Individualrechtsschutz im EWR - Batliner Gasser

Individualrechtsschutz im EWR
Die in der Praxis doch eingeschränkten Rechtsschutzoptionen für Einzelne gegen
normatives Unrecht wird durch die Möglichkeit ausgeglichen, dafür Schadenersatz
zu begehren. In erster Linie hat der EuGH mit der Schaffung eines gemeinschaftlichen
Staatshaftungsanspruches eine wichtige Auffangfunktion in den einzelnen Mitgliedsstaaten
eingeführt, um die Nichtumsetzung von Richtlinien in Mitgliedsstaaten zu sanktionieren.
53 Voraussetzung dafür ist, dass die Richtlinie, die nicht innerhalb der vorgesehenen
Frist umgesetzt worden ist, erstens Einzelnen Rechte verleiht, deren Inhalt
zweitens soweit bestimmt ist, dass sich das Mindestmass der gebotenen Begünstigung
konkretisieren lässt und drittens die Untätigkeit für den Schaden kausal war. Die Judikatur
wurde in weiterer Folge auf die fehlerhafte Umsetzung von Richtlinien 54 erweitert
und verfeinert. Voraussetzung ist:
(i) Verletzung einer Rechtsnorm, die dem Einzelnen bestimmte Rechte verleihen
soll,
(ii) „hinreichend qualifizierter“ Rechtsverstoss und
(iii) Kausalzusammenhang zwischen Rechtsverletzung durch den Mitgliedsstaat
und dem entstandenen Schaden. 55
Die Behaftung für legislatives Unrecht war revolutionär und ist eine nicht mehr
wegzudenkende Erziehungsmassnahme für untätige oder säumige Mitgliedsstaaten.
Selbst für eine Verwaltungspraxis, die gegen Gemeinschaftsrecht verstösst, haftet ein
Mitgliedsstaat. 56
Neben der Haftung der Mitgliedsstaaten kommt jene der Gemeinschaft in Frage.
Bei fehlerhaften Rechtsetzungsakten (Verordnungsunrecht) kommt der Schadenersatz-
53 EuGH, verb Rs C-6/90 und C-9-90, Slg 1991, I-5357, Francovich.
54 EuGH, Rs C-392/93, Slg 1996, I-1631 – British Telecommunications.
55 EuGH, verb Rs C-46/93 und C-48/93, Slg 1996, I-1029 – Brasserie de Pêcheur/Factortame.
56 EuGH, Rs C-5/94, Slg 1996, I-2553 – Hedley Lomas.
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