Sonderheft 2012 - Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie
Sonderheft 2012 - Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie
Sonderheft 2012 - Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Nicht-alkoholische<br />
Steatohepatitis<br />
In 15–30 % der Fälle findet man<br />
erhöhte Werte von Transaminasen<br />
oder sonografische Aspekte einer<br />
nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung<br />
(NAFLD). Die Prävalenz einer<br />
NAFLD ist bei PCOS-Betroffenen im<br />
Vergleich zu gesunden, gleichaltrigen<br />
Kontrollen um das 2-Fache erhöht.<br />
Die NAFLD ist eine Lebererkrankung<br />
mit zumeist benignem Verlauf. Im<br />
Gegensatz dazu ist die nicht-alkoholische<br />
Steatohepatitis (NASH) eine<br />
schwerwiegende Erkrankung, die<br />
sich in 25 % der Fälle in eine Leberzirrhose<br />
mit möglichen Komplikationsrisiken<br />
wie portale Hypertension<br />
und hepatozelluläres Karzinom entwickelt.<br />
Ob PCOS-Patientinnen ein<br />
erhöhtes Risiko einer NASH haben ist<br />
bisher unklar. In einer Untersuchung<br />
mit 6 PCOS-Patientinnen und persistierender<br />
Leber enzym erhöhung<br />
wurde in allen 6 Leberbiopsien eine<br />
NASH nachgewiesen. Umgekehrt<br />
wurde bei NASH-Patientinen eine<br />
erhöhte PCOS-Prävalenz gefunden.<br />
Serologische NASH-Surrogatparameter<br />
wie Zytokeratin 18-Fragmente<br />
konnte mit einer Prävalenz von 27 %<br />
in einer PCOS-Kohorte nachgewiesen<br />
werden [10]. Gastroenterologisch<br />
wird das PCOS als ein Risikofaktor<br />
einer NAFLD betrachtet. Deshalb ist<br />
sind Kontrolle der Transaminasen,<br />
Durchführung einer Abdomensonografie<br />
und im Einzelfall histologische<br />
Abklärung mittels Leberbiopsie<br />
empfohlen [11].<br />
Therapieübersicht<br />
Die Therapie des PCOS ist individuell<br />
zu gestalten und sollte sich<br />
nach der vorrangigen Beschwerdesymptomatik<br />
richten. Häufig ist eine<br />
Monotherapie nicht ausreichend.<br />
Bei den meisten Therapien besteht<br />
keine explizite Zulassung <strong>für</strong> die<br />
Behand lung eines PCOS, weshalb sie<br />
dann als Off-Label-Use zum Einsatz<br />
kommen.<br />
Zyklusregulierung<br />
Bei fehlendem Kinderwunsch hat<br />
eine Zyklusregulierung die bessere<br />
Planbarkeit <strong>für</strong> die betroffene Patientin<br />
und im Falle einer Amenorrhoe<br />
die regelmässige Abblutung des Endometriums<br />
zum Ziel. Hierbei können<br />
Estradiol-Gestagen- und reine Progesteron-Präparate<br />
eingesetzt werden.<br />
Hyperandrogenismus<br />
Zur Therapie des Hyperandrogenismus<br />
eignen sich Estradiol-Gestagen-Präparate<br />
mit einem antiandrogen-wirksamen<br />
Gestagen wie z. B.<br />
Chlormadinonacetat. Ergänzend führt<br />
eine periphere Androgen-Blockade<br />
mit Spironolacton (50–200 mg), Flutamid<br />
(62,5–200 mg) oder Finasterid<br />
(2,5–5 mg) zu einem zusätzlichen<br />
Therapieeffekt. Lokal kann bei Hirsu<br />
tis mus im Gesichtsbereich das<br />
haarwachstumshemmende Eflornithin<br />
eingesetzt werden. Zur Behandlung<br />
der Alopezie steht Minoxidil<br />
als Topikum zur Verfügung. Metformin<br />
(1000–2550 mg) wirkt sich<br />
meist positiv auf eine Akne aus, wobei<br />
häufig kein merklich positiver<br />
Effekt auf Hirsutismus oder Alopezie<br />
zu beobachten ist.<br />
Infertilität<br />
Für eine reguläre Ovulation ist<br />
im Falle der fehlenden zeitlichen<br />
Dringlichkeit primär der Einsatz von<br />
Metformin anzustreben. Alternativ<br />
stehen die üblichen Fertilitätstherapien<br />
zur Verfügung. Clomifen (50–<br />
Fazit <strong>für</strong> die Praxis<br />
Das PCOS ist die häufigste hormonelle<br />
Störung fertiler Frauen. Die<br />
Diagnosestellung erfolgt über die 3<br />
Definitionskriterien Hyperandrogenisms,<br />
Oligo-/Anovulation und<br />
PCO. Sie erfordert zudem den Ausschluss<br />
aller Differentialdiagnosen,<br />
im wesentlichen Hypothyreose,<br />
Prolaktinom, adrenogeniale Syndrome<br />
bzw. deren nicht-klassische<br />
Formen. Darüber hinaus sollte auch<br />
bei der Erstdiagnose bereits ein Augenmerk<br />
auf metabolische Lang-<br />
100 mg) stimuliert als Estradiol-Rezeptorantagonist<br />
die GnRH-Sekretion.<br />
Bei fehlendem Ansprechen wird zumeist<br />
ein GnRH-Analogon eingesetzt.<br />
Glukosetoleranzstörung<br />
Bei Nachweis einer Glukosetoleranzstörung<br />
empfiehlt die AEPCOS-<br />
Society eine Optimierung der Lebensgewohnheiten<br />
sowie Gewichtsreduktion<br />
bei Adipositas. Der Einsatz<br />
von Insulinsensitisern wie Metformin<br />
ist mit dem Ziel der Reduktion<br />
von Körpergewicht, Insulinresistenz<br />
und zur Prävention der Glukosetoleranzstörung<br />
zu erwägen [8].<br />
Kardiovaskuläres Risiko<br />
Entsprechend der Empfehlung<br />
der AEPCOS-Society ist bei PCOS-Patientinnen<br />
ein regelmäßiges kardiovaskuläres<br />
Screening durchzuführen.<br />
Bei jeder Untersuchung sollten<br />
Blutdruck, BMI und Taillenumfang<br />
erfasst werden. Bei der Erstdiagnose<br />
ist initial und dann mindestens im<br />
2-jährlichen Abstand ein oGTT und<br />
Lipid-Status empfohlen [9]. Die LDL-<br />
und non-HDL-Ziele sind in Tabelle 4<br />
dargestellt.<br />
Literaturverzeichnis<br />
1. Zawadzki JK, Dunaif A. Diagnostic criteria<br />
for polycystic ovary syndrome: towards a<br />
rational approach. In: Dunaif A, Givens JR,<br />
Haseltine F, Merriam GR, Hrsg. Polycystic<br />
Ovary Syndrome. Cambridge, MA: Blackwell<br />
Scientific 1992: 377–384<br />
2. Revised 2003 consensus on diagnostic criteria<br />
and long-term health risks related to<br />
polycystic ovary syndrome (PCOS). Fertil<br />
Steril. 2004; 81 (1): 19–25<br />
zeitfolgen wie eine Glukosetoleranzstörung<br />
und Dyslipoproteinämie<br />
gerichtet werden. Die medikamentöse<br />
Therapie richtet sich individuell<br />
nach dem vorliegenden Beschwerdebild<br />
und reicht von der spezifischen<br />
Fertilitätstherapie über herkömmlicher<br />
oraler Kontrazeption<br />
(mit und ohne antiandrogen-wirksames<br />
Gestagen) und peripheren<br />
Androgen-Blockern bis hin zum Biguanid<br />
Metformin.<br />
<strong>Endokrinologie</strong> Informationen <strong>2012</strong>; <strong>Sonderheft</strong><br />
17<br />
Übersicht