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Handbuch Um.Welt - Klimawandel, Biodiversität und ... - VNB

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In polaren Regionen sind Häuser <strong>und</strong> Infrastruktur im Permafrost verankert. Durch das Abtauen<br />

werden die Böden weich <strong>und</strong> schlammig. Straßen, Ölpipelines <strong>und</strong> Häuser sinken regelrecht ein. Der<br />

Zugang zu nördlichen gelegenen Ortschaften auf dem Landweg wird dadurch bei weiterer Erwär-<br />

mung erheblich erschwert. Teilweise fallen bereits in ganzen Waldstücken die Bäume um, weil sie<br />

im aufgeweichten Boden keinen Halt mehr finden. Zudem versickern Seen, die sich normalerweise<br />

im Sommer oberhalb der Permafrostschicht bilden <strong>und</strong> den Tieren als Trinkwasserquelle dienen. 84<br />

DochdasTauenderBödenhatFolgenweitüberdiePermafrostregionenhinaus.DerPermafrostgiltals<br />

ein zentrales Kipp-Element für das Klima. Das heißt, kippt das Klima hier, so hat dies Auswirkungen<br />

auf das gesamte <strong>Welt</strong>klima. Die ungeheuren Mengen an Treibhausgasen, die hier lauern, können den<br />

<strong>Klimawandel</strong> ungeheuer beschleunigen. Permafrostböden sind Kohlenstoffsenken. Schätzungen<br />

zufolge könnten dort 1.600 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert sein. Taut der Boden, so<br />

wird das organische Material der oberen Bodenschicht von Mikroorganismen zersetzt. Steht dabei<br />

Sauerstoff zur Verfügung, entsteht Kohlendioxid (CO2). Herrscht Sauerstoffmangel, weil Wasser auf<br />

der Oberfläche steht, entsteht durch Fäulnisprozesse Methan (CH4). Methan ist 25-mal gefährlicher<br />

für das Klima als Kohlendioxid.<br />

Neben dem schon jetzt vermehrt freigesetzten Methan lauert eine weitere Gefahr: Methanhydrate<br />

– große Kristalle mit eingelagerten Methanmolekülen. Sie lagern in großen Mengen eingeschlossen<br />

im vereisten Boden, aber auch in Meeressedimenten. Methanhydrate bilden sich bei hohem Druck<br />

<strong>und</strong> niedrigen Temperaturen. Sie sind brennbar <strong>und</strong> zersetzen sich an der Luft.<br />

Fast ein Viertel der globalen Landfläche sind Permafrostböden. Der größte Teil liegt in der nördlichen<br />

Hemisphäre: r<strong>und</strong> 23 Millionen Quadratkilometer. 60% Russlands <strong>und</strong> große Teile Kanadas,<br />

Alaskas <strong>und</strong> Westchinas sind durchgehend gefroren – oder waren es bisher. Der Frost kann von<br />

wenigen Metern bis zu h<strong>und</strong>erten tief in die Erde reichen. In Ostsibirien sind es 1800 Meter. 85<br />

Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf die Indigenen<br />

Die indigenen Völker der Arktis nehmen die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s bereits sehr bewusst<br />

in ihrem täglichen Leben wahr. Veränderungen der Schneequalität, erhöhte Niederschläge, eine<br />

Verdünnung der Eisschicht, Veränderungen der Schmelzrate des Meereises im Frühjahr zusammen<br />

mit unvorhersagbaren Wetterbedingungen <strong>und</strong> heftigen Stürmen erschweren das Reisen, den<br />

Transport wichtiger Versorgungsgüter <strong>und</strong> den Zugang zu den Jagd- <strong>und</strong> Fischgründen. Die Anzahl<br />

der Jagdtiere geht zurück.<br />

Weiterhin nutzen die Indigenen bislang den Permafrostboden zur Lagerung bzw. Kühlung ihrer<br />

Lebensmittel. Durch das Tauen des Permafrostbodens verlieren sie nun ihre natürlichen Kühlschränke.<br />

Auch deswegen müssen sie teilweise auf importierte Nahrungsmittel zurückgreifen.<br />

<strong>Um</strong> in der unwirtlichen Gegend überleben zu können, haben die indigenen Völker der Arktis über<br />

die Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg die Wetter-, Schnee- <strong>und</strong> Eisverhältnisse sowie die Beschaffenheit ihrer<br />

Jagd- <strong>und</strong> Wohngebiete studiert <strong>und</strong> das Wissen über die Generationen weitergegeben. Die Ver-<br />

änderungen der Wetterbedingungen, in der Vegetation <strong>und</strong> in der Tierwelt durchkreuzen nun das<br />

angesammelte Wissen <strong>und</strong> machen Vorhersagen schwierig oder unmöglich. Für ein Volk, dessen<br />

84 Rahmstorf, S. u. Schellnhuber, H.J. (2007): Der <strong>Klimawandel</strong>, München, S. 60.<br />

85 Greenpeace (2009): Klima-Zeitbombe Permafrost, www.greenpeace.de<br />

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