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58 FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 9. HEFT 4, 1996<br />

sky III zu schwächen. 3<br />

Die Umweltbewegung<br />

in Österreich bewegte sich innerhalb eines<br />

politischen Raumes, der von den beiden Großparteien<br />

SPÖ und ÖVP abgesteckt war. Diese<br />

wurden damals, wie man an Wahlergebnissen<br />

ablesen kann, noch von ca. 90 Prozent der<br />

Bevölkerung unterstützt.<br />

Das von den Großparteien und diversen Kammern<br />

geprägte Feld des Politischen wird 1986<br />

etwas verschoben. Zum ersten Mal schaffte<br />

ein grünes Wahlbündnis den Einzug in das<br />

Parlament, zugleich gewann die FPÖ mit ihrem<br />

neuen Parteiführer Haider einen beträchtlichen<br />

Stimmenanteil hinzu. Nach dem Urteil<br />

österreichischer Politikwissenschaftler hatten<br />

zum ersten Mal populistische Parteien Erfolg<br />

(vgl. Pelinka 1991). Auch wenn die politische<br />

Konstellation in Österreich alles andere<br />

als aufgebrochen wurde, da seitdem SPÖ und<br />

ÖVP die Regierung bilden und auch heute<br />

noch - trotz FPÖ, Grüne und Liberalem Forum<br />

- an die 70 % der Wahlstimmen für sich<br />

verbuchen können, kann doch gesagt werden,<br />

daß die beiden Großparteien seit 1986 nicht<br />

mehr denselben Rückhalt in der Bevölkerung<br />

haben wie in den Jahren davor. Die politische<br />

Landschaft hatte sich verändert.<br />

So waren die ersten Umweltberatungsstellen<br />

nicht das Produkt einer umweltpolitischen Initiative,<br />

sondern einer sozialpolitischen Maßnahme<br />

der experimentellen Arbeitsmarktpolitik<br />

des Staates, der mit einer „Aktion 8000"<br />

auf die akute Jugendarbeitslosigkeit reagierte.<br />

1986 nahmen im niederösterreichischen<br />

Waldviertel und Mostviertel zwei Gruppen<br />

junger Umweltengagierter an einem zweijährigen<br />

Arbeitsmarktprojekt „Umweltberatung<br />

in Österreich" teil, das über ein Projektkonzept<br />

„Umweltschutz schafft Arbeitsplätze" des<br />

Umweltbüros im Bundesministeriums für Arbeit<br />

und <strong>Soziale</strong>s und über das Landesarbeitsamt<br />

Niederösterreich finanziert wurde (vgl.<br />

Schrefel u.a. 1990). Unterstützt vom zwei Jahre<br />

zuvor gegründeten, der Umweltbewegung<br />

nahestehenden Österreichischen Ökologie-<br />

Institut, das die berufsbegleitende Ausbildung<br />

der Teilnehmerinnen übernahm, begannen<br />

fünf Männer und fünf Frauen ihre Beratungsarbeit<br />

vor Ort.<br />

Die Umweltberaterinnen wollten mit praktischer<br />

Haushaltsberatung die Bevölkerung zu<br />

einem vorsorgenden Umweltschutz im Alltagshandeln<br />

animieren. Die Vorqualifikation<br />

der Teilnehmerinnen war unterschiedlich und<br />

reichte von einer Berufsausbildung als<br />

Schreiner bis hin zum abgeschlossenen Studium<br />

als Soziologin. Alle Teilnehmerinnen<br />

waren von der atomaren Katastrophe von<br />

Tschernobyl geprägt und verstanden ihre Arbeit<br />

dahingehend, daß sie zu einer „umweltbewußteren<br />

Einstellung in der Bevölkerung"<br />

beitragen wollten (Binder/Teubenbacher<br />

1996). Ihren Beitrag sahen sie in einer Aufklärungs-<br />

und Beratungsarbeit unter dem Motto<br />

„Vom Wissen zum Handeln": Wo kann etwas<br />

besser gemacht werden? Wie kann selbstverantwortliches<br />

(Umwelt-) Verhalten vermittelt<br />

werden? Das waren die zentralen Fragen<br />

der Umweltberaterinnen.<br />

Im Zusammenhang mit ihrer Beratungstätigkeit<br />

betonten die Umweltberaterinnen ihre<br />

Unabhängigkeit, indem sie formulierten, daß<br />

sie nicht politisch arbeiten wollten. Ihre Position<br />

des Unpolitischen ist so zu interpretieren,<br />

daß sie sich von der in Österreich<br />

zwangsläufigen parteipolitischen Einflußnahme<br />

auf die dort übliche Mischform von freien<br />

und öffentlichen Trägern abgrenzen wollten.<br />

Sich dem parteipolitischen Zugriff einer<br />

der Großparteien zu entziehen, bedeutete indes<br />

nicht, keinerlei politische Aktivität zu entwickeln.<br />

4<br />

Damit entsprechen die Umweltberaterinnen<br />

dem Bild, das Anton Pelinka (1991:<br />

234ff) von der Klientel der neuen sozialen

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