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Handbuch Um.Welt - Klimawandel, Biodiversität und ... - VNB

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2.2 Traditionelle Lebens- <strong>und</strong> Wirtschaftsweise<br />

der Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

2.2.1 Das Verhältnis von Mensch <strong>und</strong> Natur<br />

Die enge Beziehung zwischen dem Menschen <strong>und</strong> der Natur wurde in der ob-ugrischen Gesellschaft<br />

durch rationale sowie – wie uns heute scheint – irrationale Motive bestimmt. So kann man zu den<br />

rational erklärbaren Motiven die nomadische sowie halbnomadische Lebensweise zählen, wodurch<br />

die Menschen sich den Bedürfnissen der Tiere anpassten. Eine ausgeprägte Ökonomie der zur<br />

Verfügung stehenden Ressourcen sorgte für ihre Regeneration. Alles was beim Jagen oder Fischen<br />

beschafft wurde, wurde restlos verwertet: Das Fleisch benutzte man als Nahrung, die Felle für die<br />

Kleidung, die Sehnen zum Nähen, aus Fischschuppen stellte man Kleber her, aus Fischknochen<br />

machte man Fischmehl, aus den Innereien stellte man Mittel gegen blutsaugende Insekten her.<br />

Gleichzeitig aber folgten die Ob-ugren „irrationalen“ Regeln: Beispielsweise wurde das erste erlegte<br />

Wild immer dem Waldgeist überlassen, <strong>und</strong> man ließ viel Fleisch an abgenagten Knochen über, damit<br />

sich die Tiere gut fortpflanzen konnten; es war verboten, die Knochen der Tiere zu zerkleinern, weil<br />

sonst die Menge der Tiere im Wald sich verringern würde. Bevor man einen Baum fällte, erklärte<br />

man dem Geist des Ortes, dass es für einen wichtigen Zweck gefällt wird. Den oberen Ast steckte<br />

man in den Baumstumpf des gefällten Baumes, um damit seine Seele zu retten. Wenn es Holzfällern<br />

im Traum erschienen war, dass die Geister die Fällung eines Baumes nicht erlaubten, kam es auch<br />

vor, dass ein notwendiger anderer Baum tagelang gesucht wurde. Alle menschlichen Handlungen in<br />

Bezug auf die Natur folgten einem einzigen Prinzip: Wie ich mich heute zur Natur verhalte, so wird<br />

sie morgen zu mir, meiner Familie <strong>und</strong> meinem Volk sein.<br />

Dieses Verhältnis zwischen Mensch <strong>und</strong> Natur bestimmt die traditionelle Lebens- <strong>und</strong> Wirtschaftsweise<br />

der Chanty <strong>und</strong> Mansi. Die natürlichen Ressourcen der Arktis versorgen die indigenen Völker<br />

nicht nur im Sinne von Wirtschaft <strong>und</strong> Ernährung, sondern sind auch die wesentliche Gr<strong>und</strong>lage<br />

für ihre soziale Identität, ihr spirituelles Leben <strong>und</strong> kulturelles Überleben. Die Chanty <strong>und</strong> Mansi<br />

haben das sensible Ökosystem Wald über Jahrh<strong>und</strong>erte gepflegt <strong>und</strong> geschützt, ihr Wissen über die<br />

Bewahrung des Waldes ist deshalb von unschätzbarem Wert. 48<br />

2.2.2 Traditionelle Wirtschaftsformen<br />

Ursprünglich lebten die Chanty <strong>und</strong> Mansi als halbnomadisierende Tierhalter in tragbaren<br />

Unterkünften, den „Tschums“. Sie lebten vom Jagen, Sammeln, Fischen <strong>und</strong> der Rentierwirtschaft.<br />

Für die Chanty <strong>und</strong> Mansi diente der Fischfang der Ernährungssicherung. Fische waren das<br />

Hauptnahrungsmittel. Die Rentierzucht diente hauptsächlich Transportzwecken. Zur Bereicherung<br />

des Speisezettels <strong>und</strong> zum Erwerb von Pelzen für den Verkauf wurde saisonal Jagd<br />

betrieben. Im Sommer <strong>und</strong> Herbst wird der Reichtum des Waldes <strong>und</strong> der Sümpfe an Beeren<br />

<strong>und</strong> Wildfrüchten genutzt.<br />

48 Schröder, Ina (2008), S. 68f.<br />

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