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Vollversion (6.59 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 9, HEFT 4, 1996 71<br />

gerufen und zur 'guten' Lebensweise bewegt<br />

werden (Proselytenwerbung).<br />

4 Die heutige Ökologiebewegung<br />

am Beispiel eines lokalen<br />

Bewegungssegments<br />

Es ist nun interessant, daß sich die obengenannten<br />

Sinnelemente bis in die heutige Zeit<br />

(Mitte der 80er bis Mitte der 90er Jahre) gehalten<br />

haben und bei Akteuren der Bewegungsbasis<br />

zum Tragen kommen. Analysiert<br />

man die Antworten, die Umweltschützer und<br />

Umweltschützerinnen eines lokalen Bewegungssegments<br />

2<br />

im Rahmen von Interviews<br />

auf Fragen nach Hintergründen und Zielen<br />

ihres Engagements geben, zeigt sich, daß die<br />

dort vorfindbaren Argumentationen keineswegs<br />

disparat oder individuell verschieden<br />

sind. Es können vielmehr typische Motive 3<br />

identifiziert werden, mit denen die Akteure<br />

verdeutlichen, wie es zum Engagement im<br />

Umweltschutz kam und welchen Sinn sie damit<br />

verbinden. Die Akteure beschreiben das<br />

Problem, das ihnen Anlaß zum Engagement<br />

gab, und sie benennen die Faktoren, die sie<br />

als verantwortlich für die Entstehung des Problems<br />

betrachten. Ferner zeigen sie Lösungen<br />

auf und geben das Mittel an, das ihnen<br />

für die Lösung der Probleme zur Verfügung<br />

steht.<br />

Das Problem: Drohender Weltuntergang. Untersucht<br />

man, wie die Akteure das zentrale<br />

Motiv für ihr Engagement darstellen, so fällt<br />

auf, daß die Darstellungen recht dramatisch<br />

gehalten sind. Die Akteure berichten, daß sie<br />

das Fortschreiten der Naturzerstörung und der<br />

Umweltverschmutzung genau verfolgen, und<br />

formulieren, daß sie für die Zukunft hinsichtlich<br />

der Umweltsituation keine günstigen Entwicklungen<br />

erwarten. Das Eintreten des<br />

schlimmsten Falls - der großen Umweltkatastrophe<br />

- erscheint ihnen wahrscheinlich.<br />

Wenn es so weiter gehe wie bisher, drohe die<br />

'Apokalypse'.<br />

Die Ursachen: Extensiver Konsum. Für die<br />

bedrohliche Situation können Gründe ausgemacht<br />

werden, so die Umweltschützer. Es ist<br />

das unter ökologischen Gesichtspunkten unsensible<br />

Verhalten 'der Allgemeinheit', und<br />

es ist das Verhalten 'der Politiker', die wirksame<br />

politische Maßnahmen zum Umweltschutz<br />

hinauszögern. Am weitaus häufigsten<br />

wird indes der ausschweifende Konsum thematisiert.<br />

Nahezu in jedem Interview finden<br />

sich in jeweils verschiedenen Variationen moralisierende<br />

Ausführungen über das Konsumverhalten<br />

des Durchschnittsbürgers.<br />

Die Lösung: Denken in Zusammenhängen und<br />

natürlichere Lebensweise. Nun sehen die Akteure<br />

durchaus einen Ausweg aus der Krise.<br />

Zunächst wünschen sie sich, daß die Menschen<br />

ein anderes Denken entwickeln: Sie<br />

müssen lernen, 'in Zusammenhängen zu denken',<br />

das heißt, sie sollten sich dessen bewußt<br />

werden, daß ihr Handeln Folgen hat, die<br />

letztendlich wieder auf sie zurückwirken.<br />

Meistens rekurrieren die Akteure dabei auf<br />

biologistisch-kybernetische Modelle, wie sie<br />

etwa von Frederic Vester entwickelt wurden<br />

(das 'vernetzte Denken'). Nur selten finden<br />

sich hier tiefe 'holistische' Dimensionen im<br />

Denken von Umweltschützern und Umweltschützerinnen.<br />

Wie die Interviews zeigten,<br />

genügt es den Akteuren keineswegs, daß die<br />

Menschen zu einem neuen Denken gelangen.<br />

Es kommt vielmehr darauf an, daß sie die gewonnenen<br />

Erkenntnisse in ein ökologisches<br />

Handeln umsetzen: Die Menschen müssen zu<br />

einer natürlicheren Lebensweise zurückfinden.<br />

Begriffe wie 'weniger Konsum' bzw.<br />

'Konsumverzicht', 'Selbstbeschränkung' und<br />

'Askese' stehen für dieses Konzept, das in<br />

den Augen der Akteure die 'gute' Lebensführung<br />

verkörpert.

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