 48<br />

2.2.2 Traditionelle Wirtschaftsformen<br />

Ursprünglich lebten die Chanty <strong>und</strong> Mansi als halbnomadisierende Tierhalter in tragbaren<br />

Unterkünften, den „Tschums“. Sie lebten vom Jagen, Sammeln, Fischen <strong>und</strong> der Rentierwirtschaft.<br />

Für die Chanty <strong>und</strong> Mansi diente der Fischfang der Ernährungssicherung. Fische waren das<br />

Hauptnahrungsmittel. Die Rentierzucht diente hauptsächlich Transportzwecken. Zur Bereicherung<br />

des Speisezettels <strong>und</strong> zum Erwerb von Pelzen für den Verkauf wurde saisonal Jagd<br />

betrieben. Im Sommer <strong>und</strong> Herbst wird der Reichtum des Waldes <strong>und</strong> der Sümpfe an Beeren<br />

<strong>und</strong> Wildfrüchten genutzt.<br />

48 Schröder, Ina (2008), S. 68f.<br />

27


28<br />

Traditionell halbnomadisch lebende Rentierhalterfamilien haben zwei bis sechs feste Lagerplätze,<br />

die 5 bis 29 Kilometer voneinander entfernt sind. Die Rentierflechte, welche die Rentiere fressen, ist<br />

hochempfindlich <strong>und</strong> wächst aufgr<strong>und</strong> klimatischer Bedingungen ungefähr 1mm pro Jahr. Damit<br />

die Weideflächen nicht übernutzt werden, brauchen Rentiere Mobilität.<br />

Diese ist saisonbedingt <strong>und</strong> sieht wie folgt aus:<br />

· April: Schneeschmelze, aber die Sümpfe sind noch gefroren. Rentiere können sich vom Rentier-<br />

moos ernähren.<br />

· Juni: <strong>Um</strong>zug zum Sommerlagerplatz. Rentiere ernähren sich von Zwergbüschen <strong>und</strong> Sumpfgras.<br />

· September: Ziehen zum Herbstplatz. Die Temperaturen gehen auf -20°C zurück. Rentiere fres-<br />

sen Pilze <strong>und</strong> Rentierflechte.<br />

· Ab November: Winterlager. Rentiere graben Rentierflechte im Schnee aus <strong>und</strong> fressen Schnee<br />

zur Flüssigkeitszufuhr. Im Spätherbst ist die wichtigste Jagdsaison.<br />

Wie ein typischer Alltag einer traditionellen Rentierhalterfamilie aussieht, ist hier von Pascha<br />

erzählt, der in Chanty-Mansijsk wohnt. Er wurde im Alter von 9 Jahren von seiner Familie in die<br />

Stadt mitgenommen, wo er als talentierter Tänzer studieren konnte:<br />

Mein Vater steht um sechs Uhr auf, wenn die Sonne noch nicht aufgegangen ist. Ohne einen Tee<br />

getrunken zu haben, zieht er seinen Wintermantel <strong>und</strong> die Ski an. Er nimmt sein Gewehr mit,<br />

ruft seinen H<strong>und</strong> <strong>und</strong> geht raus, um die Rentiere aus dem Wald zu holen.<br />

Damit die Rentiere nicht zu weit gehen, muss man sie zusammentreiben. Rentiere haben ihre<br />

bestimmten Plätze wo sie Rentierflechte fressen können. Jeden Tag laufen sie ein bisschen<br />

weiter in den Wald, um nach Rentierflechte zu suchen. Mein Vater kennt alle seine Rentiere<br />

beim Namen <strong>und</strong> weiß wie sie aussehen. Es sind etwa 200 Tiere. So merkt er, ob irgendein Tier<br />

fehlt. Mein Vater braucht etwa vier St<strong>und</strong>en, um seine Rentiere zu finden <strong>und</strong> sie ins Camp zu<br />

treiben. Wenn sie das Camp riechen, beeilen sie sich schnell nach Hause zu laufen. Sie haben<br />

Hunger <strong>und</strong> freuen sich auf Fisch, Brot <strong>und</strong> Salz. Während mein Vater die Rentiere sucht, kann<br />

er unterwegs einen Vogel jagen.<br />

Meine Mama steht gleichzeitig mit meinem Vater auf <strong>und</strong> bereitet das Frühstück zu. Es gibt<br />

gewöhnlich einen schwarzen Tee, Fisch vom Vortag <strong>und</strong> Marmelade. Die Beeren dazu wurden<br />

im letzten Sommer gesammelt. Damit sie ein ganzes Jahr über frisch bleiben, gräbt man einen<br />

halben Meter tief ein Loch in die Erde bis der Permafrostboden49 kommt. Im Winter kann man<br />

die Beeren dann rausholen <strong>und</strong> mit etwas Zucker essen.<br />

49 Permafrostboden: gefrorener Unterboden


Gegen 11 Uhr kommt mein Vater aus dem Wald zurück <strong>und</strong> sie frühstücken zusammen. Dabei<br />

besprechen sie, welche Pläne sie für den Tag haben. Meine Mama wird Brot backen. Sie macht<br />

den Teig <strong>und</strong> backt Brot im Ofen. Mein Vater fährt zum Fischfangen. Dafür braucht er vier bis<br />

fünf St<strong>und</strong>en. Der Weg zum Fluss ist inzwischen schon verschneit <strong>und</strong> es ist schwer mit den<br />

Rentieren durch den tiefen Schnee zu kommen. Noch vor dem Frost wurden im Fluss Fischfallen<br />

aufgestellt. <strong>Um</strong> an die Fischfallen ranzukommen, schlägt er ein Loch ins Eis <strong>und</strong> schaufelt das<br />

Eis aus dem Loch. Das Eis ist ungefähr 40-50 cm dick. Er überprüft die Fischfallen <strong>und</strong> stellt sie<br />

wieder rein. Auf dem Weg nach Hause, wenn er noch Zeit hat, kann er zum Sommercamp fahren<br />

<strong>und</strong> von dort mitnehmen was er braucht, zum Beispiel Mehl oder Felle.<br />

Zum Mittagessen gibt es aufgetautes rohes Fleisch. Wenn meine Mutter mit dem Brot fertig<br />

ist, kann sie die Wäsche waschen <strong>und</strong> danach ins Dorf fahren. Sie fängt die ruhigsten Rentiere<br />

im Gehege <strong>und</strong> spannt sie in einen Schlitten ein. Es dauert etwa zwei St<strong>und</strong>en bis sie im Dorf<br />

angekommen ist. Dort kann sie Öl, Mehl <strong>und</strong> andere Dinge einkaufen.<br />

Gegen sieben oder acht Uhr abends ist es schon dunkel. Das Abendessen gibt es um neun Uhr.<br />

Während meine Mutter noch unterwegs ist, kocht mein Vater schon eine Fischsuppe. Er deckt<br />

den Tisch <strong>und</strong> wartet auf sie. In der Hütte steht eine Öllampe. Abends flickt er ein Gespann für<br />

die Rentiere <strong>und</strong> meine Mutter flickt alte Kleidung. Gegen zehn Uhr gehen sie schlafen.<br />

Die Rentierhalterfamilie im Frühling, Sommer <strong>und</strong> Herbst<br />

Im Frühling sind Rentiere nah an Sümpfen. Die Rentierkühe bringen Junge zur <strong>Welt</strong>. Sie<br />

können von Bären gefressen werden. Jeden Tag schaut man, ob eins geboren ist. Rentierkälber<br />

werden zu der Zeit von den männlichen Rentieren getrennt. Im Juni <strong>und</strong> Juli ziehen meine<br />

Eltern mit Rentieren <strong>und</strong> mit dem Nomadenzelt (Tschum) herum. Im Sommer kann man mit<br />

Rentieren das Wintercamp nicht erreichen, da es zu viele Seen <strong>und</strong> Flüsse auf dem Weg dorthin<br />

gibt. Im Juni/Juli schaut mein Vater eher in der Nacht nach Rentieren. Er schläft die ganze<br />

Nacht nicht. Draußen ist es zu der Zeit sehr hell, da es weiße Nächte gibt. Im Juni <strong>und</strong> Juli gibt<br />

es Bären, die Rentiere reißen können. Außerdem gibt es nachts viele Mücken, die die Rentiere<br />

stechen. <strong>Um</strong> sich zu schützen, bleiben die Rentiere ständig in Bewegung <strong>und</strong> können deswegen<br />

zu weit weg laufen. Deswegen treibt mein Vater die Rentiere ins Gehege im Camp. Gegen 6 Uhr<br />

morgens geht er schlafen <strong>und</strong> weckt meine Mutter. Sie macht Rauch, um die Rentiere gegen die<br />

Mücken zu schützen. Die Rentiere fressen sich satt <strong>und</strong> gehen schlafen. Mein Vater schläft nur<br />

4–5 St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> steht um 11 Uhr auf. Der Sommer ist die schwierigste Zeit für meine Eltern. Im<br />

August/September ziehen meine Eltern in die Hütte auf dem Sommercamp. Zu der Zeit lässt<br />

man die Rentiere einfach frei laufen <strong>und</strong> im November treibt man sie wieder zusammen. Viele<br />

Rentierzüchter gehen zusammen durch den Wald <strong>und</strong> suchen ihre Tiere.<br />

29


30<br />

2.2.3 Mythologische <strong>Welt</strong>anschauung 50<br />

Die religiösen Vorstellungen der Chanty <strong>und</strong> Mansi sind vom Glauben an die Beseeltheit der Natur<br />

<strong>und</strong> ihrer Elemente geprägt (Animismus 51 ), damit wird den Tieren <strong>und</strong> Pflanzen eine sakrale<br />

Bedeutung zugesprochen. Sie können Verbindungen zwischen Göttern <strong>und</strong> Menschen herstellen.<br />

Jeder Fluss <strong>und</strong> jeder See ist von einer eigenen Gottheit bewohnt, die über die Einhaltung von<br />

Regelwerken für die harten nordischen Lebensbedingungen in der Taiga wacht. Der See Numto ist<br />

für alle Chanty ein Heiligtum. In der <strong>Um</strong>gebung des Sees befinden sich zahlreiche heilige Orte, von<br />

denen man sagt, dass dort Geister wohnen, die den Menschen helfen, unter den harten nordischen<br />

Lebensbedingungen zu überleben.<br />

Die Ansichten über die Götter- <strong>und</strong> Geisterwelt variieren unter den Ethnien der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

sehr stark. Trotz dieser Vielfalt ist der Schamanismus das verbindende Element der religiösen<br />

Vorstellungen. 52<br />

Neben dem Opfer an Geister <strong>und</strong> Gottheiten bot der Schamane die Möglichkeit, mit den anderen<br />

<strong>Welt</strong>en zu kommunizieren. Er leitete Rituale <strong>und</strong> opferte Rentiere <strong>und</strong> andere Tiere, um die Götter<br />

gütig zu stimmen oder fungierte als Heiler. Dabei konnte er durch Kommunikation mit den anderen<br />

<strong>Welt</strong>en die Ursache von Unglück erklären <strong>und</strong> entsprechende Lösungen anbieten. Als Schamane<br />

konnte nur jemand bezeichnet werden, der eine Schamanentrommel besaß <strong>und</strong> mit Geistern der<br />

Unter- <strong>und</strong> Oberwelt kommunizieren konnte. Die Sowjetregierung hat die Schamanen systematisch<br />

verfolgt, so dass es heute praktisch keine Schamanen mehr gibt.<br />

Außer Schamanen gab es bei den Chanty <strong>und</strong> Mansi auch andere Personen, die eine Heilungsgabe<br />

besaßen. Es gab Geschichtenerzähler, auch „Märchen-Menschen“ genannt, die, indem sie vor dem<br />

Feuer saßen <strong>und</strong> ihrem Patienten verschiedene Märchen <strong>und</strong> Rätsel erzählten, den Gr<strong>und</strong> seiner<br />

Krankheit oder seines Unglücks zu erraten versuchten. Ebenso gab es „Lieder-Menschen“, also<br />

Sänger, die ihre Lieder mit Hilfe eines traditionellen Musikinstruments begleiteten <strong>und</strong> durch ihre<br />

Musik ihren Patienten heilen wollten. Die „Traum-Menschen“ waren fähig anhand ihrer Träume<br />

die Zukunft vorherzusagen sowie die Gegenwart <strong>und</strong> die Vergangenheit zu erklären. Wenn sich<br />

ein Mensch an sie wandte <strong>und</strong> um Hilfe bat, trat der Wahrsager im Traum mit den Geistern der<br />

Wälder, der Flüsse, der Familie oder anderen in Verbindung; am nächsten Morgen konnte er<br />

seinem „Klienten“ mitteilen, welches Opfer welcher Gottheit gebracht werden soll, um ges<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

erfolgreich zu sein.<br />

Die „kleineren“ Heiler <strong>und</strong> Wahrsagerträumer gibt es immer noch unter den Chanty <strong>und</strong> Mansi.<br />

Doch die traditionelle Medizin hat inzwischen viel Wissen <strong>und</strong> Wissende eingebüßt. In der heutigen<br />

Zeit ist die erste Anlaufstelle bei Krankheiten ein ganz normaler Arzt. Oft hört man jedoch eine<br />

traditionelle, oft religiös motivierte Begründung, warum man eine gewisse Krankheit bekommen<br />

hat, beispielsweise: „Sie ist als Frau zu einem männlichen sakralen Ort gegangen <strong>und</strong> deswegen hat<br />

sie Probleme mit den Beinen.“<br />

50 Soweit nicht anders angegeben: Laux, Lukas: Religion der Ob-Ugren, http://www.wildniscamp.de/.<br />

51 Als Animismus bezeichnet man allgemein schriftlose, in Reinform ausschließlich bei Jäger-Sammler-Kulturen verbreitete<br />

Religionen indigener Völker.<br />

52 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />

Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 27.


Der Aufbau der <strong>Welt</strong><br />

Die unzähligen Götter <strong>und</strong> Geister bilden zusammen ein hierarchisch aufgebautes System: Die<br />

oberste Klasse bilden die drei Götter, die bei der <strong>Welt</strong>schöpfung mitgewirkt haben; darunter<br />

befinden sich die Gottheiten, die territorial, z.B. an einen Fluss oder Berg, geb<strong>und</strong>en sind; ganz<br />

unten stehen die persönlichen Haus- <strong>und</strong> Familiengeister.<br />

Die drei höchsten Götter leben auf drei verschiedenen <strong>Welt</strong>ebenen. Nach den Vorstellungen der<br />

Chanty <strong>und</strong> Mansi besteht die <strong>Welt</strong> aus drei vertikal aufeinander aufgebauten Ebenen: der Oberen<br />

<strong>Welt</strong> (dem Himmel), der Mittleren <strong>Welt</strong> (der Erde) <strong>und</strong> der Unterwelt. Im Himmel leben nur gute<br />

Wesen, auf der Erde gute <strong>und</strong> böse, die Unterwelt bewohnen nur böse Wesen. Über das himmlische<br />

Pantheon regiert der Gott Torum oder auch Num Torum genannt. „Torum“ bedeutet der „Himmel“,<br />

das „Universum“, das „Wetter“, „Num“ bedeutet der „obere“. „Torum“ ist der Schöpfer der Erde,<br />

der Lichtspender <strong>und</strong> der Bewahrer der <strong>Welt</strong>ordnung. Er sieht für jeden Menschen eine bestimmte<br />

Lebensspanne vor, hilft ihnen bei Ges<strong>und</strong>heitsproblemen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Betätigungen.<br />

Neben Torum gehört auch die Göttin der Erde zu den drei wichtigsten Gottheiten. Ihre Namen sind<br />

Kaltas-anki oder Kaltas-ekva. Kaltas-anki ist für die Fruchtbarkeit der Frauen <strong>und</strong> für Geburten<br />

zuständig, ebenso wirkt sie beschützend gegen Krankheiten.<br />

Außer an die Allgemeingottheiten der drei <strong>Welt</strong>ebenen glaubten die ob-ugrischen Völker auch an die<br />

Götter, die an ein bestimmtes Territorium wie z.B. an eine Flussbiegung, eine Sumpflandschaft oder<br />

einen Hügel geb<strong>und</strong>en waren. Diese Wesen waren nicht nur für die Ordnung ihres Territoriums,<br />

sondern auch für die <strong>Welt</strong>ordnung zuständig. Der Mensch war nicht fähig diese Geister zu bestrafen,<br />

sondern er konnte sie nur um etwas bitten. Diese Götter wurden von aus Holz geschnitzten Figuren<br />

dargestellt, die man in einem kleinen extra für sie gebauten Häuschen aufbewahrte. Wie man diese<br />

Figuren aussehen ließ <strong>und</strong> wie man sie kleidete, wurde individuell gestaltet. Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

nahmen an, dass sowohl diese Götter als auch die Menschen Metallschmuck, Perlen, Pelze, Pfeile<br />

<strong>und</strong> Tabakpfeifen mögen, weshalb solche Gegenstände regelmäßig verschenkt wurden.<br />

Die persönlichen Haus- <strong>und</strong> Familiengeister waren Wesen vom niedrigsten Rang. Sie wurden oft<br />

durch eine Holzfigur mit menschlichem Antlitz symbolisiert. Nur die Männer durften sich um diese<br />

Geister kümmern <strong>und</strong> sie aufbewahren. Je mehr man sich um diese Geister kümmerte, desto mehr<br />

kümmerte sich der Geist im Gegenzug um den Wohlstand <strong>und</strong> das Glück der Familie.<br />

Weit verbreitet war bei den Chanty <strong>und</strong> Mansi ebenso der Kult um verschiedene Tiere. Eine<br />

besondere Stellung nahm dabei der Bär ein. Verehrt als heiliges Tier, betrachtete man ihn auch<br />

als Urvater des Menschen, weshalb er als ein dem Menschen verwandtes Wesen angesehen wurde.<br />

Die Heiligkeit des Bären wurde auch in der Sprache zum Ausdruck gebracht; selbst das Wort „Bär“<br />

war tabuisiert: Wenn man ihn erwähnte oder sich an ihn wendete, wurde er umschrieben, z.B. als<br />

„Onkel“, „Alte“ oder „Waldmensch“. Es sind etwa 132 Namen zur Bezeichnung des Bären bekannt.<br />

Eine besondere Stellung neben dem Bären nahm im Tierkult der Elch ein. Der Elch war ein Tier<br />

göttlichen Ursprungs <strong>und</strong> konnte die menschliche Sprache verstehen. Wenn man über einen Elch<br />

sprach, umschrieb man ihn mit verschiedenen Bezeichnungen. Der Elch wurde mit Wohlstand in<br />

Verbindung gebracht. Eine besondere Haltung pflegte man auch gegenüber dem H<strong>und</strong>, der, wie man<br />

annahm, Kontakt zum Reich der Geister <strong>und</strong> der Toten aufnehmen konnte. Der H<strong>und</strong> hatte wie der<br />

Bär einen göttlichen Ursprung <strong>und</strong> hatte früher die Gestalt eines Menschen.<br />

31


32<br />

Es existierte die Meinung, dass man keine Geheimnisse in der Gegenwart eines H<strong>und</strong>es aussprechen<br />

durfte, da dieser die menschliche Sprache verstehen konnte. Der H<strong>und</strong> war so hochgeschätzt, dass<br />

man das Töten eines H<strong>und</strong>es mit einem Menschenmord verglich. Es existierten viele Einschrän-<br />

kungen, wann welche Tiere gejagt <strong>und</strong> verzehrt werden durften. Es existierte z.B. ein Verbot das<br />

Fleisch wilder Tiere <strong>und</strong> der Nutztiere zusammen zu kochen, da alle wilden Tiere dem Gott Torum<br />

gehören <strong>und</strong> die Nutztiere (wie alles zum Haushalt Gehörige) dem Menschen.<br />

Zu einer sehr alten Tradition der ob-ugrischen Völker gehörte die Verehrung der Feuergöttin. Das<br />

Feuer hatte die Fähigkeit zu reinigen <strong>und</strong> zu schützen. Es wurde angenommen, dass es die bösen<br />

Geister <strong>und</strong> Menschen mit bösen Gedanken vertreiben kann. Die Chanty stellten sich das Feuer als<br />

eine Frau in einem roten Mantel vor, mit welcher im <strong>Um</strong>gang besondere Verhaltensregeln angebracht<br />

waren. Es war nicht erlaubt, Essensreste oder Müll ins Feuer zu werfen <strong>und</strong> es war nicht erlaubt, im<br />

Feuer mit Gegenständen aus Metall herumzuwühlen (dafür wurden Stöckchen aus Holz benutzt).<br />

Ebenso war es nicht erlaubt in der Gegenwart des Feuers zu schimpfen oder zu lügen. Ein anderes<br />

Tabu war, dass es Gästen nicht erlaubt war, in einer fremden Feuerstelle Feuerholz nachzulegen oder<br />

gar Feuer zu machen. Für die Feuergöttin wurden oft Opfergaben dargebracht – man träufelte Wein,<br />

selbstgebrannten Alkohol, Fett oder Blut eines geopferten Tieres ins Feuer.<br />

Zudem hatten alle Bäume eine wichtige Bedeutung in der religiösen <strong>Welt</strong>anschauung der obugrischen<br />

Völker. Die Bäume waren fähig sich mit Hilfe von Blättern etwas zuzuflüstern. Eine Birke<br />

galt als heiliger Baum, die die Ober- <strong>und</strong> die Unterwelt miteinander verband.<br />

2.2.4 Feste 53<br />

Das Bärenfest<br />

Der Kult des Bären findet im Kontext einer Bärenzeremonie beziehungsweise eines Bärenfestes<br />

statt. Die Zeremonie soll eine Art Entschuldigung des Jägers dafür sein, dass er den Bären getötet<br />

<strong>und</strong> sein Fleisch als Nahrung genutzt hat. Die Zeremonie des Bärenfestes wird durch folgenden<br />

Mythos erklärt.<br />

Wie der Bär auf die Erde kam …<br />

Eines Tages sah der Bär zufällig vom Himmel, wo er mit seinem Vater, dem Gott Torum wohnte,<br />

auf die grüne Erde. Nach langem Überreden schickte Torum seinen Sohn auf die Erde, gab ihm<br />

aber strenge Verhaltensregeln mit auf den Weg. So kam er schließlich herunter <strong>und</strong> bemerkte,<br />

dass die Lebensbedingungen auf der Erde härter waren, als er es sich vorher ausgemalt hatte.<br />

Hungrig <strong>und</strong> verfolgt von Mücken <strong>und</strong> Fliegen suchte er Nahrung; er bemerkte in der Ferne<br />

eine Rentierherde. In seiner Not vergaß er das Versprechen, das er seinem Vater gegeben hatte<br />

<strong>und</strong> riss einige Tiere. Erzürnt über die Vergehen des Bären setzte sich die Mutter Erde für die<br />

Menschen ein <strong>und</strong> nahm dem Bären seine Unsterblichkeit.<br />

53 Soweit nicht anders angegeben: Laux, Lukas: Feste, http://www.wildniscamp.de/.


Der Tag des Rentierzüchters<br />

Der Tag des Rentierzüchters wurde in der Sowjetzeit eingeführt <strong>und</strong> wird im Winter gefeiert. Die<br />

Rentierzüchter kommen aus den entlegensten Winkeln der Region zusammen, um am Rentierrennen<br />

teilzunehmen. Mit ihren besten Rentierschlitten <strong>und</strong> schnellsten Rentieren versuchen Männer, aber<br />

auch Frauen, die schönsten Preise zu gewinnen. Die Wettrennen finden auf verschiedenste Art <strong>und</strong><br />

Weise statt: sitzend oder stehend auf einem Schlitten, stehend auf einem Fell oder auf Skiern.<br />

Neben den Rentierrennen finden gleichzeitig auch andere Wettbewerbe statt, zum Beispiel Lasso<br />

werfen, Springen über Schlitten, Skirennen, ein dreifacher Sprung <strong>und</strong> Axtwerfen. Die Sponsoren<br />

des Festes (oft Erdöl- <strong>und</strong> Gasunternehmen) halten für die Gewinner Preise bereit (oft Motorsägen,<br />

Fernseher, seltener Schneemobile). Auf dem Fest ist traditionelles Essen ein Muss: Die Frauen haben<br />

die Möglichkeit, ihr Können in traditioneller Kochkunst zur Schau zu stellen. Für die Chanty <strong>und</strong><br />

Mansi bietet das Fest die Möglichkeit, der russischsprachigen Bevölkerung mehr über ihre Kultur<br />

<strong>und</strong> Traditionen zu erzählen. Zum Fest kommen viele Menschen aus benachbarten Siedlungen oder<br />

Städten zusammen. Durch Attraktionen wie eine Rentierschlitten- oder Schneemobilfahrt, den<br />

Besuch eines Freilichtmuseums <strong>und</strong> traditionelle Leckereien hoffen die Indigenen das Interesse der<br />

Touristen für ihre Region zu wecken. 54<br />

Das Fest der Krähe<br />

Das Fest der Krähe wurde jedes Jahr am Frühlingsanfang gefeiert. Die Krähe wird von den obugrischen<br />

Völkern verehrt als ein Vogel, der den Frühling mit sich bringt. Das Krähenfest begann<br />

im März/April, wenn die ersten Krähen aus dem Süden kamen. Die Krähe galt als Lebensspenderin,<br />

als Beschützerin der Frauen <strong>und</strong> Kinder. Die Ob-ugren assoziierten die Krähe mit der Urmutter<br />

Kaltas-anki. Am Rande des Dorfes stellte man ein Opferessen für die Krähe auf (einen heißen Brei<br />

<strong>und</strong> Tee).<br />

2.2.5 Tänze <strong>und</strong> Musik<br />

Die Musik der Ob-ugren teilt sich in mehrere Genres auf: lyrische, epische, Tanz- <strong>und</strong> Instrumentalmelodien,<br />

schamanistische Melodien <strong>und</strong> Bärenlieder. Die epischen Melodien beinhalten Mythen<br />

über die Entstehung der Erde, über die Taten der großen Geister <strong>und</strong> Heldengeschichten. Einige<br />

davon waren bzw. sind heilig <strong>und</strong> wurden im Rahmen sakraler Zeremonien (zum Beispiel auf<br />

einem Bärenfest) nach Sonnenuntergang gesungen. Die heiligsten Lieder, etwa die Bärenlieder,<br />

gehörten dabei zum musikalischen Kanon <strong>und</strong> durften nicht in ihrer Melodie, Wortstellung <strong>und</strong><br />

Rhythmus verändert werden. Sie durften nur von Männern gesungen werden. Die rituellen Lieder<br />

wurden musikalisch mit Saiteninstrumenten begleitet. Einige solche Melodien hatten, so glaubte<br />

man, eine magische Kraft, durch die Kranke geheilt werden konnten. Zum lyrischen Genre gehörten<br />

persönliche Lieder <strong>und</strong> Improvisationen, die der Musiker über sich selbst komponierte. Solche<br />

Melodien nannte man auch „Schicksalslieder“. Neben den persönlichen Liedern spielten auch lokale<br />

Melodien eine große Rolle, die eine Gruppe oder ein Dorf repräsentierten, wie zum Beispiel Lieder<br />

einer Mutter für ihr Kind, eines Hausherren für seine Haustiere oder eines Bräutigams für seine<br />

Braut.<br />

54 Fedotova, Elena T. <strong>und</strong> Potpot, Rimma M. übersetzt von Ina Schröder <strong>und</strong> http://www.etnic.ru/.<br />

33


34<br />

Zu den bekanntesten Musikinstrumenten gehören heute ein fünfsaitiges Instrument (mansisch:<br />

„Sankvyltap“, chantisch: „Narsjuch“), eine neunsaitige Harfe, auch „Kranich“ genannt <strong>und</strong> eine<br />

Maultrommel aus Rentierknochen – „Tumran“. Die Saiteninstrumente durften traditionsgemäß<br />

nur Männer spielen. Die Maultrommel galt dagegen als ein „Fraueninstrument“. Da diese Musik-<br />

instrumente in der Sowjetzeit fast in Vergessenheit geraten sind, werden alte Musiktraditionen nun<br />

wieder belebt, wobei auch Frauen die Männerinstrumente spielen dürfen <strong>und</strong> umgekehrt. Heute<br />

benutzt man für die Saiteninstrumente Saiten aus Metall, früher jedoch stellten Musiker die Saiten<br />

aus Rentiersehnen her.<br />

Die traditionellen ob-ugrischen Tänze bestanden aus der Nachahmung bestimmter Tiere (Kranich,<br />

Ente, Rentier, Fuchs oder anderer) <strong>und</strong> der Nachahmung einer Jagdsituation (Jagd auf ein<br />

Eichhörnchen, einen Bären oder Fuchs), die mit Hilfe einer musikalischen Begleitung getanzt<br />

wurden. Ebenso waren auch sogenannte „stumme“ Tänze bekannt, die ohne musikalische Begleitung,<br />

also zur „inneren Musik“, getanzt wurden. Die Frauentänze sind sehr sanft, melodisch <strong>und</strong><br />

eher langsam, wobei hauptsächlich nur der Oberkörper bewegt wird. Beim Tanzen ist es wichtig,<br />

dass die Tänzerin ein traditionelles Kleid <strong>und</strong> Schmuck trägt, wozu auch ein Kopftuch gehört, das<br />

die Hände, den Kopf <strong>und</strong> den Rücken der Tänzerin bedeckt. Die männlichen Tänze sind dagegen<br />

energetischer, physisch kraftvoller, mit größeren Sprüngen dazwischen <strong>und</strong> wirken etwas abgehackt.<br />

Die russische Choreographie hatte einen großen Einfluss auf die Tanz- <strong>und</strong> Musikfolklore der<br />

ob-ugrischen Völker. Heute werden die Tänze weniger im Rahmen heiliger Zeremonien getanzt,<br />

sondern eher auf Tanz- <strong>und</strong> Musikfestivals, Konzerten <strong>und</strong> Wettbewerben. Damit änderte sich auch<br />

die Funktion der künstlerischen Betätigung der ob-ugrischen Völker, die nicht mehr nach „innen“<br />

gerichtet ist, sondern für ein größeres nationales <strong>und</strong> internationales Publikum gezeigt wird. Für<br />

die jungen Mansi <strong>und</strong> Chanty ist es ein Ansporn, traditionelle Tänze, Lieder <strong>und</strong> Musikinstrumente<br />

zu erlernen, wobei sie die traditionellen Elemente mit modernen zu vermischen suchen.<br />

2.2.6 Kunsthandwerk 55<br />

Die Beziehung der Menschen zu Alltagsgegenständen<br />

Die Einstellung der ob-ugrischen Völker zu Alltagsgegenständen geht über eine rein utilitaristische<br />

Bedeutung hinaus. Alle Gegenstände – beispielsweise ein Boot, ein Schlitten oder Schuhe – erfordern<br />

bestimmte Regeln für ihre Herstellung, Aufbewahrung, Schenkung oder Vererbung. Jede Sache,<br />

die privat oder kollektiv genutzt wird, bestimmt den sozialen Status ihres Besitzers. Alle Dinge,<br />

die man beim Fischen oder Jagen benutzt, müssen selbst hergestellt werden <strong>und</strong> lassen dadurch<br />

Rückschlüsse auf den Charakter seines Besitzers <strong>und</strong> dessen Können zu. Deswegen ist es traditionell<br />

verboten, die Gegenstände anderer zu benutzen oder eigene zu verkaufen. Ein Gegenstand, den man<br />

nicht selbst hergestellt hat, hat keine symbolische <strong>und</strong> sakrale Funktion mehr.<br />

Die Bedeutung des Schießbogens als ein Hauptjagdinstrument geht weit über seine eigentliche<br />

Anwendung hinaus. Ein Mann wächst mit seinem Bogen auf, geht damit zur Jagd <strong>und</strong> nimmt ihn<br />

nach seinem Tod ins Jenseits mit. Ein Schießbogen symbolisiert Kraft <strong>und</strong> Zugehörigkeit zum<br />

männlichen Geschlecht.<br />

55 Soweit nicht anders angegeben: Laux, Lukas: Kunsthandwerk, http://www.wildniscamp.de/, Fedotova, Elena T. <strong>und</strong> Potpot,<br />

Rimma M. übersetzt von Ina Schröder, September 2009 <strong>und</strong> http://www.etnic.ru/.


Die Herstellung jedes Gegenstandes ähnelt einem Ritual. Nur dann kann eine Sache seinem<br />

Besitzer gut dienen, wenn dieser sie mit viel Mühe <strong>und</strong> Sorgsamkeit hergestellt hat. Der Prozess<br />

der Herstellung hängt unmittelbar mit der <strong>Welt</strong>anschauung der Menschen zusammen. Noch be-<br />

vor eine Sache hergestellt wird, tritt der Mensch in eine Beziehung zu ihr: So wird manchmal<br />

tagelang der richtige Baum zum Bootsbau ausgesucht. Das Material sollte nicht nur praktische,<br />

sondern auch symbolische Anforderungen erfüllen: Särge werden beispielsweise aus Zedernholz<br />

hergestellt, da dieser Baum einen Teil der dunklen Unterwelt darstellt. Kinderwiegen dagegen sind<br />

aus Birkenholz gefertigt, da dieser Baum einen Teil der hellen, oberen <strong>Welt</strong> symbolisiert, in der<br />

es keine Krankheiten gibt. Die Herstellung eines Gegenstandes ist vollendet, nachdem dieser mit<br />

traditionellen Ornamenten versehen ist.<br />

Die Männer bearbeiten hauptsächlich Holz, Metall <strong>und</strong> Knochen. Die Frauen nähen aus Fellen <strong>und</strong><br />

anderen Materialien Kleidung <strong>und</strong> Schuhe, stricken <strong>und</strong> basteln Haushaltsgeschirr aus Birkenrinde.<br />

Materialien <strong>und</strong> Artefakte<br />

Im Folgenden werden verschiedene Materialien, ihre Bearbeitungsweise <strong>und</strong> (Kunst-)<br />

Handwerksgegenstände der Chanty beschrieben, die sich zum großen Teil in der im<br />

Rahmen des Projekts erstellten Schatzkiste befinden.<br />

Die Birkenrinde<br />

Birkenrinde war in der Vergangenheit eines der am weitesten verbreiteten Materialien in der<br />

Taiga. Am häufigsten benutzte man Birkenrinde für die Herstellung von Haushaltsgeschirr, da sie<br />

antiseptisch wirkt. Wegen ihrer Wasser<strong>und</strong>urchlässigkeit diente sie als Tschumplane (im Sommer)<br />

<strong>und</strong> als Schlittenbedeckung. Die Birkenrinde sammelte <strong>und</strong> sammelt man heute noch drei Mal pro<br />

Jahr in Mischwäldern ein: im Mai, im Juni/Juli <strong>und</strong> im Herbst.<br />

Die Nutzung der Birkenrinde hatte nicht nur eine materielle, sondern auch eine symbolische Bedeutung.<br />

Da die weiße Birke immer hohe <strong>und</strong> helle Orte bevorzugt, dachte man, sie diene als Vermittler<br />

zwischen der mittleren <strong>Welt</strong> (der Erde) <strong>und</strong> der oberen <strong>Welt</strong>. Die weiße Farbe der Birke galt <strong>und</strong> gilt<br />

als Symbol für Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Wohlstand, da es in der oberen <strong>Welt</strong> keine Krankheiten gab (siehe:<br />

2.2.3 Mythologische <strong>Welt</strong>anschauung).<br />

Das Fell<br />

Zu einem häufig benutzten Material in den nördlichen Breiten der Jugra gehört das Fell. Am<br />

häufigsten werden Felle von einem Rentier, Hasen, Eichhörnchen oder Fuchs verarbeitet. Daraus<br />

nähen Frauen Kleidung, Mäntel, Schuhe <strong>und</strong> Mützen. Weit verbreitet sind Säckchen <strong>und</strong> Taschen aus<br />

Fell zur Lagerung von Kleidung <strong>und</strong> kleinen Gegenständen. Die Sachen werden durch traditionelle<br />

Ornamente ausgeschmückt, indem man zum Beispiel helle <strong>und</strong> dunkle Fellstreifen zusammennäht<br />

<strong>und</strong> dadurch Kontraste schafft.<br />

Die Bearbeitung der Felle ist sehr aufwendig <strong>und</strong> erfordert viel Mühe. Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

bearbeiten die Felle mit Hilfe von Fischinnereien bestimmter Fische. Die Fischinnereien werden<br />

dafür zu einer Masse gekocht <strong>und</strong> auf das Fell aufgetragen. Diese Prozedur wird mehrmals<br />

wiederholt, dazwischen lässt man das Fell 2-3 St<strong>und</strong>en unter Druck liegen <strong>und</strong> knittert es mit der<br />

Kehrseite einer Axt. Dadurch wird ein Fell weich, elastisch <strong>und</strong> fest.<br />

35


36<br />

Das Lasso (chantisch: Tynschiang)<br />

Die Chanty <strong>und</strong> Mansi nennen das Lasso langer Arm. Das Lasso wird von Männern hergestellt <strong>und</strong><br />

von beiden Geschlechtern zum Einfangen der Rentiere benutzt. Zur Herstellung eines Lassos sucht<br />

man sich ein dickes Fell <strong>und</strong> legt es für circa zehn Tage in ein Sumpfgewässer. Nachdem man es aus<br />

dem Gewässer gezogen hat, fallen die Haare aus dem Fell von alleine aus. Dann trocknet man das<br />

Fell, knittert es leicht <strong>und</strong> schneidet enge Streifen von circa 1 bis 1,5 cm heraus. Aus diesen Streifen<br />

flechtet man ein Lasso. Heute wird es immer noch von Rentierhaltern benutzt.<br />

Knochenverarbeitung<br />

Die Techniken der Knochenverarbeitung werden im Norden Sibiriens von einer Generation<br />

zur nächsten weitergegeben. Aus diesem Material werden echte Kunstwerke hergestellt. Sehr<br />

populär sind dabei Schnitzereien auf Rentier- <strong>und</strong> Hirschhörnern <strong>und</strong> -knochen, aber auch auf<br />

Mammutknochen, die die Chanty <strong>und</strong> Mansi immer wieder in der Erde finden. Aus Knochen werden<br />

wichtige Bestandteile für ein Rentiergespann, ein Lasso oder auch für einen Männergürtel herge-<br />

stellt. Damit die Knochen leichter zu bearbeiten sind, werden diese für eine längere Zeit ins Wasser<br />

gelegt <strong>und</strong> gekocht. Danach werden sie getrocknet <strong>und</strong> dann geschnitzt.<br />

Maultrommel aus Rentierknochen (chantisch: Tumran)<br />

Herstellungsweise: Der Knochen (traditionell Rentier) muss mehrere Wochen aufgeweicht werden;<br />

dann kann er bearbeitet werden.<br />

Der Hersteller der Maultrommel, Jakow Nikiforowich Tarlin, ist der erste, der die Tradition der<br />

Tumranherstellung wiederentdeckt hat. Das Wissen um die Herstellungsweise des Tumran ist daher<br />

fast verloren gegangen. Vor 10–15 Jahren, im Zuge der Wiederbelebung der eigenen Kultur, wurde<br />

im Dorf Kazym eine kulturanthropologische Schule errichtet, in der Chanty, Mansi, Komi, Nenzen<br />

<strong>und</strong> Russen über ihre jeweils eigene Kultur, über die anderen Kulturen <strong>und</strong> darüber, wie diese<br />

Kulturen zu bewahren sind, gemeinsam unterrichtet wurden. Dazu wurden alte Leute interviewt,<br />

die noch Kenntnisse über die Traditionen besitzen. Jakow Nikiforowich Tarlin begann sich für die<br />

Herstellung des Tumran zu interessieren. Dazu sprach er mit alten Frauen, die dieses Instrument<br />

noch spielen, <strong>und</strong> hörte sich alte Aufnahmen an. 56<br />

Holzkelle<br />

Geschirr, Möbel <strong>und</strong> Spielzeuge werden oft aus Holz geschnitzt. Jeder Mann hat seine Messer. Schon<br />

kleine Jungen fangen an, aus Holz Gegenstände zu schnitzen. Beim Schnitzen bewegt sich nicht das<br />

Messer, sondern das Schnitzobjekt. Geschirrgegenstände stellt man aus Birkenholz her, da dieses<br />

Holz keinen Harzgeruch hat.<br />

56 Fedotova, Elena T. <strong>und</strong> Potpot Rimma M. übersetzt von Ina Schröder <strong>und</strong> http://www.etnic.ru/.


Männergürtel<br />

Besonders wichtig für die Indigenen ist der Männergürtel, der alles Notwendige für einen Mann<br />

beinhaltet: zwei Messer, einen Knochen zum Entknoten von Schlaufen bei Frost <strong>und</strong> ein Säckchen<br />

für einen Schleifstein. Der Gürtel ist aus Schweinsleder <strong>und</strong> die Ringe aus Elchschaufeln hergestellt.<br />

Außer der wirtschaftlichen Funktion hat dieser Gürtel auch eine Schutzfunktion. Diese ist an den<br />

Knochenschildchen mit symbolischen Abbildungen (Kreuz, Tiere), an der Bärenklaue <strong>und</strong> den<br />

Metallkettchen zu erkennen. Der stärkste Schutz für den Mann ist die Bärenklaue, die ihn vor<br />

Angreifern von hinten beschützen soll. Der Gürtel wird ausschließlich von Männern hergestellt <strong>und</strong><br />

darf von einer Frau nicht berührt werden, da sonst die Schutzfunktion aufgehoben wird. Ein Mann<br />

benutzte so einen Gürtel ein Leben lang. Heute werden solche Gürtel von Kunsthandwerkern auch<br />

zum Verkauf hergestellt.<br />

Die Symbole von links nach rechts auf dem Gürtel bedeuten:<br />

1. Triasoguska (ein bestimmter Vogel), 2. Kreuz, 3. Birkenzweig, 4. in Männergestalt stehender Bär<br />

(auf den Hinterbeinen), 5. Birkenzweig, 6. Rentier, 7. Kreuz.<br />

Perlenschmuck<br />

Zur traditionellen Frauenkleidung im Sommer gehören Kleider aus Satin oder Kattun57 , die<br />

mit Stickereien, Perlen <strong>und</strong> Blechstückchen geschmückt werden. Über dem Kleid wird ein reich<br />

geschmückter Kittel beziehungsweise Mantel getragen, auf der Brust wird bunter Perlenschmuck<br />

getragen. Sowohl im Winter, als auch im Sommer tragen Frauen bunte Kopftücher. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

stellen nur Frauen den Schmuck aus Perlen her. Der Perlenschmuck soll vor Bösem schützen. An den<br />

Rändern des Brustschmucks wird Metallschmuck angebracht, da Metallklänge das Böse vertreiben<br />

sollen.<br />

Ornamente<br />

Ein Ornament muss nicht nur funktionell zu einer Sache passen, sondern auch zu ihrer Form <strong>und</strong><br />

zum verwendeten Material. Alle Ornamente haben ihre symbolische Bedeutung, die unmittelbar<br />

mit der religiös-mythologischen <strong>Welt</strong>sicht der Ob-ugren zusammenhängt. Die Frauen sind die<br />

Trägerinnen dieses traditionellen Wissens, wo welche Ornamente angebracht werden müssen. Bei<br />

dem Ornamentieren werden die Abbildungen der Tiere <strong>und</strong> Pflanzen abstrahiert. Besonders heilig<br />

sind die Abbildungen der Tierspuren, da die Spur eines Tieres für den Jäger eine mögliche Beute<br />

nach sich ziehen kann. Deswegen tauchen im Ornament oft symbolische Formen von Krallen <strong>und</strong><br />

Pfoten auf.<br />

Zickzack-Linie<br />

Eine Zickzack-Linie wird oft zum Schmücken von Birkenrinde <strong>und</strong> Stoff benutzt. Sie symbolisiert<br />

Leben <strong>und</strong> Schutz aller lebenden Dinge, deswegen wird sie oft auf Kinderwiegen gemalt. Die Zickzack-<br />

Linien haben oft Abzweigungen, die dem Ornament mehr Lebendigkeit <strong>und</strong> Kraft verleihen. Es wird<br />

angenommen, dass das Ornament die Menschen umso besser vor Unheil schützen kann, je mehr<br />

Äste <strong>und</strong> Verzweigungen dieses hat. Eine schützende Funktion haben diese Ornamente an den<br />

Ärmeln, an den Rändern <strong>und</strong> auf der Kleidung im Allgemeinen.<br />

57 Kattun ist ein glattes, leinwandartig gewebtes, ziemlich dichtes Baumwollmaterial.<br />

37


38<br />

Raute<br />

Eine Raute wird auch die „Vertiefung des Herzens“ genannt. Die gleiche Bezeichnung hat auch eine<br />

Rautenreihe, die man auf gestrickten Stoffen <strong>und</strong> Perlenschmuck vorfindet. Je nachdem wo sich<br />

die Raute im Ornamentsystem befindet, kann diese lebensnotwendige Organe wie Kopf oder Herz<br />

symbolisieren. Auf Wiegen sieht man solche Rautensegmente oft. Die Raute gilt als ein Symbol<br />

für Fruchtbarkeit: das hängt unmittelbar mit den Vorstellungen von der Urmutter Mutter-Natur<br />

(Kaltas-anki) zusammen. Dieses Ornament wird auf die Schultern <strong>und</strong> auf die Brustregion der<br />

Kleidung gestickt. Dafür wird folgender Spruch verwendet: „Die Stärke des Rückens schützen, die<br />

Stärke der Brust schützen“.<br />

Froschsymbol<br />

Es gibt Rauten mit Abzweigungen, die in diesem Fall als „Frosch“ bezeichnet werden. Eine Froschabbildung<br />

auf einem Tuch spendet dem Neugeborenen Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Langlebigkeit.<br />

Kreuz<br />

Das Kreuz findet man sowohl in gerader als auch in schiefer Lage. Das Kreuz in schiefer Lage nennt<br />

man auch „H<strong>und</strong>epfote“. Die Bedeutung des Kreuzes ist der Schutz der Menschen vor feindlichen<br />

Wesen aus den anderen <strong>Welt</strong>en. So muss beispielsweise ein Mensch der gerade vom Friedhof kommt<br />

auf den Weg kreuzweise zwei Stäbchen legen: Man nimmt an, dass die Seele des Verstorbenen diese<br />

nicht überschreiten kann. Das Kreuz soll den Menschen vor Krankheiten <strong>und</strong> Schmerzen schützen.<br />

Schlange<br />

Diese Ornamente werden verehrt, da sie als geflochtene Zöpfe einer Göttin (vom Fluss Kazym)<br />

gelten. Man nimmt an, dass ein Ornament in Form einer Schlange „eine Krankheit aussaugen“<br />

kann, das heißt jemanden heilen könnte. Wenn ein Mensch im Traum eine Schlange oder Eidechse<br />

sieht, so bedeutet das, dass der Mensch wieder ges<strong>und</strong> wird.<br />

(Siehe Foto von der Birkendose)<br />

58 Laux, Lukas: Kunsthandwerk, http://www.wildniscamp.de/, S. 9.<br />

58


Spiele 59<br />

Die Spiele bereiten Kinder auf traditionelle wirtschaftliche Tätigkeiten im Erwachsenenleben vor<br />

wie zum Beispiel Jagen, Rentierzucht oder Näharbeiten. Die Kinderspielzeuge sind Kopien der<br />

Gegenstände, die Erwachsene benutzen. Die Jungen haben kleine Schlitten, Spielzeugboote,<br />

Bögen <strong>und</strong> Pfeile. Die Mädchen spielen mit kleinen Kinderwiegen, Nadelkissen, Nadeln <strong>und</strong> Stoffe,<br />

um ihren Puppen Kleidung zu nähen. Die Kinder trainieren beim Spiel ihr Gedächtnis, ihre Vor-<br />

stellungskraft, ihre Aufmerksamkeit <strong>und</strong> ihre Fingermotorik. Heute sind diese Spiele sehr populär<br />

unter chantischen <strong>und</strong> mansischen Kindern <strong>und</strong> sind sowohl in der ganzen Jugra als auch im<br />

übrigen Russland bekannt.<br />

Birkendose<br />

Puppen* (chantisch: Akan)<br />

Die chantischen <strong>und</strong> mansischen Puppen haben keine Gesichter, da sie sonst einen Geist<br />

repräsentieren würden. Ein Geist erfordert Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Fürsorge – wenn er diese nicht<br />

bekommt, kann er der Besitzerin Unglück bringen. Mädchen sind schon im Alter von drei Jahren<br />

fähig, kleine Puppen aus Stoff <strong>und</strong> verschiedenen Naturmaterialien wie Fell <strong>und</strong> Entenschnabel zu<br />

nähen.<br />

Würfel* (chantisch: Numsty juntupset)<br />

Die Chanty <strong>und</strong> Mansi führten eine nomadische Lebensweise <strong>und</strong> waren deswegen gezwungen ihre<br />

Hütten <strong>und</strong> Lagerhäuschen für eine bestimmte Zeit zu verlassen. Damit Waldtiere nicht in ihre<br />

Hütten eindringen konnten, hatten die Besitzer die Möglichkeit mit einem sogenannten „Schloss“<br />

aus sechs oder neun Stöckchen ihre Bauten zuzusperren. Damals gab es noch keine Schlösser in der<br />

heutigen Form. Heute werden mit diesen Würfeln Knobelspiele gespielt.<br />

59 Soweit nicht anders angegeben: Fedotova, Elena T. <strong>und</strong> Potpot, Rimma M. übersetzt von Ina Schröder September 2009,<br />

http://www.etnic.ru/ <strong>und</strong> Laux, Lukas: Spiele, http://www.wildniscamp.de/.<br />

39


40<br />

Rätsel: „Der Preis der fünf Pferde“<br />

Die Aufgabe des Rätsels ist die Ringe von einer Seite durch den Knoten auf die andere Seite zu<br />

bringen, ohne die äußeren Knoten zu lösen. Es gibt eine Legende zu dem Namen dieses Rätsels.<br />

Ein chantischer Jäger soll einmal einem russischen Pelzhändler dieses Rätsel aufgegeben haben.<br />

Der Händler versuchte das Rätsel drei Tage lang zu lösen, schaffte es jedoch nicht. Dann kam er<br />

zum Jäger <strong>und</strong> bat ihn um die Lösung des Rätsels. Der alte Jäger willigte ein, ihm die Lösung zu<br />

verraten, doch nur wenn der Händler ihm dafür fünf Pferde gäbe. Der Händler gab ihm fünf Pferde<br />

<strong>und</strong> seitdem heißt auch das Rätsel so. Das Knobelspiel wird aus Holz, Rentiersehnen, Fischwirbeln<br />

oder Rentiergeweih hergestellt.<br />

Der Spieler stellt den Kreisel auf eine glatte Oberfläche. Mit einer Hand hält er diesen vertikal fest<br />

<strong>und</strong> mit der anderen beginnt er das Stöckchen zu bewegen, das am oberen Teil des Stiftes festgemacht<br />

wurde. Nach <strong>und</strong> nach beginnt der Kreisel sich zu drehen, indem der Faden r<strong>und</strong> um den Stift ein-<br />

<strong>und</strong> abgewickelt wird. Der Spieler, der am schnellsten <strong>und</strong> längsten den Kreisel betätigen kann,<br />

gewinnt. Der Kreisel ist eine vereinfachte Variante für ein bestimmtes Männerwerkzeug – einen<br />

Bohrer.<br />

Das Spiel „Schel“<br />

Für das Spiel werden 20 bis 30 kurze Stäbchen* mit einer Länge von 15 bis 20 cm benötigt, 0,5 bis<br />

0,7 cm im Durchmesser. Dieses Spiel hat mehrere Varianten <strong>und</strong> es macht sowohl Kindern als auch<br />

Erwachsenen Spaß.<br />

1.„Schel-Hot“ (chantisch: „Ein Stäbchenhaus“)<br />

Die Stäbchen können in Form einer traditionellen Waldhütte zusammengebaut werden. Die<br />

Stäbchen werden so hingelegt, dass die Figur nach oben hin enger wird <strong>und</strong> in ein Dach übergeht.


2. „Der Schwan“ (chantisch „Chutang“)<br />

Schwanenfigur aus Stäbchen<br />

Die Mindestanzahl: zwei Spieler. Die Kinder sitzen mit dem Rücken zu der Schwanenfigur aus<br />

Stäbchen. Der Spielleiter nimmt ein Stäbchen weg <strong>und</strong> fragt die Spieler: „Ich habe jetzt ein Stäbchen<br />

von dem Kopf des Schwans weggenommen, wie viel Stäbchen sind noch geblieben?“. Ohne sich<br />

umzudrehen, müssen die Spieler antworten, wie viele Stäbchen im Kopf geblieben sind. Danach<br />

werden nach <strong>und</strong> nach andere Stäbchen aus dem Hals, dem Körper, den Flügeln <strong>und</strong> dem Schwanz<br />

weggenommen <strong>und</strong> jedes Mal fragt der Spielleiter: „Ich habe ein Stäbchen von xy weggenommen<br />

(nennt dabei das Körperteil des Schwans), wie viele sind dort geblieben?“ Wenn jemand richtig<br />

geantwortet hat, bekommt derjenige das Stäbchen, wenn nicht, dann bleiben die Stäbchen liegen.<br />

Das Spiel dauert solange, bis alle Stäbchen bei den Spielern sind.<br />

3. Das Schel-Spiel zur Übung der Fingerfertigkeit<br />

Die Anzahl der Spieler ist unbegrenzt. Am Anfang wird ausgelost wer beginnen darf. Der Spieler, der<br />

beginnt, legt alle Stäbchen auf seine Handfläche <strong>und</strong> wirft sie mit einer Handbewegung von unten<br />

nach oben in die Luft. In der Zeit, wo die Stäbchen in der Luft sind, muss der Spieler seine Handfläche<br />

umdrehen <strong>und</strong> mit der Kehrseite seiner Handfläche die Stäbchen wieder auffangen. Danach werden<br />

die Stäbchen wieder in die Luft geworfen <strong>und</strong> müssen mit der Handfläche wieder gefangen werden.<br />

Wenn der Spieler eine ungerade Zahl an Stäbchen aufgefangen hat, dann nimmt er eins zu sich <strong>und</strong><br />

darf die nächste R<strong>und</strong>e wiederholen. Wenn der Spieler eine gerade Zahl aufgefangen hat, dann ist<br />

der nächste Spieler an der Reihe. Das Ziel des Spiels ist, so viele Stäbchen wie möglich zu fangen.<br />

41


42<br />

4. „Der kleine Tschum“ (in Deutschland bekannt als „Mikado“)<br />

Die Anzahl der Spieler ist unbegrenzt. Manchmal wird dieses Spiel ein „kleiner Tschum“ genannt,<br />

da der Ausgangszustand des Stäbchenhaufens an die Form eines Tschums erinnert. Einer von den<br />

Spielern nimmt alle Stäbchen in die Hand <strong>und</strong> stellt diese vertikal so auf, dass unten die Stäbchen<br />

auseinander geschoben werden <strong>und</strong> eine Tschumform entsteht. Danach lässt der Spieler die<br />

Stäbchen schnell los, so dass alle Stäbchen in einen Haufen zusammenfallen.<br />

Der Spieler, der das Spiel beginnt, muss aus dem Haufen ein Stäbchen herausziehen, jedoch so<br />

vorsichtig, dass die anderen dadurch nicht bewegt werden. Wenn Stäbchen bewegt werden, außer<br />

beim Herausziehen, darf ein anderer Spieler weiter spielen. Das Endziel ist, so viele Stäbchen wie<br />

möglich zu sammeln


2.3 Aktuelle Situation der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

In der Zeit der Sowjetunion wurde die traditionelle Lebensweise der Chanty <strong>und</strong> Mansi mit den<br />

dazugehörigen Elementen wie Musik, Ritualen <strong>und</strong> traditionellen Glaubensvorstellungen massiv<br />

zurückgedrängt. 60 Nur 600 Familien aller Indigenen im Chanty-Mansischen Autonomen Kreis<br />

verdienen ihren Unterhalt mit den traditionellen Gewerben, das heißt nur 1 bis 2% der Indigenen<br />

leben im Wald von Rentierzucht, Fischfang sowie Jagd <strong>und</strong> repräsentieren damit die traditionelle<br />

Lebensweise. 61<br />

Die Mehrzahl der Indigenen lebt in Dörfern <strong>und</strong> Siedlungen, die während der Sowjetzeit gegründet<br />

wurden, um die in der Taiga verstreut lebenden oder in der T<strong>und</strong>ra nomadisierenden Rentierzüchter<br />

<strong>und</strong> Fischer anzusiedeln. Hier sind die Konflikte am deutlichsten, die mit der ökonomischen <strong>und</strong><br />

sozialen Marginalisierung der indigenen Bevölkerung im Zuge der Industrialisierung Westsibiriens<br />

verb<strong>und</strong>en sind. Arbeit ist nur in den wenigen staatlich subventionierten Institutionen vorhanden.<br />

Staatlich organisierter Fischfang, Jagd <strong>und</strong> Rentierzucht in großen Staatsbetrieben ist auf ein<br />

Minimum zusammengeschrumpft <strong>und</strong> nur noch in wenigen Gebieten möglich. Die Einnahmen durch<br />

Fischfang in stark verschmutzten Flüssen, durch Sammeln von Beeren <strong>und</strong> durch die Pelztierjagd<br />

sind aber so gering, dass sich niemand davon ernähren kann. Die einzige Chance für die Bewohner<br />

der Siedlungen scheint in der Aneignung des Lebensstils der russischsprachigen Gesellschaft zu<br />

liegen. Junge Frauen versuchen Männer aus der Stadt zu heiraten, um der Misere zu entkommen.<br />

Nicht selten ist die Flucht in den Alkohol die andere Alternative. Das Prestige der Indigenen in<br />

der urbanen Sphäre ist weiterhin sehr gering. Immer noch gelten die Indigenen – <strong>und</strong> zum Teil<br />

haben sie diese Bewertungen auch in ihr eigenes Selbstbild integriert – als arme, alkoholabhängige<br />

Individuen ohne Kultur. Selbst indigene Intellektuelle sprechen in Bezug auf die Dorfbevölkerung<br />

von „Verlumpung“ beziehungsweise Verelendung.<br />

Nach dem Zerfall der Sowjetunion erhielten die Nomaden ihren Status als „Ureinwohner“ zurück. 62<br />

Ölfirmen sponsern kulturelle Festivals <strong>und</strong> Volksfeste um ihr Image zu verbessern <strong>und</strong> Konflikte<br />

mit den Indigenen, die im Wald leben, zu vermeiden. 63<br />

Zu Beginn der 90er Jahre gründeten indigene Intellektuelle eine Vielzahl von gesellschaftlichen<br />

Institutionen. Zu nennen ist hier die Assoziation „Rettung Jugras“ oder das ob-ugrische Institut<br />

angewandter Forschung <strong>und</strong> Entwicklung. Die Organisationen dienen u.a. als Dach für kulturelle<br />

Lobbyarbeit <strong>und</strong> für kulturelle Initiativen, wie zum Beispiel der Gründung von Folklorearchiven<br />

in indigenen Siedlungen. Indigene PolitikerInnen <strong>und</strong> AktivistInnen versuchten die „traditionelle<br />

Lebensweise“ der Indigenen in der Gesellschaft populär zu machen.<br />

60 Fedotova, Elena T. u. Potpot, Rimma M. übersetzt von Ina Schröder <strong>und</strong> http://www.etnic.ru/, September 2009.<br />

61 Schröder, Ina (2008), S. 20f. u. 43.<br />

62 Starobin, Paul: Ab nach Sibirien! Öl lässt Russlands Norden leuchten. In: National Geographic Deutschland (2008), S. 70.<br />

63 Schröder, Ina (2008), S. 46.<br />

43


44<br />

Das traditionelle Leben im Wald war jedoch ökonomisch <strong>und</strong> politisch für die sowjetische <strong>und</strong> dann<br />

russische Gesellschaft marginal. Die ökonomische Bedeutung der traditionellen Wirtschaftszweige<br />

sank mit dem Boom der Erdölindustrie. Gleichzeitig verschlechterte sich auch die Lage der<br />

indigenen Bevölkerung. Diese Entwicklung führte dazu, dass einige indigene Gemeinschaften<br />

sich in noch nicht erschlossene Gebiete zurückzogen <strong>und</strong> trotz verschlechterter Bedingungen von<br />

Rentierwirtschaft, Jagen <strong>und</strong> Fischfang lebten.<br />

Gesellschaftliche Bedeutung erlangten die Waldbewohner erst, als indigene Intellektuelle während<br />

der Perestroika ihre Verwandten im Wald als Verbündete bei ihren Bemühungen um kulturelle<br />

Wiederbelebung einbezogen. AktivistInnen auf föderaler wie regionaler Ebene setzen sich für diese<br />

Landbevölkerung ein <strong>und</strong> betonen deren katastrophale Lebensbedingungen. Sie unterscheiden<br />

zwischen der traditionellen Lebensweise <strong>und</strong> der diametral entgegengesetzten industriellen<br />

Zivilisation, die die traditionelle Lebensweise gefährdet. So wurde diese Gegenüberstellung im<br />

Russischen als „aborigen-technogen“ bezeichnet. Indigene Intellektuelle aus der urbanen Sphäre<br />

treten als VertreterInnen für die Interessen der noch „traditionell“ lebenden Bevölkerung ein. Die<br />

Gelder in den Städten sollten für deren Bedürfnisse investiert werden. Die Interessen der Wald- <strong>und</strong><br />

zum Teil der Dorfbewohner sind dabei vor allem, ihre ökonomische Lage zu verbessern <strong>und</strong> die<br />

konkrete Probleme, die die Rentierzucht, den Fischfang oder die Jagd behindern, zu bewältigen.<br />

2.3.1 Tradition vs. Moderne – Neotraditionalismus oder<br />

Neuerfindung von Tradition<br />

Für die Chanty <strong>und</strong> Mansi ist der Begriff Tradition zentral für ihr Leben, wenn auch bezogen auf die<br />

Moderne durchaus zwiespältig <strong>und</strong> konfliktbehaftet. Während sie einerseits davon ausgehen, dass<br />

Tradition unverändert bleibt <strong>und</strong> Veränderungen nur allmählich über lange Zeiträume übernommen<br />

werden, sprechen sie eher vom Begriff der „Neo-Tradition“. Aus ethnischer Perspektive wird „Neo-<br />

Tradition“ als generationenübergreifende soziale Praxis verstanden, die bewusst „traditionelle“ <strong>und</strong><br />

„moderne“ Merkmale kombiniert, heilige Stätten <strong>und</strong> Symbole respektiert <strong>und</strong> vom technologischen<br />

Fortschritt profitiert, um eine bestimmte Kultur zu entwickeln, während gleichzeitig deren ethnische<br />

„Einzigartigkeit“ erhalten wird.<br />

Tradition meint für junge Menschen eine Reihe von Praktiken mit symbolischer Bedeutung, wie<br />

Rituale, Verhaltensregeln, Kochkunst, Kleidung, Folklore usw., die von Indigenen, die in den Wäldern<br />

leben, in ihrer reinen Form gelebt <strong>und</strong> praktiziert werden. Ihrer Meinung nach versuchen sie durch<br />

die Sommercamps, indigene Traditionen so zu bewahren, wie sie „wirklich sind“, im Gegensatz zu<br />

Versuchen städtischer Folkloregruppen, welche indigene Symbole gleichgültig benutzen. „Tradition“<br />

hilft ihnen, so sagen sie, in ihrem Leben Prioritäten zu setzen, „lehrt sie zu leben“, gibt ihnen einen<br />

„inneren Kern“, „persönliche Orientierung“ <strong>und</strong> patriotische Gefühle, lässt sie stolz sein. 64<br />

In einem Interview beschreibt eine Chanty ihre Erfahrungen mit der traditionellen Lernweise so:<br />

64 Schröder, Ina (2008), S. 92f.


„Ich sah meiner Mutter zu, ich sah ihr anfangs einfach zu. Mit meinen Augen betrachtete ich alles.<br />

Und dann entwickelt man zu allererst sein „visuelles Gedächtnis“. Und dann habe ich versucht, es<br />

allein zu machen. Niemand hat mir bewusst etwas gezeigt […] <strong>und</strong> wenn man nichts zu tun hat,<br />

nimmt man seine Nadel <strong>und</strong> die Jungen nehmen ihre Messer <strong>und</strong> setzen sich neben ihre Väter. Zu<br />

Anfang funktioniert es nicht. Beim ersten Mal nicht, beim zweiten, beim dritten Mal … Zunächst<br />

entwickelst du Ausdauer. Wenn du Augen hast, dann sieh zu. Wenn du Ohren hast, dann höre zu.<br />

Wenn du Hände hast, dann fang an, zu arbeiten.“ 65<br />

2.3.2 Tradition vermitteln: Die Sommercamps für Kinder<br />

Nach dem Zerfall der Sowjetunion kam die Frage auf, wie die Kultur der indigenen Gemeinschaften<br />

mit Hilfe der Bildung aufrechterhalten werden sollte. Eine indigene Initiative, die die Zustimmung<br />

in der CHMAO-Administration gef<strong>und</strong>en hat, begann, Siedlungscamps im Wald einzurichten, wo<br />

Kinder ihre Ferien verbringen können. Diese werden vom Department für zahlenmäßig kleine<br />

Völker des russischen Nordens im CHMAO als „Ethnische Zentren für Kinder zur Förderung<br />

ges<strong>und</strong>er Lebensweise“ finanziert. Seit 2005 existieren bereits 14 solcher Camps im CHMAO.<br />

Daran nehmen vor allem Kinder <strong>und</strong> Jugendliche aus schwierigen familiären Verhältnissen<br />

teil sowie solche, die in Siedlungen aufgewachsen sind <strong>und</strong> wenig über ihre kulturelle Herkunft<br />

erfahren haben. Die Ziele der Camps sind unter anderem: Revitalisierung des lokalen Wissens,<br />

vor allem der traditionellen Sprachen, Tänze, der Musik <strong>und</strong> des Handwerks sowie Fertigkeiten<br />

der Rentierzucht, Jagd, Fischerei usw. Für die BetreuerInnen ist dabei wichtig, dieses Wissen an<br />

die jüngere Generation weiterzugeben. Zu den BetreuerInnen der Camps gehören hauptsächlich<br />

LehrerInnen, aber auch indigene EthnographInnen, KünstlerInnen, FolkloristInnen, LinguistInnen<br />

<strong>und</strong> traditionelle HandwerkerInnen. Jede Campsaison dauert etwa einen Sommer. In den Camps<br />

sollen Selbstwertgefühl <strong>und</strong> Wertschätzung der eigenen kulturellen Herkunft vermittelt werden.<br />

Die Jugendlichen lernen über spirituelle Verbindungen zwischen Landschaft, Tieren, Pflanzen <strong>und</strong><br />

Menschen.<br />

Das Besondere an den Camps ist, dass sie durch eine bessere Vernetzung untereinander <strong>und</strong> eine<br />

gemeinsame Planung von Projekten bildungspolitisch <strong>und</strong> darüber hinaus versuchen, Entwick-<br />

lungen zu steuern <strong>und</strong> sich in die öffentliche Diskussion um die soziale, politische <strong>und</strong> ökonomische<br />

Situation einzubringen, ohne wirklich politische Macht zu haben.<br />

„Es kam die Zeit, in der unser Volk mit dem Verlust seiner Kultur konfrontiert wurde <strong>und</strong> als Folge<br />

davon veränderte sich die Haltung zur Kultur [der ob-ugrischen Völker], was Konsequenzen hatte,<br />

die nicht rückgängig gemacht werden können. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Kinder mit<br />

Hilfe von Ethno-Pädadogik zu erziehen, ihnen ökologische Kultur zu vermitteln. Wir versuchen,<br />

ein traditionelles <strong>Welt</strong>bild in ihnen aufrechtzuerhalten, das nicht auf der Eroberung von Natur<br />

basiert, sondern sich durch einen hohen Grad an ökologischem Bewusstsein <strong>und</strong> Anpassung<br />

auszeichnet.“ 66<br />

65 Schröder, Ina (2008): Interview mit Ludmila Loziamova, S. 63f.<br />

66 Kravchenko, Olga (2004): Those looking towards the sun. From experiences of children’s ethnic camp ‘Numsang Iokh’, S. 22.<br />

45


46<br />

Die Verantwortlichen der Sommercamps bestehen aus mehreren Generationen im Alter von 15 bis<br />

70 Jahren. Die älteste Generation (die von allen Mitarbeitern in den Sommercamps als die wichtigste<br />

Gruppe angesehen wird) sind die über 70-jährigen, die als Träger der authentischen ethnischen<br />

Folklore <strong>und</strong> der Muttersprache gelten. Das sind vor allem Frauen, die in traditionellen Dörfern<br />

aufgewachsen sind <strong>und</strong> früher in traditionellen Wirtschaftszweigen arbeiteten. Sie verfügen über<br />

besondere Fähigkeiten im traditionellen lokalen Handwerk, wie zum Beispiel dem Nähen oder<br />

Sticken. Die jüngeren Generationen der Ethno-PädagogInnen bringen dieses Wissen nicht mit. So<br />

mussten viele der indigenen Intellektuellen <strong>und</strong> Wissenschaftler, die die Sommercamps ins Leben<br />

gerufen haben <strong>und</strong> die heute 50 bis 60 Jahre alt sind, zunächst ihre eigene Identität als Chanty oder<br />

Mansi wieder gewinnen, bevor sie den Kindern diese Identität vermitteln konnten. Eine weitere<br />

Altersgruppe, die an den Sommercamps beteiligt ist, ist die der Männer <strong>und</strong> Frauen zwischen<br />

30 <strong>und</strong> 40. Manche von ihnen sind – zumindest bis zum Schulbesuch – in traditionellen Dörfern<br />

oder Rentierlagern aufgewachsen, in denen die Weitergabe von Wissen von einer Generation zur<br />

nächsten nicht unterbrochen wurde <strong>und</strong> auch noch in der Muttersprache stattfand. Manche lebten<br />

zwar in den Siedlungen, verbrachten aber ihre Ferien mit ihren Großeltern in den traditionellen<br />

Dörfern. Ein Pädagoge, Nikolai Tas’manov aus dem Sommercamp ‚Numsang Iokh’, erzählt:<br />

„Ich erinnere mich an die Zeit, die ich mit meinem Großvater verbracht habe. [ …] Ich habe diese<br />

Zeit nicht wirklich zu schätzen gewusst, als ich jung war; ich habe ihn nicht genug gefragt. Aber<br />

heute ist diese Erinnerung die wichtigste für mich <strong>und</strong> für meine Arbeit mit den Kindern.“ 67<br />

Andere indigene PädagogInnen im selben Alter sind vollständig in den Siedlungen aufgewachsen,<br />

oft in „gemischten“ Familien, in denen ein Elternteil russisch <strong>und</strong> ein Elternteil indigen ist oder<br />

beide unterschiedlichen Ethnien angehören, <strong>und</strong> haben die Weitergabe indigenen Wissens durch<br />

die ältere Generation nie oder nur oberflächlich erlebt <strong>und</strong> bezeichnen sich nicht als „Indigene“. Sie<br />

„entdeckten“ ihre Indigenität erst während der Arbeit in den Sommercamps.<br />

Und schließlich gibt es einige jugendliche ErzieherInnen, die der jüngsten Generation zwischen 16<br />

<strong>und</strong> 25 angehören <strong>und</strong> die von Kind auf an den Sommercamps teilgenommen haben. 68<br />

Für die meisten Teilnehmenden sind die Sommercamps die einzige Möglichkeit, mehr über ihren<br />

kulturellen Hintergr<strong>und</strong> zu erfahren. Das ist insbesondere für diejenigen sehr wichtig, die in<br />

städtischen Gegenden leben, wie im Fall dieser jungen Mansi, die in der Ölstadt Surgut lebt:<br />

„Das Sommercamp ‘Man’ Uskve’ ist meine einzige Möglichkeit [um mehr über meine Kultur<br />

zu lernen]. Ohne das Camp wüsste ich nicht, dass ich so starke <strong>und</strong> mächtige Wurzeln habe.<br />

Ich glaube auch, dass man zwar viel aus Büchern lernen kann, aber die Bücher können die<br />

direkte Weitergabe nicht ersetzen. Ein Gespräch, besonders mit alten Menschen, deren Köpfe<br />

wie Schatzruhen sind, gibt mir mehr, als ein Buch zu lesen.“ 69<br />

67 Schröder, Ina (2008): Interview mit Nikolai Tas’manov, S. 79f.<br />

68 Ebd. S. 81.<br />

69 Ebd. Interview mit Yulia Sachenko, S. 89.


2.3.3 Das „Parlament der Völker der Erde“<br />

Das „Parlament der Völker der Erde“ findet seit 2000 am Ende jeder Sommercampsaison vor<br />

allem in den Sommercamps ‘Numsang Iokh’ oder ‘Man’ Uskve’ für drei bis fünf Tage statt <strong>und</strong><br />

kann als Kommunikationsplattform für junge Indigene verstanden werden. Das Parlament darf<br />

nicht als demokratische Repräsentation der indigenen Gruppen der Region verstanden werden.<br />

Im Gegensatz zur europäischen Verwendung des Begriffs, verwenden die ErzieherInnen ihn im<br />

Sinne der französischen Wurzel des Wortes parler <strong>und</strong> möchten aktuelle Probleme in indigenen<br />

Siedlungen diskutieren <strong>und</strong> nach Lösungen suchen. Die ErzieherInnen laden daher Teenager aus<br />

Saranpaul <strong>und</strong> Kazym zu dem „Parlament“ ein, die mehrmals an den Sommercamps teilgenommen<br />

haben, sowie andere Jugenddelegationen aus Nachbarregionen oder aus dem Ausland, zum Beispiel<br />

aus Deutschland. Soziale Netzwerke <strong>und</strong> verwandtschaftliche Bindungen, ebenso wie lokale<br />

Traditionen, werden als bestimmende Faktoren für die unternehmerische Entwicklung gesehen.<br />

Daher sollten als heilig geltende Lieder, Tänze <strong>und</strong> Muster vor Kommerzialisierung geschützt<br />

werden. In diesem Kontext dient das „Parlament“ als Diskussions- <strong>und</strong> Verhandlungsplattform,<br />

auf der generationenübergreifend diskutiert wird, welche traditionellen Elemente genutzt werden<br />

können <strong>und</strong> auf welche Weise. Als Bezugspunkte werden die Empfehlungen der Ältesten <strong>und</strong>/oder<br />

wissenschaftliche Publikationen indigener Wissenschaftler genutzt. Die Diskussionen offenbaren<br />

einerseits die Bereitschaft der jungen Generation für Veränderung <strong>und</strong> für das Brechen traditioneller<br />

„Tabus“, andererseits auf der Seite der älteren Generation eine eher „konservative“ Haltung, welche<br />

die Kinder ermahnt, die Tradition erst kennen zu müssen um sie dann in einem zweiten Schritt<br />

bewusst <strong>und</strong> mit nötigem Respekt vor heiligen Stätten zu entwickeln. 70<br />

Während russische <strong>und</strong> westliche Anthropologen vor einer „Musealisierung“ des Traditionellen<br />

warnen, im Zuge derer indigene Völker als „lebende Exponate“ dienen würden, nutzen einheimische<br />

Intellektuelle es als pragmatische Strategie für einen politischen Kampf um ihre ethnische Identität<br />

zu konstruieren, mehr Kontrolle über die Landnutzung <strong>und</strong> mehr politische <strong>und</strong> kulturelle<br />

Selbstbestimmung zu erreichen. 71<br />

2.3.4 Ein kritisches Thema: Die Erdölförderung<br />

Beispiel Naturpark Numto (siehe auch: 2.1.3)<br />

Trotz des Status als Naturpark ist hier eine wirtschaftliche Nutzung <strong>und</strong> damit auch die Bohrung<br />

<strong>und</strong> Förderung von Öl in lizenzierten Regionen möglich. R<strong>und</strong> um den Naturpark wird schon seit<br />

längerer Zeit intensiv Öl gefördert. Seit 2001 werden auch im Naturpark von der Ölgesellschaft<br />

Surgutneftegas aktiv Bohrungen durchgeführt. Die 41 Familien, die auf dem Territorium leben,<br />

sind unmittelbar davon betroffen. Der Konflikt zwischen der indigenen Minderheit <strong>und</strong> den<br />

Ölkonzernen entsteht, weil die lokale Bevölkerung nicht über die Bohrungspläne der Ölgesellschaft<br />

informiert wird <strong>und</strong> die Bohrtürme in der Nähe traditioneller Camps aufgestellt werden. Die<br />

70 Schröder, Ina 2008, S. 82f.<br />

71 Stammler, Florian (2005): Tradition als Entwicklungskonzeption für die indigenen Völker im Norden Russlands. In: S. Bauer<br />

(ed.), Bruchlinien im Eis: Ethnologie des zirkumpolaren Nordens; S. 184–207. Bd. 1. Wien: Lit-Verlag. (Schriftenreihe: Beiträge<br />

zum zirkumpolaren Norden), S. 189.<br />

47


48<br />

Bewohner des Numto beschwerten sich aus diesem Gr<strong>und</strong> im Winter 2007 bei der Chantisch-<br />

Mansischen Regierung <strong>und</strong> bei der Ölfirma. Die lokale Administration <strong>und</strong> die Ölgesellschaft<br />

einigten sich daraufhin mit den Bewohnern, dass sie über die Pläne der Ölgesellschaft informiert<br />

werden, dass ihnen Territorien traditioneller Naturnutzung zugesichert werden <strong>und</strong> dass sie Ent-<br />

schädigungszahlungen erhalten, falls auf ihrem Territorium Erdöl gefördert werden sollte. 2006<br />

trat ein neues Gesetz über Territorien traditioneller Naturnutzung in Kraft, das den Indigenen die<br />

Nutzungsrechte an ihrem Boden zusichert, nicht aber an dem, was sich unter dem Boden befindet.<br />

Die Gültigkeit solcher Verträge ist nie vor Gericht geprüft worden. Es besteht keine gesetzliche,<br />

einklagbare Gr<strong>und</strong>lage für Forderungen an die Erdölunternehmen von Seiten der Indigenen. Im<br />

Gegensatz zu den Erdölunternehmen besitzen die Indigenen kaum juristische Kenntnisse. Die<br />

Leistungen aus den Verträgen bringen nur kurzfristig materielle Vorteile, langfristig können sie<br />

die Vernichtung der Ressourcen nicht aufwiegen. Sie bringen Indigene, die die Erdölindustrie auf<br />

ihrem Gebiet zulassen, in eine materiell besser gestellte Position <strong>und</strong> benachteiligen diejenigen,<br />

die keine Rentierweiden <strong>und</strong> Fischgründe an die Erdölindustrie verloren haben oder Widerstand<br />

leisten. Die ökonomischen Vereinbarungen machen die Besitzer von materiellen Gütern langfristig<br />

zu Almosenempfängern, mit allen damit verb<strong>und</strong>enen negativen sozialen Folgen. Das Schicksal<br />

des Naturparks Numto sowie seiner Bewohner wird durch die Lobby der Erdölindustrie <strong>und</strong> der<br />

Marktanfrage für fossile Ressourcen bestimmt. 72<br />

Folgen der Ölförderung<br />

Ähnlich wie bei anderen indigenen Völkern, zum Beispiel Alaskas (Inuit), Nigerias (Ogoni) oder<br />

den Indigenen in Ecuadors Tiefland, um nur die betroffensten aufzuzählen, ist die nationale<br />

wie internationale Öl- <strong>und</strong> Gasförderung als Katastrophe über die Völker Westsibiriens herein-<br />

gebrochen, da auf ihre Belange keinerlei Rücksicht genommen wurde <strong>und</strong> wird. Sie geht einher<br />

mit einer starken Gefährdung des gesamten Ökosystems durch Übernutzung, Verschmutzung <strong>und</strong><br />

Vergiftung. Hiervon betroffen sind: Oberflächengewässer, Gr<strong>und</strong>wasser, Wälder, Böden, sowie<br />

Siedlungsgebiete der ansässigen Bevölkerung. Folglich wird der Lebensraum von Menschen, Tieren<br />

<strong>und</strong> Pflanzen zerstört. Hauptursachen dieser <strong>Um</strong>weltverschmutzungen sind Pipeline-Lecks <strong>und</strong><br />

Unfälle an Pipelines <strong>und</strong> Förderanlagen. Von den Pipelines sind ein Drittel über 30 Jahre alt <strong>und</strong><br />

reparaturbedürftig. Allein in der westsibirischen Ölförderregion treten jährlich bis zu 5000 Brüche<br />

von Ölpipelines auf. Schätzungsweise sickern zwischen drei <strong>und</strong> zehn Millionen Tonnen Erdöl in<br />

Böden <strong>und</strong> Gewässer. Im Einzugsgebiet der Flüsse Ob <strong>und</strong> Pur gibt es praktisch keine Öl-freien<br />

Flussläufe mehr. Weitere Ursachen für die Verschmutzung sind die Freisetzung von Bohrabfällen,<br />

leckende Lagertanks <strong>und</strong> Mülldeponien. 73<br />

So ist durch die unzähligen Lecks an Erdöl- <strong>und</strong> Erdgasleitungen die Wasser- <strong>und</strong> Bodenqualität<br />

zurückgegangen. Mehrere Millionen Hektar Rentierweide sind bereits durch Öl vernichtet, Wasser<br />

<strong>und</strong> Nahrungsmittel (Jagdbeute, Fisch) verseucht.<br />

Weiterhin dezimieren die zahlreichen Ölarbeiter durch unkontrollierbare Wilderei den Tierbestand<br />

massiv.<br />

Die Gas-<strong>und</strong> Ölpipelines müssen gekühlt werden, sonst schmelzen sie sich in den Frostboden ein.<br />

Der dadurch entstehende meterdicke Eismantel um die Rohre stört die Fließrichtung von Gr<strong>und</strong><strong>und</strong><br />

Oberflächenwasser.<br />

72 Laux, Lukas: Naturschutzgebiete, http://www.wildniscamp.de.<br />

73 Greenpeace (2002): Erdöl: Gefahr für <strong>Um</strong>welt, Klima <strong>und</strong> Menschen, S. 10f.


Der relativ lichte boreale Wald leidet unter mehreren Faktoren. Die Tausende von km langen Ganz-<br />

jahres-Trassen für Straßen <strong>und</strong> Eisenbahn wirken als „Dämme“. Auf der flussabgewandten Seite<br />

steigt der Wasserspiegel an, auf der flusszugewandten Seite trocknet der Boden zu schnell ab. Beider-<br />

seits stirbt der Wald. Für jeden Kilometer Bohlenweg müssen 50 bis 60 ha Wald gerodet werden,<br />

Besonders drastisch ist die Zunahme von Waldbränden.<br />

Außerdem werden Jahr für Jahr r<strong>und</strong> 15 Milliarden Kubikmeter Gas abgefackelt. Die bei der Verbrennung<br />

freigesetzten Schadstoffe verschmutzen die umliegenden Gebiete.<br />

Die Luft ist durch das Gasabfackeln belastet. Dabei wird unter anderem das krebserregende<br />

Benzpyren freigesetzt, welches etwa in der Stadtluft von Surgut <strong>und</strong> Nishnewartowsk die Grenzwerte<br />

um ein Vielfaches überschreitet <strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heit der Menschen gefährdet. 74<br />

Durch solche ökologischen Notstandsgebiete haben indigene Gemeinschaften keine Überlebenschance<br />

mehr. 75 Denn aufgr<strong>und</strong> der <strong>Um</strong>weltverschmutzung können die indigenen Völker ihre Lebensgr<strong>und</strong>lage<br />

nicht mehr durch halbnomadische Rentierzucht, Jagd <strong>und</strong> Fischerei decken. 76<br />

Außerdem verlieren die Indigenen durch den rasanten Landverbrauch <strong>und</strong> die <strong>Um</strong>weltverschmut-<br />

zung der Erdölfirmen viele ihrer Weidegebiete, die seit Jahrh<strong>und</strong>erten ihren Rentierherden als<br />

Nahrungsgr<strong>und</strong>lage dienen. 77<br />

Die Ölförderung <strong>und</strong> der <strong>Klimawandel</strong> bedingen sich gegenseitig. Einerseits wirkt sich die Erdöl-<br />

förderung negativ auf den <strong>Klimawandel</strong> aus, indem die russische Öl- <strong>und</strong> Gasindustrie jedes Jahr<br />

zwischen vier bis 35 Millionen Tonnen Methan freisetzt. Dies ist dramatisch für Erderwärmung<br />

<strong>und</strong> <strong>Klimawandel</strong>, denn Methan ist – über einen Zeitraum von 20 Jahren – als Treibhausgas 35-mal<br />

wirksamer als Kohlendioxid. 78 Andererseits hat der <strong>Klimawandel</strong> auch Auswirkungen auf die<br />

Erdölförderung: „Die Erderwärmung bedroht auch die Stabilität der auf Permafrost errichteten<br />

Gebäude, Straßen, Brücken <strong>und</strong> Pipelines. Ein Fünftel aller Unfälle an Öl- oder Gaspipelines wird<br />

durch ‚mechanische Veränderungen’ ausgelöst – meist zurückzuführen auf die reduzierte Stabilität<br />

des Bodens. 79<br />

Die ökologische Zerstörung Westsibiriens hat auch globale Konsequenzen. Der intakte boreale<br />

Wald der Nordhalbkugel <strong>und</strong> seine Spreu gelten als die größte CO2-Senke der <strong>Welt</strong>. Er speichert<br />

dauerhaft <strong>und</strong> mehr Kohlenstoff als der tropische Regenwald. Durch die Waldvernichtung wird<br />

einerseits vermehrt CO2 freigesetzt, andererseits droht die Verkarstung <strong>und</strong> eine Vermoorung sowie<br />

Versumpfung weiter Gebiete. 80 Zudem gelangt das Öl über die Flüsse bis in die Karasee <strong>und</strong> das<br />

Nordpolarmeer. 81<br />

74 Feddern, Jörg, Greenpeace e. V. (2002): Schwarzes Gold, schwarze Pest, S. 1f.<br />

75 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile.<br />

In: Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 28.<br />

76 Schröder, Ina (2008), S. 21.<br />

77 Lässig, Reinhard u. Hoffmann, Christian W.: Waldforschung in Russland, http://www.waldwissen.net/themen/wald_gesellschaft/weltforstwirtschaft/wsl_waldforschung_russland_originalartikel.pdf,<br />

S. 48f.<br />

78 Ebd. S. 1.<br />

79 Voswinkel, Johannes (2009): Hilferufe aus aller <strong>Welt</strong>. DIE ZEIT, Nr. 50, S. 47.<br />

80 AG Westsibirien: Leben mit der Taiga. http://www.projekte.kreckow.de/sibirien/#%C3 %96l.<br />

81 Feddern, Jörg, Greenpeace e. V. (2002): Schwarzes Gold, schwarze Pest, S. 1f.<br />

49


50<br />

2.4. Aktuelle klimatische Situation in Sibirien<br />

2.4.1 <strong>Klimawandel</strong> in Sibirien<br />

West-Sibirien hat sich mit einem Anstieg der Durchschnittstemperatur von etwa 3°C in den<br />

vergangenen 40 Jahren schneller erwärmt als jede andere Region auf der <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> gilt daher als<br />

extrem verw<strong>und</strong>bar. Erwartet wird eine weitere Erwärmung in der Arktis von 3 bis 5°C über dem<br />

Land <strong>und</strong> 4 bis 7°C über dem Meer bis Ende des Jahrh<strong>und</strong>erts. Das ehemals größte gefrorene Torf-<br />

moor der <strong>Welt</strong> in Westsibirien – ungefähr so groß wie Frankreich <strong>und</strong> Deutschland zusammen –<br />

begann im Jahr 2000 zu schmelzen <strong>und</strong> verwandelt sich aktuell in eine Platte von seichten Seen.<br />

Wissenschaftler haben drei Rückkopplungsprozesse identifiziert, die die arktische Erwärmung<br />

forcieren:<br />

1. Das Tauen der Permafrostböden: In Permafrostböden sind gewaltige Kohlenstoffvorräte<br />

eingelagert. Bei der Zersetzung des organischen Materials der aufgetauten Schichten werden<br />

große Mengen von Methan <strong>und</strong> Kohlendioxid freigesetzt.<br />

2.Das Schwinden der Eisfläche: Die Schnee- <strong>und</strong> Eisschmelze hinterlässt dunklere Oberflächen,<br />

die einen größeren Teil der Sonnenstrahlung absorbieren <strong>und</strong> somit die örtliche Erwärmung<br />

verstärken. Zudem wird der Wärmeaustausch zwischen Ozean <strong>und</strong> Atmosphäre mit<br />

schwindender Eisbedeckung des Meeres verstärkt <strong>und</strong> bewirkt, dass der Ozean während der<br />

Wintermonate mehr Wärmeenergie an die Atmosphäre abgibt.<br />

3.Durch die Erwärmung veränderte Zirkulationsmuster: Die Arktis erhält einen Teil ihrer<br />

Wärmeenergie aus den niedrigeren Breiten. Dieser Transport verläuft über die Atmosphäre<br />

(Arktische Oszillation) <strong>und</strong> über den Nordatlantikstrom. Veränderungen in diesen Zirkulationsmustern<br />

könnten die stetige Erwärmung der Arktis zusätzlich forcieren. 82<br />

2.4.2 Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf Mensch<br />

<strong>und</strong> <strong>Um</strong>welt<br />

Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf die <strong>Um</strong>welt / <strong>Biodiversität</strong><br />

Durch die höheren Temperaturen hat sich bereits während des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts die Baumgrenze in<br />

einigen nördlichen Bergsystemen in höhere Regionen verlagert, die Zone des borealen Nadelwaldes<br />

hat sich nach Norden ausgebreitet. Die damit einhergehende Verdrängung der T<strong>und</strong>ra führte bereits<br />

zu einer Verringerung der polaren Kältewüsten. Insgesamt wird es zu einer Zunahme der Laubbaumarten<br />

kommen. Es wird geschätzt, dass arktische Ökosysteme, besonders Moore <strong>und</strong> Feuchtgebiete<br />

über dem Permafrost, die Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft <strong>und</strong> dem <strong>Klimawandel</strong> am meisten<br />

ausgesetzt sein werden. 83<br />

82 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile. In:<br />

Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 29f.<br />

83 Ebd., S. 29f. <strong>und</strong> Lässig, R. u. Motschalow, (1997): Auswirkungen der Klimaerwärmung in Sibirien. Wald- <strong>und</strong> Steppenge-<br />

biete verschieben sich nach Norden. – Neue Zür. Ztg. 287, S. 65. http://www.waldwissen.net/themen/umwelt_landschaft/<br />

co2_klimaschutz/wsl_klima_sibirien_DE.


In polaren Regionen sind Häuser <strong>und</strong> Infrastruktur im Permafrost verankert. Durch das Abtauen<br />

werden die Böden weich <strong>und</strong> schlammig. Straßen, Ölpipelines <strong>und</strong> Häuser sinken regelrecht ein. Der<br />

Zugang zu nördlichen gelegenen Ortschaften auf dem Landweg wird dadurch bei weiterer Erwär-<br />

mung erheblich erschwert. Teilweise fallen bereits in ganzen Waldstücken die Bäume um, weil sie<br />

im aufgeweichten Boden keinen Halt mehr finden. Zudem versickern Seen, die sich normalerweise<br />

im Sommer oberhalb der Permafrostschicht bilden <strong>und</strong> den Tieren als Trinkwasserquelle dienen. 84<br />

DochdasTauenderBödenhatFolgenweitüberdiePermafrostregionenhinaus.DerPermafrostgiltals<br />

ein zentrales Kipp-Element für das Klima. Das heißt, kippt das Klima hier, so hat dies Auswirkungen<br />

auf das gesamte <strong>Welt</strong>klima. Die ungeheuren Mengen an Treibhausgasen, die hier lauern, können den<br />

<strong>Klimawandel</strong> ungeheuer beschleunigen. Permafrostböden sind Kohlenstoffsenken. Schätzungen<br />

zufolge könnten dort 1.600 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert sein. Taut der Boden, so<br />

wird das organische Material der oberen Bodenschicht von Mikroorganismen zersetzt. Steht dabei<br />

Sauerstoff zur Verfügung, entsteht Kohlendioxid (CO2). Herrscht Sauerstoffmangel, weil Wasser auf<br />

der Oberfläche steht, entsteht durch Fäulnisprozesse Methan (CH4). Methan ist 25-mal gefährlicher<br />

für das Klima als Kohlendioxid.<br />

Neben dem schon jetzt vermehrt freigesetzten Methan lauert eine weitere Gefahr: Methanhydrate<br />

– große Kristalle mit eingelagerten Methanmolekülen. Sie lagern in großen Mengen eingeschlossen<br />

im vereisten Boden, aber auch in Meeressedimenten. Methanhydrate bilden sich bei hohem Druck<br />

<strong>und</strong> niedrigen Temperaturen. Sie sind brennbar <strong>und</strong> zersetzen sich an der Luft.<br />

Fast ein Viertel der globalen Landfläche sind Permafrostböden. Der größte Teil liegt in der nördlichen<br />

Hemisphäre: r<strong>und</strong> 23 Millionen Quadratkilometer. 60% Russlands <strong>und</strong> große Teile Kanadas,<br />

Alaskas <strong>und</strong> Westchinas sind durchgehend gefroren – oder waren es bisher. Der Frost kann von<br />

wenigen Metern bis zu h<strong>und</strong>erten tief in die Erde reichen. In Ostsibirien sind es 1800 Meter. 85<br />

Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf die Indigenen<br />

Die indigenen Völker der Arktis nehmen die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s bereits sehr bewusst<br />

in ihrem täglichen Leben wahr. Veränderungen der Schneequalität, erhöhte Niederschläge, eine<br />

Verdünnung der Eisschicht, Veränderungen der Schmelzrate des Meereises im Frühjahr zusammen<br />

mit unvorhersagbaren Wetterbedingungen <strong>und</strong> heftigen Stürmen erschweren das Reisen, den<br />

Transport wichtiger Versorgungsgüter <strong>und</strong> den Zugang zu den Jagd- <strong>und</strong> Fischgründen. Die Anzahl<br />

der Jagdtiere geht zurück.<br />

Weiterhin nutzen die Indigenen bislang den Permafrostboden zur Lagerung bzw. Kühlung ihrer<br />

Lebensmittel. Durch das Tauen des Permafrostbodens verlieren sie nun ihre natürlichen Kühlschränke.<br />

Auch deswegen müssen sie teilweise auf importierte Nahrungsmittel zurückgreifen.<br />

<strong>Um</strong> in der unwirtlichen Gegend überleben zu können, haben die indigenen Völker der Arktis über<br />

die Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg die Wetter-, Schnee- <strong>und</strong> Eisverhältnisse sowie die Beschaffenheit ihrer<br />

Jagd- <strong>und</strong> Wohngebiete studiert <strong>und</strong> das Wissen über die Generationen weitergegeben. Die Ver-<br />

änderungen der Wetterbedingungen, in der Vegetation <strong>und</strong> in der Tierwelt durchkreuzen nun das<br />

angesammelte Wissen <strong>und</strong> machen Vorhersagen schwierig oder unmöglich. Für ein Volk, dessen<br />

84 Rahmstorf, S. u. Schellnhuber, H.J. (2007): Der <strong>Klimawandel</strong>, München, S. 60.<br />

85 Greenpeace (2009): Klima-Zeitbombe Permafrost, www.greenpeace.de<br />

51


52<br />

Lebensgr<strong>und</strong>lage auf dem Wissen über die Natur aufbaut, bedeuten Klimaveränderungen eine<br />

erhebliche Beeinträchtigung des bisherigen Lebensstils <strong>und</strong> seiner Kultur. 86<br />

Die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf die Ökosysteme werden schon heute von indigener<br />

Bevölkerung in der zirkumpolaren Region beobachtet. 87<br />

Zitate von einzelnen Vertretern indigener Völker aus der zirkumpolaren Region:<br />

„Während des Winters kann es nun auch regnen, so wie letztes Neujahr. Früher<br />

regnete es nie im Winter. Regen mitten im Winter? Soviel, dass der Schnee<br />

verschwindet? Ja, das ist wahr. Regen, <strong>und</strong> der Schnee schmilzt.“<br />

Vladimir Lifov, Lovozero, Russland, 2002<br />

„Der <strong>Klimawandel</strong> ist so dramatisch, dass es während des kältesten Monats<br />

des Jahres, im Dezember 2001, zu starken Regenfällen in der Thule-Region<br />

kam, die über dem Schnee des Meer- <strong>und</strong> Landeises eine dicke Eisschicht<br />

hinterließen … dies ist sehr schlecht für die Pfoten unserer Schlittenh<strong>und</strong>e.“<br />

Uusaqqak Qujaukitsoq, Qaanaaq, Grönland, 2002<br />

„Wenn es viel Eis gibt, machst du dir keine Sorgen über Stürme. Dann gehst du<br />

einfach raus <strong>und</strong> lenkst zwischen den Eisschollen. Aber in den letzten Jahren<br />

gab es kein Eis. Wenn es stürmt, kann man nicht mehr rausfahren …“<br />

Andy Carpenter, Sachs Harbour, Kanada, 1999<br />

86 Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): Natur & Mensch im <strong>Klimawandel</strong>. Beilage: Länderprofile.<br />

In: Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 8, S. 34.<br />

87 Ebd., S. 29f.


3. Zeit zu handeln – unsere<br />

Verantwortung für eine global<br />

gerechte Zukunft<br />

55


56<br />

„Wo kämen wir hin, wenn alle sagten,<br />

wo kämen wir hin <strong>und</strong> niemand ginge, um einmal zu schauen,<br />

wohin man käme, wenn man ginge.“<br />

Kurt Marti, Schweizer Theologe <strong>und</strong> Schriftsteller<br />

Zukunftsfähiges Deutschland?<br />

Die Kapitel 1 <strong>und</strong> 2 des <strong>Handbuch</strong>s haben gezeigt: <strong>Klimawandel</strong> vollzieht sich, Biologische Vielfalt<br />

schwindet <strong>und</strong> beide globalen Probleme führen dazu, dass Menschen ihren Lebensraum <strong>und</strong> ihre<br />

Lebensgr<strong>und</strong>lage verlieren.<br />

Jetzt stellt sich die Frage, was das eigentlich mit uns in Deutschland zu tun hat? Zusammenhänge<br />

zwischen unserem Lebensstil <strong>und</strong> den skizzierten Problemen lassen sich ohne weiteres finden.<br />

Spätestens seit der <strong>Welt</strong>konferenz für <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Entwicklung <strong>und</strong> der Verabschiedung der Agenda<br />

21 im Jahr 1992 in Rio de Janeiro ist auch in Deutschland der Begriff der Nachhaltigen Entwicklung<br />

in aller M<strong>und</strong>e. Der Bedarf an <strong>Um</strong>weltschutz <strong>und</strong> die Notwendigkeit, global gerecht zu handeln,<br />

werden kaum noch in Frage gestellt. Allerdings ist auch festzustellen, dass es in Deutschland<br />

im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung noch viel zu tun gibt. Zwar gibt es mittlerweile eine<br />

nationale Nachhaltigkeitsstrategie <strong>und</strong> ein Klimaschutzprogramm der B<strong>und</strong>esregierung. In einigen<br />

Bereichen, wie zum Beispiel beim Kampf gegen den sauren Regen wurden auch bemerkenswerte<br />

Erfolge erzielt. Im Bereich der regenerativen Energien ist Deutschland ein technologischer <strong>und</strong><br />

politischer Vorreiter.<br />

Doch steigt der Bedarf nach Rohstoffen in Deutschland immer noch, es wird immer mehr Metall,<br />

Erdöl oder Kohle verbraucht. Der Primärenergieverbrauch blieb in den vergangenen 15 Jahren<br />

auf fast unverändertem Niveau. Und der Bedarf an tierischen <strong>und</strong> pflanzlichen Rohstoffen bleibt<br />

ebenfalls unverändert hoch. Weitere Beispiele für das nicht-nachhaltige Wirtschaftssystem sind<br />

vielfältig.<br />

Wie alle Industrienationen ist Deutschland eine Wachstumsgesellschaft. Nicht nur die Wirtschaft<br />

dreht sich um Wachstum. Wachstum wird auch als Zauberformel für die Lösung von sozialen<br />

Problemen gesehen, um Arbeitslosigkeit abzubauen, auch um die <strong>Um</strong>welt zu schützen. Doch die<br />

Wachstumsorientierung steht in einem starken Spannungsverhältnis zu einer zukunftsfähigen<br />

Entwicklung – denn selbst mit ressourceneffizienten Technologien wird eine wachstumsorientierte<br />

Lebensweise die <strong>Um</strong>welt immer stärker beanspruchen <strong>und</strong> belasten.<br />

Der größte Teil der <strong>Um</strong>weltprobleme geht auf die Befriedigung unserer Bedürfnisse <strong>und</strong> Gewohnheiten<br />

zurück. Essen, Trinken, Wohnen <strong>und</strong> Fortbewegung – letztere insbesondere mit dem Auto<br />

oder auch mit dem Flugzeug.<br />

Und die ständige Steigerung des materiellen Wohlstands geht mit einer ständigen Schaffung<br />

neuer Ansprüche einher. So ist von 1960 bis heute in den alten B<strong>und</strong>esländern die Wohnfläche je<br />

Einwohner von 15 km2 auf über 40 km2 angestiegen. Eine Klimaanlage im Auto galt vor 15 Jahren<br />

noch als Luxus, aber heute mögen Viele nicht mehr darauf verzichten. Die Menschen haben sich an<br />

ein unaufhörliches Mehr, Schneller <strong>und</strong> Weiter gewöhnt <strong>und</strong> hinterfragen diese Entwicklung viel<br />

zu selten.


Eines ist sicher: Für unser Konsum- <strong>und</strong> Wirtschaftsmodell in Deutschland werden große Mengen<br />

an Rohstoffen benötigt <strong>und</strong> es werden enorme Emissionen verursacht. Es beruht zu einem großen<br />

Teil auf fossilen Energieträgern – insbesondere auf Erdöl, Erdgas <strong>und</strong> Kohle. Die Verbrennung<br />

dieser Rohstoffe ist eine der Hauptursachen für den <strong>Klimawandel</strong>.<br />

Unter den Folgen unseres ressourcenintensiven Wirtschaftsmodells leiden insbesondere die Länder<br />

der südlichen <strong>und</strong> östlichen Hemisphäre, <strong>und</strong> dort vor allem die armen Bevölkerungsgruppen,<br />

die aufgr<strong>und</strong> ihrer prekären Lage oftmals nicht die Ressourcen haben, um sich entsprechend<br />

anzupassen. Gleichzeitig sind diese Länder <strong>und</strong> Bevölkerungsgruppen diejenigen, die am wenigsten<br />

verantwortlich für globale Konsequenzen sind, wie sie zum Beispiel durch <strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> Verlust<br />

von biologischer Vielfalt hervorgerufen werden. 88<br />

Aber nicht nur die Länder des Südens <strong>und</strong> dort insbesondere die armen Bevölkerungsgruppen sind<br />

leidtragend, sondern zum Beispiel auch die indigene Bevölkerung in den nördlichen Regionen.<br />

Deutschland <strong>und</strong> Sibirien – wie hängt das zusammen?<br />

Und so wird die Brücke zu unseren ProjektparterInnen in Sibirien geschlagen: Deutschland bezieht<br />

mit 35 Mio. Tonnen r<strong>und</strong> 30% seines importierten Erdöls sowie 40% des importierten Erdgases<br />

(rd. 35 Mrd. m³) aus Russland. Das ist mehr als aus jedem anderen Land der <strong>Welt</strong>. Schwerpunkte<br />

der Förderung von Erdöl <strong>und</strong> Erdgas sind Westsibirien <strong>und</strong> die Insel Sachalin im Osten Russlands.<br />

Dort leben die „kleinen Völker des Nordens“: Chanty <strong>und</strong> Mansi <strong>und</strong> andere indigene Gruppen, die<br />

die Leidtragenden des Exportbooms sind. Denn die Förderung von Öl <strong>und</strong> Gas erfolgt zumeist ohne<br />

Rücksicht auf die traditionelle Lebensweise der sibirischen Ureinwohner, die von einer intakten<br />

<strong>Um</strong>welt abhängig ist.<br />

In Sibirien beherrschen russische Öl- <strong>und</strong> Gasfirmen die Produktion. Diese befinden sich seit 1993<br />

in einem Privatisierungsprozess. Trotzdem hält der Staat an den einzelnen Unternehmen einen<br />

Anteil zwischen 17 <strong>und</strong> 51%. Diese Firmen spielen eine Schlüsselrolle in der russischen Wirtschaft.<br />

Zwischen 40 <strong>und</strong> 75% der russischen Deviseneinkünfte stammt aus dem Ölgeschäft. Mit seinem<br />

Hauptsitz in Moskau ist Lukoil der größte russische Ölkonzern. Gasprom ist der staatliche russische<br />

Erdgasmonopolist <strong>und</strong> das größte Unternehmen Russlands. Von den 614 Milliarden Kubikmetern<br />

Erdgas, die 1997 in Russland gefördert wurden, entfallen 94% auf Gasprom, das damit circa 25 %<br />

des <strong>Welt</strong>aufkommens bestritt. Die Förderung des Erdgases wird von acht regionalen Vereinigungen<br />

organisiert. Die drei wichtigsten befinden sich auf dem Gebiet der Chanty <strong>und</strong> Mansi. Inzwischen<br />

sind drei deutsche Gasunternehmen zu den wichtigsten Partnern von Gasprom geworden. Ruhrgas<br />

unterzeichnete 1998 Lieferverträge bis zum Jahr 2020 für 25 Milliarden DM <strong>und</strong> beteiligte sich<br />

mit 660 Millionen Dollar, das heißt 2,5 %, an dem russischen Unternehmen. Die BASF Tochter<br />

Wintershall arbeitet über das joint venture Wingas seit 1990 mit Gasprom am Pipelinebau von Jamal<br />

nach Deutschland. Anfang 1999 vereinbarten Wingas <strong>und</strong> Gasprom auch eine Zusammenarbeit bei<br />

der Förderung des Gases <strong>und</strong> nicht nur bei Transport <strong>und</strong> Handel. 89<br />

88 Brot für die <strong>Welt</strong> et. al. (2009): Zukunftsfähiges Deutschland II, Wegmarken für einen Kurswechsel. Eine Zusammenfassung<br />

der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten <strong>Welt</strong>“ des Wuppertal Instituts für Klima, <strong>Um</strong>welt, Energie.<br />

89 Gesellschaft für bedrohte Völker (2005): Hintergr<strong>und</strong>text zur Öl- <strong>und</strong> Erdgasförderung in Westsibirien.<br />

57


58<br />

Doch während die Einfuhr von Öl <strong>und</strong> Gas aus Russland Sicherheit <strong>und</strong> stabile Preise auf dem<br />

deutschen Energiemarkt garantiert, führt sie zur ökologischen <strong>und</strong> humanitären Katastrophe in den<br />

Fördergebieten. Die Rohstoffreserven der Russischen Föderation befinden sich fast ausschließlich<br />

auf beziehungsweise unter Indigenenland in Sibirien. Auch Holzeinschlag, Kohle-, Diamanten-,<br />

Gold- <strong>und</strong> Uranförderung finden überwiegend dort statt, wo indigene Völker ihre Rentierweiden,<br />

Fischgründe, Wälder <strong>und</strong> Jagdgebiete haben – mit allen schon skizzierten Folgen für Mensch, Natur<br />

<strong>und</strong> Kultur.<br />

Und dazu trägt auch Deutschlands Energiehunger bei.<br />

Gut leben statt viel haben!<br />

Die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s, der Verlust fruchtbarer Böden, die Abnahme der Biologischen<br />

<strong>und</strong> Kulturellen Vielfalt, fortwährende Ungerechtigkeit – dies alles macht deutlich: So wie bisher<br />

kann es nicht weitergehen. Die Politik muss Rahmenbedingungen für eine Wirtschaft schaffen,<br />

die soziale <strong>und</strong> ökologische Leitplanken beachtet. Doch das allein wird nicht ausreichen. Der<br />

Kurswechsel hin zu einem global nachhaltigen Deutschland bedarf auch eines Paradigmenwechsels,<br />

bedarf einer kulturellen Erneuerung.<br />

Deshalb müssen wir uns auch die Frage stellen: Wie viel ist genug?<br />

Dabei ist es wichtig zu erkennen, dass es zwischen Bedürfnissen <strong>und</strong> Bedürfnisbefriedigung keine<br />

unveränderbaren Beziehungen gibt. Vielmehr werden in verschiedenen Kulturen unterschiedliche<br />

Formen der Befriedigung für die gleichen menschlichen Gr<strong>und</strong>bedürfnisse entwickelt. In der Konsumgesellschaft<br />

bleiben manche Gr<strong>und</strong>bedürfnisse unbefriedigt, weil die Werbung den Konsumenten<br />

hartnäckig den Irrtum vermittelt, man könne fast alle Bedürfnisse durch Konsum befriedigen.<br />

Doch auch dieser Zustand ist nicht festgeschrieben. Kultureller Wandel ist möglich.<br />

Die Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger haben viele Möglichkeiten, selbst klima- <strong>und</strong> umweltfre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong><br />

auch global gerecht zu handeln. Eine Möglichkeit ist es zum Beispiel, beim Einkauf darauf zu achten,<br />

ökologisch <strong>und</strong> fair produzierte Waren zu wählen. Langlebige Qualitätsprodukte sind Billig- <strong>und</strong><br />

Wegwerfartikeln vorzuziehen. Dieses ist auch nicht unweigerlich mit höheren Kosten verb<strong>und</strong>en. So<br />

ist saisonales Obst <strong>und</strong> Gemüse aus der Region in der Regel sogar günstiger als lange gelagerte <strong>und</strong><br />

transportierte Frischware. Fleisch aus der biologischen Landwirtschaft ist teurer als das in Massen-<br />

tierhaltung produzierte. Faire Kleidung ist ebenfalls nicht zu Billigpreisen zu haben. Hier kann das<br />

Auswählen nur mit einem Abwählen einhergehen. Isst man gemäß Ges<strong>und</strong>heitsempfehlungen <strong>und</strong><br />

ökologischen Erfordernissen weniger Fleisch, so können die Mehrausgaben aufgefangen werden.<br />

Auch ist es bei vielen Gütern möglich, Verbrauch zum Gebrauch, vom Besitzen zum Nutzen überzugehen:<br />

Viele Dinge werden nur selten genutzt, aber mit hohem Energie- <strong>und</strong> Materialverbrauch<br />

hergestellt. Werkzeuge, Waschmaschinen, Staubsauger <strong>und</strong> Autos gehören zur Standardausrüstung<br />

der allermeisten Haushalte.<br />

Die Tatsache, dass dies als bequem erscheint oder dass der Besitz von vielen Produkten auch Status<br />

repräsentiert, ist eine kulturelle <strong>und</strong> somit veränderbare Begebenheit. Der eigentliche Nutzen aber<br />

besteht nicht im Besitz, sondern in der Dienstleistung, die der Gegenstand erbringt.


Gemeinsam nutzen statt allein besitzen, kann ein Motto sein. Mit einem Übergang vom Haben zum<br />

Nutzen verlieren private Besitztümer auch ihren unangemessen hohen gesellschaftlichen Stellen-<br />

wert. Es geht zukünftig darum, eine sinnvolle Mobilitätsdienstleistung in Anspruch zu nehmen <strong>und</strong><br />

nicht, ein möglichst prestigeträchtiges Auto vor der Tür stehen zu haben. Die hohe Bedeutung, die<br />

Besitztümern in der Konsumgesellschaft zugeschrieben wird, kann in einer Gesellschaft, die das<br />

„viel haben“ überw<strong>und</strong>en hat, anderen Werten zukommen.<br />

Allerdings ist der persönliche Wunsch nach Wandel hin zum „Maß halten“ auch großen Widerständen<br />

ausgesetzt. Deswegen ist es wichtig, in persönlicher Verantwortung nach individuellen Antworten zu<br />

suchen <strong>und</strong> gleichzeitig PolitikerInnen zu wählen, die ernsthaft umsteuern. Denn ein persönliches<br />

Maß halten allein kann keinen gr<strong>und</strong>legend gesellschaftlichen Kurswechsel bewirken. 90<br />

Zeit zu handeln!<br />

Ohne Klimaschutz, ohne den Schutz der Biologischen <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt haben wir<br />

folglich sehr viel zu verlieren. Mit Klimaschutz können wir eine Menge gewinnen. Wie viel wir nicht<br />

verlieren, sondern gewinnen, hängt davon ab, wie schnell wir den <strong>Um</strong>weltschutz vorantreiben. Die<br />

Alternative, weniger zu tun als wir könnten, haben wir jedenfalls nicht. Angst, auch die vor dem<br />

<strong>Klimawandel</strong>, ist ein schlechter Berater. Resignation lähmt. Und der Hinweis, dass doch bitteschön<br />

erst die anderen etwas tun sollen, taugt höchstens als vorübergehende Entlastung. Wer sich mit<br />

diesem Argument aus der Verantwortung stiehlt, hat das Vertrauen in die individuelle <strong>und</strong> gemein-<br />

schaftliche Gestaltungskraft der Menschen schon aufgegeben. Wenn wir uns an das Motto halten:<br />

Wer sich zuerst bewegt, hat verloren, dann wird sich am Ende niemand bewegen. Und Stillstand ist<br />

die größte Gefahr im Klimaschutz.<br />

Wir alle können etwas tun: Die Politik, die Unternehmen <strong>und</strong> jede <strong>und</strong> jeder Einzelne von uns.<br />

Wir sind dem <strong>Klimawandel</strong> (dem Verlust der <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> der Kulturellen Vielfalt) nicht hilflos<br />

ausgeliefert. Kreativität, Mut zum entschlossenen Handeln <strong>und</strong> die Bereitschaft, über eingefahrene<br />

Lebensweisen nachzudenken <strong>und</strong> Gewohnheiten zu ändern, sind gute Voraussetzungen, um diesen<br />

globalen Gefahren die Stirn zu bieten.<br />

Wir Menschen sind Erfahrungswesen. Wir ändern unser Verhalten meist erst, wenn wir mit lieb<br />

gewordenen Gewohnheiten auf einmal negative Erfahrungen machen. Der Klimaschutz verlangt<br />

aber von uns, dass wir unser Verhalten angesichts von Prognosen <strong>und</strong> Vorhersagen über die Zukunft<br />

ändern. Schaffen wir das? Es wäre eine grandiose kulturelle Leistung. 91<br />

90 Brot für die <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> Evangelischer Entwicklungsdienst (2009): Maß halten – Eine Arbeitshilfe für die Gemeindearbeit zur<br />

Studie „Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten <strong>Welt</strong>“.<br />

91 Le Monde diplomatique /taz (2008): Atlas der Globalisierung – Klima, Andreas Troge: Zeit zu handeln, S. 4.<br />

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4. Methoden <strong>und</strong> Materialien<br />

61


62<br />

Wir brauchen Methoden <strong>und</strong> Vermittlungsformen, die uns helfen, mit allen Sinnen nach dem<br />

Sinn suchen. Dazu sind künstlerische, kulturelle <strong>und</strong> erfahrungsbezogene Vermittlungsformen<br />

<strong>und</strong> Methoden besonders gut geeignet, weil sie mehr Raum als andere für eigene Ideen lassen <strong>und</strong><br />

alle Sinne ansprechen. Künstlerische Vermittlungsformen können Anlass zum Nachdenken <strong>und</strong><br />

Innehalten sein, können Widerspruch, Irritation oder Aktion auslösen. Mit Hilfe künstlerischer<br />

Vermittlungsformen lassen sich die jeweiligen eigenen Vorstellungen <strong>und</strong> Erfahrungen darstellen<br />

beziehungsweise hinterfragen <strong>und</strong> andere Vorstellungen <strong>und</strong> Erfahrungen in ihrem Kontext<br />

verstehen.<br />

4.1 um.welt – MethodenWerkstatt<br />

4.1.1 ZeitKapseln – zum Thema <strong>Biodiversität</strong><br />

Die ZeitKapseln sollen die Aufmerksamkeit auf das Thema <strong>Biodiversität</strong> lenken. Inhalt einer<br />

ZeitKapsel ist ein Samen z.B. von einer Frucht (oder einem Baum, einer Blume, etc.), von der<br />

die SchülerInnen wollen, dass es diese in 30 Jahren noch gibt. Hier soll deutlich werden, dass<br />

wir täglich Biologische Vielfalt verlieren <strong>und</strong> sie zu bewahren so etwas ist, wie einen „Schatz zu<br />

hüten“. Aus diesem Gr<strong>und</strong> werden die ZeitKapseln auch den SchatzKisten hinzu gefügt. Inhalt der<br />

ZeitKapsel kann auch ein Insekt oder lagerbarer Teil eines Tieres (z.B. Vogelfeder) sein.<br />

Die ZeitKapseln sollen in größerer Menge produziert werden, weil wir mit ihnen eine öffentliche<br />

Aktion zum Thema <strong>Biodiversität</strong> planen.<br />

Äußerlich sollten die Kapseln attraktiv gestaltet werden, damit man Lust bekommt, sie zu öffnen<br />

<strong>und</strong> sich den Inhalt anzuschauen.<br />

Wir bitten Sie also, mit ihren SchülerInnen / Jugendlichen möglichst viele ZeitKapseln<br />

zu produzieren <strong>und</strong> uns über Anzahl etc. zu informieren: info@arbeitsstelle-weltbilder.de<br />

Folgende Informationen sollen – zusammen mit dem jeweiligen Gegenstand – in die<br />

ZeitKapseln getan werden:<br />

· Name <strong>und</strong> Alter der Person, die diesen Gegenstand gesammelt/gef<strong>und</strong>en/ausgesucht hat<br />

· Datum<br />

· F<strong>und</strong>ort<br />

· Kurze Beschreibung des Gegenstandes bzw. eine Art Steckbrief (Beispiel auf der CD vorhanden),<br />

verb<strong>und</strong>en mit dem persönlichen Wunsch, warum gerade dieser Gegenstand.


Anleitung zum Bemalen der ZeitKapseln<br />

Kollage: Man darf nur kleine Ausschnitte/Bildschnipsel nehmen. Die Seite mit einem Klebestift<br />

besteichen, die von außen gesehen werden soll. Etwas Geduld beim Festkleben. Flüssiger Kleber<br />

hält nicht an der Kunststoffkugel.<br />

Wasserfarbe: Wenig Wasser nehmen, es verläuft ein bisschen, trocknet langsam. Dicke Pinsel zum<br />

Ausmalen der Kapsel, feine Pinsel für Zeichnungen.<br />

Transparentpapier: Eignet sich, wenn man ganz feine Zeichnungen machen will. Klebt nicht ganz<br />

so gut wie das Papier aus den Zeitschriften.<br />

Marker / Filzstift (z. B.: Edding): Wasserfesten Edding benutzen. Farbe verblasst nach dem<br />

Auftragen.<br />

Wachsstifte: Lassen sich gut auftragen. Verwischen leicht.<br />

Acrylfarbe: Man braucht einen sehr feinen Pinsel <strong>und</strong> man muss die Farbe dick auftragen. Trocknet<br />

lange (3 bis 4 St<strong>und</strong>en).<br />

Material<br />

Die Kunststoffkugeln sind z.B. im „Idee“-Bastelladen, oder auf der Website http://www.kreativ.<br />

de/Kunststoffkugeln-transparent-acryl.htm erhältlich. Folgende Größen sollen verwendet werden:<br />

80 mm–0,99 €; 100 mm–1,39 €<br />

4.1.2 EigenArt – zum Thema Kulturelle Vielfalt<br />

„Was ist Kultur?<br />

Die Kultur ist nicht zu trennen von der gesellschaftlichen Praxis: von der güterproduzierenden<br />

Wirtschaft, von der Liebe, dem Leben, dem Tod. Die Kultur sammelt den Sinn der Erfahrung <strong>und</strong><br />

gibt der Erfahrung Sinn.“ 92<br />

Es fiel uns nicht leicht, eine Methode zu finden, durch die die Unterschiedlichkeit oder auch<br />

Ähnlichkeit, auf jeden Fall: die Vergleichbarkeit von kulturellen Ausdrucksformen möglich ist. Wir<br />

haben uns für Kleidung als Symbol für kulturelle Ausdrucksformen entschieden. Unterscheidet<br />

sich die (Lieblings-)Kleidung von Jugendlichen in Deutschland, Indien, Namibia <strong>und</strong> Sibirien? Oder<br />

ist sie eher ähnlich? Finden wir auch hier bereits eine Art Monokultur vor? Was alles können wir<br />

am Beispiel Kleidung über kulturelle Besonderheiten ablesen? Ist die Kleidung noch ein Beispiel für<br />

EigenArt, die ganz eigene Art sich zu kleiden?<br />

92 Ziegler, Jean (1989): Der Sieg der Besiegten, Unterdrückung <strong>und</strong> kultureller Widerstand. Wuppertal: Peter Hammer Verlag,<br />

S. 33f.<br />

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64<br />

Dazu werden Fotoreihen von Jugendlichen aus den jeweiligen Projektländern gemacht. Wir<br />

bitten auch Euch/Sie, sich zu beteiligen. Die Fotos sollten eine Auflösung von mindestens 1500 x<br />

2000 Pixel haben <strong>und</strong> unbearbeitet sein.<br />

Dargestellt werden junge Menschen mit ihrer aktuellen Lieblingskleidung. Der Hintergr<strong>und</strong> für<br />

diese Portraits sollte die landestypische <strong>Um</strong>gebung repräsentieren, z.B. in Deutschland: ein rotes<br />

Backsteinhaus.<br />

Beispiel von EigenArt mit SchülerInnen der IGS List in Hannover:<br />

Zusätzlich sollen alle beteiligten Jugendlichen kurz folgende Fragen beantworten:<br />

· Lieblingskleidung: warum gerade diese?<br />

· Welches ist deine Lieblingsmusik?<br />

· Was isst du gerne?<br />

· Was sind deine Hobbys?<br />

· Welchen Sport magst du am liebsten?<br />

· Wer gehört zu deiner Familie?<br />

· Glauben: gehörst du einer Religionsgemeinschaft an? An was glaubst du?<br />

· Welchen Beruf hättest du gerne?<br />

· Hast du bestimmte Interessen?


4.1.3 Visuelle TageBücher<br />

Innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en – bis 1 Woche (hängt vom gewählten Thema ab) – wird von den Beteiligten<br />

der Fotofilm einer Einwegkamera fotografiert <strong>und</strong> jeweils ein kurzer Text dazu geschrieben.<br />

Der Fokus des Fotografierens liegt auf unserem Projektthema:<br />

<strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt.<br />

Besonders interessant wären fotografische Zeugnisse, die so etwas zeigen wie:<br />

· Welche <strong>Um</strong>welt-Veränderungen nehmt ihr als Schüler wahr? Z. B. solche auf dem<br />

Schulweg/in der <strong>Um</strong>gebung des Elternhauses?<br />

· Oder: ihr nehmt euch vor, einen „um.welt-Traum-Tag“ darzustellen: was wäre wenn?<br />

· Oder: Ihr gebt die Kamera weiter – an die Oma oder den Opa – <strong>und</strong> die erzählen euch <strong>und</strong> mit<br />

der Kamera, was sie noch zum Thema wissen <strong>und</strong> was sich verändert hat.<br />

· Oder: ihr fotografiert ein Thema, z.B. heimische Baumarten.<br />

· Oder: ihr stellt die Schule vor mit ihren <strong>Um</strong>weltschwerpunkten.<br />

· Einige von euch machen dieses Visuelle TageBuch: zwischen Aufstehen <strong>und</strong> Schlafen-Gehen<br />

fotografiert ihr jede St<strong>und</strong>e ein Foto <strong>und</strong> schreibt dazu einen Satz: was macht ihr gerade?<br />

Als Beispiele, wie ein Ergebnis aussehen könnte, hier Visuelle TageBücher der Sibirier.<br />

65


70<br />

4.1.4 Kreatives Schreiben zum Thema um.welt<br />

Eine SchreibWerkstatt hat etwas mit Heuristik zu tun: mit der Kunst der Findung oder auch der<br />

Kunst der Erfindung bzw. der Kunst der Ideenfindung.<br />

Kreatives Schreiben hilft, weg-zu-denken, die wichtigste Fähigkeit, die uns die Kreativität beschert:<br />

Distanz gewinnen zu allem, was uns den Blick verstellt, Perspektivwechsel üben, Dinge sehen, die<br />

wir vorher nicht gesehen haben. So erschließen wir uns die in uns wohnenden Quellen der Phantasie<br />

<strong>und</strong> Intuition.<br />

Albert Einstein schätzte sie mehr als Wissen. „Literarische Phantasie ist ihrem Wesen nach der<br />

Vorstellungskraft gleich, ohne die wissenschaftliche Neuerungen nicht denkbar sind“.<br />

Patricia Highsmith nannte dieses Phänomen: „Die <strong>Welt</strong> ist voller Ideenkeime. … Ganz ideenlos zu<br />

sein ist gar nicht möglich, denn Ideen finden sich überall.“<br />

Das Stärkste, das wir besitzen, sind unsere Gedanken. Jede Aktion, jede Veränderung fängt mit einem<br />

Gedanken an. Kreatives Schreiben fördert die laterale Art zu denken: das Denken auf Seitenwegen,<br />

die Verbindung zwischen scheinbar Belanglosem, das Herstellen von Zusammenhängen, das Wahrnehmen<br />

von Details. Schreiben ist nichts anderes als auf dem Papier denken. Insofern hilft Kreatives<br />

Schreiben auch, Gestaltungskompetenz zu entwickeln, ohne die wir die Folgen <strong>und</strong> Wirkungen von<br />

<strong>Klimawandel</strong>, Veränderung unserer <strong>Um</strong>weltbedingungen oder den Einfluss der Globalisierung auf<br />

unsere Leben nicht gestalten lernen.<br />

In den SchreibWerkstätten realisieren wir auch unseren Anspruch, einen Paradigmenwechsel zu<br />

unterstützen <strong>und</strong> ein um.welt-Bewusstsein zu fördern, bei dem ganzheitliches, vernetztes Denken<br />

<strong>und</strong> Lernen Priorität hat: Kommunikation <strong>und</strong> Bildung müssen über die Vermittlung ökologischer<br />

Zusammenhänge hinaus neue Zugänge zum Verstehen der Wirklichkeit, attraktive Möglichkeiten<br />

zur Veränderung <strong>und</strong> Gestaltung, Kreativität weckende Vermittlungsformen, reflektierte Selbst<strong>und</strong><br />

Fremdwahrnehmung <strong>und</strong> die Integration von ethischen Wertfragen beinhalten.<br />

„Unser Leben ist das Produkt unserer Gedanken“, hat Marc Aurel vor zweitausend Jahren gesagt.<br />

Hier zwei Texte, die in den ersten SchreibWerkstätten des Projekts entstanden sind:<br />

Berlin 2333<br />

Wir schreiben den 3. September im Jahre 2333 nach Christus.<br />

Ich bin eine der letzten Überlebenden in einem Viertel von Berlin. Nun berichte ich, was in den<br />

Jahren nach 2009 geschah.<br />

Nachdem der Naturschutz für Wälder jeglicher Art aufgegeben wurde, wurden die meisten Bäume<br />

gefällt. Damit starben auch fast alle Tierarten aus. Forscher, Wissenschaftler, Naturschützer <strong>und</strong><br />

einige Menschen versuchten zwar den Wald zu retten, hatten mit ihren Forderungen aber keinen<br />

Erfolg. Und so ging das Sterben der Bäume, Wälder <strong>und</strong> Tierarten weiter.<br />

Einige Forscher versuchten widerspenstige Pflanzenarten zu entwickeln. Dieses Experiment wurde<br />

im Jahr 2115 gestartet. 2135 gab es ein erstes Ergebnis.<br />

Es wurde eine Pflanzenart mit eigenem Willen erschaffen. Zunächst schien es zu funktionieren,<br />

denn mit Hilfe dieser Pflanzen erholten sich die Wälder binnen 10 Jahren. Doch das Experiment<br />

verselbständigte sich.


Als Menschen weiterhin versuchten das Abholzen fortzusetzen, begann der Wald sich zu regen. Er<br />

schlug zurück.<br />

Durch den eigenen Willen <strong>und</strong> die eigenen Gefühle, die er entwickelte, vermochte er zu spüren.<br />

Und er begann Hass zu empfinden. Hass gegenüber den Menschen, die es wagten, die Restbestände<br />

seiner Art auslöschen zu wollen. Er zerstörte alles, was sich ihm in den Weg stellte. Er begann die<br />

Existenz der Menschen anzugreifen.<br />

Das Wasser <strong>und</strong> die Pflanzen, die sie zum Leben brauchten, schloss er ein <strong>und</strong> gab selten etwas her.<br />

So verdursteten oder verhungerten viele. Der Wald ließ die Menschheit langsam <strong>und</strong> qualvoll leiden<br />

– bis zum Tod. Er wollte, dass die Humanoide – die in diesen Jahren dümmer waren als Pflanzen<br />

<strong>und</strong> in der Nahrungskette an unterster Stelle standen – so leiden, wie er es vor Jahren getan hatte.<br />

Die Gewalt nahm überhand. Der für sich selbst denkende Wald überfiel <strong>und</strong> tötete die Menschen,<br />

die ihm zu nahe kamen. Einige Menschen wehrten sich, andere ergaben sich in ihrem Schicksal <strong>und</strong><br />

lernten allmählich, in Frieden mit dem Wald zu leben.<br />

Die Wissenschaftler versuchten dieses vor Jahren von ihnen in die Wege geleitete Experiment zu<br />

stoppen – doch vergebens. Die Pflanzen wuchsen weiter <strong>und</strong> breiteten sich aus. Im Jahre 2300<br />

ergaben sich die meisten Menschen ihrem Schicksal. Denn selbst die Jahreszeiten, auf die die<br />

Menschen ihre Hoffnungen setzten, dass der Herbst <strong>und</strong> der Winter die Pflanzen schwächen würden,<br />

zeigten keine Wirkung. Der Wald blieb immergrün, da die Menschen ihn nicht mehr nutzten <strong>und</strong><br />

genügend Nährstoffe im Boden vorhanden waren. Neue Tierarten bildeten sich, ebenso wie immer<br />

wieder neue Pflanzenarten <strong>und</strong> -spezies. Die <strong>Welt</strong> schien sich zu erholen. Das Ozonloch schrumpfte<br />

<strong>und</strong> Naturkatastrophen gab es kaum noch.<br />

Und so hat es den Anschein, als wenn sich durch das fast vollständige Verschwinden der Menschheit<br />

der Planet wohler fühlt.<br />

Nun, im Jahre 2333, schreibe ich dies. Der Wald gewinnt den Kampf um die Herrschaft. Die Zahl der<br />

Menschen in <strong>und</strong> um Berlin ist nunmehr auf einen Restbestand von weniger als 3000 geschrumpft.<br />

Wird sich dieser Rest mit dem Wald <strong>und</strong> der Natur einigen können?<br />

Wir werden sehen, was die Zukunft bringt, die es möglicherweise sonst nicht geben wird.<br />

Berlin, der 3. September 2333.<br />

Autorin: Cheryl-Ann Wilke, 16 Jahre, Ev. Schule Berlin-Zentrum, 2009<br />

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72<br />

Herrscher des Himmels<br />

Texas.<br />

Glühend heiß brennt die Sonne vom Himmel, ein leiser Wind weht abgestorbene, vertrocknete Äste<br />

übers Land. Wolkenlos ist es, die Luft ist erfüllt von erwartungsvoller Spannung. Ein Reporter<br />

mit Laptop unterm Arm <strong>und</strong> fahrig in die Hose gestopftem Herrenhemd eilt über den schmalen,<br />

planierten Weg. Er darf nicht zu spät kommen, sonst ist sein Job weg. Diese Situation muss er<br />

einfangen, das kommt auf die Titelseite!<br />

Er stößt auf die Gruppe von Menschen, auch die Dorfschule hat sich versammelt. Heute werden<br />

sie eingeweiht, die majestätischen Herrscher des Himmels. Letzte Woche wurde das letze Bauteil<br />

geliefert, heute sind sie startbereit. „3-2-1“, zählt der Bauleiter. Mütter ziehen ihre Kinder beschützend<br />

an die Brust, Männer legen ihren Frauen den Arm um die Schultern. Jetzt geht es los. Die neueste<br />

Technologie ist auch bei ihnen angekommen, in der entlegensten Region von Texas. Mitten in der<br />

Prärie stehen sie fest verwurzelt auf dem sandigen Boden. Noch einmal der Bauleiter: „3-2-1“. Die<br />

Windräder setzen sich in Betrieb. Erst langsam, dann immer schneller.<br />

Wie gebannt starren alle zu den rotierenden weißen Flügeln. Einige fallen sich in die Arme! Der<br />

Fortschritt! In der Ferne taucht eine Kolonie von Vögeln auf. Sie fliegen gen Süden. Direkt auf die<br />

Windräder zu. Kämpfen gegen den Sog, der von den gewaltigen Windrädern ausgeht. Verzweifelt.<br />

Schaffen sie es? Nein! Eines der jüngeren Tiere gerät in den Luftstrudel. Mit einem dumpfen<br />

Geräusch prallt es gegen eines der rotierenden Blätter, taumelt. Fällt zu Boden. Die Kleinsten unter<br />

den Kindern schreien auf. Die Erwachsenen bleiben gelassen. Das ist halt der Preis der neuen<br />

Technologien. Der Bauleiter, der von dem Geschehen gar nichts mit bekommen hat, deutet auf den<br />

großen Scheinwerfer, der an eines der Windräder angeschlossen ist. Er flammt auf. Enthusiastisch<br />

jubelt er: „Es funktioniert, es funktioniert“. Zustimmende Rufe ertönen. Nichts kann den Triumph<br />

des Fortschritts jetzt stören.<br />

Es ist Abend, als die Menge sich zerstreut.<br />

Jetzt, genau ein Jahr später, ist die Ebene leer. Die Hälfte der Bevölkerung, zunächst noch begeistert,<br />

ist vertrieben durch das ständige Lärmen der Windräder. Große Industrieanlagen wurden dazu<br />

gebaut. Einöde. Menschenleer. In Washington ist die Regierung begeistert: „Die Integration<br />

erneuerbarer Energien ist erfolgreich“.<br />

Doch Lebensräume wurden zerstört. Was ist wichtiger? Was ist das kleinere Übel? Welchen Wert<br />

haben die Menschen? Was geschieht mit den Zugvögeln?<br />

Wer ist der Herrscher des Himmels? Der Fortschritt?<br />

Autorin: Karima Jasmin Dziallas, 15 Jahre, Integrierte Gesamtschule List, Hannover, 2009


Übungen zum Kreativen Schreiben<br />

Der besondere Ort<br />

Äußere <strong>und</strong> innere Bilder verbinden sich zu einer Geschichte. Ein in drei Spalten gefaltetes Blatt<br />

hilft beim Aufzeichnen von Notizen im Freien.<br />

Material: A3-Papier, in drei gleich große Spalten gefaltet.<br />

Anleitung:<br />

· Wir suchen einen Ort auf, der uns interessiert oder anzieht.<br />

· Während der ersten zehn Minuten notieren wir alle Wahrnehmungs-Eindrücke (über Augen,<br />

Ohren, Nase, Körper) in der ersten Spalte <strong>und</strong> wählen aus den Notizen drei Begriffe oder Themen<br />

aus, die für uns wichtig sind.<br />

· <strong>Um</strong> diese drei Begriffe herum schreiben wir in den nächsten zehn Minuten unsere Assoziationen<br />

<strong>und</strong> beginnen den Ablauf eines Textes.<br />

· In der dritten Spalte beginnen wir mit dem Text (auch zehn Minuten).<br />

Eindrücke notieren Assoziieren, Ablauf festhalten Text schreiben<br />

Die Kamera im Kopf<br />

Ausgangspunkt ist ein Foto bzw. Bild aus einer Zeitschrift etc. Eine Übung, um Perspektivwechsel<br />

zu üben. Man schreibt aus der Sicht einer Figur bzw. selbst gewählten Position <strong>und</strong> hat dabei „die<br />

Kamera im Kopf“. Je nach Blickwinkel verändert sich die Aussage.<br />

Wo steht die Kamera? Wechselt sie ihren Standort während des Geschehens? Zeigt sie Nahaufnahmen<br />

oder die ganze <strong>Um</strong>gebung? Zeigt sie auch innere Bilder, Gedanken, Gefühle? Die Kamera des Autors<br />

kann auch das Unsichtbare, das Innenleben einer Figur zeigen.<br />

Material: Zeitungen, Zeitschriften, Scheren, Klebstifte.<br />

Anleitung:<br />

· Aus Zeitungen <strong>und</strong>/oder Zeitschriften schneidet sich jeder ein Bild aus, das ihn anspricht/<br />

erzählt.<br />

· Jeder klärt die Gr<strong>und</strong>fragen zu seiner Geschichte: wer, wo, was, Rollen, Ort, Handlung.<br />

· Dann wählt er einen Standort für die Kamera: Entweder den Blickwinkel des Bildes beibehalten<br />

(den Blick von außen), oder in eine Figur hineinsteigen, die Geschichte durch ihre Augen, ihr<br />

Bewusstsein erleben.<br />

73


74<br />

4.2 Good Practice<br />

4.2.1 Beispiele aus Hannover<br />

Die Klimaschutzregion Hannover – das Netzwerk für den Klimaschutz<br />

In der Klimaschutzregion Hannover haben sich die Region <strong>und</strong> die Landeshauptstadt Hannover,<br />

der enercity-Förderfonds proKlima, die Klimaschutzagentur, die Stadtwerke Hannover AG, die<br />

Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft hannoverimpuls GmbH sowie das Kompetenzzentrum für<br />

Energieeffizienz zu einem Netzwerk zusammengeschlossen.<br />

Ziel ist eine drastische Reduzierung der regionalen Treibhausgase <strong>und</strong> gleichzeitig die Sicherung<br />

<strong>und</strong> Schaffung einer möglichst großen Zahl von Arbeitsplätzen. Klimaschutz bedeutet nicht nur<br />

Nutzung erneuerbarer Energien <strong>und</strong> den effizienten Einsatz von Energie in Haushalt, Gewerbe <strong>und</strong><br />

Industrie, sondern er lässt auch innovative Produkte, Dienstleistungen <strong>und</strong> Verfahren entstehen <strong>und</strong><br />

damit neue Märkte. Durch die gebündelten Aktivitäten von Verwaltung, Energieversorger, Förder-,<br />

Marketing- <strong>und</strong> Forschungseinrichtungen gehört die Klimaschutzregion Hannover b<strong>und</strong>esweit zu<br />

den Vorreitern eines aktiven Klimaschutzes.<br />

Klimaschutz erleben!<br />

Ob in Schulen <strong>und</strong> Universitäten oder in der Freizeit, Klimaschutz ist ein wichtiges Thema, das bereits<br />

vielfach bearbeitet wird. In dieser Rubrik ‚Freizeit, Schule <strong>und</strong> Bildung‘ finden PädagogInnen <strong>und</strong><br />

Eltern interessante Aktionen <strong>und</strong> Angebote. Außerdem laden die „Erlebnistouren zum Klimaschutz“<br />

alle ein, <strong>Um</strong>weltprojekte in der Region Hannover zu besuchen – mit der Familie, der Schulklasse<br />

oder anderen Gruppen. 93<br />

Vielfalt des Klimaschutzes<br />

Die Erlebnistouren zum Klimaschutz stellen spannende Projekte in der Region Hannover vor. Es<br />

wird deutlich: Wichtige Beiträge zum Schutz des globalen Klimas werden schon jetzt in unserem<br />

unmittelbaren Lebensumfeld geleistet, sie sind im Alltag machbar.<br />

Die einzelnen Projekte bieten vielfältige <strong>und</strong> neue Sichtweisen auf das Thema Klimaschutz. Alle<br />

zeigen auch Lösungen für die Anwendung energiesparender Maßnahmen im alltäglichen Arbeiten<br />

oder Leben, ermöglichen Gespräche mit Menschen, die diese Projekte entwickelt <strong>und</strong> zum Erfolg<br />

gebracht haben. Und sie geben Anlass zum Staunen, Sehen, Fühlen, Schmecken, Hören <strong>und</strong> manchmal<br />

auch zum Riechen. Erlebnis pur!<br />

Klimaschutzprojekte als Ausflugsziel<br />

Die Erlebnistouren sind für alle am Klimaschutz interessierten BürgerInnen geeignet. Sie<br />

können als Kurztrip am Vormittag, per Tagestour oder auch im Rahmen eines mehrtägigen<br />

Klassenausfluges erk<strong>und</strong>et werden. Alle Tourenziele bieten Führungen oder pädagogische Angebote<br />

für Besuchergruppen an. Mit wenig Aufwand können die Touren per Telefon oder E-Mailanfrage<br />

organisiert werden. Auch der Anreiseweg wird vorgeschlagen, im Sinne des Klimaschutzes, mit<br />

öffentlichen Verkehrsmitteln.<br />

93 http://www.klimaschutz-hannover.de/Freizeit-Schule-<strong>und</strong>-Bildung.1850.0.html


Hier einige Beispiele für Tourenziele in Hannover:<br />

· Museum für Energiegeschichte(n)<br />

Die Geschichte der Energieanwendung <strong>und</strong> die Sozialgeschichte, die sich dahinter verbirgt, sind<br />

Themen der ständigen Ausstellung im Museum für Energiegeschichte(n) in Hannover. Das Spek-<br />

trum des 1979 gegründeten Museums reicht von ersten Maschinen, mit denen durch Reibung Strom<br />

erzeugt wurde, bis hin zu ersten elektrisch- oder gasbetriebenen Haushaltsgeräten. Die r<strong>und</strong> 1.000<br />

Exponate verteilen sich über 700 m² Ausstellungsfläche auf drei Etagen. Die Besucher können die<br />

technische Entwicklung anhand der ausgestellten Exponate nachvollziehen. Viele Geräte können<br />

auch ausprobiert <strong>und</strong> auf ihren Nutzen getestet werden. Kuriositäten, technische Fehlentwicklungen,<br />

aber auch die alltäglichen Dinge, die so mancher noch aus eigener Anwendung kennt, faszinieren<br />

oder lassen den Betrachter schmunzeln. Der beleuchtete Stopfpilz, klappernde Handstaubsauger,<br />

unförmige Holzbottichwaschmaschinen <strong>und</strong> sogenannte Heißluftduschen zeigen, was pfiffige<br />

Erfinder im Laufe des Industriezeitalters erdacht haben. Ob Glühlampe, Telefon oder Radio – jede<br />

große Erfindung des Industriezeitalters hat ihre eigene, ganz besondere Geschichte – das Museum<br />

für Energiegeschichte(n) hat sie zusammengetragen.<br />

Vorwiegend Kinder <strong>und</strong> Jugendliche lernen im Rahmen des Schulunterrichts bei einer Führung die<br />

begreifbare Technik vergangener Zeiten kennen.<br />

Anschrift: Museum für Energiegeschichte(n), Humboldtstraße 32, 30169 Hannover, Fax: 0511<br />

123116-40241; www.energiegeschichte.de<br />

Ansprechpartner: Ulrike Nevermann (Leiterin /Besucherbetreuung), Tel.: 0511 123116- 34883;<br />

Silvia Schmitz (Stellvertretende Leiterin/Öffentlichkeitsarbeit), Tel.: 0511 123116-31544; Werner<br />

Koch (Referent/Besucherbetreuung), Tel.: 0511 123116-34941<br />

Anreise: Vom Hauptbahnhof mit der Stadtbahn Linie 17 (Richtung Wallensteinstraße) bis zur<br />

Station Humboldtstraße. Dauer gesamt ca. 6 Min. Siehe auch Fahrplanauskunft: www.gvh.de <strong>und</strong><br />

www.efa.de<br />

Methoden: Führung, Filmvorführung, Kinder-Energie-Rallye, Versuche + Experimente<br />

Zeitrahmen: 1 – 1½ St<strong>und</strong>en (Di.–Fr. 9–18Uhr, außer an Feiertagen)<br />

Zielgruppen: Schulen, Familien <strong>und</strong> andere Interessierte<br />

Gruppengröße: 10 – 30 Personen (bei mehr als 30 Personen Führung in zwei Gruppen)<br />

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76<br />

· Öko-Technik-Park<br />

Der Öko-Technik-Park Hannover ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stadtwerke Hannover AG, der<br />

BauBeCon AG, der Epiphanias Kirchengemeinde, des Stadtteilbauernhofes Sahlkamp, der Gr<strong>und</strong>-<br />

schule Hägewiesen <strong>und</strong> der aquaplaner Ingenieurgesellschaft.<br />

26 verschiedene Techniken zur Einsparung von Energie <strong>und</strong> Wasser im Wohnungsbau können<br />

besichtigt werden. Bei der Führung werden Anlagen zur Stromerzeugung <strong>und</strong> Warmwasserbereitung<br />

mit Sonnenenergie, ein Blockheizkraftwerk, eine Wärmepumpe, Kläranlagen zum Recycling von<br />

Abwasser, Anlagen zur Nutzung <strong>und</strong> Versickerung von Regenwasser, Vakuum- <strong>und</strong> Trenntoiletten,<br />

wasserlose Urinale <strong>und</strong> ein Abwasserverdunstungsbeet vorgestellt. Auf dem Stadtteilbauernhof<br />

leben Ponys, Ziegen, Schweine <strong>und</strong> Kleintiere. Im Lehmofen kann man sein eigenes Brot backen.<br />

Wissenswertes<br />

Der Öko-Technik-Park Hannover wurde von den Stadtwerken Hannover 1995 ins Leben gerufen<br />

<strong>und</strong> in den folgenden Jahren ständig erweitert. Auf engstem Raum können hier – in dieser Fülle<br />

b<strong>und</strong>esweit einmalig – ökologische Techniken zur Einsparung von Wasser <strong>und</strong> Energie besichtigt<br />

werden. Insbesondere im Bereich Wasser wird praxisorientierte Forschung betrieben. Die Erfahrungen,<br />

die hier bei Bau <strong>und</strong> Betrieb der Anlagen gesammelt wurden – <strong>und</strong> werden – helfen Planern<br />

bei anderen Projekten effizientere <strong>und</strong> kostengünstigere Lösungen zu realisieren.<br />

Hauptziel des Öko-Technik-Parks ist es herauszufinden, welche Techniken ökologisch sinnvoll sind,<br />

ökonomischen Erfolg bringen <strong>und</strong> außerdem auch alltagstauglich sind.<br />

Ein weiteres wichtiges Projektziel ist die Sensibilisierung der Bevölkerung für umweltrelevante<br />

Themen. Dieser Aufgabe widmen sich vor allem der Stadtteilbauernhof Sahlkamp <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>schule<br />

Hägewiesen. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist es, Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ein Gefühl für<br />

ihre <strong>Um</strong>gebung <strong>und</strong> die Notwendigkeit eines umweltschonenden Verhaltens im Alltag zu vermitteln.<br />

Anschrift <strong>und</strong> Ansprechpartner: aquaplaner Ingenieurgesellschaft, Öffentlichkeitsarbeit,<br />

Zur Bettfedernfabrik 1, 30451 Hannover, Tel.: 0511 35778-44, Fax: 0511 35778-55,<br />

post@aquaplaner.de, www.aquaplaner.de; Standort: Öko-Technik-Park, Hägewiesen 116–118,<br />

Hannover-Sahlkamp, www.oeko-technik-park.de<br />

Ansprechpartner: Claudia Bruns (Bauingenieurin), Uwe Klaus (Bauingenieur),<br />

Tel.: 0511 35778-44<br />

Anreise: Vom Hauptbahnhof Hannover (U-Bahn) mit der Stadtbahn Linie 2 (Richtung Alte<br />

Heide) bis Haltestelle Bahnstrift. Von dort 1 Min. zu Fuß bis zur Epiphanias Kirche. Dauer gesamt<br />

ca. 20 Min. Siehe auch Fahrplanauskunft: www.gvh.de <strong>und</strong> www.efa.de<br />

Themen: Energiesparen (Controlling-System, Wärmedämmung); Erneuerbare Energie<br />

(Sonnenenergie); Effiziente Energienutzung (KWK mit BHKW); Wassersparen, Abwasser-<br />

Recycling, Regenwasser, Gewässerschutz<br />

Methoden: Themenabhängig <strong>und</strong> nach Absprache: Vortrag; Führung<br />

Zeitrahmen: Vortrag – 1 St<strong>und</strong>e; Führung – 1–2 St<strong>und</strong>en<br />

Zielgruppen: Schulen, Familien <strong>und</strong> andere Interessierte<br />

Gruppengröße: nach Absprache<br />

Anmeldung/Kosten: Eine Anmeldung ist erforderlich. Kosten: 60,– Euro je Vortrag, 120,– Euro<br />

je Führung.


· Waldstation Eilenriede – Natur erleben im Stadtwald<br />

„Walderleben zum Anfassen“ bietet die Waldstation Eilenriede. An 28 Außenstationen erfahren nicht<br />

nur junge Besucher viel Spannendes <strong>und</strong> Neues über Wald, Pflanzen, Tiere <strong>und</strong> Boden. So kann z.B.<br />

der Kohlenstoffdioxidkreislauf bearbeitet werden. Die Scheitholz-Heizung der Waldstation zeigt vor<br />

Ort den Einsatz des Brennstoffes Holz. Schulklassen können in der Waldstation lernen <strong>und</strong> zum<br />

Teil auch ausprobieren, wie nachhaltige Waldwirtschaft mit ihren Pflegemaßnahmen funktioniert.<br />

Was beim Fällen von Bäumen alles beachtet werden muss, wird in der angrenzenden Eilenriede bei<br />

sogenannten Schaufällungen erläutert <strong>und</strong> vorgeführt. Auch Führungen durch die Eilenriede kann<br />

man über die Waldstation vereinbaren. An Projekttagen besteht die Möglichkeit, z.B. selbst Fackeln<br />

zu bauen.<br />

Wissenswertes<br />

Im Frühjahr 2004 wurden die Tore der Waldstation für alle interessierten Menschen – große <strong>und</strong><br />

kleine – geöffnet. Die Waldstation befindet sich im Herzen von Hannover am Rand des großen<br />

Stadtwaldes Eilenriede auf einer Fläche von 3,7 ha. Das Team der Waldstation hat die Themen des<br />

ehemaligen Vogelschutzgehölzes aufgegriffen <strong>und</strong> entwickelt das Konzept ständig weiter. Hier sind<br />

Anfassen, Mitmachen <strong>und</strong> Experimentieren ausdrücklich erwünscht. Es ist sowohl möglich, das<br />

Gelände auf eigene Faust zu erk<strong>und</strong>en, als auch an Führungen zu ausgesuchten Themen wie zum<br />

Beispiel Bäume oder Bodenlebewesen teilzunehmen. Auch für Lehrkräfte werden Veranstaltungen<br />

angeboten.<br />

Anschrift: Waldstation Eilenriede, Kleestraße 81, 30625 Hannover, Tel.: 0511 5331181,<br />

www.waldstation-eilenriede.de<br />

Ansprechpartnerin: Elisabeth von Drachenfels (Dipl.-lng. Landespflege), Leitung der<br />

Waldstation Eilenriede, Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Stadtgrün, Am<br />

Pferdeturm 1, 30635 Hannover, Tel.: 0511 168-45787, Fax: 0511 168-48215,<br />

elisabeth.vondrachenfels@hannover-stadt.de<br />

Anreise: Vom Hauptbahnhof Hannover mit der Stadtbahn Linie 3, 7 oder 9 (Richtung<br />

Altwarmbüchen, Fasanenkrug oder Lahe) bis zur Station Spannhagengarten, weiter mit dem Bus<br />

Linie 137 (Richtung Hannover/Pferdeturm) bis Haltestelle Stadtfelddamm, von dort ca. 5 Min. zu<br />

Fuß. Dauer gesamt ca. 30 Min. Oder spazieren Sie durch die Eilenriede vom Kantplatz ausgehend<br />

parallel zur Kleestraße bis zur Waldstation. Siehe auch Fahrplanauskunft:<br />

www.gvh.de <strong>und</strong> www.efa.de<br />

Themen: Lebensraum Wald; Nachhaltige Waldwirtschaft; CO2-Kreislauf<br />

Methoden: Altersgemäße Führungen; Wunsch-Schulthemen; Holz- /Medienwerkstatt;<br />

Naturerfahrung; Aktionen; Bodenlernen; Keschern; Stationslernen; Projekttag /-woche<br />

Zeitrahmen: nach Vereinbarung, 1 St<strong>und</strong>e bis ½ –1 Tag<br />

Zielgruppen: Schulen, Familien <strong>und</strong> andere Interessierte<br />

Gruppengröße: Klassen oder Kitagruppen werden geteilt.<br />

Anmeldung/Kosten: Eine Anmeldung zur Teilnahme an den Angeboten ist erforderlich, Kosten<br />

richten sich nach Art <strong>und</strong> Dauer der Aktion: Führung <strong>und</strong> kleine Holzbastelaktion 2,– Euro/Kind,<br />

2 erwachsene Begleitpersonen sind frei, Erwachsene 3,– Euro/Person.<br />

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78<br />

Flyer Stationenführer: 2,– Euro (um auf eigene Faust das Gelände <strong>und</strong> die 28 Erlebnisstationen zu<br />

erk<strong>und</strong>en). Die eigenständige Erforschung der Waldstation im Rahmen der Öffnungszeiten ist<br />

ohne Anmeldung <strong>und</strong> kostenfrei möglich.<br />

Weitere Informationen unter: http://www.klimaschutz-hannover.de<br />

Klimazeugen besuchen Schulen<br />

Der Verein „JANUN e.V. Region Hannover“, besucht zusammen mit drei Klimazeugen aus der<br />

Polarregion, niedersächsische Schulen.<br />

Dabei wird das noch abstrakte Thema des <strong>Klimawandel</strong>s durch die Berichte der internationalen<br />

Gäste, VertreterInnen indigener Völker aus Sibirien, Nordnorwegen <strong>und</strong> Grönland, konkret.<br />

Teilnahmebeitrag pro SchülerIn: 2 Euro.<br />

Weitere Infos / Anmeldung:<br />

JANUN e. V., Seilerstr. 12, 30171 Hannover Tel. 0511-5909190, buero@janun-hannover.de


4.2.2 Beispiel aus Münster<br />

BürgerPakt für Klimaschutz in Münster<br />

Münster packt‘s! Der BürgerPakt für Klimaschutz ist ein wichtiges Thema in Münster. Klimaschutz<br />

hat hier Tradition <strong>und</strong> die Stadt ist dafür sogar von der Deutschen <strong>Um</strong>welthilfe mit dem Titel<br />

„B<strong>und</strong>eshauptstadt im Klimaschutz“ ausgezeichnet worden. Trotzdem will man sich jetzt nicht<br />

auf den Lorbeeren ausruhen, sondern der Klimaschutz soll weiter voran getrieben werden. Dazu<br />

gibt es einen „Klimapakt“, der folgendermaßen aussieht: MünsteranerInnen können eine Selbstverpflichtung<br />

unterzeichnen, um durch einfache Maßnahmen in ihrem ganz persönlichen Alltag<br />

dazu beizutragen, das Klima zu schützen! Gleichzeitig bemüht sich jeder darum, eine weitere Person<br />

aus dem Fre<strong>und</strong>es- oder Bekanntenkreis zu gewinnen, ebenfalls etwas für den Klimaschutz zu<br />

machen. So soll die Idee weiter verbreitet werden <strong>und</strong> es soll zum „Schneeball-Effekt“ kommen.<br />

Mit Hilfe der BürgerInnen will die Stadt dem selbst gesteckten Ziel, bis 2020 wenigstens 40%<br />

Kohlendioxid einzusparen, ein gutes Stück näher kommen.<br />

<strong>Klimawandel</strong> ist längst kein fernes Zukunftsthema mehr nur für Experten oder Politiker auf<br />

Gipfeltreffen. Er findet bereits statt – <strong>und</strong> seine Auswirkungen treffen uns alle. Die gute Nachricht:<br />

Noch ist der Trend zu stoppen, der Schaden zu begrenzen – wir können etwas tun. Deshalb<br />

brauchen wir die Unterstützung aller Menschen, denn es sind neben den Anstrengungen auf<br />

nationaler <strong>und</strong> weltweiter Ebene gerade die vielen kleinen Verhaltensänderungen im Alltag, die<br />

einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz liefern.<br />

Die Maßnahmen zum aktiven Klimaschutz, zu denen man sich verpflichtet wenn man am Klimapakt<br />

teilnehmen will, gibt es neben der „Erwachsenen-Fassung“ auch noch in einer Jugendausgabe unter<br />

dem folgenden Link:<br />

http://www.muenster.de/stadt/umwelt/pdf/KlimaPakt-Formular-U20.pdf.<br />

Das Ganze sieht folgendermaßen aus:<br />

Ja – ich pack mit an!<br />

Ich trete Münsters BürgerPakt für Klimaschutz bei, indem ich mich selbst verpflichte,<br />

1. mindestens zwei herkömmliche Glühbirnen durch Energiesparlampen oder LED- Leuchten<br />

auszutauschen,<br />

2.ab sofort bei PC, TV- <strong>und</strong> Videogerät den Standby-Betrieb durch komplettes Ausschalten (z.B.<br />

per Steckerleiste) zu vermeiden,<br />

3.pro Woche mindestens eine Kurzstrecke nicht im Pkw, sondern mit Rad oder Bus zurückzulegen,<br />

4.innerhalb der nächsten 4 Wochen mindestens eine Person in Nachbarschaft, Fre<strong>und</strong>es- oder<br />

Bekanntenkreis über den BürgerPakt für Klimaschutz zu informieren, mit dem Ziel, sie für die<br />

Teilnahme zu gewinnen,<br />

5.aus der folgenden Liste mindestens zwei Maßnahmen auszuwählen <strong>und</strong> umzusetzen, die meine<br />

persönliche Klimabilanz verbessern:<br />

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· Den normalen Duschkopf gegen ein Wassersparmodell austauschen (230 kg)<br />

· Die Wäsche natürlich statt elektrisch trocknen (280 kg)<br />

· Die Raumtemperatur durchschnittlich um 1°C absenken (300 kg)<br />

· Die Heizung für Nacht- <strong>und</strong> Abwesenheitszeiten um 3°C abregeln (440 kg)<br />

· Stoßlüftung statt Kipplüftung während der Heizperiode<br />

· PC <strong>und</strong> Bildschirm bei absehbarer Nichtbenutzung ausschalten<br />

· Auf Ökostrom umsteigen (520 kg)<br />

· Licht ausschalten beim Verlassen eines Raums (270 kg)<br />

· Ein Auto abschaffen (mind. 1.000 kg)<br />

· Den eigenen CO2-Verbrauch gründlich auf mögliche Verbesserungen untersuchen<br />

(z.B. www.uba.klima-aktiv.de)<br />

· Als Hausbesitzer: Einen Energiecheck für mein Haus durchführen lassen<br />

· Sonstiges:<br />

Außerdem notiere ich mir hier meine ganz persönliche „Klima-Macke“ <strong>und</strong> überlege, was sich da tun<br />

lässt (geht nur mich was an!).<br />

<strong>Um</strong> die Bemühungen nicht nur auf Münster zu beschränken, gibt es seit 1998 auch Klimaschutz-<br />

partnerschaften mit anderen Städten <strong>und</strong> Ländern.<br />

Diese Partnerschaften haben zum Ziel, klimarelevante Maßnahmen <strong>und</strong> Projekte in anderen<br />

Ländern zu unterstützen. Die Projekte sollen folgende Ansätze verfolgen:<br />

· die Nutzung regenerativer Energien vor Ort ermöglichen,<br />

· die rationelle Energienutzung vor Ort fördern,<br />

· die Auswirkungen von klimabedingten <strong>Um</strong>weltkatastrophen mindern,<br />

· eine Verbindung zu Gruppen oder Projekten in Münster vorweisen oder anstreben, wodurch der<br />

Partnerschaftsgedanke nach Münster transportiert wird (z.B. durch Schulpartnerschaften).<br />

Seit 1998 werden eine Vielzahl an interessanten Maßnahmen <strong>und</strong> Aktionen weltweit (Afrika, Indien,<br />

Südamerika, Osteuropa) durchgeführt, Informationen unter folgendem Link:<br />

http://www.muenster.de/stadt/umwelt/pdf/Klimaschutzpartnerschaften2008.pdf.<br />

Zusätzlich gibt es von der Stadt Münster viele gute Tipps zum Klimaschutz im Alltag. Hier eine<br />

kleine Auswahl davon:<br />

1. Energiesparen mit Komfort<br />

Auf Komfort will <strong>und</strong> soll keiner verzichten – doch muss Ihr Fernseher wirklich startbereit sein,<br />

wenn Sie gemütlich im Bett schlafen oder fleißig im Büro Ihre Akten wälzen?<br />

Schalten Sie Ihren Fernseher nach dem gemütlichen Fernsehabend doch nicht nur über die<br />

Fernbedienung aus, sondern betätigen Sie den Schalter am Gerät. Der Knopfdruck am nächsten<br />

Abend ist nicht aufwendig <strong>und</strong> danach können Sie wieder normal alle Programme anwählen. Zwei<br />

Großkraftwerke laufen in Deutschland für den sinnlosen Stand-by Verbrauch von Elektrogeräten.


2. Braucht mein Steckernetzteil wirklich Strom?<br />

Die versteckten Stromfresser machen uns manchmal das Leben schwer, denn man merkt sie nicht.<br />

Wussten Sie, dass z.B. das externe Netzteil Ihres Handys, MP3-Players oder der elektrischen<br />

Zahnbürste auch Strom braucht, wenn das Gerät gar nicht geladen wird? Den Energieverbrauch<br />

kann man sogar spüren: Das Netzteil fühlt sich warm an, wenn es die ganze Zeit in der Steckdose<br />

wartet. Da hilft nur, das Netzteil zu ziehen. Moderne Mobiltelefone unterstützen ihre Nutzer, indem<br />

sie sich bemerkbar machen, wenn der Ladevorgang abgeschlossen ist.<br />

3. Kurzstrecken lieber strampeln – das hält fit!<br />

Wussten Sie, dass 50% aller Autofahrten kürzer als 5 km sind? Bevor der Motor die optimale<br />

Betriebstemperatur erreicht hat <strong>und</strong> der Katalysator gut arbeiten kann, wird das Auto also schon<br />

wieder abgestellt. Die einfachste Sparmaßnahme bei dieser Streckenlänge: Öfter mal umsteigen!<br />

Rad fahren kostet keinen Sprit <strong>und</strong> hält fit. Und wenn das Wetter allzu abschreckend sein sollte: Bus<br />

fahren. Das tut nicht nur der <strong>Um</strong>welt gut, sondern ist viel kommunikativer als einsames Staustehen<br />

im Berufsverkehr.<br />

4. Die Sparbrause halbiert Ihre Duschkosten<br />

Duschen macht Spaß <strong>und</strong> erfrischt am trüben Morgen so richtig. Doch auch das hat seinen Preis,<br />

denn Wasser ist ein teures Gut. Die Wasserreserven sind endlich <strong>und</strong> für die Reinigung wird viel<br />

Energie aufgewendet. Dabei kann man mit wenig Aufwand Wasser sparen: durch Sparduschköpfe.<br />

Statt 15 bis 17 Liter rauschen da nur etwa sieben bis zehn Liter Wasser pro Minute durch. Die<br />

Duschköpfe sind im Fachhandel ab 20€ zu haben. Allein mit den Einsparungen beim Wasser hat<br />

sich das nach einem Jahr bei täglicher Dusche gerechnet. Dabei sind die Einsparungen für das<br />

Erwärmen des Wassers noch gar nicht eingerechnet.<br />

5. It‘s cool man – Eiszeit im Kühlschrank!<br />

Sie schauen in den Kühlschrank <strong>und</strong> denken, ja der muss auch mal wieder abgetaut werden. Wenn<br />

das der Fall ist, sollten Sie es wirklich machen! Denn Reifbildung im Kühlschrank verringert die<br />

Kühlleistung <strong>und</strong> erhöht den Energieverbrauch. Hier hilft nur regelmäßiges Abtauen. Zu schnelles<br />

Vereisen deutet übrigens auf ein schlechtes Schließen der Tür. Überprüfen Sie daher immer mal<br />

wieder die Türdichtungen. Sparen können Sie außerdem, indem Sie nicht zu stark kühlen. Bei<br />

sieben Grad Celsius im Kühlschrank werden 15 % weniger Energie verbraucht als bei einer Kühlung<br />

auf fünf Grad. Das sind je nach Gerät zwischen 10 <strong>und</strong> 20 Kilowattst<strong>und</strong>en pro Jahr oder 2 bis 4€.<br />

6. Papier – ist doch immer da, oder?<br />

Papier brauchen wir alle täglich – genauso wie Strom <strong>und</strong> Wasser – <strong>und</strong> das ist immer da, oder? Die<br />

Herstellung von Papier ist sehr aufwendig <strong>und</strong> kostet viel Energie, zudem ist Holz eine Ressource<br />

mit der wir sparsam umgehen sollten. Auch das ist Klimaschutz! Den Papierverbrauch kann man<br />

mit ganz einfachen Tricks deutlich reduzieren. Denken Sie daran, alles hat zwei Seiten:<br />

Nutzen Sie die Rückseite von alten Schriftstücken als Konzeptpapier.<br />

Moderne Drucker <strong>und</strong> Kopierer haben ein sogenanntes Duplex-Fach, mit dem Sie komfortabel<br />

beidseitig drucken können. Ansonsten können Sie das Papier auch einfach von der anderen Seite<br />

erneut einlegen.<br />

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82<br />

Überlegen Sie, ob jeder Computerausdruck sein muss oder ob’s auch ohne geht. So manche Datei<br />

liegt besser auf der Festplatte als im Papierstapel.<br />

7. Der Bildschirmschoner als heimlicher Stromfresser<br />

Die bunten Toaster fliegen, die Eisenbahn schnauft <strong>und</strong> die Fische schwimmen im Aquarium über<br />

den Bildschirm. Jeder kennt sie, die schönen lustigen Bildschirmschoner, die uns die Arbeit am PC<br />

versüßen sollen. Doch die Fre<strong>und</strong>e haben es in sich!<br />

Eine Messung des Verbrauchs für das beliebte Aquarium als Bildschirmschoner hat beispielsweise<br />

ergeben, dass dieser mehr Strom verbraucht als ein echtes Aquarium! Verzichten Sie also besser<br />

auf diese kostspielige Unterhaltung. Aktivieren Sie lieber über die Systemsteuerung in der<br />

Energieverwaltung Ihres Rechners die Funktion „Monitor ausschalten“. Je nach Einstellung fährt<br />

der Bildschirm so bei Nichtnutzung automatisch in den Ruhemodus. Abhängig vom Modell sinkt<br />

der Stromverbrauch um bis zu 90%.<br />

8. Volle Ladung für die Waschmaschine<br />

Jede Hausfrau <strong>und</strong> jeder Hausmann kennt das Thema – heute ist wieder Waschtag! Doch was die<br />

meisten nicht wissen, dass man beim Wäschewaschen richtig Stromsparen kann <strong>und</strong> damit das<br />

Klima schützt. Ihre Waschmaschine sollten Sie nur dann in Betrieb nehmen, wenn sich so viel<br />

Wäsche angesammelt hat, dass die Trommel gut gefüllt ist. Wenn das nicht klappt, nehmen Sie doch<br />

das Sparprogramm. Das haben die meisten Geräte. Auf Vor- <strong>und</strong> Kochwäsche können Sie heutzutage<br />

meist verzichten – bei sehr hartnäckigen Verschmutzungen reichen 60°C immer aus. Denn je höher<br />

die Waschtemperatur, desto höher auch der Stromverbrauch. Sie sparen die Hälfte an Strom, wenn<br />

Sie Ihre Wäsche statt mit 60 °C nur mit 40°C waschen. Bei 30°C ist es nur noch ein Drittel.<br />

9. Die Spülmaschine ist ein Klimaschützer<br />

Gut gespeist, voller Bauch, meist steht jetzt aber noch der Abwasch an. Statt wie früher alles per<br />

Hand zu spülen, gibt es heute in den meisten Haushalten einen praktischen Helfer, der diese<br />

Aufgabe erledigt: die Spülmaschine. Und wussten Sie, dass der Spülvorgang mit einer voll beladenen<br />

Maschine auch viel sparsamer ist als das Spülen per Hand. Als goldene Regel gilt also: Nicht alles<br />

einzeln mit der Hand spülen, sondern immer nur bei vollem Geschirrspüler spülen – das schont die<br />

<strong>Um</strong>welt! Intensivprogramme nur wählen, wenn der Verschmutzungsgrad wirklich extrem hoch ist.<br />

10. Klimaschutz beim Einkaufen? Wie geht das denn?<br />

Schon beim Einkauf können Sie einen wirkungsvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Lange<br />

Transportwege bedeuten ebenso mehr Treibhausgase wie eine energiereiche Lebensmittelerzeugung.<br />

Die Zucht von Gemüse oder Obst im Freiland etwa belastet das Klima deutlich weniger als die<br />

in Treibhäusern. Klimabewusst einkaufen heißt: Verpackungsmüll vermeiden sowie bevorzugt<br />

regionale <strong>und</strong> saisonale Produkte kaufen. Beispielsweise Kartoffeln, Äpfel <strong>und</strong> Spargel von Höfen<br />

im Münsterland statt weitgereister Importware. 94<br />

94 http://www.muenster.de/stadt/umwelt/klimapakt.html; Alle Tipps entnommen: http://www.muenster.de/stadt/umwelt/klimaschutz-tipps.html.


4.2.3 Beispiele aus Göttingen<br />

Bioenergiedorf Jühnde<br />

Ein Dorf erzeugt seine benötigte Energie (Strom <strong>und</strong> Wärme) selbst auf der Basis von<br />

Biomasse.<br />

Jühnde ist Deutschlands erstes Bioenergiedorf, das seinen Wärmebedarf <strong>und</strong> den verbrauchten<br />

Strom selbst über nachwachsende Rohstoffe erzeugt. Die Energieanlage besteht aus einer Biogasanlage<br />

<strong>und</strong> einem Biomasse-Heizwerk. Ein Nahwärmenetz bringt die Energie zu den Haushalten.<br />

Das besondere an diesem Vorhaben: Das ganze Dorf macht mit. Circa 70% der Häuser werden<br />

angeschlossen <strong>und</strong> stellen Energieversorgung auf umweltschonende Technik um. Landwirte,<br />

Gemeinde <strong>und</strong> Verbraucher haben sich in einer Genossenschaft organisiert <strong>und</strong> ihre Energiever-<br />

sorgung selbst in die Hand genommen. Unterstützt durch wissenschaftliche Begleitforschung des<br />

IZNE in Göttingen. Mittlerweile folgen viele Gemeinden dem Vorbild Jühnde. Das Projekt wurde<br />

durch die FNR e. V. wesentlich gefördert.<br />

Weitere Informationen: www.bioenergiedorf.de<br />

<strong>Welt</strong>Garten Witzenhausen (WeGa)<br />

Der <strong>Welt</strong>Garten ist ein Bildungsprojekt verschiedener Institutionen, die in der entwicklungspoli-<br />

tischen Bildungsarbeit aktiv sind: Deutsches Institut für tropische <strong>und</strong> subtropische Landwirtschaft<br />

(DITSL); Arbeitskreis Eine <strong>Welt</strong> e.V.; Internationales Bildungszentrum Witzenhausen (IBZW);<br />

Ökumenische Werkstatt Kassel der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW); Regio-<br />

nale Bildungsstelle Nord (Bildung trifft Entwicklung) sowie Tropengewächshaus Witzenhausen der<br />

Universität Kassel.<br />

Die Erfahrungen <strong>und</strong> Bildungsangebote der Kooperationspartner fließen in dem Projekt <strong>Welt</strong>Garten<br />

in eine gemeinsame Bildungsarbeit zusammen, die am Standort Witzenhausen an folgenden<br />

außerschulischen Lernorten umgesetzt wird: Tropengewächshaus, <strong>Welt</strong>laden, Völkerk<strong>und</strong>emuseum<br />

<strong>und</strong> Historische Fachbibliothek. Der <strong>Welt</strong>Garten will auf anschauliche <strong>und</strong> leicht verständliche<br />

Weise Verbindungen zwischen unserem Alltag hier <strong>und</strong> dem Leben in den Ländern des Südens<br />

herstellen <strong>und</strong> ein Bewusstsein für komplexe globale Zusammenhänge schaffen. Außerdem sollen<br />

gemeinsam individuelle Einflussmöglichkeiten für eine nachhaltige Entwicklung erarbeitet werden.<br />

Der <strong>Welt</strong>Garten bietet für Schulklassen <strong>und</strong> andere Gruppen vielfältige Möglichkeiten, Neues<br />

zu entdecken. Das Programm reicht von ein- bis mehrstündigen Veranstaltungen bis zu Projekt-<br />

tagen <strong>und</strong> mehrtägigen Klassenfahrten. Daneben umfasst das Angebot auch die Fortbildung<br />

von Multiplikatoren. Einzelbesucher <strong>und</strong> -besucherinnen können die Lernorte zu den jeweiligen<br />

Öffnungszeiten besuchen.<br />

Weitere Informationen: www.weltgarten-witzenhausen.de<br />

83


84<br />

4.3 Arbeits- <strong>und</strong> Unterrichtsmaterialien 95 zu<br />

<strong>Klimawandel</strong>, <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Kulturelle Vielfalt<br />

4.3.1 <strong>Klimawandel</strong><br />

1. Klimaschutz To Go – was geht an Schulen?<br />

Du findest Klimaschutz wichtig? Perfekt! Dieses Heft hilft dir bei deinen ersten Schritten zum<br />

Klimaschützer. Mach deine Schule ein Stück besser. Viele Tipps kannst du auch zu Hause gut<br />

brauchen. Doch wenn du es schaffst, an deiner Schule etwas zu ändern, ist das wirklich genial. Eine<br />

Schule braucht nämlich meist extrem viel Energie. Das kostet Geld <strong>und</strong> schadet dem Klima. Viel<br />

davon kann man sparen. Du findest bestimmt ein paar Mitstreiter, die dir helfen. Und dann merken<br />

auch andere, dass sie etwas tun können. Fang du doch schon mal an!<br />

Herausgeber:<br />

B<strong>und</strong>esministerium für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit<br />

Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />

11055 Berlin<br />

Link für weitere Bestellungen:<br />

http://www.bmu.de/bestellformular/content/4159.php#Klima<br />

BMU: Klimaschutz To Go – Was geht an Schulen? (Stand: Februar 2009) – 3705<br />

2. Klimagerechtigkeit<br />

Inzwischen herrscht aufgr<strong>und</strong> der wissenschaftlichen Erkenntnisse eine breite Einigkeit, dass<br />

der Mensch einen Einfluss auf das <strong>Welt</strong>klima hat. Klar ist, es muss etwas getan werden. Kann die<br />

Verantwortung zur Rettung des Klimas gerecht auf die Verursacher verteilt werden?<br />

Diese Frage steht im Mittelpunkt der Themenblattausgabe. In einem schlüssigen Aufbau werden<br />

menschliche Einflüsse auf das Klima, globale Verursacher <strong>und</strong> Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s sowie eine<br />

mögliche Problemlösung zur Analyse <strong>und</strong> Beurteilung gestellt.<br />

Herausgeber:<br />

B<strong>und</strong>eszentrale für politische Bildung<br />

Adenauerallee 86<br />

53113 Bonn<br />

Link für weitere Bestellungen:<br />

http://www.bpb.de/publikationen/7R9CZ5,0,0,Klimagerechtigkeit.html<br />

· Themenblätter im Unterricht (Nr. 73): Klimagerechtigkeit (Bestellnummer: 5966; Bereitstellungspauschale:<br />

0,00€)<br />

Hinweis: Das Themenblatt ist auch als PDF-Version vorhanden.<br />

95 Originalmaterialien sind in der BücherKiste vorhanden. Weiteres Arbeits- <strong>und</strong> Unterrichtsmaterialien finden Sie auf der in<br />

diesem <strong>Handbuch</strong> beiliegenden CD.


3. Klimaschutz <strong>und</strong> Klimapolitik<br />

Themen:<br />

· Klimaforschung – Eine Zeitreise durch das Klima<br />

· Patient <strong>Welt</strong>klima – Welche Folgen hat der <strong>Klimawandel</strong>?<br />

· Woher kommt die dicke Luft – CO2-Emissionen <strong>und</strong> die Verursacher<br />

· Wer rettet die <strong>Welt</strong> – Klimaschutz <strong>und</strong> Klimapolitik in Deutschland <strong>und</strong> weltweit<br />

· Einmal Zukunft <strong>und</strong> zurück – Szenarien für die Entwicklung unseres Klimas<br />

Neben vielen Aspekten aus den Bereichen Biologie, Chemie, Physik <strong>und</strong> Erdk<strong>und</strong>e berührt das<br />

Thema Klimaschutz besonders auch die internationale Politik. In der Bildungsmaterialie wird auch<br />

der Oscar-Prämierte Film von Al Gore „Eine unbequeme Wahrheit“ thematisiert. Im Rahmen einer<br />

BMU-Aktion haben 6000 Schulen b<strong>und</strong>esweit den Film für Unterrichtszwecke erhalten.<br />

Herausgeber:<br />

B<strong>und</strong>esministerium für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit (BMU)<br />

Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />

11055 Berlin<br />

Link für weitere Bestellungen:<br />

http://www.bmu.de/bestellformular/content/4159.php#Bildungsmaterialien<br />

BMU: Klimaschutz <strong>und</strong> Klimapolitik (Sek I/II; Schülerarbeitsheft) – 2935<br />

4.3.2 <strong>Biodiversität</strong><br />

4. Biologische Vielfalt – Materialien für Bildung <strong>und</strong> Information<br />

Die vorliegenden Bildungsmaterialien zur Biologischen Vielfalt umfassen insgesamt drei Unterrichtssets<br />

mit Arbeitsblättern für die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, Handreichungen für Lehrkräfte<br />

<strong>und</strong> ergänzende Infoblätter. Anhand der Themen Bionik, Biosphärenreservate <strong>und</strong> Nationalparks<br />

<strong>und</strong> Globale Artenvielfalt sollen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler Kompetenzen im Bereich Naturschutz<br />

entwickeln <strong>und</strong> Verständnis für die Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung gewinnen.<br />

Herausgeber:<br />

B<strong>und</strong>esministerium für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit<br />

Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />

11055 Berlin<br />

Link für weitere Bestellungen:<br />

http://www.bmu.de/bestellformular/content/4159.php#Natur<br />

BMU: Biologische Vielfalt (Sek I/II; Schülerarbeitsheft) – 3703<br />

Hinweis: Biologische Vielfalt (Sek I/II; Schülerarbeitsheft + Lehrerhandreichung) ist nur als<br />

Download verfügbar.<br />

85


86<br />

5. Bedrohte Vielfalt – <strong>Biodiversität</strong><br />

Wozu muss <strong>und</strong> wie kann Biologische Vielfalt erhalten werden? Diese inzwischen nicht nur<br />

naturwissenschaftlichen, sondern auch global-politischen Fragen befinden sich – stark umstritten<br />

– in einem Spannungsfeld zwischen Ökologie, Ökonomie, Gesellschaft, Politik, Kultur <strong>und</strong> Wissen-<br />

schaft.<br />

In diesem Zusammenhang definieren die Themenblätter die Biologische Vielfalt. Neben individuellen<br />

Lösungsmöglichkeiten gegen das Artensterben steht die Untersuchung eines exemplarischen<br />

Konfliktfalls mit entsprechenden Perspektiven <strong>und</strong> Argumenten beteiligter Akteure im Mittelpunkt.<br />

Herausgeber:<br />

B<strong>und</strong>eszentrale für politische Bildung<br />

Adenauerallee 86<br />

53113 Bonn<br />

Link für weitere Bestellungen:<br />

http://www.bpb.de/publikationen/J6KJZB,0,0,Bedrohte_Vielfalt_%96_Biodiversit%E4t.html<br />

Themenblätter im Unterricht (Nr.75): Bedrohte Vielfalt – <strong>Biodiversität</strong> (Bestellnummer: 5968;<br />

Bereitstellungspauschale: 0,00€)<br />

Hinweis: Das Themenblatt ist auch als PDF-Version vorhanden.<br />

6. Der Wolf macht Schule<br />

Der NABU (Naturschutzb<strong>und</strong> Deutschland e.V.) hat, gefördert vom B<strong>und</strong>esamt für Naturschutz<br />

(BfN), Materialien r<strong>und</strong> um das Thema Wolf zusammengestellt. Auf den Seiten des Bildungsservice<br />

sind ab sofort Unterrichtsmaterialien für die Klassen 5 bis 10 mit Hintergr<strong>und</strong>informationen sowie<br />

Kopiervorlagen für LehrerInnen <strong>und</strong> SchülerInnen abrufbar. Die Materialien sind für die Fächer<br />

Biologie, Politik, Deutsch <strong>und</strong> Englisch aufbereitet worden <strong>und</strong> orientieren sich wie alle BMU-<br />

Bildungsmaterialien an der Bildung für nachhaltige Entwicklung.<br />

Zum Beispiel: Materialien für den Biologie-Unterricht<br />

Die <strong>Welt</strong> der Wölfe<br />

Geeignet für die Klassen 5–6<br />

Dauer: 2–3 Unterrichtsst<strong>und</strong>en<br />

Inhalte: Gr<strong>und</strong>legende biologische Prinzipien am Beispiel Wolf<br />

Wölfe in Europa – Ein Fall für den Artenschutz?!<br />

Geeignet für die Klassen 8–10<br />

Dauer: 2–4 Unterrichtsst<strong>und</strong>en<br />

Inhalte: Einblicke in <strong>Biodiversität</strong> <strong>und</strong> Artenschutz; Artenschutz am Beispiel Wolf<br />

Herausgeber:<br />

NABU – Naturschutzb<strong>und</strong> Deutschland e.V.<br />

Charitéstraße 3<br />

10117 Berlin


Link für den Download der Unterrichtsmaterialien:<br />

http://www.bmu.de/publikationen/bildungsservice/bildungsmaterialien/sek<strong>und</strong>arstufe/doc/<br />

44487.php<br />

· PDF (Materialien für den Biologie-/Deutsch-/Englisch- <strong>und</strong> Politik- Unterricht) auf der CD im<br />

<strong>Handbuch</strong> vorhanden!<br />

7. Home – Dokumentarfilm des französischen Fotografen<br />

<strong>und</strong> <strong>Um</strong>weltschützers Yann Arthus-Bertrand (2009)<br />

Der Zuschauer soll bewusster mit den endlichen Ressourcen umgehen lernen, <strong>und</strong> seine Heimat<br />

Erde als Lebensraum für sich selbst <strong>und</strong> seine Kinder <strong>und</strong> Kindeskinder erhalten. <strong>Um</strong> möglichst<br />

viele Menschen mit Ihrer Botschaft zu erreichen, zeigen die Macher des Films ihr Werk nicht nur in<br />

den Kinos der <strong>Welt</strong>. Auch im Internet kann <strong>und</strong> sollte ihn sich jeder einmal ansehen.<br />

Der Film ist im Internet unter: http://www.youtube.com/watch?v=IbDmOt-vIL8 zu sehen.<br />

Hierfür kann der VCL-Mediaplayer kostenlos unter: http://www.chip.de/downloads/VLC-media-<br />

player_13005928.html heruntergeladen werden.<br />

4.3.3 Kulturelle Vielfalt<br />

8. <strong>Welt</strong>Frühstück – So frühstückt die <strong>Welt</strong>!<br />

Ernährung <strong>und</strong> Kultur<br />

Die Aktion <strong>Welt</strong>Frühstück ist eine Aktion der <strong>Welt</strong>hungerhilfe, die Ernährung <strong>und</strong> Kultur in sich<br />

vereinigt. Die Aktion wurde speziell für Schulen <strong>und</strong> andere Bildungseinrichtungen entwickelt.<br />

Überall auf der <strong>Welt</strong> gilt: Mit hungrigem Magen kann man nicht lernen!<br />

Ein ges<strong>und</strong>es Frühstück ist Voraussetzung für erfolgreiches Leben <strong>und</strong> Lernen. Gemeinschaftliches<br />

Frühstück fördert zwischenmenschliche Beziehungen in verschiedenen Kulturen. Beim Blick über<br />

den Tellerrand erfahren wir, wie Menschen weltweit frühstücken, was sie frühstücken <strong>und</strong> wer das<br />

Frühstück zubereitet.<br />

Ein <strong>Welt</strong>Frühstück zu veranstalten – das eignet sich sowohl für den fächerübergreifenden Unterricht<br />

wie für Projektwochen. Schüler erforschen das eigene Ernährungsverhalten, probieren Rezepte<br />

aus, spielen Theater, machen Musik, malen Kulissen <strong>und</strong> vieles mehr. Bei einem gemeinsamen<br />

Abschlussfest können die Ergebnisse präsentiert werden.<br />

Das Schulprojekt <strong>Welt</strong>Frühstück wurde 2006 von der Deutschen UNESCO Kommission im<br />

Rahmen der <strong>Welt</strong>dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ als ein beispielhaftes Projekt zum<br />

nachhaltigen Lernen ausgezeichnet.<br />

87


88<br />

Material, Rezepte, Referenten-Kontakte erhalten Sie bei:<br />

Deutsche <strong>Welt</strong>hungerhilfe<br />

Friedrich Ebert-Str. 1<br />

53173 Bonn<br />

Tel. 0228-22 88- 127 oder -134<br />

E-Mail: info@welthungerhilfe.d<br />

http://www.welthungerhilfe.de/weltfruehstueck.html<br />

9. So essen sie!<br />

Die aktuelle Klima-Diskussion macht deutlich: Der gedankenlose Konsum der Industrieländer<br />

bedroht unsere Lebensgr<strong>und</strong>lagen. Auch unser <strong>Um</strong>gang mit Nahrungsmitteln hat weitreichende<br />

ökologische <strong>und</strong> wirtschaftliche Folgen: Lebensmittelkilometer belasten die <strong>Um</strong>welt, Cash Crops<br />

fördern den Hunger in den Entwicklungsländern. Die 16 DIN-A-3-Fotos zeigen Familien aus<br />

verschiedenen Teilen der <strong>Welt</strong> inmitten all der Lebensmittel, die sie in einer Woche verbrauchen –<br />

Bilder des Mangels <strong>und</strong> des Überflusses, die durch Hintergr<strong>und</strong>informationen ergänzt werden. Auf<br />

den Fotos werden v.a. Kulturunterschiede sichtbar, die dazu anregen, Fragen zu stellen, z.B. zum<br />

weltweiten Handel oder zu den Ursachen von Hunger.<br />

Herausgeber:<br />

Bildungsstelle von Alliance Sud<br />

Monbijoustrasse 31<br />

Postfach 6735<br />

CH-3001 Bern<br />

Tel. +41 31 390 93 30<br />

Fax +41 31 390 93 31<br />

mail@alliancesud.ch<br />

ISBN 978-3-9523303-0-2. Der Titel ist auch in französischer („A table“) <strong>und</strong> italienischer<br />

(„Dimmi come mangi“) Sprache erhältlich.<br />

10. Eine <strong>Welt</strong> der Vielfalt<br />

Selbstreflexion <strong>und</strong> Perspektivenwechsel als Methoden der interkulturellen Erziehung stehen im<br />

Mittelpunkt des Trainingsprogramms „Eine <strong>Welt</strong> der Vielfalt“. Es richtet sich an LehrerInnen der<br />

Sek<strong>und</strong>arstufen I <strong>und</strong> II <strong>und</strong> behandelt in zahlreichen Lektionen Themen wie das Kennen lernen<br />

von Kultureller Vielfalt, das Erkennen der Auswirkungen von Vorurteilen <strong>und</strong> Diskriminierungen<br />

<strong>und</strong> Anleitungen zum Entwerfen von Strategien zu ihrer Vermeidung.<br />

Von der New Yorker Anti-Defamation League/A WORLD OF DIFFERENCE®-Institute entwickelt,<br />

wird „Eine <strong>Welt</strong> der Vielfalt“ in den USA seit vielen Jahren mit großem Erfolg in Schulen, Universitäten,<br />

Behörden <strong>und</strong> Unternehmen eingesetzt. Nun liegt das Programm auch als Adaption für den<br />

Unterricht in deutschen Schulen vor.


Herausgeber:<br />

Bertelsmann Stiftung, Forschungsgruppe Jugend <strong>und</strong> Europa<br />

Bertelsmann Stiftung<br />

Carl-Bertelsmann-Str. 256<br />

33311 Gütersloh<br />

Deutschland<br />

Tel.: +49(5241)81-0<br />

ISBN 3-89204-832-0, ISBN-13: 978-3-89204-832-9<br />

http://nibis.ni.schule.de/nibis.phtml?menid=554<br />

89


5. Laufende Kampagnen <strong>und</strong><br />

Aktionen<br />

91


92<br />

5.1 2010 – Jahr der <strong>Biodiversität</strong> (BMU / BfN)<br />

Internationales Jahr der Biologischen Vielfalt<br />

DieGeneralversammlungderVereintenNationenhat2010zumInternationalenJahrderBiologischen<br />

Vielfalt erklärt, um Bewusstsein zu schaffen, dass das Wohl des Menschen von Biologischer Vielfalt<br />

abhängt, um den Verlust von Vielfalt zu stoppen <strong>und</strong> um Erfolge beim Schutz Biologischer Vielfalt<br />

zu verdeutlichen.<br />

Das Sekretariat der UN-Konvention über Biologische Vielfalt (CBD) koordiniert das Internationale<br />

Jahr. Das CBD-Sekretariat arbeitet dabei sehr eng mit der UNESCO zusammen. Die UNESCO<br />

fördert im Rahmen des Programms „Der Mensch <strong>und</strong> die Biosphäre“ (MAB) seit Jahrzehnten<br />

internationale Forschungsprogramme über Biologische Vielfalt. Außerdem hat die UNESCO ent-<br />

scheidend zu internationalen Bewertungen beigetragen, zum Beispiel zum „Millennium Ecosystem<br />

Assessment“ (MEA) oder zum „International Assessment of Agricultural Knowledge Science and<br />

Technology for Development“ (IAASTD). Der Schutz Biologischer Vielfalt wird auch durch die<br />

UNESCO-<strong>Welt</strong>naturerbestätten gewährleistet. In der Bildung spielt Biologische Vielfalt im Rahmen<br />

der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ eine wichtige Rolle. 96<br />

Weitere Informationen <strong>und</strong> ein interaktiver Kalender mit den Veranstaltungen in Deutschland zum<br />

Internationalen Jahr der Biologischen Vielfalt finden Sie unter: http://www.cbd.int/2010/welcome/<br />

96 http://www.unesco.de/jahr_biodiversitaet.html?&L=0.


5.2 Geo– Tag der Artenvielfalt<br />

Die Idee<br />

Nur das, was wir kennen, werden wir auch achten <strong>und</strong> schützen. Aus dieser Überzeugung heraus<br />

veranstaltet das Magazin GEO seit 1999 jährlich den GEO-Tag der Artenvielfalt <strong>und</strong> lädt Experten<br />

<strong>und</strong> interessierte Laien zu einer „Inventur“ der heimischen Flora <strong>und</strong> Fauna ein.<br />

„Den Beweis anzutreten, dass Natur auch in Mitteleuropa noch etwas anderes ist (<strong>und</strong> sein muss)<br />

als Straßenbegleitgrün; das Bewusstsein für schützenswerte <strong>Biodiversität</strong> in unserer unmittelbaren<br />

<strong>Um</strong>gebung zu schärfen; das Wissen um die oft übersehene Wichtigkeit von Natursystemen zu<br />

fördern, selbst wenn diese unscheinbarer wirken als der tropische Regenwald – das sind die Ziele<br />

des GEO-Tags der Artenvielfalt“, so Peter-Matthias Gaede, Chefredakteur von GEO.<br />

Die Hauptveranstaltung – Gipfeltreffen der Experten<br />

Die von GEO <strong>und</strong> einem Kooperationspartner initiierte Hauptveranstaltung findet jedes Jahr<br />

am zweiten Samstag im Juni statt. Geladene namhafte Wissenschaftler machen es sich dann zur<br />

Aufgabe, innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en exakt zu bestimmen <strong>und</strong> zu dokumentieren, was in einem<br />

ausgewählten Untersuchungsgebiet wächst <strong>und</strong> lebt.<br />

Die Begleitaktionen – von Nord nach Süd, von Ost nach West<br />

Der GEO-Tag der Artenvielfalt entfaltet seine flächendeckende Wirkung darüber hinaus durch<br />

mehrere h<strong>und</strong>ert Begleitaktionen. Dabei engagieren sich viele naturbegeisterte Laien, Schulen,<br />

<strong>Um</strong>weltverbände <strong>und</strong> andere Organisationen mit eigenen Aktionen <strong>und</strong> machen das Projekt zur<br />

inzwischen größten europäischen Feldforschungsaktion (mehr als 20.000 Teilnehmer im Jahr<br />

2008) – überwiegend in Deutschland, Österreich <strong>und</strong> der Schweiz.<br />

Partner <strong>und</strong> Unterstützer<br />

Jährlich wechselnde Hauptpartner <strong>und</strong> weitere Sponsoren fördern den GEO-Tag der Artenvielfalt<br />

ideell <strong>und</strong> finanziell, in der Vergangenheit z.B. das B<strong>und</strong>esamt für Naturschutz (BfN), der B<strong>und</strong> für<br />

<strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Naturschutz (BUND), die Deutsche <strong>Um</strong>welthilfe (DUH), das Alfred-Wegener-Institut<br />

für Polar- <strong>und</strong> Meeresforschung (AWI) oder die Deutsche Wildtier Stiftung.<br />

Seit 2001 kooperiert GEO mit der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ). Das<br />

Bewusstsein für <strong>Biodiversität</strong> soll durch Aktionstage auch in Entwicklungsländern geschärft<br />

werden. So fanden Aktionen bisher in Kolumbien, China, Brasilien, Mali, Honduras, Vietnam <strong>und</strong><br />

Südafrika statt.<br />

GEO berichtet<br />

Eine umfassende Reportage im Septemberheft des Magazins GEO berichtet jeweils über die Hauptveranstaltung<br />

des GEO-Tags der Artenvielfalt. Eine Sonderbeilage stellt ausgewählte Begleitaktionen<br />

<strong>und</strong> ihre Teilnehmer sowie die Gewinner des Schülerwettbewerbs vor.<br />

93


94<br />

Die Begleitaktionen<br />

Ziel: Das Magazin GEO möchte alle Naturinteressierten einladen, eine eigene Aktion zum GEO-<br />

Tag der Artenvielfalt ins Leben zu rufen. Es gilt, innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en zu bestimmen, was in<br />

einem abgegrenzten Terrain wächst <strong>und</strong> lebt. Diese Blitz-Inventur der heimischen Natur soll das<br />

Bewusstsein für die Artenvielfalt vor unserer Haustür wecken.<br />

Teilnehmer: Jeder kann teilnehmen <strong>und</strong> eine eigene Aktion zum GEO-Tag der Artenvielfalt<br />

initiieren. Alle Aktionen zum GEO-Tag der Artenvielfalt sollen von den Teilnehmern im Internet<br />

unter www.geo.de/artenvielfalt bis Mitte Mai angemeldet werden.<br />

Termin: Offizieller Aktionstag ist der zweite Samstag im Juni – Aktionen können aber auch in der<br />

Woche davor oder danach durchgeführt werden.<br />

Ort<strong>und</strong>Thema:DieVeranstalterbestimmenselbsteinabgegrenztesTerrainalsUntersuchungsgebiet.<br />

Auch der thematische Schwerpunkt bzw. das Motto kann frei gewählt werden.<br />

Ziel ist es, innerhalb von 24 St<strong>und</strong>en möglichst viele verschiedene Pflanzen <strong>und</strong> Tiere zu entdecken,<br />

zu bestimmen <strong>und</strong> zu dokumentieren. Das Artenzählen soll dabei zwar ein wesentliches Anliegen<br />

sein, bei jüngeren Teilnehmern stehen jedoch die Entdeckerfreude <strong>und</strong> die Sensibilisierung für<br />

Naturräume im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Unterstützung: GEO hilft bei der Organisation <strong>und</strong> Durchführung von Aktionen. So haben zum<br />

Beispiel alle Interessierten die Möglichkeit, sich Lektüretipps <strong>und</strong> andere Informationsmaterialien<br />

unter www.geo.de/artenvielfalt („Informationen zum Mitmachen“) herunterzuladen oder kosten-<br />

loses Begleitmaterial wie Ankündigungsplakate <strong>und</strong> Teilnahmeurk<strong>und</strong>en zu bestellen. Zudem ist<br />

die Homepage eine wertvolle Informationsplattform für alle Teilnehmer <strong>und</strong> ihre Aktionen.<br />

Schülerwettbewerb: Jedes Jahr schreibt GEO einen Schülerwettbewerb zum Thema Artenvielfalt<br />

aus. Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sind aufgerufen, ein „Stück Natur“ möglichst genau zu untersuchen<br />

<strong>und</strong> die Ergebnisse anschließend zu dokumentieren. Prämiert werden die originellsten <strong>und</strong><br />

sorgfältigsten Ausarbeitungen.<br />

Tom Müller, Projektleitung Maike Pelikan, GEO Marktkommunikation<br />

Tel. 040-3703-2732, Fax 040-3703-17-2732 Tel. 040-3703-2157, Fax 040-3703-5683<br />

E-Mail: mueller.tom@geo.de E-Mail: pelikan.maike@geo.de<br />

Weitere Informationen unter: www.geo.de/artenvielfalt


5.3 Kampagnen / Aktionen die jährlich stattfinden<br />

<strong>und</strong> an denen man sich beteiligen kann<br />

Initiative 2000plus – Schulmaterialien aus Recyclingpapier<br />

Die Initiative 2000plus ist eine Gemeinschaftsaktion zur Förderung<br />

der Nutzung von Recyclingpapier an Schulen.<br />

<strong>Um</strong> den Markt für Schulmaterialien aus Recyclingpapier ist es nicht gut bestellt. Von b<strong>und</strong>esweit<br />

200 Millionen Schulheften nehmen die umweltfre<strong>und</strong>lichen Varianten aus Recyclingpapier nur<br />

noch 5-10% ein – <strong>und</strong> selbst dieser schwache Anteil ist nicht stabil. Die Marktsituation erschwert<br />

zukunftsfähiges Konsumverhalten für die Produktsparte Papier erheblich oder macht es sogar<br />

ganz unmöglich. Wirklich besorgniserregend sind die Folgen: Nach den jüngsten Untersuchungen<br />

des renommierten world-watch-institutes ist der Papierverbrauch seit 1950 um das Sechsfache<br />

gestiegen. Jeder fünfte Baum weltweit endet heute in einer Papiermühle. Ganze Ökosysteme werden<br />

für die Frischfaserherstellung vernichtet <strong>und</strong> die Existenzgr<strong>und</strong>lage vieler Menschen geht verloren.<br />

Diese Entwicklung hat in Nordrhein-Westfalen <strong>Um</strong>welt- <strong>und</strong> Verbraucherverbände 1999 zur<br />

Gründung der Initiative 2000plus – Schulmaterialien aus Recyclingpapier bewogen. Im Jahr 2002<br />

wurde aus der landesweiten Kampagne eine b<strong>und</strong>esweite Kampagne. Seither haben sich weitere<br />

B<strong>und</strong>esländer der Initiative angeschlossen.<br />

Informationen unter: www.treffpunkt-recyclingpapier.de<br />

Kampagne „Heiße Zeiten“<br />

„Heiße Zeiten – Nimm das Klima in die Hand!“ ist eine Klimakampagne für Kinder <strong>und</strong> Jugend-<br />

liche deren Träger das Eine <strong>Welt</strong> Netz NRW e.V. ist. Die Kampagne möchte aufklären über den<br />

Zusammenhang von Klimaveränderungen <strong>und</strong> Armut bzw. Armutsbekämpfung im Kontext der<br />

Millenniumsentwicklungsziele (MDGs), vor allem in den Ländern des Südens. Dabei soll das<br />

Verständnis für die komplexen Zusammenhänge in Mensch-<strong>Um</strong>welt- sowie Nord-Süd-Beziehungen<br />

gefördert werden. Die Kampagne trägt den Erfordernissen des Globalen Lernens Rechnung, indem<br />

sie langfristige Lernprozesse initiiert <strong>und</strong> entsprechende didaktische Angebote ermöglicht <strong>und</strong><br />

realisiert.<br />

Die Kampagne hat drei Schwerpunkte:<br />

Bildungsangebote<br />

· Klimaexpedition – ein Angebot für Schulen: Erklärung verschiedener Phänomene des Klima-<br />

wandels anhand von Satellitenbildern. Dieser Baustein wird durchgeführt von der Germanwatch<br />

Klimaexpedition.<br />

· Eine <strong>Welt</strong> Mobil/Aktionsbus mit Schulprogrammen zu den ökologischen <strong>und</strong> sozialen Folgen<br />

des <strong>Klimawandel</strong>s. Thematisiert werden die Vermeidung eines gefährlichen <strong>und</strong> die Anpassung<br />

an den unvermeidbaren <strong>Klimawandel</strong> anhand von geeigneten Themen- <strong>und</strong> Länderbeispielen:<br />

<strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> Wasser/<strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> Konsum/<strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> Artenvielfalt/Ausbreitung<br />

der Wüste <strong>und</strong> Energiekrise in Ghana.<br />

95


96<br />

Kreative Aktionen:<br />

· Workshops für <strong>und</strong> mit Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen. Methoden: Theater, Rap/Musik, Kunst /<br />

Malaktionen. Hier werden den Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen inhaltliche Inputs zum Thema<br />

gegeben, die sie anschließend kreativ <strong>und</strong> öffentlichkeitswirksam umsetzen;<br />

· Festivals, in denen die erarbeiteten Inhalte der Öffentlichkeit <strong>und</strong> den politischen Vertreter-<br />

Innen vorgestellt werden.<br />

Stärkung der Politischen Partizipation:<br />

· Planung <strong>und</strong> Durchführung von Kinder- <strong>und</strong> Jugendforen zu Klima <strong>und</strong> Entwicklung/<br />

Armutsbekämpfung<br />

· Radio- <strong>und</strong> Zeitungsgestaltung (Beiträge, Sendungen, Kinderseiten) durch die Kinder <strong>und</strong><br />

Jugendlichen, die in Medienworkshops durch uns darauf vorbereitet werden.<br />

· Veränderungen fördern in Richtung verstärkter Klimagerechtigkeit <strong>und</strong> Armutsbekämpfung/<br />

das Erreichen der UN-Millenniumsziele durch Unterstützung politischer Kampagnen, sowie<br />

konkreter Projekte.<br />

Die Website des Eine <strong>Welt</strong> Netz NRW lädt zum Mitmachen ein! Hier dürfen alle, die was zum<br />

Thema <strong>Klimawandel</strong> zu sagen haben, der <strong>Welt</strong> ihre Meinung mitteilen. Diese Seite (http://www.<br />

heisse-zeiten.org/seiten/9/) bietet auch jede Menge Infos zu Mitmachmöglichkeiten <strong>und</strong> Bildungsangeboten.<br />

Tag des Baumes<br />

Ursprünglich stammt der „Tag des Baumes“ aus Amerika. Der Journalist Julius Sterling Morton<br />

forderte in seiner „Arbor Day-Resolution“ im Jahre 1872, mit Hilfe eines jährlichen „Tag des<br />

Baumes“ Büsche <strong>und</strong> Bäume als Erosionsschutz zu pflanzen.<br />

Noch bevor die FAO (Food and Agriculture Organisation) den <strong>Welt</strong>festtag des Baumes im November<br />

1951 auf den 25. April festsetzte, hatte der B<strong>und</strong>esvorstand der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald<br />

beschlossen, alljährlich den „Tag des Baumes“ in Deutschland einzuführen. Ziel war es, in jeder<br />

Gemeinde <strong>und</strong> Schule durch symbolhafte Pflanzungen <strong>und</strong> Veranstaltungen auf die Bedeutung der<br />

Bäume <strong>und</strong> Wälder hinzuweisen.<br />

Am 25. April 1952 wurde der „Tag des Baumes“ zum ersten Mal durchgeführt.<br />

Dabei pflanzte der erste B<strong>und</strong>espräsident, Professor Dr. Theodor Heuss, im Bonner Hofgarten<br />

zusammen mit dem Präsidenten der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (1947–1956), dem B<strong>und</strong>esinnenminister<br />

Dr. Robert Lehr, einen Ahorn.<br />

Der erste „Tag des Baumes“ war noch ganz durch die Nachkriegssituation geprägt. Er richtete sich<br />

damals gegen die Übernutzung der Wälder durch die sogenannten „Reparationshiebe“ der Alliierten.


Zahlreiche Veranstaltungen zum Schutz der Bäume werden seitdem von der Schutzgemeinschaft<br />

Deutscher Wald (SDW) sowie Städten, Gemeinden <strong>und</strong> Forstämtern am 25. April durchgeführt.<br />

Dank vieler helfender Hände <strong>und</strong> durch finanzielle Unterstützung von Sponsoren <strong>und</strong> Spendern<br />

wurden Jahr für Jahr bei diesen Aktionen über eine Million Bäume gepflanzt. Einige Beispiele der<br />

Vergangenheit sind: 1996 wurden beispielsweise mit Hilfe des Modemachers Bogner 10.000 Ahorne<br />

an der Wahnbachtalsperre in der Nähe von Bonn gepflanzt. Dass der „Tag des Baumes“ ganze<br />

Landkreise zur Mitarbeit animieren kann, zeigte eine Aktion bei Nidda (Hessen), wo über 400<br />

Waldfre<strong>und</strong>e eine durch einen Orkan verwüstete Waldfläche mit 15.000 Laubbäumen aufforsteten.<br />

Im Rahmen der FORD-Aktion „200.000 neue Bäume für 200.000 eingetauschte Altautos“ wurden<br />

1997 30.000 <strong>und</strong> 1998 40.000 Bäume im Tharandter Wald bei Dresden zum Erreichen eines<br />

höheren Laubholzanteils gepflanzt.<br />

„Andere Festtage dienen der Erinnerung, der „Tag des Baumes“ weist in die Zukunft“,<br />

bezeichnen der Präsident der SDW, Staatssekretär a.D. Dr. Wolfgang von Geldern, <strong>und</strong> Günther<br />

Fielmann – Europas größter Optiker – den „Tag des Baumes“ <strong>und</strong> rufen alle Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger<br />

auf, am 25.04. im Sinne von Julius Sterling Morton aktiv Aufforstungs- <strong>und</strong> Waldpflegemaßnahmen<br />

durchzuführen. Die SDW <strong>und</strong> die FIELMANN AG werden fortfahren, durch Aufforstungen, symbolische<br />

Pflanzungen, waldpädagogische Aktionen <strong>und</strong> intensive Pressearbeit den „Tag des Baumes“<br />

als Aktionstag für den Wald zu begehen.<br />

Der Baum des Jahres 2010 ist die Vogel-Kirsche!<br />

Die Vogel-Kirsche (Prunus avium L.) macht uns viele Male im Jahr große Freude <strong>und</strong> strahlt im<br />

April weithin ins Land. Sie ist zudem die Mutter aller Süß-Kirschen, denn diese ist eine Varietät der<br />

Vogel-Kirsche <strong>und</strong> wird daher im Folgenden gleich mit behandelt. Im Frühjahr ein Blütenmeer, im<br />

Sommer begehrte Früchte, im Herbst feurige Blattfarben <strong>und</strong> im Winter eine schicke Rinde – wenn<br />

es um Ästhetik geht, spielt die Kirsche ganz vorne mit.<br />

Informationen unter: http://www.baum-des-jahres.de/<br />

Nominierung von „Jahrestieren“<br />

Das Jahr 2010 ist im chinesischen Kalender das Jahr des Tigers. Menschen, die im Jahr des Tigers<br />

geboren werden, werden Charaktereigenschaften wie Mut, Selbstbewusstsein <strong>und</strong> Tapferkeit<br />

zugeschrieben. Der Tiger wird von diesen Eigenschaften in Zukunft eine Menge aufbieten müssen,<br />

denn die Art ist so bedroht, dass viele Unterarten womöglich das nächste Jahr des Tigers 2022<br />

nicht erleben werden, wenn nicht sofort drastische Maßnahmen für ihren Schutz ergriffen werden.<br />

Deshalb widmet der WWF in diesem Jahr dem Erhalt des Tigers besondere Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />

Energie. Das Jahr des Tigers startet mit großem Gebrüll am 14. Februar.<br />

Informationen unter: http://www.wwf.de/themen/kampagnen/2010-das-jahr-des-tigers<br />

97


98<br />

Earth Hour<br />

Die Klimaschutz-Aktion Earth Hour startete 2007 in Sydney <strong>und</strong> erreichte, dass 2,2 Millionen<br />

Haushalte gemeinsam für eine St<strong>und</strong>e das Licht ausschalteten! Im März 2009 ging wieder für eine<br />

St<strong>und</strong>e r<strong>und</strong> um die <strong>Welt</strong> das Licht aus. H<strong>und</strong>erte Millionen von Menschen starteten bei der WWF<br />

Earth Hour per Lichtschalter eine globale Volksabstimmung für den Klimaschutz unter dem Slogan<br />

„Vote Earth“. Mehr als 4000 Städte beteiligten sich an einer der größten sozialen Bewegungen, die es<br />

je gab. Der Pariser Eiffelturm, das Opera House in Sydney, die Pyramiden in Ägypten, die Akropolis<br />

in Athen, das Olympiastadion in Peking <strong>und</strong> die Casinos von Las Vegas – r<strong>und</strong> um den Globus<br />

gingen für eine St<strong>und</strong>e die Lichter der berühmtesten Gebäude der <strong>Welt</strong> 2009 aus, um ein Zeichen<br />

für den Klimaschutz zu setzen.<br />

Am 27. März 2010 wird der WWF erneut Menschen <strong>und</strong> Städte auffordern, sich an Earth Hour<br />

zu beteiligen. Auch wenn die UN-Klimakonferenz von Kopenhagen hinter uns liegt, für wirklichen<br />

Klimaschutz bedarf es des konstanten Drucks der Öffentlichkeit. Politik <strong>und</strong> Wirtschaft müssen<br />

stets daran erinnert werden, dass die Menschen es ernst meinen <strong>und</strong> ambitionierte Anstrengungen<br />

verlangen. Machen Sie daher 2010 mit bei Earth Hour! Merken Sie sich jetzt schon den 27. März<br />

2010 vor.<br />

Informationen unter: http://www.wwf.de/index.php?id=8177<br />

Internationaler Tag der <strong>Um</strong>welt<br />

In Erinnerung an die Eröffnung der Konferenz der Vereinten Nationen zum Schutz der <strong>Um</strong>welt<br />

am 5. Juni 1972 in Stockholm haben die Vereinten Nationen <strong>und</strong> später auch die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland den 5. Juni zum jährlichen „Tag der <strong>Um</strong>welt“ erklärt.<br />

Alle staatlichen <strong>und</strong> kommunalen Stellen sind seitdem aufgerufen, diesem Appell zu folgen <strong>und</strong><br />

Veranstaltungen durchzuführen, die zu umweltbewussten Verhalten motivieren sollen. Das<br />

Schwergewicht liegt auf örtlichen Aktivitäten, die von Kommunen <strong>und</strong> Schulen, von Firmen,<br />

<strong>Um</strong>weltverbänden <strong>und</strong> anderen Vereinigungen durchgeführt werden.<br />

Informationen unter: http://www.agenda21-treffpunkt.de/thema/Tag<strong>Um</strong>welt.htm


Internationaler Tag der Biologischen Vielfalt<br />

Der Schutz <strong>und</strong> die nachhaltige Nutzung der Biologischen Vielfalt waren ein wichtiges Thema auf<br />

der Konferenz der Vereinten Nationen für <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro, bei der<br />

die Konvention über Biologische Vielfalt zusammen mit der Agenda 21 angenommen wurde.<br />

Mit vielfältigen Aktionen weltweit soll jährlich am Internationalen Tag der Biologischen Vielfalt<br />

daran erinnert werden, wie wichtig der Erhalt der Biologischen Vielfalt in all ihren Dimensionen für<br />

eine nachhaltige Entwicklung ist.<br />

Internationaler Tag der Biologischen Vielfalt ist ab dem Jahr 2001 am 22.Mai!<br />

Jedes Jahr wird für den Internationalen Tag der Biologischen Vielfalt ein neues Schwerpunktthema<br />

gewählt, das als Orientierung für die Aktivitäten <strong>und</strong> Aktionen dienen soll. Zum jeweiligen Jahr<br />

wurde eine Infoseite erstellt, die per Klick auf die Jahreszahl erreicht werden kann.<br />

Informationen unter: http://www.agenda21-treffpunkt.de/thema/TagBiovielfalt.htm<br />

UNESCO-<strong>Welt</strong>tag der Kulturellen Vielfalt<br />

Im November 2001 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen den 21. Mai zum „<strong>Welt</strong>tag<br />

der Kulturellen Vielfalt für Dialog <strong>und</strong> Entwicklung“ ausgerufen. Er soll dazu anregen, das<br />

Bewusstsein für Kulturelle Vielfalt zu vertiefen.<br />

Im Sinne des UNESCO-Übereinkommens über den Schutz <strong>und</strong> die Förderung der Vielfalt kultureller<br />

Ausdrucksformen betont der <strong>Welt</strong>tag den Beitrag von Künstlern <strong>und</strong> Kulturschaffenden zum Dialog<br />

der Kulturen.<br />

Informationen unter: wttp://www.unesco.de/2979.html?&L=0<br />

Plant for the Planet<br />

Motiviert von der Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai starten die drei Geschwister Felix<br />

(9), Franziska (10) <strong>und</strong> Flurina (7) die Schülerinitiative Plant-for-the-Planet in Deutschland <strong>und</strong><br />

pflanzten mit SchülerInnen in nur zwei Jahren eine Million Bäume.<br />

Zusammen mit den Kindern aus der ganzen <strong>Welt</strong> wollen sie eine Milliarde Bäume pflanzen. Die<br />

Kinder wollen nicht Förster werden, sie wollen gehört werden. Jeder Baum ist ein Symbol für<br />

Klimagerechtigkeit. Kinder erfahren, dass sie sich weltweit vernetzen können, dass sie globale<br />

Probleme gemeinsam anpacken <strong>und</strong> dass sie ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen müssen.<br />

Aktives Engagement ist der Schlüssel für Zukunftsoptimismus. Bäume sind ihre Legitimation,<br />

Klimagerechtigkeit ihre Forderung. Damit halten sie den Mächtigen einen Spiegel vor.<br />

In Schülerakademien werden SchülerInnen zu Plant-for-the-Planet BotschafterInnen ausgebildet.<br />

Durch Projektarbeit <strong>und</strong> Vorträge lernen Sie wichtiges zum Thema Klimaschutz <strong>und</strong> erhalten den<br />

Auftrag dieses Wissen als Botschafter weiterzutragen.<br />

Informationen unter: http://www.plant-for-the-planet.de/<br />

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100


6 Weiterführende<br />

Links<br />

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6.1 Links zu Unterrichtsmaterialien<br />

1. „Entdecke die Zukunft – UNESCO-Biosphärenreservate in Deutschland“:<br />

Unterrichtsmaterialien für Klasse 8 bis 10<br />

https://www.bmu.de/publikationen/bildungsservice/bildungsmaterialien/sek<strong>und</strong>arstufe/lehrer/<br />

doc/39838.php<br />

Die Materialien unter dem Titel „Entdecke die Zukunft – UNESCO-Biosphärenreservate in<br />

Deutschland“ wurden für SchülerInnen der Klassen 8 bis 10 entwickelt <strong>und</strong> sollen den Unterricht<br />

zu Themen der Nachhaltigen Entwicklung unterstützen. Unter anderem können 21 Kopiervorlagen<br />

heruntergeladen werden, die modellhafte Projekte aus den deutschen Biosphärenreservaten vorstel-<br />

len. Dabei geht es unter anderem um alternative Verkehrslösungen, Hochwasserschutz, regionale<br />

Vermarktungsstrategien, Schülerfirmen, Naturschutzarbeit <strong>und</strong> das Thema Sport <strong>und</strong> Naturschutz.<br />

2. Woche des Waldes 2008: „Wald <strong>und</strong> Wasser – Schätze der Natur“<br />

http://www.forst.bayern.de/waldpaedagogik/woche-des-waldes/29513/index.php<br />

Das Bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft <strong>und</strong> Forst hat zur Woche des Waldes eine<br />

90seitige Handreichung zur forstlichen Bildungsarbeit herausgegeben, die zum „Mitmachen“<br />

animieren möchte. Neben zahlreichen Aktivitäten mit unterschiedlichsten Methoden – von der<br />

Wassermeditation bis zum kooperativen Abenteuerspiel – findet sich Wissenswertes r<strong>und</strong> um den<br />

Themenkreis „Wald <strong>und</strong> Wasser“.<br />

3. <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Mobilität, Themenblätter der B<strong>und</strong>eszentrale für<br />

politische Bildung Nr. 71<br />

http://www.bpb.de/files/G3E6VM.pdf<br />

Mobilität gehört zur modernen Gesellschaft <strong>und</strong> gilt als Bedingung für Alltagsanforderungen wie<br />

Arbeiten oder Einkaufen. Wie wichtig sie ist, spüren wir vor allem, wenn sie eingeschränkt wird,<br />

z.B. bei Bahnstreiks oder wenn der Kraftstoffpreis steigt. Die Kehrseite der Mobilität sehen wir<br />

an <strong>Um</strong>weltbelastungen. Bleibt zu fragen: Wie viel „Mobilität“ verträgt das Klima? Die Bedeutung<br />

der Mobilität im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die <strong>Um</strong>welt steht im Vordergr<strong>und</strong><br />

dieser Themenblätter. Neben der Frage nach Mobilitätsgründen <strong>und</strong> möglichen Maßnahmen zum<br />

Schutz des Klimas wird exemplarisch die Debatte über ein mögliches Tempolimit auf deutschen<br />

Autobahnen behandelt.<br />

4. „Klima on … s’cooltour 2009“<br />

http://www.scooltour.info/die-scooltour-2009.html<br />

Mit der „klima on…s’cooltour 2009“ kommen die Germanwatch Klimaexpedition <strong>und</strong> jetzt auch<br />

ganz neu das Klimamobil von Science Concepts an Deutschlands Schulen. Faszinierende Aufnahmen<br />

aus dem <strong>Welt</strong>all <strong>und</strong> spannende Klima-Experimente sollen die junge Generation für das Thema<br />

Klimaschutz begeistern. Altersgerecht erklären <strong>Um</strong>weltpädagogInnen Ursachen <strong>und</strong> Folgen des<br />

<strong>Klimawandel</strong>s <strong>und</strong> zeigen, wie jeder in seinem Lebensumfeld zum Schutz des Klimas beitragen


kann. Die Aktionen der s’cooltour können für den Unterricht <strong>und</strong> für Projekttage an Schulen, aber<br />

auch für Aktionstage <strong>und</strong> Veranstaltungen zum Klima- <strong>und</strong> <strong>Um</strong>weltschutz gebucht werden.<br />

5. Mission BluePlanet Online-Quiz<br />

http://www.transfer-21.de/index.php?p=302<br />

Das Mission BluePlanet Online-Quiz ist die Online-Version des Multimedia-Quizspiels von „Klima<br />

sucht Schutz“, einer vom B<strong>und</strong>esumweltministerium geförderten Kampagne.<br />

Hier werden Multiple Choice Fragen zu verschiedenen Themenbereichen r<strong>und</strong> um Klima <strong>und</strong><br />

Klimaschutz gestellt. Es folgt eine sehr gute Erklärung der richtigen Antwort. Man kann auch gegen<br />

andere Spieler antreten.<br />

6. Quiz zum Thema <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

http://www.bildungscent-spiel.de/ges<strong>und</strong>heit//<br />

Der BildungsCent e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für die nachhaltige Förderung von<br />

Lehr- <strong>und</strong> Lernkultur einsetzt. Mehr unter: www.bildungscent.de<br />

7. Jugend denkt <strong>Um</strong>welt<br />

http://www.jugend-denkt-umwelt.de/<br />

Das europäische Projekt „jugend denkt um.welt“ will mit den Mitteln der Werbung <strong>und</strong> dem Motor<br />

„Jugend“ Menschen auf außergewöhnliche Weise wachrütteln, zusammenführen <strong>und</strong> zum aktiven,<br />

nachhaltigen Handeln auffordern. Es verknüpft zwei thematische Ansatzpunkte: den verantwor-<br />

tungsbewussten <strong>Um</strong>gang mit Medien <strong>und</strong> das alle berührende Themenfeld „<strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Klima-<br />

wandel“. Zusammen mit Jugendgruppen aus Polen, Frankreich, Kroatien <strong>und</strong> Island werden Dreh-<br />

bücher für Werbespots zum Thema <strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> <strong>Um</strong>welt erarbeitet.<br />

8. Informationssysteme zur Biologischen Vielfalt<br />

http://www.biodiv-chm.de/Information<br />

Hier finden Sie z.B. Informationen zu:<br />

Genetischen Ressourcen; Sammlungen pflanzengenetischer Ressourcen in Deutschland; Zentrale<br />

Dokumentation Tiergenetischer Ressourcen in Deutschland; Bestände forstgenetischer Ressourcen<br />

in Deutschland; Bestände aquatischer genetischer Ressourcen in Deutschland; Vögel in Deutschland<br />

Informationen über in Deutschland auftretende Vogelarten etc.<br />

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104<br />

9. Lehrer-Online<br />

http://www.lehrer-online.de/<br />

Der <strong>Klimawandel</strong> <strong>und</strong> dessen Folgen werden häufig diskutiert. Neben der Aufklärung über Ursachen<br />

<strong>und</strong> Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s muss es darum gehen, Handlungsoptionen aufzuzeigen. Die Schulen<br />

haben in der Vergangenheit zur <strong>Um</strong>weltbildung beigetragen <strong>und</strong> werden in Zukunft verstärkt eine<br />

wichtige Rolle für den Bewusstseinswandel einnehmen. Wir möchten Sie bei Ihrem Bildungs- <strong>und</strong><br />

Erziehungsauftrag in der Schule mit unserem Dossier „<strong>Klimawandel</strong>“ unterstützen <strong>und</strong> bieten<br />

Ihnen Anregungen sowie Materialien für den Unterricht. Themenbeispiele: Energie aus der Zukunft<br />

(Politik /SoWi), Klimawelten (Geografie), Die Ökonomie der Energiewirtschaft (Fächerverbindend),<br />

etc.<br />

10. Portal Globales Lernen<br />

http://www.ewik.de/<br />

Hier finden Sie Informationen, Bildungsmaterialien, Kontakte <strong>und</strong> Veröffentlichungsmöglichkeiten<br />

zum Leben in der Einen <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> zu Fragen der Entwicklung <strong>und</strong> Globalisierung. Globales Lernen<br />

ist für uns ein umfassender Auftrag im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung.<br />

11. Eine-<strong>Welt</strong>-Unterrichtsmaterialien<br />

http://www.eine-welt-unterrichtsmaterialien.de/einewelt/index.html<br />

Hinweise auf aktuelle <strong>und</strong> noch erhältliche Unterrichtsmaterialien, aber auch auf Fachbücher,<br />

Broschüren <strong>und</strong> CD-ROMs. Beispiele für Themenbereiche: globale Entwicklung/Entwick-<br />

lungspolitik/Eine <strong>Welt</strong>/Dritte <strong>Welt</strong>/etc. Zielgruppen: Primarstufe, Sek<strong>und</strong>arstufen I <strong>und</strong> II, aber<br />

auch Erwachsenenbildung <strong>und</strong> Vorschule (Kindergarten).


6.2 Links zu Zeitschriften, Artikeln <strong>und</strong> Wissenswertes<br />

12. Wege aus der Klima- <strong>und</strong> Entwicklungskrise?<br />

http://www.eed.de/de/de.eed.news/de.newS. 975/index.html<br />

Ein Dossier von Brot für die <strong>Welt</strong>, Diakonie Katastrophenhilfe <strong>und</strong> dem Evangelischen Entwick-<br />

lungsdienst in Zusammenarbeit mit der Redaktion „welt-sichten“, das verdeutlicht, dass Klima-<br />

wandel, Armutsbekämpfung <strong>und</strong> Entwicklung eng zusammenhängen. Viele Stimmen aus dem<br />

Süden regen zum Perspektivwechsel an <strong>und</strong> verdeutlichen, dass ohne „Klimagerechtigkeit“ keine<br />

erfolgreiche Klimapolitik möglich ist.<br />

13. welt-sichten – Magazin für globale Entwicklung <strong>und</strong> ökumenische Zusammen-<br />

arbeit, „Klimaschutz“ (Heft 10/2008) <strong>und</strong> „<strong>Klimawandel</strong>“ (Heft 12/2009-1/2010)<br />

http://www.welt-sichten.org/archiv/2009/12-2009-1-2010/12-2009-1-2010.html<br />

Vielfältige Artikel r<strong>und</strong> um Klimaschutz <strong>und</strong> <strong>Klimawandel</strong>.<br />

14. DEDBrief: Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes unter anderem zu den<br />

Themen „<strong>Biodiversität</strong>“ (1/2008),<br />

„Indigene Völker“ (2/2008), „Regenerative Energien“ (3/2008)<br />

http://www.ded.de/cipp/ded/custom/pub/content,lang,1/oid,127/ticket,g_u_e_s_t/~/DED-Brief.<br />

html<br />

Der dedBrief informiert über die Situation in den Partnerländerländern des DED, Programme<br />

<strong>und</strong> Projekte, berufliche <strong>und</strong> persönliche Erfahrungen der Entwicklungshelfer sowie aktuelle<br />

entwicklungspolitische Themen.<br />

15. Geolino Extra Heft 21/09 zum Thema „Energie“<br />

http://www.geo.de/GEOlino/service/hefte/geolino_extra/62540.html<br />

Energie – was ist das eigentlich? Wissenswertes, Zukunftsperspektiven <strong>und</strong> Anregungen r<strong>und</strong><br />

um Solarenergie, Windkraft, Atomkraft <strong>und</strong> Öl. Die Sonderausgabe kann unter dem obigen Link<br />

bestellt werden.<br />

16. Portal <strong>Um</strong>welt<br />

http://www.portalu.de/<br />

<strong>Um</strong>weltportal Deutschland. Informationen zu den Themen: Abfall, Altlasten, Bauen, Boden, Che-<br />

mikalien, Energie, Forstwirtschaft, Gentechnik, Geologie, Ges<strong>und</strong>heit, Landwirtschaft, Luft <strong>und</strong><br />

Klima, Lärm <strong>und</strong> Erschütterungen, Nachhaltige Entwicklung, Natur <strong>und</strong> Landschaft, Strahlung,<br />

Tierschutz, <strong>Um</strong>weltinformation, <strong>Um</strong>weltwirtschaft, Verkehr, Wasser.<br />

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106<br />

17. Positionspapier des VENRO zur Halbzeit BNE-Dekade:<br />

http://www.venro.org/fileadmin/redaktion/dokumente/NRO-Kongress/VENRO_BNE_d.pdf<br />

Der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) weist darauf<br />

hin, dass Entwicklung <strong>und</strong> jeder bewusst durchgeführte Wandel an Lernprozesse geb<strong>und</strong>en sind. In<br />

einer <strong>Welt</strong>, die mehr als je zuvor geprägt ist, durch wirtschaftliche, ökologische, soziale, politische<br />

<strong>und</strong> kulturelle Krisen, müssen sich alle am Globalen Lernen beteiligen. Es geht um das Menschen-<br />

recht auf Bildung, aber auch um die Pflicht zu lebenslangem Lernen, nicht zuletzt auch für die, die<br />

Verantwortung für andere tragen <strong>und</strong> Macht ausüben.<br />

18. Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/unesco/de/02__Was_20ist_20BNE/01__%20<br />

Einf_C3_BChrung/Was_20ist_20BNE_3F.html<br />

Bildung für nachhaltige Entwicklung vermittelt Kindern, Jugendlichen <strong>und</strong> Erwachsenen nach-<br />

haltiges Denken <strong>und</strong> Handeln. Sie versetzt Menschen in die Lage, Entscheidungen für die Zukunft<br />

zu treffen <strong>und</strong> dabei abzuschätzen, wie sich das eigene Handeln auf künftige Generationen oder das<br />

Leben in anderen <strong>Welt</strong>regionen auswirkt.<br />

19. Deutsche <strong>Um</strong>welthilfe Shop<br />

https://ssl.duh.de/shop.html<br />

Hier können Bücher <strong>und</strong> Broschüren online bestellt werden. Themen: Klima, Artenschutz, <strong>Um</strong>welt-<br />

bildung, <strong>Um</strong>weltschutz im Alltag, etc.<br />

20. Transfer 21<br />

http://www.transfer-21.de/index.php?p=296<br />

Das B<strong>und</strong>esministerium für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit stellt Bildungsmaterialien<br />

zu den Themen „Erneuerbare Energien“, „Klimaschutz“ <strong>und</strong> „Wasser“ online zur Verfügung. <strong>Um</strong><br />

vor allem Lehrkräften an Schulen den Weg zum Einsatz der Bildungsmaterialien zu ebnen, werden<br />

im Rahmen des Bildungsservice für jedes Thema allgemeine Informationen über Lernziele <strong>und</strong><br />

Anbindungen zu den Lehrplänen gegeben, die ihnen hier zum Download zur Verfügung stehen.<br />

Die Themen des Bildungsservice sind bewusst im Bereich naturwissenschaftlicher, erdk<strong>und</strong>licher<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlicher Fragestellungen angesiedelt. Damit sollen moderne naturwissenschaftliche<br />

Kompetenzen mit dem Ziel vermittelt werden, eine ebenso verantwortungsvolle wie verständige<br />

Teilnahme am heutigen <strong>und</strong> künftigen gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Diese entsprechen<br />

auch den Kompetenzen, die im Rahmen der Pisa-Tests international überprüft werden. In<br />

Anlehnung daran wurden Testaufgaben entwickelt, die es Lehrkräften ermöglichen, das erreichte<br />

Kompetenzniveau ihrer SchülerInnen einzuschätzen.


21. Newsletter der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“<br />

http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/unesco/de/03__Aktuelles<br />

/04__Dekade-Newsletter/Newsletter.html<br />

Der Newsletter von der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ kann hier online<br />

abonniert werden. Tragen Sie Ihre E-Mail-Adresse unter folgendem Link ein <strong>und</strong> schon erhalten Sie<br />

ab der nächsten Ausgabe automatisch diesen Newsletter.<br />

22. Klimaänderung. Experten erklären <strong>Klimawandel</strong><br />

http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3840.pdf<br />

Was sind die Ursachen von Klimaänderungen? Und welche Auswirkungen hat der aktuelle Klima-<br />

wandel auf die Ökosysteme in einzelnen Regionen der Erde <strong>und</strong> auf die Ges<strong>und</strong>heit der Menschen?<br />

Klimaexperten des <strong>Um</strong>weltb<strong>und</strong>esamtes (UBA) beantworten diese <strong>und</strong> ähnliche Fragen in einer neu<br />

veröffentlichten Broschüre. Sie fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus dem vierten Sachstandsbericht<br />

des <strong>Welt</strong>klimarates (IPCC) von 2007 zusammen <strong>und</strong> stellt sie für Laien verständlich dar. Gut<br />

geeignet ist die Broschüre auch für den Einsatz in Schulen <strong>und</strong> anderen Bildungseinrichtungen.<br />

23. Arbeitskreis Westsibirien<br />

www.sibirien.janun-hannover.de<br />

In diesem Rahmen entstand auch der Aufbau der Partnerschaft mit der indigenen Initiative der<br />

Chanty <strong>und</strong> Mansi in Westsibirien. Es ist ein von jungen Menschen vollständig ehrenamtlich<br />

initiiertes <strong>und</strong> durchgeführtes Projekt.<br />

Die Zusammenarbeit mit den sibirischen Partnern begann 2004 mit einer Reise von deutschen<br />

Jugendlichen nach Westsibirien. Seitdem finden jährlich Begegnungen mit den sibirischen Partnern<br />

statt. Aktuell arbeitet die Sibirien Projektgruppe an der Gründung eines eigenen Vereins<br />

zur Zusammenarbeit mir den sibirischen Partnern, um dem wachsenden Projektumfang <strong>und</strong> der<br />

Ausweitung auf Nicht (nur)-Jugendprojekte besser gerecht werden zu können.<br />

Weitere Informationen zu Westsibirien <strong>und</strong> den Chanty <strong>und</strong> Mansi unter:<br />

http://www.sibirien.janun-hannover.de/links.html<br />

24. Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten <strong>Welt</strong><br />

www.zukunftsfaehiges-deutschland.de<br />

Ein Anstoß zur gesellschaftlichen Debatte: Der <strong>Klimawandel</strong> ist keine ökologische Drohgebärde<br />

mehr, sondern hat bereits begonnen. Die Folgen sind überall auf der <strong>Welt</strong> spürbar, betreffen aber<br />

besonders die arme Bevölkerung in den Ländern des Südens. Die Begrenztheit der Ressourcen ist<br />

nicht mehr zu übersehen <strong>und</strong> zu einem geopolitischen Sicherheitsrisiko geworden.<br />

Gr<strong>und</strong>lage dieser Debatte ist die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, die vom Wuppertal Institut<br />

für Klima, <strong>Um</strong>welt, Energie erarbeitet wurde.<br />

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108<br />

Allgemeine Projektinformationen / Impressum<br />

um.welt wird kooperativ von der Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e.V. aus Münster, von „Bildung trifft<br />

Entwicklung – Regionale Bildungsstelle Nord aus Göttingen <strong>und</strong> vom Verein Niedersächsischer<br />

Bildungsinitiativen, <strong>VNB</strong> e.V. aus Hannover durchgeführt.<br />

<strong>Um</strong> das Projekt aber in all seinen Facetten vielschichtig <strong>und</strong> vielfältig umsetzen zu können, werden<br />

weitere nationale <strong>und</strong> internationale PartnerInnen benötigt. In Deutschland arbeiten wir gemeinsam<br />

mit dem Jugendumweltnetzwerk JANUN aus Hannover, der Wildnisschule Wildniswissen aus<br />

Hannover, dem BasisGes<strong>und</strong>heitsDienst aus Münster <strong>und</strong> vielen anderen. Außerdem sind mehrere<br />

Schulen an unserem Projekt beteiligt, wobei drei Kernschulen den Schwerpunkt bilden: die Inte-<br />

grierte Gesamtschule (IGS) List aus Hannover, die Georg-Christoph-Lichtenberg Gesamtschule<br />

(IGS) aus Göttingen <strong>und</strong> die Marienschule aus Münster. Diese drei Kernschulen arbeiten jeweils<br />

eng mit VertreterInnen unserer internationalen Partnerorganisationen zusammen: Im ersten<br />

Projektjahr die IGS List mit dem ob-ugrischen Institut <strong>und</strong> den Chanty <strong>und</strong> Mansi aus Sibirien.<br />

Ähnliches ist im zweiten <strong>und</strong> dritten Projektjahr geplant: Die IGS Göttingen wird in 2010 mit der<br />

Living Culture Fo<strong>und</strong>ation <strong>und</strong> den Ju/Hoansi aus Namibia zusammenarbeiten, die Marienschule<br />

<strong>und</strong> das Kardinal-von-Galen Gymnasium aus Münster in 2011 mit dem Bistum Jabalpur <strong>und</strong> den<br />

Adivasi aus Indien.<br />

Nur das Zusammenspiel des Wissens, der Kenntnisse <strong>und</strong> der Erfahrungen aller lässt das Projekt<br />

erfolgreich werden.<br />

Nicht zuletzt bedarf so ein groß angelegtes Projekt aber auch der finanziellen Unterstützung. Auch<br />

diese ist vielfältig. um.welt wird als ein Modellprojekt der <strong>Um</strong>welt-Bildung gefördert.<br />

Die SchatzKisten, eine ZeitZeugen-Ausstellung, alle Workshops <strong>und</strong> internationale Begegnungen<br />

werden von der Deutschen B<strong>und</strong>esstiftung <strong>Um</strong>welt, der Niedersächsischen Lottostiftung, dem<br />

Evangelischen Entwicklungsdienst <strong>und</strong> dem Katholischen Fonds gefördert.<br />

Ein begleitendes Buchprojekt im Rahmen von um.welt wird gefördert durch das B<strong>und</strong>esministerium<br />

für <strong>Um</strong>welt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit <strong>und</strong> das <strong>Um</strong>weltb<strong>und</strong>esamt.<br />

um.welt ist für 2009 <strong>und</strong> 2010 ausgezeichnet als offizielles Projekt der UN-Dekade „Bildung für<br />

Nachhaltige Entwicklung 2005–2014“.<br />

Wir möchten uns an dieser Stelle für die Zusammenarbeit mit dem Fachbeirat, allen am Projekt<br />

Beteiligten, insbesondere Ina Schröder, Serena Kniesz, Elena T. Fedotova, Rimma M. Potpot, Lena<br />

Frisorger, Anastasia Pavlovna Tolzina, Kolja Korenev <strong>und</strong> Pavel Fedorov herzlich bedanken <strong>und</strong><br />

freuen uns auf ein vielfältiges Miteinander. Ein besonderer Dank gilt Lukas Laux, Mitglied unseres<br />

Fachbeirats, der wertvolle Dokumente zur Verfügung stellte. Die erste Phase des Projekts um.welt<br />

wäre nicht so erfolgreich verlaufen, wenn wir das Engagement von Petra Hoppe <strong>und</strong> Hans-Jürgen<br />

Ratsch (IGS List Hannover) <strong>und</strong> den SchülerInnen der 7. <strong>und</strong> 9. Klasse nicht gehabt hätten.<br />

Danke auch an den oekom-Verlag, der uns die eigenen Publikationen kostenfrei zur Verfügung<br />

gestellt hat.


Kooperative Projektleitung<br />

Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e. V., Münster<br />

Die Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder wurde 1988 mit dem Ziel gegründet, zur Verbreitung der entwicklungs-<br />

politischen Bildungsarbeit <strong>und</strong> zum Zusammenhang von <strong>Um</strong>welt <strong>und</strong> Entwicklung neue Methoden<br />

<strong>und</strong> innovative Vermittlungsformen zu entwickeln.<br />

Als Fachstelle für Interkulturelle Pädagogik <strong>und</strong> Globales Lernen ist die Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder<br />

für kreativ-systematische Entwicklung von innovativen Projekten, deren zuverlässige <strong>und</strong> zielgruppengerechte<br />

Durchführung sowie hochwertige Dokumentation bekannt. Aktiv in Schulen,<br />

außerschulischer Jugend- <strong>und</strong> Erwachsenenbildung, in nationalen <strong>und</strong> internationalen Projekten<br />

ist die f<strong>und</strong>ierte Arbeit der Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder landes- <strong>und</strong> b<strong>und</strong>esweit anerkannt. Dies ist<br />

neben zahlreichen Buchveröffentlichungen auch in offiziellen Anerkennungen <strong>und</strong> Auszeichnungen<br />

dokumentiert.<br />

Weitere Informationen unter: www.arbeitsstelle-weltbilder.de<br />

verantwortlich: Elisabeth Marie Mars, mars@arbeitstelle-weltbilder.de<br />

Bildung trifft Entwicklung – Regionale Bildungsstelle Nord, Göttingen<br />

im Institut für angewandte Kulturforschung e.V. (IFAK)<br />

Die Regionale Bildungsstelle Nord arbeitet im Rahmen des Aktionsprogramms 2015 der B<strong>und</strong>esregierung<br />

zur Armutsbekämpfung, den Millenniums Entwicklungszielen (MDG) <strong>und</strong> der Paris<br />

Erklärung. Ziel ist hierbei, Erfahrungen <strong>und</strong> Einsichten aus der Entwicklungszusammenarbeit für<br />

Menschen in Deutschland nutzbar zu machen.<br />

Der Schwerpunkt der Regionalen Bildungsstelle Nord ist die Vermittlung von Fachkräften aus der<br />

Entwicklungszusammenarbeit, die anschaulich <strong>und</strong> authentisch in ihren Bildungsveranstaltungen<br />

die Nord-Süd-Beziehungen sowie die gerechte Gestaltung von Globalisierung thematisieren. Sie<br />

vermitteln, was dies mit unserer Lebenswelt in Deutschland zu tun hat <strong>und</strong> welche Handlungsoptionen<br />

jeder Einzelne hat.<br />

Darüber hinaus kooperiert die Regionale Bildungsstelle Nord mit einer Vielzahl von Einrichtungen<br />

der entwicklungspolitischen Bildung <strong>und</strong> der <strong>Um</strong>weltbildung <strong>und</strong> beteiligt sich an der UN-Dekade<br />

„Bildung für nachhaltige Entwicklung“.<br />

Weitere Informationen unter: www.ifak-goettingen.de/bte<br />

verantwortlich: Markus Hirschmann, Markus.Hirschmann@bildung-trifft-entwicklung.de<br />

<strong>VNB</strong>, Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V., Hannover<br />

Der <strong>VNB</strong> e.V. ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Landeseinrichtung der Erwachsenenbildung.<br />

Er versteht sich als Dachverband der niedersächsischen Nichtregierungsorganisationen,<br />

die in der außerschulischen (Erwachsenen-)Bildung tätig sind.<br />

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Seine Herkunft hat der <strong>VNB</strong> in den sog. Neuen Sozialen Bewegungen, d.h. in der <strong>Um</strong>welt-, Eine-<br />

<strong>Welt</strong>-, Friedensbewegung. Für den <strong>VNB</strong> ist die Unterstützung <strong>und</strong> Entwicklung ehrenamtlicher<br />

Strukturen elementarer Bestandteil seines gesellschaftspolitischen Engagements. Mit seinen<br />

Themen berücksichtigt er insbesondere die aktuellen ökologischen gesellschaftspolitischen, inter-<br />

nationalen, <strong>und</strong> interkulturellen Entwicklungen. Dabei vertritt er ethische Gr<strong>und</strong>sätze der Gewalt-<br />

freiheit, Emanzipation, Selbstbestimmung <strong>und</strong> Solidarität.<br />

Wichtige Bestandteile seines Angebotes sind Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Zukunftsfähigkeit im Sinne der<br />

AGENDA 21, Globales Lernen, Geschlechterdemokratie, Antidiskriminierung <strong>und</strong> Stärkung von<br />

Minderheiten sowie Angebote der beruflichen Qualifizierung.<br />

Weitere Informationen unter: www.vnb.de<br />

verantwortlich: Gabriele Janecki, janecki@vnb.de<br />

Der <strong>VNB</strong> berät zu Fördermöglichkeiten von eigenen Projekten, mehr Informationen:<br />

www.mehrmoeglichmachen.de<br />

Impressum<br />

Projektträger: <strong>VNB</strong>, Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V.<br />

Warmbüchenstraße 17<br />

30159 Hannover<br />

Fon: +49 511 307660<br />

Fax: +49 511 3076633<br />

Email: info@vnb.de<br />

Internet: www.vnb.de<br />

Vertretungsberechtigter Vorstand: Anne Dudeck (Vorsitzende), Claudia Sanner, Katharina Weber<br />

Registergericht: Amtsgericht Hannover<br />

Registernummer: VR 5108<br />

Geschäftsführer: Hans Weinert<br />

Der <strong>VNB</strong> ist Mitglied im Paritätischen Niedersachsen e. V. (www.paritaetischer.de)<br />

Inhaltlich verantwortlich gemäß §6 MDStV: Gabriele Janecki<br />

E-Mail: janecki@vnb.de<br />

Redaktion: Elisabeth Marie Mars, Kathrin Vollmer, Melanie Heisterberg (Arbeitsstelle <strong>Welt</strong>bilder e. V.),<br />

Gabriele Janecki, Markus Hirschmann<br />

Mitarbeit: Daniela Meller, Hannah Steinfeldt<br />

Gestaltung: Büro Bert Odenthal, www.bert-odenthal.de<br />

Technische <strong>Um</strong>setzung/Druck: sehnsucht Design, Münster<br />

© Fotos: Marcus Reichmann, Ina Schröder, Serena Kniesz<br />

gedruckt auf EnviroTop aus 100 % Altpapier, CO2-neutral


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