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Dichtern bedienen. Täglich opfern sie <strong>de</strong>r gottverfluchten Erfindung<br />
<strong>de</strong>s Drahtes, <strong>de</strong>n sie meistern wie frühere Kollegen die zarteren<br />
Saiten <strong>de</strong>r Leier. Wir erleben das Entsetzliche, wie junge<br />
Dichter binnen Monatsfrist zu ergrauten Journalisten wer<strong>de</strong>n.<br />
Sei's drum! Ich habe <strong>de</strong>n festen Glauben, daß die geduldige Zeit<br />
die eklen Drähte eurer mißtönen<strong>de</strong>n Harfen zerreißt, ihr Poeten<br />
dieses unwi<strong>de</strong>rruflich letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts, und sie euch flammenzuckend<br />
um die entsetzten Ohren peitscht, daß <strong>de</strong>r Menschheit<br />
das Zeitungslesen und euch das Hören, Sehen und Telegraphieren<br />
vergeht!<br />
Läßt sich eine bessere Parodie meiner Tonart schreiben? Ich möchte die<br />
Jugend, <strong>de</strong>r ich das Schwarzsehen erlaubt habe, bitten, nicht so schwarz zu<br />
sehen. Es kann ja noch alles gut wer<strong>de</strong>n. Ein »fester Glaube« scheint ja trotz<br />
alle<strong>de</strong>m vorhan<strong>de</strong>n zu sein, und wenn die Zeit abschaffen kann, was sie gemacht<br />
o<strong>de</strong>r gedul<strong>de</strong>t hat, dann hat sie ja noch Zeit und somit kann dieses<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt eigentlich nicht das letzte sein. Ich habe das Gefühl, daß ich in<br />
Fällen, wo mir einer so auf <strong>de</strong>n Mund sieht, ihn gräßlich enttäuschen könnte,<br />
in<strong>de</strong>m ich ihm zuriefe: Aber nur gemütlich, wer wird <strong>de</strong>nn gleich so harb sein.<br />
Immer nie<strong>de</strong>rreißen, nie aufbauen! Herr, <strong>de</strong>nken Sie an die Errungenschaften<br />
<strong>de</strong>r Technik, über die Sie beim nächsten Schiffsuntergang ein Entrefilet wer<strong>de</strong>n<br />
schreiben müssen. Und vor allem könnte ich <strong>de</strong>m Stürmer schonend mitteilen,<br />
daß ich die Entsendung <strong>de</strong>s Herrn Ludwig als Korrespon<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>s<br />
Berliner Tageblatts für eine Überschätzung dieses Dichters halte. Er ist für<br />
diesen Posten prä<strong>de</strong>stiniert, aber bei weitem nicht geeignet. Ich möchte vor<br />
Übertreibungen in meiner Art warnen. Der Weltuntergang ist eine kitzlige Angelegenheit,<br />
er kann am En<strong>de</strong> eintreten und das Feuilleton ist nicht fertig,<br />
was dann? Ich bin für heitere Weltbetrachtung, Verträglichkeit und eine gesun<strong>de</strong><br />
Verdauung. Die apokalyptischen Sonntagsreiter, von <strong>de</strong>nen es jetzt in<br />
<strong>de</strong>n Zeitschriften wimmelt und die auf mein Wort etwas halten, sollen Ruh geben.<br />
* * *<br />
Wenn ein lyrischer Schmock, <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Welt lei<strong>de</strong>t, während sie an ihm<br />
vorübergeht, — »es ist nichts« —, seinen Gedichtband fertig hat, so vergleicht<br />
ihn ein kritischer Schmock <strong>de</strong>r <strong>de</strong>mnächst seinen Gedichtband bei <strong>de</strong>mselben<br />
Verleger fertig haben wird, mit Christus. Das lautet etwa so:<br />
Es sind die trunkenen Lie<strong>de</strong>r eines Dürsten<strong>de</strong>n. Es ist <strong>de</strong>r zwanzigjährige<br />
Christus vom jungen Kreuze <strong>de</strong>r Aufklärung und er<br />
spricht: mich dürstet. Die Welt reicht ihm Essig mit Galle vermischt,<br />
aber er, <strong>de</strong>r Wein o<strong>de</strong>r Wasser wollte, lächelt und dankt.<br />
Stun<strong>de</strong>n sind es nur gewesen, eines gefangenen Lebens kaum<br />
mehr teilbare Einheiten. Doch dünkten sie <strong>de</strong>m Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schicksale<br />
von aller Welt, Allerweltsschicksale zu enthalten. Um ihretwillen<br />
und um ihrer bunten starken Fülle bejaht er <strong>de</strong>n Kelch, daß<br />
er vor seinen Lippen schweben bliebe, und singt: »Mach mich keines<br />
Weh's genesen, eh' du es zum Bild geweiht. « ...<br />
Nach<strong>de</strong>m diese Karriere abgeschnitten ist, erfolgt <strong>de</strong>r Eintritt in ein<br />
Mittagsblatt, und er, <strong>de</strong>r Wein o<strong>de</strong>r Wasser wollte, lächelt und wird Beschreiber<br />
<strong>de</strong>s Gesellschaftsbil<strong>de</strong>s beim Flugmeeting, Er genest erst <strong>de</strong>s Wehs, nach<strong>de</strong>m<br />
es zur Schmucknotiz geweiht ist. So sind sie alle. Lauter Christusse. Ich<br />
traue keinem über die Gasse. Erst wenn sie sich als Judasse entpuppen, kann<br />
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