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SEITE 16<br />
Bettina Loibl<br />
Das amerikanische Patentgesetz widmet sich dem fiktiven Fachmann sogar in<br />
zweifacher Weise: Einerseits muss er auf Grund der Offenbarung in der Lage sein,<br />
die Erfindung auszuüben und anzuwenden 49 ; andererseits bedarf es für die<br />
Feststellung, ob die beanspruchte Erfindung auf Basis des Stands der Technik<br />
nahe liegend war, ebenfalls dieses Fachmannes 50 . Generell ist davon auszugehen,<br />
dass seine Aufgabe darin liegt, einen objektiven Maßstab sowohl für die Bewertung<br />
einer ausreichenden Offenbarung als auch für das nahe Liegen der Erfindung zu<br />
schaffen 51 .<br />
Trotz der Forderung an die Neuheit der Erfindung verlangt das amerikanische<br />
Patentgesetz keinen technischen Fortschritt, damit die beanspruchte Erfindung<br />
patentiert werden kann. Jedoch sieht das CAFC in der überraschenden<br />
vorteilhaften Eigenschaft einer Erfindung ein Anzeichen ihres nicht nahe Liegens 52 .<br />
Des Weiteren muss der sog. „Erfindungsbesitz“ vorliegen: Der Erfinder muss<br />
wissen (und veranschaulichen können), wie es zur Lösung gekommen ist; er muss<br />
also die Regeln zum technischen Handeln kennen. Dies gilt auch für den Fall einer<br />
Zufallserfindung, bei der sich der Erfinder keine Aufgabe bewusst gestellt hat bzw.<br />
für ein bestimmtes Problem keine Lösung gesucht hat. Zusätzlich muss die<br />
patentierbare Erfindung wiederholbar sein, d.h. jeder Durchschnittsfachmann muss<br />
in der Lage sein, die Lösung des technischen Problems zu wiederholen, sofern er<br />
die Regeln des technischen Handelns kennt. Darüber hinaus muss die Erfindung<br />
mit Hilfe der zur Zeit der Patentierung herrschenden technischen Mittel ausführbar<br />
sein 53 .<br />
An dieser Stelle ist noch festzuhalten, dass weder das österreichische noch das<br />
amerikanische Patentgesetz definiert, welche Literatur oder andere<br />
Informationsquellen dem Fachmann zur Verfügung stehen sollen, damit er in der<br />
Lage, seiner Aufgabe nachzukommen. Darunter fallen jedenfalls alle solche<br />
Schriften, die der Öffentlichkeit am Einreichtag der Anmeldung zur Verfügung<br />
stehen einschließlich der Patentliteratur. Welche Schriften diese Regelung genau<br />
umfasst, wird jedoch nicht erklärt. Für die Praxis kann sich daraus das Problem<br />
ergeben, dass die Entscheidung des Fachmanns eine sehr subjektive Natur<br />
aufweist und aus Sicht des Patentanmelders unvorhersehbar erscheint.<br />
Gänzlich ausgeschlossen von der Patentierbarkeit sind in Österreich Erfindungen,<br />
deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die<br />
guten Sitten verstoßen 54 . Des Weiteren werden keine Patente für Verfahren zum<br />
49<br />
35 USC § 112: [...] any person skilled in the art to which it pertains [...].<br />
50<br />
35 USC § 103: [...] a person having ordinary skill in the art to which said subject matter<br />
pertains.<br />
51<br />
Mayer (2003), Rz 66<br />
52<br />
Mayer (2003), Rz 390<br />
53<br />
Kucsko (2003), 840<br />
54<br />
Ein solcher Verstoß kann jedoch nicht allein daraus hergeleitet werden, dass die Verwertung<br />
der Erfindung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften verboten ist.