Spielzeitheft THEATER BIELEFELD 2013/14 STADT LAND FLUSS
Spielzeitheft THEATER BIELEFELD 2013/14 STADT LAND FLUSS
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aLLe Sechzehn jahre im Sommer<br />
triLogie deS verÄnderten LebenS<br />
john von düffel<br />
–<br />
premiere 15.09.13 im theater am alten markt<br />
»wir hatten doch in ihrem alter BeSSereS zu tun,<br />
alS zu hauSe rumzuhänGen und unSere eltern zu Schikanieren,<br />
wir wollten waS, wollten in die welt mit unSerer wut!«<br />
Deutschland, damals, 1974, als man noch politisch aktiv, die Liebe noch frei und der<br />
Osten noch rot war. Der erste Teil der Trilogie des veränderten Lebens heißt Die wilden Parties<br />
unserer Eltern und beschreibt das Leben einer achtköpfigen WG in Berlin-Charlottenburg. In<br />
der Küche tagt das »Plenum« zur Klärung der gesamtpolitischen Weltlage, der Frauenfrage,<br />
der Stehpinkel- und der Abwasch- Debatte. Die Bewohner sind Typen ihrer Zeit; sie sind politisch<br />
aktiv, dauerpleite, Frauenrechtler, Konzept-Künstler, Langzeitstudenten mit Drogenproblemen<br />
und haben diverse Affären, die unter dem Namen »freie Liebe« laufen.<br />
1990, 16 Jahre später, trifft man sich wieder, am gleichen Ort, in ähnlicher Konstellation und<br />
doch ist alles anders. Die Mauer ist gefallen, man ist zu Geld gekommen und von Drogen auf Alkohol<br />
umgestiegen. Die Kinder sind inzwischen fast erwachsen, aber was in der eigenen Jugend richtig<br />
und gut war, scheint jetzt abwegig und gefährlich. Nur die alten Affären, sie haben gehalten.<br />
2006, weitere 16 Jahre später: Einige Lebensentwürfe haben in Sackgassen geführt, andere<br />
zum Erfolg; alles ist anders im Vergleich zu den revolutionären Zielen von 1974. Frühere Jugendsünden<br />
haben sich inzwischen zu handfesten Lebenslügen ausgewachsen. Im Ausnahmezustand<br />
einer dritten Begegnung der Weggefährten kommen diese ans Tageslicht und ihr Weltbild gerät<br />
endgültig ins Wanken. Es ist Platz für Neues. Die Kinder glauben an das kleine Glück, an Vertrauen<br />
und Sicherheit. Ist es besser? Ist es schlechter? Nein, nur anders. Die Zeiten haben sich<br />
geändert.<br />
John von Düffel beschreibt in Alle sechzehn Jahre im Sommer anhand der Eckdaten der<br />
deutschen WM-Siege von 1974 und 1990 und des Fußball-Sommermärchens von 2006 drei Ausschnitte<br />
der jüngsten Geschichte und das jeweils veränderte Lebensgefühls zweier Generationen.<br />
Inszenierung: Michael Heicks / Bühne: Annette Breuer / Kostüme: Anna Sörensen<br />
Wir SchWeben Wieder<br />
uraufführung<br />
charlotte rooS<br />
62 63<br />
–<br />
premiere 21.09.13 im tam drei<br />
»darüBer muSS nachGedacht werden, darüBer,<br />
wie der kuchen verteilt wird,<br />
denn SonSt freSSen die Sicherlich ein zu GroSSeS Stück.«<br />
Fünf schräge Figuren irren durch das Dickicht der Gegenwart: Alles läuft parallel, nichts<br />
passt zusammen, keiner blickt durch.<br />
Laura arbeitet als Dolmetscherin auf dem Weltklimagipfel in Kopenhagen und übersetzt<br />
flammende Reden des venezolanischen Präsidenten gegen die imperialistische Weltdiktatur.<br />
Ihr Freund Carl kämpft währenddessen mit dem Kleinklein seiner diversen psychischen Krank-<br />
heitsbilder und leidet an völliger Gleichgültigkeit. Er sehnt sich zu sterben, wann immer er<br />
»endgültig keine Kraft mehr für den ganzen Zirkus hat« und plant deshalb, Laura mit Hilfe einer<br />
extra dreckigen Affäre aus seinem Leben zu ekeln. Im ExotikErotik trifft Carl auf die Stripperin<br />
Edith, eine ehemalige Hochseilartistin, die sich entgegen dem Plan als ein bezaubernd ernst-<br />
haftes Wesen entpuppt. Und er trifft Bruno, der seit geraumer Zeit eine seltsame Affinität zu<br />
den Hornbrillen seines Vaters entwickelt hat und mit den Gestellen allmählich auch dessen<br />
Ansichten zu übernehmen beginnt. Schließlich ist da noch die hübsche und immer nette Maria,<br />
der es allmählich reicht. Sie will raus aus dem Unschärfebereich gesellschaftlicher Wahrneh-<br />
mung und rein in den exklusiven Verein, in dem man keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzt,<br />
sondern Zweitwagen fährt.<br />
Auf der Suche nach Durchblick, nach einem Ausweg und der richtigen Perspektive auf ihr<br />
ver worren-modernes Leben geraten die fünf in einen Strudel aus Ehrgeiz, Neurosen und Sehn-<br />
süchten. Am Ende führen ihre Wege zu einem Fluss, wo sie durch einen Selbstmordversuch<br />
Carls zu einer atemberaubenden Rettungsakrobatik genötigt werden: »Nach oben schauen,<br />
immer nach oben schauen. Es geht um Leben und Tod. Wir schweben wieder.«<br />
Wir schweben wieder wurde 2012 unter anderem zu den Autorentheatertagen in Berlin und<br />
zum Heidelberger Stückemarkt eingeladen und wird nun am Theater Bielefeld uraufgeführt.<br />
Inszenierung: Dariusch Yazdkhasti / Bühne und Kostüme: Katharina Kromminga