Individualrechtsschutz im EWR - Batliner Gasser

IV. Rechtsschutzverfahren
Individualrechtsschutz im EWR
Was den Rechtsschutz des Bürgers betrifft, enthält das geschriebene EWR-Recht
keine Vorschriften, die allgemein Rechtsweg und Rechtsschutz im innerstaatlichen Bereich
regeln. 97 Tatsächlich ist der Rechtsschutz mehr indirekt ausgestaltet. Nicht zu unterschätzen
ist die Beschwerdemöglichkeit von EWR-Bürgern vor der Überwachungsbehörde
ESA, die ein formelles, rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtetes, weil genau
determiniertes Verfahren auslöst, in welchem – grob zusammen gefasst – dem
EWR-Mitgliedsstaat idR als belangtem Beschwerdegegner zunächst vorgeschaltet
rechtliches Gehör verliehen wird und dessen beschlussmässiger Ausgang vom Anzeiger
wegen Nichtigkeit bzw. bei keiner Entscheidung wegen Untätigkeit mit Klage beim
EFTA-Gerichtshof angefochten werden kann.
1. ESA
Illustrativ für das Beschwerdeverfahren vor der Überwachungsbehörde ist der
Fall Norwegian Bankers’ Association gg. EFTA-Überwachungsbehörde 98 aus dem Jahr
1999. Der Interessenverband klagte gegen eine Entscheidung der ESA, mit welcher ein
Beschwerdeverfahren gegen Norwegen wegen behaupteter Verletzung von EWR-Recht
– die staatliche Husbanken verfügte faktisch über ein Monopol, subventionierte Darlehen
zu vergeben – niedergeschlagen worden war. 99
Die Klägerin monierte zunächst, dass die Überwachungsbehörde ein formelles
Beschwerdeverfahren im Sinne des Art. 1 Protokoll 3 des Überwachungs- und Gerichtshof-Übereinkommens
hätte einleiten müssen. Dazu führte der Gerichtshof aus,
dass jeweils die Rechtsmaterie die Art des Verfahrens und der Verfahrensbestimmungen
determiniere, wobei der Gerichtshof diesbezüglich jedoch nicht an die Feststellungen
97
Bericht und Antrag der Fürstlich Liechtensteinischen Regierung an den Landtag zum Beitritt zum EWR
Nr 46/290, 178.
98
EFTA-GH Rs E-4/97 [1999] EFTA Court Report 1 ff; vgl zu dieser Art Verbandsklage auch oben III.
99
Vgl zur Nichtigkeitsklage gleich unten 2.2.
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