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Martin Pollack Meine Begegnungen mit Belarus Statt eines Vorworts

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DOSSIER BELARUS<br />

IDEALISMUS<br />

Bei einem Spaziergang über den einstigen alten Friedhof,<br />

dessen allerletzte Grabsteine<br />

die Bulldozer vor einigen Jahren ausradiert haben,<br />

bemerkte ich eine alte Frau<br />

im langen schwarzen Mantel,<br />

die hinter die Büsche sah<br />

und beharrlich nach etwas suchte.<br />

Bestimmt lag hier einmal<br />

ein Familien<strong>mit</strong>glied begraben,<br />

und ein matter Hoffnungsschimmer<br />

hat sie nun hierher geführt:<br />

Wenn nun das Grab,<br />

von den Bulldozern übersehen,<br />

zufällig erhalten ist?<br />

Oder könnte es sein,<br />

dass sie kein Grab sucht,<br />

sondern bloß die leeren Flaschen,<br />

die die Arbeiter nach Schichtende<br />

in die Büsche werfen?<br />

Die erste Version des Gesehenen<br />

ist mir trotz allem sympathischer –<br />

noch jemand, der sich erinnert,<br />

dass hier ein Friedhof ist<br />

und kein gewöhnlicher Platz.<br />

Mag sein, ich bin Idealist,<br />

doch in diesem Land Idealist zu sein,<br />

ist das pure Vergnügen,<br />

wenn einem hinter jedem Busch<br />

eine Begegnung <strong>mit</strong> der Ewigkeit schwant<br />

und einen jeder Sandler,<br />

der im Müll stochert,<br />

zu Gedanken an die Wiedergeburt<br />

des historischen Bewusstseins animiert.<br />

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