Vollversion (6.59 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 9, HEFT 4, 1996<br />
1992; 1995). Sie bezieht sich auf vier europäische<br />
Länder. Gemessen an der Zahl derer,<br />
die für den Umweltschutz zwischen 1975 bis<br />
1989 protestiert haben, ergeben sich unter Berücksichtigung<br />
der unterschiedlichen Einwohnerzahlen<br />
folgende Relationen 4<br />
: Schweiz 16,<br />
Bundesrepublik 11, Niederlande 5 und Frankreich<br />
2 (Kriesi et al. 1995: 22). Diese Erhebung<br />
wurde später, wenngleich auf dünnerer<br />
Datenbasis, um Großbritannien und Spanien<br />
ergänzt (Koopmans 1996). Für den Zeitraum<br />
von 1980 bis 1989 wurden unter Einbeziehung<br />
der vier vorgenannten Länder folgende<br />
Maßzahlen für die Umweltbewegungen ermittelt:<br />
Deutschland 29, Schweiz 27, Niederlande<br />
13, Spanien 8, Frankreich 5, Großbritannien<br />
5.<br />
Die erhobenen Daten erlauben zusätzlich auch<br />
eine Messung des Radikalitätsgrades der Umweltproteste,<br />
so daß zumindest für diese sechs<br />
Länder die angestrebte Bestimmung des<br />
Drucks von Umweltbewegungen prinzipiell<br />
möglich wird. Ohne bereits die Daten zur Radikalität<br />
von Umweltprotesten zu kennen, ist<br />
doch zu vermuten, daß sich bei einer Kombination<br />
von Maßzahlen für Mobilisierungsumfang<br />
und Radikalität positionelle Verschiebungen<br />
der nationalen Umweltbewegungen im<br />
Vergleich zu obiger Rangordnung ergeben<br />
werden. In Frankreich, der Bundesrepublik<br />
und vielleicht auch Spanien dürften die Proteste<br />
insgesamt radikaler als in den übrigen<br />
untersuchten Ländern ausfallen. Demnach ist<br />
anzunehmen, daß unter Einbeziehung des Faktors<br />
Radikalität der Druck der Umweltbewegung<br />
in der Bundesrepublik in Relation zur<br />
Schweiz höher ausfällt, während Spanien und<br />
Frankreich näher an die Niederlande heranrücken<br />
und damit Großbritannien hinter sich<br />
lassen.<br />
Zusätzliche Hinweise liefern Eurobarometer-<br />
Daten, nach denen die Anhängerschaft für die<br />
Umweltbewegungen in fünf Ländern bestimmt<br />
werden kann. Zieht man die vier verfügbaren<br />
Umfragen zwischen 1982 und 1989<br />
heran und berechnet die Mittelwerte für den<br />
Anteil der Befragten, die sich als Aktivisten<br />
oder potentielle Aktivisten der Umweltbewegung<br />
bezeichnen (dazu Fuchs/Rucht 1994),<br />
ergibt sich die Reihenfolge Niederlande<br />
(34,4 %), Bundesrepublik Deutschland-West<br />
(30,8 %), Großbritannien (22,1 %), Italien<br />
(21,7%) und Frankreich (13,3 %). Für eine<br />
größere Anzahl von Ländern läßt sich zudem<br />
das Ausmaß der Wertschätzung bzw. Unterstützung<br />
der Umweltbewegung anhand des<br />
World Value-Survey ermitteln.<br />
Schließlich kann ich auf persönliche Einschätzungen<br />
zurückgreifen, beruhend auf der langjährigen<br />
Beobachtung von Umweltbewegungen,<br />
Gesprächen mit Vertretern von Umweltverbänden<br />
verschiedener Länder und transnationaler<br />
Umweltbüros in Brüssel sowie dem<br />
Austausch mit Wissenschaftlern, die sich mit<br />
Umweltbewegungen befassen. Auf dieser<br />
Grundlage stufe ich den Druck, den die jeweiligen<br />
Umweltbewegungen in ausgewählten<br />
Ländern qua Protestmobilisierung entfalten,<br />
in der in Tabelle 1 dokumentierten Weise<br />
ein.<br />
3.2.2 Öffentliche Meinung, individuelle<br />
Einstellungen und grüne Parteien<br />
Im Unterschied zum Ausmaß staatlicher Umweltpolitik<br />
sind die drei vermittelnden Faktorengruppen<br />
zwischen Umweltbewegungen<br />
und staatlicher Umweltpolitik einfacher zu<br />
erfassen.<br />
1. Die öffentliche Meinung zu Umweltfragen<br />
kann durch eine Inhaltsanalyse von Massenmedien<br />
bestimmt werden. Zum Beispiel lassen<br />
sich Anzahl und Richtung der Äußerungen<br />
zum Umweltthema bzw. zur Umweltbe-