ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea I - Universitatea din ...
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Erika Hammer<br />
auch die, die dies zu unterminieren versuchen, in erster Linie die kulturwissenschaftliche<br />
Betrachtungsweise.<br />
Die Problematik des Anderen kommt in den einzelnen hier untersuchten Texten in<br />
verschiedenen Varianten vor und artikuliert sich im Zusammenhang mit dem Bild<br />
der Tür. Auch die Forschungsliteratur weist darauf hin, dass die Raummetaphorik 2<br />
ein wichtiges Charakteristikum der sog. Migranten-, Interkulturellen- oder transkulturellen<br />
Literatur sei 3 . Innerhalb dieser Metaphorik lässt sich auch die Tür verorten,<br />
die in den jetzt untersuchten Texten in der Form des Schlüssellochs, des Türstehers<br />
oder des Notausgangs erscheint. Die Tür bekommt als Medium des Ein- und<br />
Ausschließens Relevanz. Es geht in meiner Fragestellung also zum einen darum, wer<br />
und warum in einen literarischen Raum ein- oder ausgeschlossen wird. Zum anderen<br />
geht es auch um den Einzelnen, der, wie die Texte dies in den Blick holen, sich<br />
hinter eine geschlossene Tür gedrängt fühlt. Diese Tür markiert die Grenze 4 der Zugehörigkeit<br />
zu einer Gemeinschaft oder das Außenseitertum, und beschwört damit<br />
Modelle herauf, die die Einheit implizieren. Diese narrativen Vorlagen sind um einige<br />
ganz bestimmte Fokuspunkte zu situieren. Ihr Kern und die dazugehörigen narrativen<br />
Schemata stehen auch im Interesse folgender Ausführungen. 5<br />
2 Amodeo, 1996, 80.<br />
3 Zu der Problematik der Benennung dieser Sparte der Literatur vgl. Esselborn, 1997.<br />
4 Die Grenzziehungen geschehen nach Fohrmann durch Vergleiche, was ein sukzessives Abtrennen vom<br />
Fremden bedeutet, einen Prozess, der das Eigene zu einem Sinnzusammenhang verbindet, was dann als<br />
die nationale Identität verstanden und auch durch die Kunst, d.h. durch die Literatur repräsentiert wird.<br />
Das Nationale entsteht – sozusagen – erst durch einen Rahmenwechsel, aus einer komparatistischen<br />
Perspektive. Akzentuiert werden muss im weiteren, dass das Ganze mit einer Rücknahme von Differenzen<br />
und der Binnengliederung einherläuft. Vgl. Fohrmann, 2004, 24ff.<br />
5 Wenn man die interkulturelle Literatur thematisiert, stellt sich sofort ein allgemeines Problem, die<br />
Schwierigkeit des political correctness, denn man schließt leicht ein- und aus, man neigt zu Stereotypisierungen,<br />
wenn man die Literatur dieser ‚Fremden’ Autoren als etwas „Besonderes“, „Eigenartiges“<br />
hinstellt. Ob es eine andere, besondere Ästhetik gibt, soll hier nicht entschieden werden, wichtig ist für<br />
mich aller<strong>din</strong>gs darauf zu verweisen, dass ich die Problematik der Tür, des Aus- und Eingeschlossenseins,<br />
die Fragen der Identität, die in der Studie untersucht werden, nicht als ein besonderes Spezifikum der<br />
interkulturellen Literatur hinstellen möchte.<br />
Auch ein sehr oberflächlicher Streifzug durch die deutsche Literatur ruft gleich einige Texte auf, in denen<br />
das Motiv der Tür, des Schlosses oder des Schlüsselloches eine zentrale Rolle spielt. Zwei Autoren, auf die<br />
ich in diesem Zusammenhang verweisen möchte, da sie als exemplarisch betrachtet werden können, sind<br />
Kleist und Kafka. Verschlossene Türen kennen wir z.B. aus dem Findling oder aus der Marquise von O…,<br />
hier konfrontieren uns die Erzähler auch mit Schlüsseln und Schlüssellöchern. Ähnlich wie im Prozeß,<br />
oder in der Parabel vom Verlorenen Sohn bei Kafka verbergen sich hinter der Tür immer Geheimnisse,<br />
Türen schließen einige immer aus einem Wissen und aus der Teilhabe an bestimmten Geschehnissen,<br />
hinter ihnen lauert aber auch die Gefahr, die plötzlich, unerwartet in das Leben des Protagonisten eintreten<br />
kann. Die Tür zeigt somit auf die Vakanz des Geborgenheitsgefühls hin, das eigentlich von der ge-<br />
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<strong>ZGR</strong> 1-2 (<strong>29</strong>-<strong>30</strong>) / <strong>2006</strong>, 1-2 (<strong>31</strong>-<strong>32</strong>) / <strong>2007</strong>