Machen Medien Schule? 4/06 - Bildungsdirektion - Kanton Zürich
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Fokus<br />
Volksschule<br />
Mittelschule<br />
Berufsschule<br />
Weiterbildung<br />
Agenda<br />
Porträt<br />
Amtliches<br />
Stellen<br />
Wird wissenschaftliches Schreiben und<br />
Lesen systematisch unterrichtet?<br />
Weder: Das findet in jedem Proseminar<br />
statt. Und bezüglich Schreibunterricht<br />
sind wir mit der Fachhochschule Winterthur<br />
im Gespräch, die haben ein<br />
sehr interessantes Projekt, das bei uns<br />
auf grosse Resonanz gestossen ist. Aber<br />
eigentlich sollte man davon ausgehen,<br />
dass man mit 18 Jahren perfekt schreiben<br />
kann.<br />
Das ist eine hohe Anforderung.<br />
Weder: Ja, aber das ist möglich.<br />
Ist denn der Ist-Zustand ein anderer?<br />
Weder: Das würde ich nicht sagen. Empirische<br />
Untersuchungen zeigen, dass<br />
die Schreibkompetenz der Studienanfänger<br />
nicht abgenommen hat. Wir haben<br />
seit dem neuen MAR jedoch ein<br />
Problem mit den Naturwissenschaften.<br />
Man kann heute mit relativ wenig<br />
Wissen in den Naturwissenschaften<br />
Studierfähigkeit erreichen. Ich bin ja<br />
selber Theologe, würde aber sagen, die<br />
Naturwissenschaften sind auch für die<br />
Geisteswissenschaften extrem wichtig.<br />
Und es gehört zu unserer Kultur, dass<br />
man nicht nur Goethes «Wahlverwandtschaften»<br />
kennt, sondern auch<br />
den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik.<br />
Wittmer: Bis heute gibt es keine Untersuchung,<br />
die belegt, dass eine MAR-<br />
Matura in den Naturwissenschaften<br />
schlechtere Resultate bringt. Erkannt<br />
ist aber, dass es eine stärkere Kultur<br />
der Naturwissenschaften an den Gymnasien<br />
braucht. Es wird jedoch noch eine<br />
Weile dauern, bis diese installiert ist.<br />
32 Schulblatt des <strong>Kanton</strong>s <strong>Zürich</strong> 4/20<strong>06</strong><br />
Auf welche Kosten geht der Erwerb der<br />
überfachlichen Qualifikationen, wo soll<br />
im Gegenzug etwas abgezwackt werden?<br />
Wittmer: Das ist eine zentrale Frage, es<br />
wäre blauäugig zu behaupten, wir<br />
könnten immer mehr machen, ohne etwas<br />
wegzulassen. Gleichzeitig möchte<br />
ich aber betonen, dass überfachliche<br />
Kompetenzen nicht gegen fachliches<br />
Wissen ausgespielt werden sollten:<br />
Überfachliches kann sinnvoll nur anhand<br />
konkreter fachlicher Inhalte<br />
vermittelt und geübt werden. Es wird<br />
darum gehen, neue Schwerpunkte zu<br />
setzen, darum wollen wir Treffpunkte<br />
(siehe Kasten) einrichten, um gemeinsam<br />
zu diskutieren, auf welche Kosten<br />
wir gewisse Übungsanstrengungen verlagern.<br />
Was heisst das?<br />
Wittmer: Es könnte sein, dass wir die<br />
Schülerinnen und Schüler im Abschlussjahr<br />
stärker selbst organisiert<br />
lernen lassen werden. Oder dass wir<br />
stärker darauf achten müssen, wie qualitativ<br />
recherchiert oder wie auf akademisches<br />
Schreiben vorbereitet wird.<br />
Aber wir müssen nicht alles umkrempeln.<br />
Studien zeigen, dass die Zürcher<br />
Maturanden mit ihrer Ausbildung zufrieden<br />
sind und sich auf ein Studium<br />
gut vorbereitet fühlen. Wir müssen uns<br />
also auch bewusst sein, was wir bewahren<br />
können.<br />
Inwiefern betrifft die Betreuungssituation<br />
an der Uni angesichts der wachsenden<br />
Studentenzahlen diese Schnittstelle?<br />
Weder: Es ist nicht unheilsam, dass<br />
man, wenn man an eine Universität<br />
kommt, erst einmal ein Orientierungsproblem<br />
hat, aber dieses sollte nicht<br />
lange anhalten. Da können wir vieles<br />
machen. In einem Punkt hat man aber<br />
meines Erachtens bildungspolitisch<br />
sehr gesündigt: Man hat dem Gymnasium<br />
nicht die klare strategische Zielsetzung<br />
der Studierfähigkeit gesetzt, daher<br />
ist Unklarheit entstanden. Selbstverständlich<br />
hat das Gymnasium seine<br />
eigene Bedeutung, aber man muss ganz<br />
klar sagen, die grosse Leistung der<br />
Gymnasien ist es, eine Studierfähigkeit<br />
zu erzeugen.<br />
Aber das Gymnasium ist nicht mehr der<br />
alleinseligmachende Königsweg zur<br />
Hochschule.<br />
Weder: Das ist wahr. Und das ist keine<br />
schlechte Entwicklung. Ich finde sehr<br />
wichtig, dass zwischen den Fachhochschulen<br />
und Universität Passerellen<br />
geschaffen werden. So haben Jugendliche,<br />
die sich mit 14 Jahren für einen für<br />
sie falschen Weg entschieden haben,<br />
die Möglichkeit, dies zu korrigieren.<br />
Aber man darf sich natürlich nicht darüber<br />
hinwegtäuschen, dass 95 Prozent<br />
der Studierenden an den universitären<br />
Hochschulen aus den Gymnasien kommen.<br />
Wittmer: Ich bin auch für diese Passerellen,<br />
für die Durchlässigkeit. Was<br />
aber passieren könnte, ist eine gewisse<br />
Verwässerung der Bildungsgänge, sodass<br />
nicht mehr klar ist, wo das Ziel des<br />
Gymnasiums liegt. Ich glaube, das<br />
Gymnasium braucht wieder eine Vista,<br />
eine Selbstdefinition, die auf die uni-