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Martin Pollack Meine Begegnungen mit Belarus Statt eines Vorworts

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DOSSIER BELARUS<br />

Lenin-Platz überblicken, und Lenin höchstselbst hat auf mich gezeigt, als<br />

wollte er mich bloßstellen oder hätte er ausgerechnet mich für eine geheime<br />

Mission auserkoren. Alles, was ich weiß, habe ich mir selbst beigebracht. Er<br />

hingegen hat gleich mehrere dieser höchsten Bildungsabschlüsse, er ist mehrfach<br />

behindert. Nach der Logik des Tests bringt körperliche Arbeit zusätzliche<br />

Lebensjahre, während geistige einen aus dieser schwankenden, abschüssigen<br />

Tabelle herausfallen lässt. Und so falle ich …<br />

Also sind Sie nun glücklich?<br />

Ja.<br />

Treiben Sie Frühsport?<br />

Als erstes stecke ich mir morgens eine Pfeife an und sitze dann lang vor<br />

dem Computer, klicke mich durch Seiten wie www.ewigejagdgruen.de. Und<br />

er? Er ist ein bekannter Sportler, er treibt nicht nur selbst Frühsport, auch<br />

das Leben seiner Untertanen ist eine einzige nordkoreanische Gymnastikübung.<br />

Besonders gern lässt er seine übergewichtigen Beamten antreten, kürzlich ist<br />

so ein armes Schwein sogar an dieser Anstrengung gestorben, obwohl der<br />

Tod ihn doch erst in zwanzig Jahren hatte holen wollen. Er spielt gern, besonders<br />

gern spielt der Heutige Politiker den Tod, so wie die Kinder zu<br />

Halloween. Schießen, toben, <strong>mit</strong> fremder Schippe im Sand buddeln und Leichen<br />

verscharren – so spielt das ewige Kind. Noch einmal zehn Punkte für<br />

ihn und eine Arschkarte für mich.<br />

Und da sagen Sie, Sie seien glücklich? Ohne zu schießen, ohne Sport zu<br />

treiben, ohne Sandkastenspielchen? Mit Ihrer Arschkarte?<br />

Ja.<br />

Gehen Sie regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen?<br />

Ich hasse Ärzte und Vorsorgeuntersuchungen. Ich fürchte mich vor dieser<br />

Abhängigkeit, in die sich der Patient begibt, vor dem postmedizinischen<br />

Syndrom, der krankhaften Fixierung auf das Gemurmel des eigenen Organismus.<br />

So wenig ein Mensch, der durch Kreis- und Bezirksgerichte geschleift wurde,<br />

jemals den Film des Juristischen, den eigenwilligen Charme der Kanzleien<br />

abstreifen kann, so wenig wird ein eifriger Patient die Wolke von Krankenhausgerüchen<br />

wieder los werden, den Schatten des hässlichen Patientenegoismus,<br />

der allen Arztbesuchern eigen ist. Und Er ist zweifelsfrei der<br />

Patient Nr. 1 im Land – na aber, na aber, als Schatz der Nation. Die es nicht<br />

gibt.<br />

Haben Sie Familie?<br />

Ja, habe ich. Ist das der Lebenserwartung nun ab- oder zuträglich? Unterm<br />

Strich steht sicher eine runde Null. Denn all das Positive, das die Familie<br />

<strong>mit</strong> sich bringt, wird durch den familienbedingten Stress neutralisiert. Ihm<br />

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