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Menschenrechte und Wirtschaft - Forschungsjournal Soziale ...

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ALS DIE HOFFNUNG GEHEN LERNTE<br />

gäbe, lange selbst Verfolgter, Hess Verfolgung<br />

in Simbabwe zu.<br />

Zurückblickend auf das Gründungsjahrzehnt<br />

denke ich, ein wichtiger Verdienst bestand darin,<br />

dass am Ende kein B<strong>und</strong>esbürger mehr behaupten<br />

konnte, von Folter, Todesstrafen, politischer<br />

Verfolgung nichts zu wissen. Wir hatten<br />

schliesslich das Ausmass von Menschenrechtsverletzungen,<br />

<strong>und</strong> zwar in allen politischen<br />

Systemen, für jedermann erkennbar, öffentlich<br />

gemacht. Von nun an galt: Wer<br />

schweigt, wird mitschuldig. amnesty-Arbeit ist<br />

ein Versuch der Menschen, nicht mitschuldig<br />

zu werden.<br />

In den 70er Jahren wurde alles leichter; der<br />

Zeitgeist kam uns jetzt entgegen. Gewiss, vielen<br />

jungen Anhängern der Außerparlamentarischen<br />

Opposition waren wir nicht radikal genug.<br />

Sie meinten, wir flickten an der alten,<br />

zum Untergang bestimmten Welt herum, während<br />

sie sich anschickten, eine neue zu errichten.<br />

Aber ein Protest der APO fand viel Widerhall.<br />

Die Jungen warfen der Generation ihrer<br />

Eltern vor, die NS-Zeit längst verdrängt zu<br />

haben, über Unrecht <strong>und</strong> politische Verbrechen<br />

noch immer gleichgültig hinwegzusehen. Es<br />

gab damals viele, die aus den Vorwürfen der<br />

Jungen Konsequenzen zogen; sie kamen zu<br />

uns, um für <strong>Menschenrechte</strong> einzutreten.<br />

Die Aufwinde der neuen sozial-liberalen Koalition<br />

bliesen durch das Land. Nach der Wahl<br />

ihres Mannes zum B<strong>und</strong>espräsidenten erklärte<br />

Hilda Heinemann, sie wolle fortan unsere Arbeit<br />

unterstützen. Und das tat sie auch. „Gustav",<br />

sagte sie zu ihrem Mann, wenn ich von<br />

unseren Schwierigkeiten etwa in Bolivien<br />

sprach, „da müssen wir doch gleich mal Scheel<br />

anrufen." Der leitete das Außenministerium.<br />

Der Präsident förderte Bürgermut <strong>und</strong> Bürgerinitiativen;<br />

im Gegensatz zu heute engagierten<br />

sich unzählige Menschen in lokalen Bürgerin­<br />

11<br />

ESSAY<br />

itiativen, den neuen sozialen Bewegungen <strong>und</strong><br />

eben auch bei uns.<br />

Wir gewannen an Glaubwürdigkeit <strong>und</strong> moralischer<br />

Autorität. 1977 wurde amnesty international<br />

der Friedensnobelpreis zuerkannt, aus<br />

dem einstigen ,Appeal for amnesty' war eine<br />

weithin anerkannte Menschenrechtsorganisation<br />

geworden. Mit über sechsh<strong>und</strong>ert Gruppen<br />

<strong>und</strong> neuntausend Mitgliedern wuchs die<br />

deutsche Sektion zur größten in der Welt an.<br />

Die <strong>Menschenrechte</strong> gewannen an Boden. Das<br />

Ende der Kolonialherrschaft zeichnete sich ab.<br />

Die südeuropäischen Diktaturen stürzten, <strong>und</strong><br />

im Abschlussdokument der KSZE, der Konferenz<br />

für Sicherheit <strong>und</strong> Zusammenarbeit in Europa,<br />

bekannten sich die kommunistischen<br />

Staaten um des politischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

Gewinns der Entspannung willen zu bürgerlichen<br />

<strong>Menschenrechte</strong>n. In Prag, Warschau,<br />

Moskau, auch in Ostberlin entstanden Bürgerrechtsbewegungen.<br />

Spitzenpolitiker erklärten, die Verteidigung der<br />

<strong>Menschenrechte</strong> sei eine ihrer Hauptaufgaben.<br />

Das galt vor allem für Jimmy Carter, der 1976<br />

ins Weisse Haus einzog. Gegner des neuen<br />

Präsidenten wiesen auf die Widersprüche seiner<br />

Politik hin, z.B. auf die <strong>Wirtschaft</strong>ssanktionen<br />

gegen die UdSSR, nicht aber gegen Südafrika,<br />

auf die Anwendung der Todesstrafe in<br />

den USA, die einseitigen Anklagen gegen die<br />

kommunistischen Staaten. Das Wort vom ,Menschenrechtsimperialismus'<br />

kam auf. Antworten<br />

<strong>und</strong> Versprechungen wurden gegeben, noch<br />

bevor die richtigen Fragen gestellt worden waren.<br />

Die Regierung Helmut Schmidts sah durch<br />

Carters Politik <strong>und</strong> den Beifall, den sie in den<br />

Reihen der CDU/CSU auslöste, das oberste<br />

Ziel ihrer Entspannungspolitik gefährdet, „den<br />

Frieden sicherer zu machen, so sehr die politi-

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