Handbuch Um.Welt - Klimawandel, Biodiversität und ... - VNB
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Bewohner des Numto beschwerten sich aus diesem Gr<strong>und</strong> im Winter 2007 bei der Chantisch-<br />
Mansischen Regierung <strong>und</strong> bei der Ölfirma. Die lokale Administration <strong>und</strong> die Ölgesellschaft<br />
einigten sich daraufhin mit den Bewohnern, dass sie über die Pläne der Ölgesellschaft informiert<br />
werden, dass ihnen Territorien traditioneller Naturnutzung zugesichert werden <strong>und</strong> dass sie Ent-<br />
schädigungszahlungen erhalten, falls auf ihrem Territorium Erdöl gefördert werden sollte. 2006<br />
trat ein neues Gesetz über Territorien traditioneller Naturnutzung in Kraft, das den Indigenen die<br />
Nutzungsrechte an ihrem Boden zusichert, nicht aber an dem, was sich unter dem Boden befindet.<br />
Die Gültigkeit solcher Verträge ist nie vor Gericht geprüft worden. Es besteht keine gesetzliche,<br />
einklagbare Gr<strong>und</strong>lage für Forderungen an die Erdölunternehmen von Seiten der Indigenen. Im<br />
Gegensatz zu den Erdölunternehmen besitzen die Indigenen kaum juristische Kenntnisse. Die<br />
Leistungen aus den Verträgen bringen nur kurzfristig materielle Vorteile, langfristig können sie<br />
die Vernichtung der Ressourcen nicht aufwiegen. Sie bringen Indigene, die die Erdölindustrie auf<br />
ihrem Gebiet zulassen, in eine materiell besser gestellte Position <strong>und</strong> benachteiligen diejenigen,<br />
die keine Rentierweiden <strong>und</strong> Fischgründe an die Erdölindustrie verloren haben oder Widerstand<br />
leisten. Die ökonomischen Vereinbarungen machen die Besitzer von materiellen Gütern langfristig<br />
zu Almosenempfängern, mit allen damit verb<strong>und</strong>enen negativen sozialen Folgen. Das Schicksal<br />
des Naturparks Numto sowie seiner Bewohner wird durch die Lobby der Erdölindustrie <strong>und</strong> der<br />
Marktanfrage für fossile Ressourcen bestimmt. 72<br />
Folgen der Ölförderung<br />
Ähnlich wie bei anderen indigenen Völkern, zum Beispiel Alaskas (Inuit), Nigerias (Ogoni) oder<br />
den Indigenen in Ecuadors Tiefland, um nur die betroffensten aufzuzählen, ist die nationale<br />
wie internationale Öl- <strong>und</strong> Gasförderung als Katastrophe über die Völker Westsibiriens herein-<br />
gebrochen, da auf ihre Belange keinerlei Rücksicht genommen wurde <strong>und</strong> wird. Sie geht einher<br />
mit einer starken Gefährdung des gesamten Ökosystems durch Übernutzung, Verschmutzung <strong>und</strong><br />
Vergiftung. Hiervon betroffen sind: Oberflächengewässer, Gr<strong>und</strong>wasser, Wälder, Böden, sowie<br />
Siedlungsgebiete der ansässigen Bevölkerung. Folglich wird der Lebensraum von Menschen, Tieren<br />
<strong>und</strong> Pflanzen zerstört. Hauptursachen dieser <strong>Um</strong>weltverschmutzungen sind Pipeline-Lecks <strong>und</strong><br />
Unfälle an Pipelines <strong>und</strong> Förderanlagen. Von den Pipelines sind ein Drittel über 30 Jahre alt <strong>und</strong><br />
reparaturbedürftig. Allein in der westsibirischen Ölförderregion treten jährlich bis zu 5000 Brüche<br />
von Ölpipelines auf. Schätzungsweise sickern zwischen drei <strong>und</strong> zehn Millionen Tonnen Erdöl in<br />
Böden <strong>und</strong> Gewässer. Im Einzugsgebiet der Flüsse Ob <strong>und</strong> Pur gibt es praktisch keine Öl-freien<br />
Flussläufe mehr. Weitere Ursachen für die Verschmutzung sind die Freisetzung von Bohrabfällen,<br />
leckende Lagertanks <strong>und</strong> Mülldeponien. 73<br />
So ist durch die unzähligen Lecks an Erdöl- <strong>und</strong> Erdgasleitungen die Wasser- <strong>und</strong> Bodenqualität<br />
zurückgegangen. Mehrere Millionen Hektar Rentierweide sind bereits durch Öl vernichtet, Wasser<br />
<strong>und</strong> Nahrungsmittel (Jagdbeute, Fisch) verseucht.<br />
Weiterhin dezimieren die zahlreichen Ölarbeiter durch unkontrollierbare Wilderei den Tierbestand<br />
massiv.<br />
Die Gas-<strong>und</strong> Ölpipelines müssen gekühlt werden, sonst schmelzen sie sich in den Frostboden ein.<br />
Der dadurch entstehende meterdicke Eismantel um die Rohre stört die Fließrichtung von Gr<strong>und</strong><strong>und</strong><br />
Oberflächenwasser.<br />
72 Laux, Lukas: Naturschutzgebiete, http://www.wildniscamp.de.<br />
73 Greenpeace (2002): Erdöl: Gefahr für <strong>Um</strong>welt, Klima <strong>und</strong> Menschen, S. 10f.