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ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea I - Universitatea din ...

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Erika Hammer<br />

bemüht diese Sicherheit zu bewahren, zu festigen, was zur Erstarrung führt und zum<br />

Hindernis für Neuerungen wird. Für den, der außerhalb der Tür steht, ist keine Aufnahme<br />

möglich, der wird vom Geschehen, das drinnen abläuft, ausgeschlossen. Charakteristisch<br />

für das Drinnen ist der Wille der Abschottung, für das Draußen sind<br />

demzufolge eine Unsicherheit und ein Nicht-Dazugehören, eine problematische Identität<br />

bezeichnend. Die eigentliche Freiheit und Mobilität werden zu zweifelhaften,<br />

schwierigen Kategorien. Die Problematik des Hinzugehörens, und wie dieses<br />

Bewusstsein entsteht, findet im Bild der Tür ihren Niederschlag, ist also das zentrale<br />

Moment der Texte, die hier zur Diskussion stehen.<br />

Das Vertraute, das diesseits der Tür situiert werden kann, wird in den hier anvisierten<br />

Texten vehement mit dem Unheimlichen konfrontiert, das auf der anderen<br />

Seite der Tür lauert, das Fremde ist, und in jedem Moment in das Eigene<br />

einbrechen, seine Normativität und dadurch vermeintliche Richtigkeit in Frage<br />

stellen kann. Das, was sich jenseits der Grenze der geschlossenen Tür, die noch mit<br />

einem Türsteher gesichert wird, befindet, ist das Unheimliche, das<br />

begriffsgeschichtlich das Gegenteil des Heimlichen, ist. Hier entsteht wieder die<br />

Verbindung zum Heim, zum Heimischen, zum Ort der Heimat.<br />

Bei Nicol Ljubic in Der Halsaufschneider geht es um einen Ich-Erzähler, dessen Vater<br />

seine Heimat verlassen hat, und in die Fremde, nach Deutschland gezogen ist.<br />

Das Ich reflektiert darüber und konfrontiert sich damit, wo es nun hingehört, wie<br />

und wodurch das Gefühl des Zusammen- und des Dazugehörens entsteht. An der<br />

Schule ist der Erzähler der Fremde, der anders ist, andere Lebensweisen hat und von<br />

den Mitschülern einfach „Cevapcici“ (T 16) genannt wird. Die Abgrenzung vom Umfeld<br />

ist damit abgesteckt, und als Gegenpol dessen erscheint die Familie als Hort, als<br />

eine Art Heimat, die Sicherheit bietet. Die Familie als Modell des Zusammengehörens<br />

wird hier jedoch entmystifiziert, denn die Aspekte der Ähnlichkeit, des<br />

Gemeinsamen oder des Verwandten – wie „Phlegma“ und „Übergewicht“ – erscheinen<br />

allein im Negativen, die dem Ich eher Nach- als Vorteile bieten. Die<br />

positive Konnotation des Familiären wird im Text ironisch gebrochen. Interessant<br />

erscheint auch, dass diese Merkmale nicht mit der Nationalität der Familie oder<br />

ihrer Herkunft zusammenhängen. Eigenschaften und Erkennungszeichen, wie Faulheit<br />

und Fettsucht, setzen die ganze Problematik dadurch außerhalb des Nationaldiskurses.<br />

Indem Elemente der an die Familie gebundenen Erklärungsschemata der<br />

Zugehörigkeit zitiert werden, wird jedoch dieser Bereich auf indirekte Art und Weise<br />

aktiviert. Das Moment zeigt somit, dass das Denken in Kategorien wie Familie, Her-<br />

46<br />

<strong>ZGR</strong> 1-2 (<strong>29</strong>-<strong>30</strong>) / <strong>2006</strong>, 1-2 (<strong>31</strong>-<strong>32</strong>) / <strong>2007</strong>

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