Sonderheft 2012 - Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie
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nahme der Zytokine und CRP-Werte<br />
der euthyreoten Frauen mit Hashimoto-Thyreoiditis.<br />
Fazit<br />
Die Studie liefert Hinweise, dass<br />
mit der Schilddrüsenhormon- und<br />
Selentherapie möglicherweise systemisch<br />
in den Autoimmunprozess<br />
bei Patientinnen mit Hashimoto-<br />
Thyreoiditis eingegriffen wird. Die<br />
klinische Relevanz bleibt auch in<br />
dieser Studie unklar. Wünschenswert<br />
wäre z. B. eine Untersuchung von<br />
Veränderung der Lebensqualität, da<br />
die klinische Symptomatik bei Patientinnen<br />
mit Hashimoto-Thyreoiditis<br />
oftmals sehr vielgestaltig ist.<br />
Selen als neues Therapeutikum<br />
bei der endokrinen<br />
Orbitopathie<br />
Eine endokrine Orbitopathie (EO)<br />
ist bei über 50 % der Patienten mit<br />
Morbus Basedow nachweisbar. Das<br />
klinische Bild reicht von einer milden<br />
bis moderat ausgeprägten, hin<br />
zu einer schweren, visusbedrohenden<br />
EO. Die Studie der European Group<br />
on Graves Orbitopathy (EUGOGO)<br />
untersuchte 159 Patienten mit milder<br />
EO. Das Studiendesign war doppelblind,<br />
placebokontrolliert und<br />
randomisiert ausgelegt (3). Ziel war,<br />
den Einfluss von Selen (als antioxidatives<br />
Agens) und Pentoxifyllin (als<br />
antiinflammatorisches Agens) auf<br />
den EO-Verlauf zu untersuchen. Die<br />
Patienten wurden nach der Randomisierung<br />
mit Selen (100 µg 2×/Tag),<br />
Pentoxifyllin (600 mg 2×/Tag) oder<br />
Placebo (2×/Tag) <strong>für</strong> 6 Monate behandelt<br />
und dann weitere 6 Monate<br />
nach Ende der Therapie untersucht.<br />
Zum Zeitpunkt der Evaluation führte<br />
die Behandlung mit Selen zu einer<br />
signifikanten Verbesserung der Lebensqualität,<br />
einem geringeren Ausprägungsgrad<br />
der endokrinen Orbitopathie<br />
und einer geringeren Progression<br />
der endokrinen Orbitopathie<br />
im Vergleich zum Placebo. Der<br />
Clinical Activity Score (CAS), der als<br />
quantifizierbares Maß der EO-Aktivität<br />
gilt, nahm im Beobachtungs-<br />
zeitraum bei allen Patienten ab. Die<br />
größten Veränderungen gab es bei<br />
der Patientengruppe, die mit Selen<br />
behandelt wurde. Die 6-Monats-Ergebnisse<br />
wurden auch 12 Monate<br />
nach Behandlungsbeginn bestätigt.<br />
Eine deutliche Verschlechterung der<br />
EO mit Indikation zur immunsuppressiven<br />
Therapie zeigten 2 Patienten<br />
aus der Placebogruppe und einer<br />
aus der Pentoxifyllin-Gruppe. Unter<br />
Selen wurden keine Nebenwirkungen<br />
beobachtet.<br />
Fazit<br />
Für die Behandlung der milden<br />
endokrinen Orbitopathie gab es bislang<br />
keine evidenzbasierten medikamentösen<br />
Therapiekonzepte. Vorrangig<br />
ist das Erreichen einer euthyreoten<br />
Stoffwechsellage sowie das<br />
Einhalten einer Nikotinkarenz. Die<br />
EUGOGO-Studie untersuchte erstmals<br />
den Einsatz von Selen bei milder<br />
EO und zeigte, dass die Selentherapie<br />
zu einer Stabilisierung der EO<br />
und Verbesserung der Lebensqualität<br />
führen kann. Möglicherweise beruht<br />
dies auf einem günstigen antioxidativen<br />
Einfluss und / oder auf systemische<br />
antiinflammatorische Eigenschaften.<br />
Ein weiterer möglicher Effekt<br />
ist die Stabilisierung der Schilddrüsenfunktion<br />
durch Selen.<br />
2. Endokrine<br />
Orbitopathie<br />
Behandlung der Hyperthyreose<br />
bei endokriner<br />
Orbitopathie<br />
In einer aktuellen Literaturübersicht<br />
werden verschiedene Möglichkeiten<br />
der Behandlung einer Hyperthyreose<br />
bei Morbus Basedow und<br />
EO miteinander verglichen. Prinzipiell<br />
kommen 3 Behandlungsoptionen<br />
in Frage:<br />
1. Thyreostatische Therapie,<br />
2. Radiojodtherapie,<br />
3. Thyreoidektomie.<br />
Das Erreichen einer euthyreoten<br />
Stoffwechsellage und der Erhalt der<br />
Euthyreose (insbesondere postoperativ<br />
durch zügige gewichtsadaptierte<br />
LT4-Substitution) sind oberste<br />
Behandlungsziele. Ansonsten können<br />
aufgrund mangelnder evidenzbasierter<br />
Studiendaten, nur „experience-based“-Empfehlungenausgesprochen<br />
werden (Abb. 1).<br />
Thyreostatika und eine Thyreoidektomie<br />
haben – im Gegensatz zur<br />
Radiojodtherapie – per se keinen<br />
Einfluss auf den natürlichen Verlauf<br />
der EO. Die Radiojodtherapie kann zu<br />
einer Verschlechterung der endokrinen<br />
Orbitopathie oder zur de-novo-<br />
Manifestation der EO – insbesondere<br />
bei Rauchern – führen. Eine prophylaktische<br />
Steroidgabe kann dies verhindern.<br />
Demzufolge sollte bei aktiver<br />
endokriner Orbitopathie eine<br />
Radiojodtherapie nur unter Steroidschutz<br />
durchgeführt werden. Umgekehrt<br />
wird bei inaktiver EO eine<br />
Steroid gabe nur bei Vorliegen von<br />
Risikofaktoren – vor allem bei Rauchern,<br />
hohen TRAK-Titern und großer<br />
Struma – empfohlen.<br />
Bei moderater bis schwerer und<br />
aktiver endokriner Orbitopathie muss<br />
möglichst rasch eine Euthyreose<br />
herbeigeführt werden. Ob dies besser<br />
mittels Thyreostatika oder durch<br />
eine chirurgische Ablation erfolgen<br />
sollte, ist bislang nicht evidenzbasiert<br />
geklärt. Weitere Behandlungsoptionen<br />
– z. B. eine Rituximab-Therapie,<br />
die sowohl die Hyperthyreose<br />
als auch die endokrine Orbitopathie<br />
günstig beeinflussen kann – sind in<br />
großen Studien bislang nicht untersucht<br />
und damit <strong>für</strong> die Behandlung<br />
nicht zugelassen.<br />
Stellenwert der intravenösen<br />
Glukokortidoid-Therapie bei<br />
endokriner Orbitopathie<br />
Entsprechend der aktuellen Empfehlungen<br />
der EUGOGO sollte beim<br />
Vorliegen einer moderaten bis<br />
schweren aktiven endokrinen Orbitopathie<br />
eine immunsuppressive Therapie<br />
mit Steroiden durchgeführt<br />
werden. Dabei hat sich in den vergangenen<br />
Jahren die intravenöse<br />
Steroidgabe gegenüber der zuvor<br />
<strong>Endokrinologie</strong> Informationen <strong>2012</strong>; <strong>Sonderheft</strong><br />
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