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Wissensbilanz: Bilanz des Wissens? Die Wissensbilanz für ...

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<strong><strong>Wissens</strong>bilanz</strong>: <strong>Bilanz</strong> <strong>des</strong> <strong>Wissens</strong>?<br />

4 30<br />

ein Kommunikationsinstrument zwischen Universität<br />

und Ministerium, da es eine Vielzahl von Informationen<br />

ausweist, die <strong>für</strong> die interne Steuerung<br />

von Relevanz sind und organisatorisches Lernen<br />

ermöglicht.<br />

<strong><strong>Wissens</strong>bilanz</strong>en von Universitäten unterscheiden<br />

sich dabei sowohl von <strong><strong>Wissens</strong>bilanz</strong>en in Unternehmen<br />

wie auch von anderen Steuerungs- und<br />

Kommunikationsinstrumenten, die derzeit im Kontext<br />

von Universitäten diskutiert werden. Leistungsrechnung,<br />

Hochschulcontrolling oder Evaluierung<br />

bewerten ebenfalls mit unterschiedlichen<br />

Kennzahlen Leistungsprozesse an Universitäten,<br />

gehen aber weder explizit auf intellektuelles Kapital<br />

ein, noch versuchen sie den universitären Leistungsprozess<br />

in seiner Gesamtheit bezogen auf<br />

Input, wie auch den Ergebnisgrößen, darzustellen. 14<br />

<strong>Die</strong> <strong><strong>Wissens</strong>bilanz</strong> fokussiert dabei nicht auf Kennzahlen,<br />

die <strong>für</strong> eine formelgebundene oder indikatorgestützte<br />

Mittelzuweisung erforderlich sind. Sie<br />

versucht jene kritischen Faktoren zu identifizieren,<br />

die <strong>für</strong> die Universitäten vor dem Hintergrund der<br />

gegebenen Zielsetzung von Bedeutung sind. <strong>Die</strong><br />

Kontext- und Zielabhängigkeit der Interpretation<br />

der ausgewiesenen Kennzahlen ist eine Besonderheit<br />

von <strong><strong>Wissens</strong>bilanz</strong>en, die diese auch von der<br />

klassischen Finanzbilanz unterscheidet. 15<br />

Im Allgemeinen liegt dem Instrument der <strong><strong>Wissens</strong>bilanz</strong><br />

die Vorstellung zu Grunde, dass bestimme<br />

Kenngrößen Auskunft über die zukünftige Leistungsfähigkeit<br />

einer Organisation geben, vor allem<br />

in Bezug auf deren immaterielle Vermögensbestände,<br />

dem wichtigsten Kapital einer Universität.<br />

<strong>Wissens</strong>chaftlicher Output und Lehre sind eben<br />

nicht nur von intrinsisch motivierten <strong>Wissens</strong>chaftern<br />

bestimmt, sondern vom allgemeinen organisatorischen<br />

Setting. Eine Universität macht nicht nur<br />

die Anzahl der talentierten Forscher (Humankapital)<br />

aus, sondern auch die Organisationsstruktur<br />

und -kultur selbst, innerhalb derer sich diese entfalten<br />

können. Letzteres kann durch Managementhandeln,<br />

also durch Institutsvorstände und Rektoren,<br />

beeinflusst werden. Eine jüngere empirische<br />

Untersuchung von Hollingsworth und Hollingsworth<br />

(2000) an biomedizinischen Forschungsinstituten<br />

demonstriert in diesem Kontext etwa, dass <strong>für</strong><br />

den Erfolg von Organisationen eine Reihe von<br />

strukturellen und strategischen Schlüsselfaktoren<br />

verantwortlich ist. Im Falle <strong>des</strong> Rockefeller Institutes,<br />

das im zwanzigsten Jahrhundert die meisten<br />

Nobelpreisträger in der Biomedizin hervorgebracht<br />

hat, und zwar über einen längeren Zeitraum, zeigt<br />

im Besonderen, dass dort ein bestimmtes Ausmaß<br />

an Vielfalt der Disziplinen, organisatorischer<br />

Differenzierung, bürokratischer Koordination und<br />

Leaderhip <strong>für</strong> den besonderen Erfolg <strong>des</strong> Institutes<br />

verantwortlich war. 16 <strong>Die</strong>se Befunde weisen auf<br />

Bereiche, denen im Rahmen von <strong><strong>Wissens</strong>bilanz</strong>en<br />

Aufmerksamkeit geschenkt werden kann und die<br />

auch partiell mittels Kennzahlen - vor allem im<br />

Bereich Struktur- und Beziehungskapital - gemessen<br />

werden können. Überhaupt kann davon ausgegangen<br />

werden, dass gerade das strukturelle<br />

Kapital bei Universitäten eine bislang eher vernachlässigte<br />

Größe ist.<br />

Ein wesentlicher Vorteil der <strong><strong>Wissens</strong>bilanz</strong> liegt<br />

darin, komplexe Zusammenhänge darzustellen und<br />

damit eine Diskussionsgrundlage <strong>für</strong> Management<br />

und Steuerung bereitzustellen. Zum derzeitigen<br />

Entwicklungsstand kann mit Hilfe von <strong><strong>Wissens</strong>bilanz</strong>en<br />

überdies kein kausaler Zusammenhang<br />

zwischen Inputs und Outputs nachgezeichnet werden.<br />

Empirische Studien über die Produktivität von<br />

Universitäten und Forschungsorganisationen zeigen<br />

in diesem Zusammenhang, dass organisatorische<br />

Faktoren zu einem gewissen Teil die Leistungen<br />

von Universitäten bestimmen. In der jüngeren<br />

Literatur gibt es hier erste empirische Befunde. So<br />

findet etwa Teodorescu (2000), dass die Anzahl der<br />

besuchten Konferenzen und die Anzahl der Mitgliedschaften<br />

in Gesellschaften positiv mit dem<br />

Publikationsoutput korreliert. Teodorescu (2000)<br />

untersucht eine Reihe von persönlichen und institutionellen<br />

Faktoren in mehreren Ländern, die die<br />

Publikationsproduktivität bestimmen. Wie zu<br />

erwarten, bestimmt auch die Höhe der Forschungsmittel<br />

den Output. Keine signifikante Bedeutung<br />

haben jedoch das Geschlecht, der Umfang der Lehrtätigkeit,<br />

eine dauerhafte Anstellung (tenureship)<br />

und das Alter der <strong>Wissens</strong>chafter. Kontrovers diskutiert<br />

wird auch der Zusammenhang zwischen Forschungsoutput<br />

und Lehrtätigkeit. Nach wie vor gibt<br />

es hier keine robusten Befunde. Einige empirische<br />

Studien zeigen aber, dass ein hoher Forschungsoutput<br />

auf Kosten der Lehrtätigkeit und -leistung geht,<br />

14 Für einen Vergleich dieser Instrumente siehe genauer Leitner (2002).<br />

15 <strong>Die</strong> Bewertung und Interpretation der einzelnen Werte stellt einen Lernprozess dar. Erst über die Jahre, im Vergleich mit anderen<br />

vergleichbaren Instituten oder Universitäten - oder selbst definieren Zielgrößen - wird die Interpretation sinnvoll. So werden in einer<br />

<strong><strong>Wissens</strong>bilanz</strong> keine roten oder schwarzen Zahlen ausgewiesen. Auch gilt nicht immer die Logik <strong>des</strong> "je mehr, <strong>des</strong>to besser", wie dies bei<br />

finanziellen Bewertungsansätzen häufig die Regel ist.<br />

16 Beispielsweise gab es dort einige spezifische Anreize, um interdisziplinäres Arbeiten und Kommunikation zwischen den einzelnen<br />

<strong>Wissens</strong>chaftern zu fördern, wie etwa der tägliche gemeinsame Lunch aller Forscher mit jeweils unterschiedlichen Tischordnungen.

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