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Hochaltrige in Österreich - Bundesministerium für Arbeit, Soziales ...

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HOCHALTRIGE IN ÖSTERREICH: EINE BESTANDSAUFNAHME<br />

Die Bedeutung der Heime wird vielfach unterschätzt. Das liegt zum e<strong>in</strong>en daran, dass immer noch<br />

und immer wieder die über 60- oder über 65-Jährigen wie e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige homogene Altersgruppe<br />

behandelt werden, zum Anderen an der feh lerhaften Interpretation von Querschnittsdaten.<br />

Tatsächlich leben an e<strong>in</strong>em beliebigen Stichtag nur knapp 4% aller „älteren Menschen“ (defi niert<br />

als 60- oder 65- und Mehrjährige) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Anstaltshaushalt. Schon Kastenbaum und Candy<br />

(1973) wiesen jedoch auf diesen „4%-Trugschluss“ („Four-Percent-Fallacy“) h<strong>in</strong>: Entscheidend<br />

ist ja nicht die Prävalenz zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt, sondern die Frage, wie viele alte Menschen e<strong>in</strong>e<br />

Zeitlang, <strong>in</strong> der Regel die letzte ihres Lebens, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Institution zubr<strong>in</strong>gen. So etwa<br />

fanden Kastenbaum und Candy, dass nicht 4%, sondern 23% der Sterbefälle alter Menschen <strong>in</strong><br />

Detroit sich <strong>in</strong> Pfl egeheimen und ähnlichen Institutionen abspielten (1973: 17; vgl. auch Palmore:<br />

1976). Den gleichen Eff ekt konnten Hörl und Majce <strong>in</strong> Wiener Pfl egeheimen nachweisen, wo sehr<br />

kurze Verweilzeiten registriert wurden: Bereits e<strong>in</strong> halbes Jahr nach der Aufnahme waren 60%<br />

nicht mehr im Heim, 85% davon, weil sie gestorben waren (Hörl & Majce 1976, Majce 1978: 174).<br />

Die Institutionalisierungsraten <strong>für</strong> <strong>Hochaltrige</strong> liegen somit bei weitem höher als bei 4%, nach<br />

Scholta beispielsweise bei den 85- und Mehrjährigen Oberösterreichs bei über 21%. Wegen der<br />

vielfach unterjährigen Aufenthaltsdauer ist aber von noch höheren Institutionalisierungsraten<br />

auszugehen: „Da während e<strong>in</strong>es Jahres zwischen 20% und 30% der Heimpl ätze e<strong>in</strong> weiteres<br />

Mal vergeben werden und eher hochaltrige Personen <strong>in</strong> die Heime e<strong>in</strong>ziehen, ist der Institutionalisierungsgrad<br />

vermutlich noch höher.“ (Scholta).<br />

Wie <strong>für</strong> die off ene Altenhilfe gilt auch im Falle der Heime, dass die Materie der Betreuungs- und<br />

Pfl ege<strong>in</strong>frastruktur legistisch zu den Bundesländern resor tiert, was teils extr em unterschiedliche<br />

Regelungen zur Folge hat . So kommt es, dass pfl egebedürftige alte Menschen je nach<br />

Bundesland unterschiedliche Beiträge zu leisten und Vermögenswerte e<strong>in</strong>zusetzen haben,<br />

wenn sie ambulante Dienste oder Heimplätze <strong>in</strong> Anspruch nehmen. Besonders problematisch<br />

ersche<strong>in</strong>en diese unterschiedlichen Regelungen dann, wenn die K<strong>in</strong>der ersatzpfl ichtig werden<br />

– e<strong>in</strong>zig <strong>in</strong> Wien, Salzburg und Oberösterreich s<strong>in</strong>d sie davon ausgenommen. Scholta merkt<br />

hiezu an, dass eben diese Bundesländer auch den höchsten Ausbaugrad im Heimbereich aufweisen<br />

und schließt die Vermutung daran, dass e<strong>in</strong> pfl egebedürftiger alter Mensch sich dann<br />

eher zu e<strong>in</strong>er Übersiedlung <strong>in</strong>s Heim entschließen werde, wenn er davon ausgehen kann, dass<br />

die K<strong>in</strong>der nicht dadurch fi nanziell belastet werden (Scholta). Es ist bemerkenswert, wie groß<br />

die Unterschiede <strong>in</strong> den Vorstellungen der Bundesländer über die Standards, die Qualität und<br />

Angebots dichte s<strong>in</strong>d. So reichen die Bestimmungen über die Maximalzahl der Heimplätze pro<br />

Institution von 350 <strong>in</strong> Wien bis 50 <strong>in</strong> K ärnten, der Anteil der vorzusehenden E<strong>in</strong>zelzimmer ist<br />

höchst unterschiedlich, natürlich ebenso die Personalschlüssel.<br />

Die Notwendigkeit und S<strong>in</strong>nhaftigkeit e<strong>in</strong>er stark föderalen Gesetzgebung im Bereich der Heime<br />

wird auch von Michael Ganner <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beitrag aus juristischem Blickw<strong>in</strong>kel bezweifelt,<br />

„zumal es sich um die Grundver sorgung ... <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ‚Sozialst aat’ handelt. Bundesweite e<strong>in</strong>heitliche<br />

M<strong>in</strong>deststandards ersche<strong>in</strong>en demn ach als Selbstverständlichkeit.“ (Ganner). Die<br />

unterschiedlichen Regelungen der Länder s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Teilbereich der (auch aus geriatrischer Sicht)<br />

<strong>in</strong>sgesamt problematischen strikten Trennung zwischen Gesundheitsbereich und Sozialbe-<br />

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