Vollversion (6.59 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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50 FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 9, HEFT 4, 1996<br />
schaften erklären zu können. Er argumentiert,<br />
daß die führenden Aktivisten (leader) ihre<br />
Mitstreiter, anders als in Europa, nicht erst zu<br />
überzeugen oder zu mobilisieren hatten. Die<br />
Stärke der führenden Aktivisten ruhte auf ihrer<br />
charismatischen Position in der Gemeinschaft.<br />
Die Solidarität mit den führenden Aktivisten<br />
ergibt sich quasi-mechanisch.<br />
Die organisatorische Basis der jüngeren japanischen<br />
Protestgruppen unterscheidet sich<br />
deutlich von westlichen Protestgruppen. Dies<br />
ist zum Teil durch das Fehlen einer Spendenkultur<br />
zu erklären. Terada (1994) hat jüngst<br />
auf die Bedeutung der Verbraucherorganisationen<br />
für die Mobilisierung des Umweltprotestes<br />
hingewiesen. Haben diese einen ähnlichen<br />
sozial-strukturellen Hintergrund? Neben<br />
den Verbraucherorganisationen sind das Nippon<br />
Ecology Netzwerk, die Nature Conservation<br />
Society of Japan, Friends of the Earth,<br />
Greenpeace Japan und die Japan Federation<br />
of Bar Associations entstanden. Nippon Ecology<br />
Network und die Verbraucher-Kooperativen<br />
sind wesentlich als profit-orientierte Organisationen<br />
strukturiert, auch wenn sie nicht<br />
darin aufgehen. Umweltaktivismus ist in die<br />
organisatorische Struktur der Kooperativen<br />
eingebettet. Im Falle des Nippon Ecology Networks<br />
gründet die organisatorische Basis auf<br />
der starken Betonung von Gemeinschaftswerten.<br />
Anders als in den Protesten der fünfziger,<br />
sechziger und siebziger Jahre setzen sich<br />
die Verbrauchergruppen aber aus freiwilligen<br />
Assoziationen zusammen. Sie bestehen aus<br />
neu zusammengewachsenen Nachbarschaftsgruppen<br />
(und Produzenten) und rekrutieren<br />
sich nicht aus traditionalen, ländlichen Gemeinschaften.<br />
Auf eine detaillierte Darstellung<br />
dieser Akteure muß hier verzichtet werden.<br />
Es kann nur angedeutet werden, welche<br />
Effekte diese Akteure auf den japanischen<br />
Umweltdiskurs hatten und welche Effekte die<br />
Chancenstrukturen kollektiven Handelns ih<br />
rerseits auf die Strategien und Organisationsformen<br />
der Protestakteure hatten.<br />
Eine zentrale Annahme ist, daß sich die organisatorische<br />
Form sowie teilweise auch die<br />
sozial-strukturelle Basis des japanischen Umweltprotests<br />
geändert hat, ohne sich allerdings<br />
dadurch den westlichen Protesttypen<br />
völlig anzugleichen. Die Protestakteure mußten<br />
Lösungen für das free-rider Problem<br />
(Axelrod 1984) unter schwierigen politischen,<br />
kulturellen und ökonomischen Kontextbedingungen<br />
finden. Diese mögen auch erklären,<br />
weshalb internationale Umweltorganisationen<br />
bislang erhebliche Schwierigkeiten hatten, in<br />
Japan Fuß zu fassen.<br />
Neben den Verbraucherorganisationen, dem<br />
Nippon Ecology Netzwerk, Friends of the<br />
Earth, Greenpeace und der Nature Conservation<br />
Society of Japan NACS-J gibt es immer<br />
noch eine Reihe von lokalen Protestgruppen,<br />
die sich wesentlich auf ein Problem konzentrieren.<br />
Dennoch mag das Urteil der Dominanz<br />
des lokalen, auf traditionalen Gemeinschaften<br />
basierenden Protestes nicht mehr gelten.<br />
Es gibt im Gegenteil einen stärkeren<br />
Trend zur Organisation von umweltbezogenen<br />
Protesten und Diskursen. So bieten zum<br />
Beispiel die Verbraucherorganisationen einen<br />
organisatorischen Rahmen für die Mobilisierung<br />
von Umweltprotesten. Die sozial-strukturelle<br />
Basis des Mobilisierungspotentials hat<br />
sich zudem in die Bereiche der städtischen<br />
Mittelklassen verschoben. Immer noch fehlen<br />
allerdings Institute, die - vergleichbar mit<br />
dem Öko-Institut - die ökologischen Protestgruppierungen<br />
mit Expertisen versorgen. Diese<br />
Rolle wird in beschränktem Maße von der<br />
Japanese Federation of Bar Associations, dem<br />
NACS-J und von der CO-OP Federation selbst<br />
übernommen. Interessant ist, daß viele der<br />
neueren Umweltorganisationen sich im Bereich<br />
des Profit-Sektors organisiert haben,